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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Können Fachärzte ihre Arbeitszeit frei bestimmen?



Jenny1988
16.10.2011, 22:59
Ich denke da an niedergelassene Ärzte.

Bis vor kurzem war ich mir sicher, dass ein niedergelassener Arzt die Wahl hat, ob er viel arbeitet (und "viel" verdient) oder eine normale vierzig Stunden Woche hat (und dafür weniger verdient - aber schon mehr als 3000 Netto).
Ein paar Stunden müssen natürlich sein, um die Kosten zu decken...

Mitlerweile hab ich ganz viel negatives gehört.
Von Ärzten die oft erst nachts aus ihrer Praxis kommen, das hier http://www.medi-learn.de/medizinstudium/foren/showthread.php?t=41423 und mehr.
(Ist es wirklich so dumm noch Medizin zu studieren?! )

Ich will wissen, ob zumindest meine Vorstellung stimmt, dass ein niedergelassener Arzt seine eigene Arbeitszeit-Verdienst Rechnung anstellen kann.
Und ob es so auch zu Gemeinschaftspraxen mit ganz normalen Arbeitszeiten (eben plus-minus achtundreißig Stunden) kommt.
Ist sowas real oder mache ich mir nur was vor??

Lakemond
17.10.2011, 09:14
Die Niedergelassene arbeiten keine 40 St. pro Woche und verdienen deutlich mehr als 3000 Euro netto, oder?

loxi
17.10.2011, 10:13
Ne, ist gar kein Problem.

Als niedergelassener Arzt sperrt man einfach die Praxis auf wenn man ausgeschlafen hat, dann rennen einen die Patienten in unglaublichen Scharen ins Wartezimmer und wenn man dann nachmittags keine Lust mehr auf die ganze blöde Arbeit hat, schmeißt man alle die da noch so in der Praxis rumsitzen raus und bittet sie einfach am nächsten Tag wieder zu kommen.

Die Abrechnung mit den Krankenkassen passiert dann eh ganz von alleine, schließlich sind die Kassen dankbar, wenn sie das ganze blöde Geld das sie jeden Monat von den Versicherten bekommen schnell und unbürokratisch an die ganzen niedergelassenen Ärzte wieder los werden.


Die anderen Kollegen, die länger als 35 Stunden in Ihrer Praxis hocken bekommen dann entweder den Hals nicht voll oder sind einfach Idealisten denen man nicht helfen kann...

Kackbratze
17.10.2011, 10:13
(Ist es wirklich so dumm noch Medizin zu studieren?! )

Ja.

Ansonsten gilt, dass man sich vielleicht mit seinen Quellen beschäftigen sollte.
Der gepostete Thread ist von 2008, seitdem hat sich wieder ein bischen was verändert in Deutschland.

Niedergelassene Ärzte sind selbstständig tätig, d.h. sie können über ihre Arbeitszeit selber bestimmen, sind aber an Dinge wie Geld, Patienten und laufende Kosten gebunden.
Welche Fachrichtung wo wie am meisten verdient oder am besten zu organisieren ist, ist regional und auch fachlich gesehen unterschiedlich, weswegen eine allgemein gültige Antwort nicht möglich ist.
Zusätzlich verändert sich die Bezahlung regelmäßig, so dass z.B. Allgemeinmediziner jetzt wieder besser dastehen, als noch vor ein paar Jahren. Dementsprechend sind Zukunftsaussagen in der Hinsicht auch schwierig zu stellen.

mainzer
17.10.2011, 17:43
was bei der arbeit als selbstständiger/niedergelassener arzt auch noch zum tragen kommt:

arbeitet man nicht, weil man z.b. im urlaub ist erwirtschaftet man auch kein geld; ist ja schließlich nicht bezahlt, wie es bei einem arbeitgeber der fall wäre...
d.h. man arbeitet sicherlich eher deutlich mehr, im vergleich zu angestellten ärzten...trägt dabei allerdings auch noch ein enormes finanzielles risiko...

Muriel
17.10.2011, 18:16
Zumal man abseits der Praxisöffnungszeiten auch noch genügend anderen Krams zu erledigen hat, den man nicht uneingeschränkt dem Steuerberater o.ä. in die Hände geben kann.

Jenny1988
17.10.2011, 19:35
Also ist eine vierzig Stunden Woche für Ärzte absolut unerreichbar. Okey.


bekommen dann entweder den Hals nicht voll oder sind einfach Idealisten

Oder haben einen schlechten Standort. Oder wollen etwas mehr verdienen als ein Grundschuhllehrer. Sowas. Dachte ich.


d.h. man arbeitet sicherlich eher deutlich mehr, im vergleich zu angestellten ärzten...trägt dabei allerdings auch noch ein enormes finanzielles risiko...

Das überrascht mich jetzt wirklich.
Ein niedergelassener Arbeitet mehr als ein Oberarzt, der wiederum mehr arbeitet als ein Assistenzarzt?:-((
Man hört doch immer, dass die Zeit als Assi die härteste sei?!

Wie lange muss ein Hausarzt denn, in der Regel, arbeiten um seine Kosten reinzuholen und gerade genug zum Leben?
Ist man als Arzt wirklich dazu "verdammt" sein leben lang sechzig-siebzig Stunden in der Woche zu arbeiten?

DrSkywalker
17.10.2011, 20:34
Am Ende wirst du in der Assistentenzeit eh schwanger und arbeitest irgendwo halbtags. Kann sehr erfüllend sein, also jetzt nicht in die Hose machen. Wenn du Interesse für Medizin hast, mach es. Warum müssen die Menschen immer allles so durchplanen, wo es doch eh keine Gewissheit gibt und immer anders kommt als man denkt?!

DocEmmetBrown
17.10.2011, 21:21
Zum Thema Niedergelassener muss man aber einfach nochmal erwähnen, dass sie selbstständig tätig sind und beinahe alle Selbstständigen deutlich mehr arbeiten, als das in der Position als Angestellter der Fall wäre. Dass ein Niedergelassener nun deutlich mehr wie 40h arbeitet, solltet also nicht wirklich überraschen.

R.P.McMurphy
17.10.2011, 21:30
Ich hatte schon einmal ein ähnliche Frage gestellt:

Gerade im niedergelassenen Bereich gibt es gute Möglichkeiten, Teilzeittätigkeiten auszüben. Bei Gemeinschaftspraxen oder ähnlichen Modellen umso mehr. Ich kenne aber auch mehrere Kollegen, die in der Klinik in Teilzeit arbeiten/gearbeitet haben mit unterschiedlichen Modellen.
In der Klinik gibt es also Modelle wo man vierzig Stunden oder weniger arbeitet.

Ich glaube, dass man auch als Angestellter bei Niedergelassenen arbeiten kann (selber kein Arzt!)
Das wäre dann sehr ähnlich und bestimmt auch mit den normalen Zeiten denkbar.

Muriel
17.10.2011, 21:39
Ja, man kann einen KV-Sitz nur mit "halber Stelle" ausfüllen, es muss eine Sprechstundenzeit von 20h/Woche gewährleistet sein, um einen KV-Sitz führen zu können. Aber wer denkt, dass dann nach 20h Arbeit alles erledigt wäre, der irrt. Es gibt genügend Dinge abseits der reinen Patientenversorgung, die erledigt werden müssen. Und mit 1,5 Tagen kann eine Selbständigkeit nicht ausgeführt werden (GKV-Versorgung vorausgesetzt), es sei denn man teilt sich einen KV-Sitz und hat den auch noch nur mit der Mindeststundenzahl insgesamt offen. Aber das dürfte doch eher ein Hirngespinst sein. Im Angestelltenstatus ist natürlich wie überall letztendlich fast jedes Modell denkbar.

edit: Die Anderthalbtage-Variante meines Beitrags bezog sich auf eine mittlerweile editierte Aussage meines Vorschreibers.

Sebastian1
17.10.2011, 21:44
Ihr versucht etwas zu planen, was nach Studium und Facharztausbildung liegt. Sprich, im Mindestfall 11 Jahre entfernt. Und auch nur, wenn alles in Mindeszzeiten absolviert und nach der Facharztausbildung direkt in die Selbständigkeit gegangen wird. Daqs entspricht zu 99% eher nicht der Realität.

Es ist durchaus eine gesunde Work-life-balance, wie es so schön heisst, möglich, und zwar in allen möglichen Facetten. Ist halt die Frage, ob man lieber einigermaßen Freizeit hat oder Karriere machen möchte. Und auch das gibt's ja nun in vielen, vielen Schattierungen und nicht nur in Schwarz-Weiß.

Gersig
17.10.2011, 22:45
Solide langfristige Prognosen für den Bereich der Niederlassung kann man meiner Meinung nach nicht stellen. Wie bereits schon dargestellt gibt es zu viele Variablen (bspw. politische Rahmenbedingungen, Entwicklungen am Gesundheitsmarkt, Zukunft der KV, Zukunft der Krankenversicherungen), als dass man klare Trends erkennen könnte. Zwar gibt es Megatrends am Gesundheitsmarkt (wir werden alt, wir werden weniger), aus diesen lassen sich aber keine klaren Strukturänderungen für die Niedergelassenen rauslesen.

Mein Blick in die Zauberkugel:

1. Deutliche Zunahme an integrierter Versorgung und MVZs
2. Wesentlich größere Bedeutung von EBM und QM (means pro Papierkram und weniger Freiberuflichkeit)

Ergo: Ich glaube, dass die Niederlassung in den nächsten Jahren an Bedeutung verlieren wird :-meinung

Jenny1988
17.10.2011, 23:01
Vielen Dank für die vielen Antworten.


beinahe alle Selbstständigen deutlich mehr arbeiten, als das in der Position als Angestellter der Fall wäre
Und müssen die das, wenn sie sich niederlassen wollen?
Oder finden sie andere Modelle einfach unattraktiv?


Es gibt genügend Dinge abseits der reinen Patientenversorgung, die erledigt werden müssen.
Welchen Anteil an der Arbeit nehmen diese Arbeiten denn ein?


Es ist durchaus eine gesunde Work-life-balance, wie es so schön heisst, möglich, und zwar in allen möglichen Facetten. Ist halt die Frage, ob man lieber einigermaßen Freizeit hat oder Karriere machen möchte.
:-dafür


(Ist es wirklich so dumm noch Medizin zu studieren?! )
Ja.

Ist das Ironie? Hat dein Name etwa System? (=
Wenn nicht, was ist so dumm daran?

gnuff
18.10.2011, 11:27
Selbstständig kommt von "selbst" und "ständig"... das gilt für Schreiner und Klempner genauso wie für Ärzte... :-))

urhr
31.10.2011, 18:16
Es ist grundsätzlich schon möglich, als niedergelassener Arzt wenig zu arbeiten. Allerdings macht es gerade in der ersten Phase nach der Praxisgründung wenig ökonomischen Sinn. Denk z.B. an die Kredite - die wollen so schnell wie möglich abbezahlt werden, sonst staut sich die Zinsbelastung.

Die Anstellung ist im Allgemeinen besser kompatibel mit Wochenarbeitszeiten <42h, auch schon in der Assiphase.