PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Lymphödem und Stromschlag?



Sansa
26.09.2011, 22:13
Hallo,

Vielleicht fällt euch zu folgender Geschichte etwas ein:

Ein Patient (50+x Jahre) gibt an, dass er letztes Weihnachten einen Stromschlag bekommen hat. Er war wohl kurz in einer Ambulanz, wurde aber nicht längerfristig überwacht oder untersucht. Seither würde er sich nicht mehr so gut fühlen, wäre häufig schwindlig, kollaptisch, schwach, blass... und hätte dicke Beine bekommen.
Bei Vorstellung bei uns besteht ein beidseitiges Lymphödem (Stemmer-Zeichen positiv, Ödem allerdings eindrückbar (hab nachgelesen, ist wohl am Anfang bei einem Lymphödem so üblich)). Kein Aszites. Sonographisch kein komprimierender Tumor nachweisbar. Echokardiographisch keine Rechtsherzbelastungszeichen. EF 50%. Der Mann hatte nie eine Thormbose. Pulmonal keine Dekompensation. LZ-RR und LZ-EKG unauffällig...

Passt das irgendwie zusammen? Es ist doch ziemlich ungewöhnlich, dass jemand in diesem Alter idiopathisch ein Lymphödem entwickelt. Aber alle anderen Ursachen hab ich ausgeschlossen, oder?
Und passt dieser Stromschlag in irgendeiner Weise rein? Der Patient fängt immer wieder damit an und schiebt alles darauf (weil es ja angeblich seitdem "bergab" ging), aber ich hab irgendwie nichts Handfestes um seine These zu stützen. Er hatte nichtmal vermehrt VES im LZ-EKG.
Mir fällt leider nix weiterführendes mehr ein. :-nix Euch?

Evil
27.09.2011, 09:15
Ist schon Schilddrüsen-Diagnostik gelaufen?
Und eine EF von 50% ist ja nicht völlig normal, wie war denn der genaue echokardiographische Befund?
Wie ist das Gesamt-Eiweiß, wie ist die Leberfunktion?

MissGarfield83
27.09.2011, 10:31
Reise und Sexualanamnese?

Das Echo - war das TEE oder TTE ?

Bärentöter
27.09.2011, 15:05
ich kann mir da keinen Zusammenhang ableiten.
Es sei denn, Stromschlag-> strukturelle Schädigung des Herzens-> Herzinsuffizienz-> (kardiale, keine Lymph-)Ödeme.
Patienten neigen generell dazu, Kausalitäten zu suchen.

Rico
27.09.2011, 15:05
Medikamente? Kalziumanatagonisten z.B. machen gerne Beinschwellung.
Zeichen der venösen Insuffizienz? Duplex?
Niere? U-Status?
Bisherige Therapie? Besserung mit Kompression oder Diuretika?

Coxy-Baby
27.09.2011, 15:56
Das Echo - war das TEE oder TTE ?

Welche wichtige Rolle spielt das?

MissGarfield83
27.09.2011, 17:29
Welche wichtige Rolle spielt das?

Für die Plausibilität der EF - TEE ist genauer als TTE für die Bestimmung der Ejektionsfraktion unter den noninvasiven Verfahren ... und mir wurde in der Famulatur mal gesagt dass die Bestimmung der EF via TTE doch fehleranfälliger sei als die durch TEE, oder lieg ich da falsch ?

Ex-PJ
27.09.2011, 17:37
Für die Plausibilität der EF - TEE ist genauer als TTE für die Bestimmung der Ejektionsfraktion unter den noninvasiven Verfahren ... und mir wurde in der Famulatur mal gesagt dass die Bestimmung der EF via TTE doch fehleranfälliger sei als die durch TEE, oder lieg ich da falsch ?

--> Über die Genauigkeit der messung kann man sehr wohl diskutieren. Dafür stellt aber das TEE einen invasiven Eingriff dar und kann z.B. zu Pharynx-/Larynx-ödemen und -verletzungen führen, ist gemessen am TTE teurer, zeitaufwendiger und deutlich schwerer verfügbar, also nicht für die Routinediagnostik geeignet.

MissGarfield83
27.09.2011, 18:09
--> Über die Genauigkeit der messung kann man sehr wohl diskutieren. Dafür stellt aber das TEE einen invasiven Eingriff dar und kann z.B. zu Pharynx-/Larynx-ödemen und -verletzungen führen, ist gemessen am TTE teurer, zeitaufwendiger und deutlich schwerer verfügbar, also nicht für die Routinediagnostik geeignet.

Trotzdem ist sie für viele Untersuchungen Goldstandard ( z.B. Endokarditisdiagnostik )

Die EF hier im vorgestellten Fall ist aber allein für sich gestellt sicher nicht ein Ausschluss einer bestehenden Herzinsuffizienz ...

Rico
27.09.2011, 20:21
Für die Plausibilität der EF - TEE ist genauer als TTE für die Bestimmung der Ejektionsfraktion unter den noninvasiven Verfahren ... und mir wurde in der Famulatur mal gesagt dass die Bestimmung der EF via TTE doch fehleranfälliger sei als die durch TEE, oder lieg ich da falsch ?Also wenn der Untersucher weiß was er tut, dann langt eine EF im TTE völlig aus und wenn die normal ist, dann schließt das (natürlich zusammen mit Anamnese und klinischer Untersuchung) auch eine höhergradige Herzinsuffizienz aus :-meinung also zumindest eine, die relevante Beinödeme und einen Leistungsknick verursacht.
Ein TEE macht man zum Ausschluss intrakavitärer Thromben (v.a. atrial), Endokarditis oder PFO & Co - die restlichen "handelsüblichen" Fragestellungen beantwortet mir auch das TTE suffizient.


Trotzdem ist sie für viele Untersuchungen Goldstandard ( z.B. Endokarditisdiagnostik )

Die EF hier im vorgestellten Fall ist aber allein für sich gestellt sicher nicht ein Ausschluss einer bestehenden Herzinsuffizienz ...Endokarditis ist aber auch ne ganz andere Fragestellung als EF, da ist es nicht überraschend, dass da andere Untersuchungsmodalitäten überlegen sein können.
Goldstandard für die EF wäre ja die invasive Messung beim Kathtern. Das schlägt jedes Echo... aber bei der Frage Endokarditis kommt man mit dem Katheter trotzdem nicht weit, hier ist das TEE wieder überlegen.

Und die EF "für sich alleingestellt" zu betrachten macht nicht wirklich Sinn. Auch 50% im TEE "für sich alleingestellt" hätte keine Aussagekraft - die kommt erst mit Anamnese und den übrigen Untersuchungen.
Und die Anamnese und das normale EKG, LZ-EKG, etc. Sprechen zusammen mit dem Echo ja schon eher gegen was kardinales an erster Stelle der Differentialdiagnosen.

MissGarfield83
27.09.2011, 21:24
@rico : Da hast du vollkommen recht :) Anscheinend denk ich wohl zusehr um die Ecke ... Habe heute wieder was dazugelernt ... danke dir :)

Sansa
29.09.2011, 17:00
Hallo und danke für die Antworten

Der Pat. nimmt keinen Kalziumantagonist. Bei Aufnahme nahm er ACE-Hemmer, Betablocker, HCT, Torem, Kalium und Lactulose. Bei uns wurde von Torem auf Lasix umgestellt, zusätzlich hat er Spironolacton und Aquaphor, bekommt Lymphdrainage und Wickeln der Beine bzw. jetzt dann Kompressionsstrümpfe. Die Besserung dadurch ist so naja... Gestern hätte ich gesagt super, da waren die Beine schön schlank, heute hat er komischerweise wieder knapp 2kg mehr auf die Waage gebracht.

Genauer Echobeund: Linker Ventrikel konzentrisch hypertrophiert, nicht dilatiert. Kinetik normokinetisch und synerg. Linksventrikuläre Funktion erhalten (LVEF visuell 55%).
Klappen zart und morphologisch unauffällig. Klappen funktionell unauffällig.
Kein Nachweis einer diastolischen Dysfunktion. Kein Nachweis einer Rechtsherzbelastung. Kein Perikarderguss.
Hatte die EF also ein klein bisschen schlechter im Kopf, als sie tatsächlich ist, sorry.

Gesamteiweiß 6,5g/dl, Albumin 4,5g/dl, Nierenfunktion gut (GFR 90).
Die Diagnose des Lymphödems wurde vom Angiologen gestellt, ich dachte zuerst auch an eine karidale Ursache. Besagter Angiologe hat duplexsonographisch auch eine venöse Insuffizienz ausgeschlossen.

Rico
29.09.2011, 18:11
Der Pat. nimmt keinen Kalziumantagonist. Bei Aufnahme nahm er ACE-Hemmer, Betablocker, HCT, Torem, Kalium und Lactulose. Bei uns wurde von Torem auf Lasix umgestellt, zusätzlich hat er Spironolacton und Aquaphor, bekommt Lymphdrainage und Wickeln der Beine bzw. jetzt dann Kompressionsstrümpfe. Die Besserung dadurch ist so naja... Gestern hätte ich gesagt super, da waren die Beine schön schlank, heute hat er komischerweise wieder knapp 2kg mehr auf die Waage gebracht. [...]
Die Diagnose des Lymphödems wurde vom Angiologen gestellt, ich dachte zuerst auch an eine karidale Ursache. Besagter Angiologe hat duplexsonographisch auch eine venöse Insuffizienz ausgeschlossen.Also wenn er tatsächlich ein Lymphödem hat (der Angiologe wird's schon wissen), dann würd ich mal versuchen von den ganzen Diuretika wegzukommen, die helfen da nämlich nicht wirklich, denn die Diuretika entfernen das Wasser ja aus dem intravasalen Raum. Beim kardialen Ödem läuftdas Wasser dann aus dem Gewebe nach, aber beim Lymphödem ist es ja gerade das Problem, dass das Wasser nicht aus dem Gewebe raus kann. :-notify
Deshalb erreicht man mit den Diuretika beim Lymphödem nur eine intravasale Volumendepletion, aber keine echte Besserung des Lokalbefundes. Allein die Tatsache, dass man sich zu einer "Polydiurese" mit vier (!) Diuretika hat hinreissen lassen zeigt ja schon, dass die weitgehend ineffektiv ist. :-nix
Für das Lymphödem gibt es keinen (!) pharmakotherapeutischen Ansatz.

Therapeutisch helfen da eigentlich nur mechanische Massnahmen wie Hochlagern, Lymphdrainage, Kompressionstherapie (z.b. auch pneumatisch). Oder halt das Beseitigen der Ursache beim sekundären Lymphödem sofern möglich.
Mögliche Ursache wären noch Adipositas, die schon angesprochene Hypothyreose oder selten extra-artikuläre manifestationen rheumatischer Erkrankungen.

Schnatti
08.10.2011, 10:27
Deshalb erreicht man mit den Diuretika beim Lymphödem nur eine intravasale Volumendepletion, aber keine echte Besserung des Lokalbefundes. Allein die Tatsache, dass man sich zu einer "Polydiurese" mit vier (!) Diuretika hat hinreissen lassen zeigt ja schon, dass die weitgehend ineffektiv ist. :-nix


Wobei mich hier - wie öfter im Alltag bei nicht so ganz wenigen Patienten - interessieren würde wer sich mit der Kombination HCT + Xipamid wirklich was denkt oder einfach nur oben reinschüttet und schaut was unten rauskommt.
Mir ist keine Synergie bei diesen Diuretika bekannt und 2 ACE-Hemmer oder beta-Blocker gibt ja auch niemand parallel.

VG,
Schnatti

Evil
09.10.2011, 15:41
Wobei mich hier - wie öfter im Alltag bei nicht so ganz wenigen Patienten - interessieren würde wer sich mit der Kombination HCT + Xipamid wirklich was denkt oder einfach nur oben reinschüttet und schaut was unten rauskommt.
Dachte ich auch mal, tatsächlich wirken aber beide Diuretika nicht am selben Angriffspunkt. D.h. es kommt tatsächlich zu einem Synergismus, was sich mit meiner klinischen Erfahrung deckt.

Quelle suche ich gerade, aber vielleicht kann ein bestimmter Pharmakologe hier im Forum sich dazu mal äußern.

Schnatti
11.10.2011, 22:06
AFAIK schon am gleichen Wirkort, aber nicht über den gleichen Weg dorthin. (luminal / basolateral). Ich bleib bei der Meinung dass es konkurriert und sich nicht ergänzt. Aber mal sehen ob sich noch jemand meldet... :-party

Wenn mir mal wieder ein Nephrologe über den Weg läuft, frage ich.

Grüße,
Schnatti