PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Gefäßchirurgie



Karoline.Walter
04.11.2011, 18:33
hi. die gefäßchirurgie zählt zu den unbeliebtesten fächern. ich verstehe aber noch nicht ganz warum das so ist. im 2-wöchigen blockpraktikum war es sehr interessant, werde bestimmt auch famulieren. gibt es hier gefäßchirurgen die mal erzählen können, was sie so für erfahrungen gemacht haben? könnt ihr kliniken empfehlen, die eine gute weiterbildung anbieten? und was sind so die bekanntesten gefäßchirurgischen abteilungen in deutschland?

Moorhühnchen
04.11.2011, 19:08
Ich kann zwar nur aus Sandmännchensicht berichten, aber Gefäßchirurgie heißt bei uns in der Regel auf dem OP-Plan: Vac-Wechsel, Vac-Wechsel, Vac-Wechsel, Vac-Wechsel, Amputation. Die relativ schönen OPs (TEAs oder Gefäßrekonstruktionen) kommen mir dazwischen wie echte Raritäten vor. Ich möchte niemals in der Gefäßchirurgie arbeiten müssen...... :-nix

Kackbratze
04.11.2011, 20:43
hi. die gefäßchirurgie zählt zu den unbeliebtesten fächern. ich verstehe aber noch nicht ganz warum das so ist.

Die Hauptursache ist die Patientenklientel.
Alte uneinsichtige Patienten, die sich der eigentlichen Therapie durch Malcompliance verschliessen, d.h. es wird trotz schwarzer Extremitäten weiter geraucht und der Zucker nicht eingestellt.
Gefäßerkrankungen sind Systemerkrankungen, d.h. die Minderdurchblutung des Beines ist auch eine Minderdurchblutung des Hirns mit entsprechenden kognitiven Folgen.
Gefäßnotfälle münden in den meisten Fällen in Verlegungen in die Pathologie (rupturierte Aorta), elektive Gefäßchirurgie wird durch endovaskuläre Verfahren erweitert, welche sich in den meisten Fällen die Radiologie unter den Nagel reisst, womit dann die GCH sich mit den schwersten, meist inoperablen Patienten oder Komplikationen nach Versagen der endovaskulären Chirurgie rumschlagen muss.

Die Patienten kommen ständig wieder (IRA-Patienten => Intervention, Revaskularisation, Amputation) und in den meisten Fällen geht es nur um Gangränversorgung.

Deswegen ist GCH unbeliebt.

Rumpelstilzchen
04.11.2011, 23:38
"Die rauchen, die saufen, die haben gelebt wie die Säue und dabei richtig Spaß gehabt. Dafür sterben die auch 20 Jahre früher und ganz häßlich."

Schöner kann man das gefäßchirurgische Klientel nicht zusammenfassen, zumindest was die meisten Patienten in meinem jetzigen Haus angeht. Als die Abteilung neu eröffnet wurde, war ich entsetzt bei der Prämedikation meines ersten gefäßchirurgischen Patienten - wie man so krank sein kann und trotzdem nicht tot.

Janny
05.11.2011, 16:41
Ganz so extrem wie meine Vorredner fand ich die Gefäßchirurgie nicht. Ja, gesund ist da keiner, und die Zahl der Patienten mit 10 Zehen an den Füßen (so hier der Plural noch korrekt ist :-)) ) ist überschaubar, aber es gab auch dort einsichtige Patienten (und auch in anderen chirurgischen Fachrichtungen gibt es reichlich uneinsichtige - siehe die Schläger und Besuffskis in der Trauma etc). Allerdings wurde in der mir bekannten Abteilung auch viel interventioneller Kram und Hybrideingriffe durch die Gefäßchirurgen gemacht, sodass sich "schöne" Eingriffe nicht zwischen VAC-Wechseln und Amputationen versteckt haben.
Viel Innere Medizin braucht man in dem Fach allerdings schon.
Famulier einfach mal!

Kackbratze
05.11.2011, 17:05
Die Frage war primär, weswegen der Bereich unbeliebt ist.
Das "Gute" ist, dass man viele Patienten hat, die sich freuen, wenn die chronischen Schmerzen weg sind und ihre Lebensqualität wieder steigt.
Ausserdem ist man an einer relativen Schnittstelle zwischen Innere und Chirurgie, d.h. man sollte Nephrologie, Diabetologie und auch die Gefäßentzündungen beherrschen können, damit die Patientenversorgung klappt.

Janny
05.11.2011, 17:15
Die Frage war primär, weswegen der Bereich unbeliebt ist.


Jep, damit hast du natürlich recht.
Aber wenn wir die TE gleich mit einem Horrorszenario konfrontieren , macht irgendwann niemand mehr den Job. ;-)
Ich wollte damit ja nicht sagen, dass ich das Fach toll finde, sonst würd ich es ja machen....



Ausserdem ist man an einer relativen Schnittstelle zwischen Innere und Chirurgie, d.h. man sollte Nephrologie, Diabetologie und auch die Gefäßentzündungen beherrschen können, damit die Patientenversorgung klappt.

Oder einen eigenen Internisten in der Abteilung haben :-wow (sorry für`s OT)

Kackbratze
05.11.2011, 19:58
Jeder Internist sollte mind. 1 Chirurgen in seiner Abteilung haben.

Aber zurück zum Thema. Das Problem sind Langlieger und ständig wiederkehrende Gefäßwracks, die einem die Arbeit erschweren.

been there, done that, got the t-shirt.

Karoline.Walter
06.11.2011, 14:30
okay, warscheinlich liegt es auch immer an der klinik. mein blockpraktikum war an der mhh, da gab es wirklich viele interessante eingriffe. highlight war ein rupturiertes bauchaortenaneurysma. der patient hat übrigens überlebt. carotis-teas und carotis-schrittmacher gab es auch relativ viele. genauso wie akute verschlüsse. und ein kleines kind, in dem ein seldinger-draht verschwunden war, musste auch operiert haben. ich fand das echt spannend, zumal ich aufgrund von personalmangel oftmals 1. assistentin sein durfte. habe aber tatsächlich nciht bedacht, dass man einer "normalen" gefäßklinik wahrscheinlich doch eher pavk-patienten hat. könnt ihr mir denn mal gefäßchirurgische kliniken empfehlen? die gefäßchirurgie an der mhh ist ja doch sehr klein.

Lava
06.11.2011, 16:03
Nicht zu vergessen, dass die OPs oft viele Stunden dauern und wenn man meint, am Ende angekommen zu sein, die intraoperative Angio zeigt, dass es leider immer noch schei*e ist. Außerdem wird oft nachts operiert und (Re-Re-Re-)Revisionen sind keine Seltenheit. Ein Freund von mir meint, Gefäßchirurgie hätte das meiste "Zen" aller OPs. Keine Ahnung, was er damit meint. Für mich wär das nichts.

stennadolny
06.11.2011, 16:20
Gefäßchirurgie=Installateur. Und ? Ein Traumberuf ?

Lava
06.11.2011, 16:24
Gefäßchirurgie=Installateur. Und ? Ein Traumberuf ?

Hmmmm.... mein Papa ist Installateur. Ich finde da, ehrlich gesagt, nicht wirklich viele Gemeinsamkeiten zwischen den Berufen. :-nix

Kackbratze
06.11.2011, 18:40
Dein Vater amputiert bei Rohrverschluss nicht gleich ganze Hausteile?!?

Janny
06.11.2011, 19:32
Aber zurück zum Thema. Das Problem sind Langlieger und ständig wiederkehrende Gefäßwracks, die einem die Arbeit erschweren.


Ich nehme alles zurück, was ich vorher geschrieben habe. Alles. Allesalles. Wo kommen die ganzen Stinkefüße denn plötzlich her dieses Wochenende? Die Zehen sind doch nicht seit gestern schwarz! :-(( Und das Ulcus ist auch nicht gerade vorhin aufgetreten :-kotz

[QUOTE=Kackbratze;1088958] been there, done that, got the t-shirt. [/QOUTE]

So do I. :-nix

Rico
06.11.2011, 20:16
Unvergessen auch der Patient, dessen Therapiewunsch bezüglich seiner widerlich siffenden und stinkenden Vorpfußphlegmone nur daher ergab, dass er wegen der Geruchsentwicklung aus seiner Stammkneipe verwiesen worden war - und auf die Frage, wo der der D4 an dem Fuß geblieben sei antortete, er habe den "irgendwie mal verloren"... kann ja mal passieren. :-wand

Die Niere
06.11.2011, 20:33
Hinzu kommt, dass viele Patienten, die durchaus selbst verantwortlich für die Situation sind, gerne unzufrieden mit der Therapie und dem Ergebnis sind.

gruesse, die niere, die so eine Spezies gerade heute morgen visitiert hat...

Kackbratze
06.11.2011, 21:34
Unvergessen auch der Patient, dessen Therapiewunsch bezüglich seiner wiederlich siffenden und stinkenden Vorpfußphlegmone nur daher ergab, dass er wegen der Geruchsentwicklung aus seiner Stammkneipe verwiesen worden war - und auf die Frage, wo der der D4 an dem Fuß geblieben sei antortete, er habe den "irgendwie mal verloren"... kann ja mal passieren. :-wand

Diabetiker oder Raucher?
Oder Beides?
(vielleicht noch als Bonus Dialysepatient?)

Ein klassischer Gefäßpatient, bei dem die Gefäßproblematik (vermutlich durch Alk noch verstärkt) auch die supranasalen Kompartimente mit der Minderdurchblutung erreicht hat.

Erinnerungen werden wach...*schauder*

Kandra
06.11.2011, 23:44
Das hab ich mich im KPP auch immer gefragt, wieso die es immer so weit kommen lassen. Da war kein einziger, der seine Nekrosen/Ulci/etc. seit gestern hatte...
Ich mein ich schau doch mindestens 4 mal die Woche (wenn nicht eh täglich..) beim duschen auf meine Füße und wenns nur zufällig ist. Und wenn ich da sehe, dass da was anders ist wie das letzte Mal, dann warte ich ein paar Tage (Tage! nicht Monate..) ab und wenn sich nix ändert oder das schlimmer wird, dann geh ich zum Arzt und lass den drauf gucken.
Was ich auch krass fand, dass die da ja tatsächlich dann nichtmal mehr was spüren...die Ärzte haben da teilweise drin rumgefuhrwerkt, da wär ich beim zugucken schon am liebsten schreiend am Boden gelegen und die zucken nicht mal mit der Wimper...
Habe die Ärzte und das Pflegepersonal auch bewundert, dass die da so nett bleiben...ich könnte das glaube ich nicht auf Dauer.

MissGarfield83
07.11.2011, 08:14
Dein Vater amputiert bei Rohrverschluss nicht gleich ganze Hausteile?!?

:-top Made my day :-))