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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : O2-Therapie bei ACS: Nasenbrille oder Maske mit Reservoir?!



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29.10.2011, 18:49
Moin!
Kurze Frage aus Examens-Lerngruppe:

Meist steht unter Procedere bei ACS "O2Gabe via Nasenbrille/-sonde" - warum eigentlich nicht per Maske plus Reservoir?!
Ich meine mich zu erinnern das man mit Nasenbrille max. ne Fi02 von roundabout 0,4 schafft - mit ner Maske+Reservoir ca. 0,8...

Sollte man nicht eine maximale Oxygenierung anstreben?! Also Maske+R mit ausreichend Flow...

Dank und Gruß
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dreamchaser
29.10.2011, 19:00
Das muss man von der Ausgangssättigung abhängig machen. Wenn jemand eine Sättigung von 96% ohne O2 hat, dann braucht er gar keinen Sauerstoff, eine Sättigung von 96-98% ist anzustreben (habe leider die Quelle vergessen, war Thema auf einer der letzten FoBi - vielleicht bei ESC?). Bei einer Sättigung von 80% bei kardiogenem Schock würde ich auch eher zur Maske greifen, sonst reicht in der Regel eine O2-Brille.

JJ*
29.10.2011, 19:27
Quelle dürften die aktuellen ERC-Guidelines gewesen sein, dort Sektion 5 "Initiales Management des akuten Koronarsyndroms" (http://www.springerlink.com/content/f33u47j2767x7320/fulltext.html):


Die Messung der arteriellen Sauerstoffsättigung (SaO2) durch Pulsoxymetrie ist geeignet, um den Bedarf an zusätzlichem Sauerstoff festzustellen. Patienten benötigen keinen zusätzlichen Sauerstoff, solange sie nicht hypoxämisch sind. Einige der vorliegenden Daten deuten daraufhin, dass eine Sauerstoffgabe in hoher Konzentration für Patienten mit unkompliziertem Myokardinfarkt schädlich sein könnte [33, 34, 35]. Der Zielwert der SaO2 soll 94–98% sein bzw. 88–92%, wenn das Risiko der Atemdepression mit CO2-Retention besteht [36].

dreamchaser
30.10.2011, 09:58
Genau, super, danke! Das meinte ich.

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30.10.2011, 10:42
Danke

wjsl
28.11.2011, 19:36
Wo das Thema Sauerstofftherapie schon indirekt angesprochen wird:

Angeblich ist eine Heimsauerstofftherapie nur bei COPD zugelassen, zumindest offiziell. Allerdings habe ich es schon ein paar Mal erlebt, dass diese auch bei terminaler Herzinsuffizienz und sehr alten Patienten noch verordnet wurde. Woraufhin es dann auch öfter Ärger und Streitigkeiten gab, inwiefern das zulässig sei oder Sinn mache (Belastung für das Gesundheitssystem, verantwortungsvoller Ressourceneinsatz, etc.)

Wie würdet ihr das lösen? Man kann einen Menschen mit terminaler Herzinsuffizienz doch nicht ersticken lassen, selbst wenn er sehr alt ist; und eben auch nicht ewig auf Station behalten. Was sollte man in dem Fall machen?

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28.11.2011, 19:49
Wo das Thema Sauerstofftherapie schon indirekt angesprochen wird:

Angeblich ist eine Heimsauerstofftherapie nur bei COPD zugelassen, zumindest offiziell. Allerdings habe ich es schon ein paar Mal erlebt, dass diese auch bei terminaler Herzinsuffizienz und sehr alten Patienten noch verordnet wurde. Woraufhin es dann auch öfter Ärger und Streitigkeiten gab, inwiefern das zulässig sei oder Sinn mache (Belastung für das Gesundheitssystem, verantwortungsvoller Ressourceneinsatz, etc.)

Wie würdet ihr das lösen? Man kann einen Menschen mit terminaler Herzinsuffizienz doch nicht ersticken lassen, selbst wenn er sehr alt ist; und eben auch nicht ewig auf Station behalten. Was sollte man in dem Fall machen?

Die Frage dabei ist doch, wie gut der Patient sein Blut oxygenisieren kann und wie die Sauerstoffausschöpfung am Ende ist....
Wenn bei low cardiac output in der Peripherie nur wenige voll-gepumpte Erys ankommen, die dort ausgelutscht werden, hilft es nur wenig sie "noch mehr zu beladen" (begrenzte o2-Bindungskapazität)...

Zum Handling:
Mit terminaler HI stirbt man idR. O2 lindert -wenn es das überhaupt tut- nur die Atemnot ist also palliativ. Dann kann ich das auch ordentlich machen, bspw. mit Morphinen, Tranquis, Cortison, Atosil...

Brutus
28.11.2011, 20:04
Mit terminaler HI stirbt man idR. O2 lindert -wenn es das überhaupt tut- nur die Atemnot ist also palliativ. Dann kann ich das auch ordentlich machen, bspw. mit Morphinen, Tranquis, Cortison, Atosil...
O2 lindert im eigentlichen Sinne nicht die Atemnot. Das ist eher ein psychologischer Effekt. Der Patient merkt, dass "etwas gemacht wird", und empfindet dadurch eine Linderung der Symptome. Wenn man objektiv mal die Vitalwerte betrachtet, dann ist die SO2 vor Therapie meistens völlig ausreichend. Die Dyspnoe ist idR subjektiv. Negativer Effekt der O2-Therapie ist zudem ein ausgetrockneter Nasen-Rachenraum. Wie von Logo schon gesagt wurde ist die vernünftige Therapie Morphin und Co-Medikation.

Rico
28.11.2011, 20:12
Angeblich ist eine Heimsauerstofftherapie nur bei COPD zugelassen, zumindest offiziell.Wer sagt denn sowas?
Heimsauerstoff kriegst Du immer dann bezahlt, wenn Du seine Wirksamkeit beweist, also z.B. arterieller pO2 bei Raumluft 40mmHg, mit O2 auf der Nase 80mmHg.
Dafür braucht es keine COPD, sondern nur irgendeine Art der Oxygenierungsstörung: man kann ja auch mal nur ne halbe Lunge haben...
Oder ein Cor pulmonale (z.B. als Folge rezidivierender Lungenarterienembolien oder eines angeborenen Herzfehlers), da gehört O2 in den fortgeschritteneren Stadien zum Therapiestandard.

wjsl
28.11.2011, 20:14
Danke für die Antworten.

Die Erklärung leuchtet mir ein; allerdings erklärte mir neulich ein Stationsarzt, er müsse den Sauerstoff verordnen, die die Patientin sonst "ersticke" und eben damit auch besser geworden sei. Seine erfahrenere Kollegin dagegen schlug die Hände über dem Kopf zusammen und meinte COPD sei die einzige zugelassen Indikation.

Meine Frage ist nun: Was soll ich nach dem Examen machen, wenn ich unter Umständen über solche Dinge entscheiden muss? Ohne Sauerstoff heimschicken? Auf eine andere Abteilung verlegen? Das Gerät offlabel verordnen?

Auch Kostenüberlegungen wurden auf meiner jetzigen Station schon öfter angesprochen. Die Kosten bestimmter Maßnahmen, was das fürs Gesundheitssystem an sich bedeute, welche Auswirkungen das unter Umständen auf die zukünftige Versorgung habe...das verwirrt mich im Moment, so dass ich keine Idee mehr habe, was ethisch gerechtfertig ist und was nicht.

Rico
28.11.2011, 20:21
Seine erfahrenere Kollegin dagegen schlug die Hände über dem Kopf zusammen und meinte COPD sei die einzige zugelassen Indikation.Da hat die Gute schlicht und ergreifend unrecht.

Meine Frage ist nun: Was soll ich nach dem Examen machen, wenn ich unter Umständen über solche Dinge entscheiden muss? Ohne Sauerstoff heimschicken? Auf eine andere Abteilung verlegen? Das Gerät offlabel verordnen?also zum einen muss sowas ja nicht der kleinste Stationsarzt entscheiden - es gibt ja noch sowas wie Oberärzte - zum anderen möchte ich mal die Kasse sehen, die sich weigert das zu zahlen, wenn die alternative rezidivierende Wiederaufnahmen exakt 1min nach Entlassung (und Trennung vom Sauerstoff) sind.

wjsl
30.11.2011, 17:23
Also stimmt diese Behauptung gar nicht? Dabei ist die Betreffende kurz vor dem Facharzt...

Ich kann auch schwer einschätzen, welche Belastung ein Heimsauerstoffgerät tatsächlich für das Gesundheitswesen darstellt, vor allem auch im Vergleich zu den Kosten einer eventuellen stationären Wiederaufnahme. Man soll ja verantwortlich handeln und nichts unnötiges verordnen; nur wie beurteilt man, was das "Bessere" ist? Ich habe auch so gar keine Vorstellung davon, was bestimmte Dinge das Gesamtwesen kosten, wie sehr etwas die Gesellschaft als Ganzes belastet. Denn eigentlich habe ich schon vor, später auch verantwortungsvoll mit den doch immer begrenzter werdenden Ressourcen zu haushalten.

Wem dürfte man also Heimsauerstoff verordnen, ohne die eine oder andere Seite allzu unverhältnismäßig zu belasten?

dreamchaser
30.11.2011, 17:37
Wie oben bereits geschrieben: mach eine BGA ohne O2 und eine mit O2 bzw. mit unterschiedlichen Flussraten O2. Wenn der pO2 adäquat ansteigt und ohne O2 deutlich erniedrigt ist, dann kann man die Verordnung einer Heimsauerstofftherapie doch sehr gut rechtfertigen. Diese Patienten sollten aber unbedingt pulmonologisch angebunden werden, damit dieser die Einstellung weiter überprüfen kann. Denn jeder Patient benötigt eine andere Flussrate und diese kann auch mal variiert werden.

Evil
30.11.2011, 18:08
Wem dürfte man also Heimsauerstoff verordnen, ohne die eine oder andere Seite allzu unverhältnismäßig zu belasten?
Das im Einzelfall zu entscheiden ist durchaus Sache des Facharztes und erfordert Erfahrung und Kenntnis der Verordnungsrichtlinien. Da darfst Du Dich als unerfahrener Assistenzarzt völlig berechtigt überfordert fühlen und den Oberarzt oder (sehr) erfahrenen Alt-Assi fragen.