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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Ausnahmesituationen in der Psychiatrie...wie reagieren?



Julia<3
14.10.2011, 21:29
Hi,

wenn ich in der psychiatrischen Notfallambulanz arbeite und ein Patient .z.B.

- Patient mit Essstörung, der wegen akuter Krise gekommen ist und seine eigenen Nahrungsmittel dabei hat und nicht zusammen mit den anderen essen kann/will?

- Patient der Ausgang will, obwohl ich mir nicht sicher bin, ob er dann einfach nicht mehr wiederkommt?

Was tut man in so einer Situation?

stennadolny
15.10.2011, 09:57
Dafür sind die erfahrenen Kollegen, OÄ und der WB-Befugte da.

Kein Forum.

Generell kann man keine Ratschläge geben, das muß man vor Ort fallbezogen machen.

Übrigens würde ich die von Dir kurz angerissen Fälle nicht als "Ausnahmesituationen" in der Psychiatrie, sondern als platte Routine sehen.

JEDER Pat., der nicht gesetzlich untergebracht ist, das Recht auf Ausgang. "Gefühl" geht da nicht: Entweder Unterbringung oder gehen lassen. Die Psychiatrie ist nicht die Gouvernante der Nation.

EKT
17.10.2011, 18:00
Auch jeder Patient, der gesetzlich untergebracht ist, hat das Recht auf Ausgang (Psychiatrie ist kein Gefängnis). Es gibt nur ganz wenige Ausnahmen, wo es - vorübergehend - eingeschränkt werden kann.

stennadolny
18.10.2011, 19:47
Auch jeder Patient, der gesetzlich untergebracht ist, hat das Recht auf Ausgang
Das ist SO grundfalsch und rechtlich fahrlässig.

Denn Grund für eine Unterbringung (zivilrechtlich bzw. nach PsychKG/UG) ist eine akute erhebliche Selbst- oder Fremdgefährdung (die forensisch-strafrechtliche Seite jetzt mal außen vor gelassen). Wenn man Ausgang bekommt, kann die Selbst- oder Fremdgefährdung nicht mehr so groß sein, daß es einer dauernden engmaschigen Behandlung/Überwachung bedarf, sodaß dann der Rechtsgrund für die Unterbringung folgerichtig wegfällt. Und der Pat. sich dann in der Regel auch sofort für die Entlassung entscheidet.

Wer also untergebracht ist und Ausgang bekommt, ist automatisch nicht mehr untergebracht. Denn dann kann die Gefahr nicht mehr so akut sein......:-))

In der Tat gibt es die og. Interpretation in (meist schlechten) Psychiatrien, um die Bettenbelegung zu verbessern - sie ist allerdings in dieser Form widerrechtlich und dementsprechend straf- wie verwaltungs- und arbeitsrechtlich hochbrisant für den verantwortlichen OA/FA. Und die Anstalt. Ich kenne einen Fall, wo eine OÄ deswegen (naturgemäß erst nach Anzeige durch Anwalt eines Pat. !) fristlos gekündigt worden ist, obwohl diese Praxis vom CA und dem Haus seit je geduldet worden waren.

EKT
18.10.2011, 20:19
Bei einer Bettenbelegung oft zwischen 120 und 140% (die allermeisten davon freiwillig) spielt bei uns die erzwungene Belegung durch unrechtmäßig aufrechterhaltene Zwangsunterbringungen keine Rolle.

stennadolny
18.10.2011, 21:50
Trotzdem ist es rechtlicher, ethischer und psychiatrischer Humbug. Sachliches Argument scheinst Du ja keines zu haben.......

Und: Chronische Überbelegung ist schon alleine im Sinne der Psych-PV, der Mitarbeiter und nicht zuletzt der Patienten in der Regel ein Zeichen schlechten Aufnahme-, Behandlungs- und Entlaßmanagements. Ganz abgesehen von den ökonomischen Vorteilen für Chefs und Träger......

Vernünftige psychiatrische Arbeit ist da nicht mehr möglich, oder ?

Es gibt aber leider immer noch Psychiatrien in Deutschland, die von den Krankenkassen noch nicht genug Abschlagszahlungen bei Überbelegung bekommen haben......

EKT
19.10.2011, 15:51
Vernünftige psychiatrische Arbeit ist da nicht mehr möglich, oder ?

Stimmt!
Deine messerscharfe Schlußfolgerung ist phänomenal!