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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Das Krankenhaus am Rande des guten Geschmacks...



DerBlinde
17.03.2003, 22:57
Wollte noch mal eine kleine Anekdote aus der Klinik schreiben. Allerdings wußte ich nicht so ganz, wo Hindemidt. Deswegen mal ein neuer Thread ;)

Ich bekam das personifizierte Grauen in die Ambulanz. Nun bin ich Angehöriger der Herz- und Gefäßchirurgie (wobei ich auf den zweiten Teil oftmals gerne verzichten könnte) und deshalb muß ich leider regelmäßig meinen Riechkolben über ekelerregende Stinkfüße halten und dabei noch gute Mine zum bösen Befund machen. In den Sommermonaten ist diese Tätigkeit besonders schlimm. Dafür wird man dann meist von einem inspirierenden Gespräch mit der beiwohnenden Arzthelferin bei einem großen Eisbecher hinterher belohnt, wenn nicht das Chaos im OP oder auf der Station wütet.
Nunja, zurück zu der Gestalt in meiner Kabine. Wir haben nicht weit von unserer schönen Unistadt ein malerisches Tal mit einer "Gefäßklinik". Und die Kollegen dort sind eigentlich recht gut. Das heißt, sie lassen uns mit den typischen Gefäßwracks in Ruhe und nehmen anstandslos unsere Patienten zu Anschlußheilbehandlung. In den Zeiten der Rezession allerdings auch nicht wirklich verwunderlich. Umso mehr erstaunte es mich, daß ein Herr in den besten Jahren, mit diesem fauligen Anhängsel genau von just dieser Klinik in meine Ambulanz gewankt kam.
Seine Angiopathie war definitiv nicht nur auf das Bein beschränkt und mit fahrigem Wortlaut erklärte er mir, daß er jetzt wirklich nicht amputiert werden wolle! Nachdem ich den Patienten in Ruhe ausreden ließ (ca. 3 Sekunden :D), erklärte ich ihm, daß wir das sowieso nicht in der Ambulanz machen, da weder die Helferin noch ich Blut sehen können und die Säge noch nicht beim Schleifer war. Zudem macht eine stumpfe Säge immer so viel Sauerei! Da es sich aber um einen Ado-Patienten handelte und mein Chef in solchen Angelegenheiten recht kleinlich werden kann, nahm ich ihn stationär auf. Zugegeben, eigentlich wollte ich eher ein wenig die Schwestern ärgern, andererseitss hatte ich ein wenig Angst, daß das schwarz-graue Bein beim Verlassen der Ambulanz abbrechen und ich bei der Beseitigung der Sauerei beteiligt sein würde. Natürlich nur als Zuschauer, aber immerhin!
So wurde der Patient (zur Freude der Pflege) auf der Station mit all dem versorgt, was die moderne Apparatemedizin zu bieten hat. Heparin-Perfusor, Prostavasin-Infusionen und viel Alkohol. Ja, der Patient hatte schnell verstanden, wie man den Alltag auf Station überlebt!
Bei der Chefvisite am nächsten Tag kam dann das ernüchternde Urteil! Sogar mein Chef sah keine Möglichkeit mehr, das Bein zu erhalten und riet zur Unterschenkel-Amputation. Trotz etlicher Flaschen "Stich den Buben" aus dem stationseigenen Kühlschrank, die der Patient nicht nur wegen seinem Geburtstag erhalten hatte, war er immernoch nicht einsichtig. Vielmehr kam er ein paar Stunden später zu mir und wollte auf eigene Verantwortung entlassen werden. Zum einem wollte er gerne den Rest seines Geburtstages zu Hause feiern, zugegeben, unser Vorrat an "Stich den Buben" war leider alle, andererseits hatte er angelbich mit Canada telefoniert und einen 'Spezialisten' gefunden, der ihm einen Fem-Pop ins Bein nageln und dieses damit retten wollte. Ohne zuvor weder den Patienten, noch die aktuellen Angiobilder gesehen zu haben. Da der Kunde König ist, gewährte ich ihm den Wunsch nach Hause zu fahren und stellte, sogar etwas erleichtert, diese Bürde nicht mehr mit meinen Schultern tragen zu müssen, einen Taxi-Schein aus.
So besorgt der Taxifahrer um den Patienten, aber vielmehr um das Bein und seine Ledersitze war, genauso erleichtert war ich, meine Station gerettet zu haben und ließ mich bei einer Tasse Kaffee von der Pflege feiern und hakte die Geschichte im Geiste ab.
Bis zum nächsten Morgen. Als mich eine Kolegin aus dem Kreiskrankenhaus des Heimatortes des Patienten anrief. Sie wollte eigentlich nur den Grund wissen, warum der Patient einen Taxischein besaß, der meine Unterschrift trug. Das Schlimmste befürchtend gab ich vorerst nur recht zögerlich Auskunft.
Doch die Kollegin erzählte mir, daß das Taxi kurz vor dem Ziel einen Unfall hatte, der Patient ein ordentliches SHT erlitten habe, zur Zeit im Koma liege und wegen beginnender Sepsis und Verschlechterung des Allgemeinzustandes die allgemeinchirurgischen Kollegen kurzerhand eine US-Amputation vorgenommen hätten.
Erleichtert legte ich den Hörer wieder auf die Gabel und während ein leichtes Grinsen über mein Gesicht huschte, wußte ich, warum ich Gefäßchirurgie in einem Haus der Maximalversorgung mache....

RS-USER-Finn
18.03.2003, 10:35
Wie bizarr das Schicksal zuweilen ist. Unfall mit den Taxi - quite odd!
Tragisch-komische Geschichte...

Gruss, Finn.

RS-USER-Sventilator
19.03.2003, 10:09
Wenn da mal nicht ein Komplott hintersteckt ?

Das wäre einer dieser Fälle für die X-Files.

Gruß

Sventilator

silver tabby
10.10.2004, 15:30
GAAAAAAAAAAAAAAANZ Grosser Sport!!!!
Hast du nicht noch mehr solcher Stories??? Auch wenn ich das jetzt doch ein wenig spät gesehen habe hier...

nefgeländefahrer
11.10.2004, 12:12
das gute alte taxi mit seinen fahrten.....lol

Rescuerambo
11.10.2004, 14:06
Wäre jemand der "Doctores Medici" so freundlich einem kleinen doofen RS zu erklären, was "Stich den Buben" ist ???


Aber ansonsten "Wie das Leben so spielt"

RS-USER-Bärentöter
11.10.2004, 14:14
hab' ich auch keine Ahnung...
Edith: gefunden...

http://www.basf.de/de/dienste/gastro/kellerei/liste/deutsch/baden_weiss/?id=V00-S_zrz5j.lbsf09j

Rescuerambo
11.10.2004, 14:24
Oha, die haben im KH Wein ??? gibts den i.v. :D :D :D

RS-USER-rettungshamster
15.10.2004, 08:32
Ironie des Schicksals.
Ich finde es immer wieder erstaunlich wie sich das Blatt wenden kann.

Aber bei solchen Storys läuft es mir immer eiskalt den Rücken runter

RS-USER-Katja
15.10.2004, 13:16
Original geschrieben von Bärentöter
hab' ich auch keine Ahnung...
Edith: gefunden...


Wer ist Edith und was hat sie damit zu tun? :D :D :D ;)

RS-USER-Bärentöter
15.10.2004, 13:26
Original geschrieben von Katja
Wer ist Edith und was hat sie damit zu tun? :D :D :D ;)

Edith ist eine gute Bekannte vom Fred.

DerHobbit
20.10.2004, 23:50
der fred vom jupiter? oder ein anderer?

RS-USER-Bärentöter
20.10.2004, 23:55
81 geboren und Fred vom Jupiter kennen? Respekt!

evil*little*devil
08.11.2004, 16:25
Ich, kleine Azubine auf der Gynäkologie. Spätdienst.
Um es vorher zu sagen, wir hatten viele Betten frei. Patienten mit frischem Abort kommt zu uns. Sie, voll fertig, weil es ein Wunschkind war. Und in welches Zimmer legt sie die Oberschwester rein? Natürlich in das, wo die Dame liegt, die zur Abtreibung kam.
Hallo? Da hörts auf bei mir! Reden half nix und verstanden hat die das so wieso nicht. Ich musste nur immer beschämt da rein gehen..

Wie heißt es doch so schön: Nach alter Schwesternsitte!!!

RS-USER-flatliner
08.11.2004, 23:22
Den Thread kannte ich ja noch garnicht... :D

Uah - Gefäßpatienten...
In der Ausbildung durften wir uns ein Fachgebiet aussuchen, in dem wir unseren letzten Einsatz machen wollten. Hab natürlich Herzchirurgie angegeben. Wo kam ich hin? Auf eine Gefäßchirurgische Station!!! (mit dem Argument "Ist doch fast das selbe") Und das nachdem ich vorher 3,5 Monate täglich zig Verbandswechsel auf ner Diabetikerstation (die hatten auch so feine Dinge wie Madentherapie) machen "durfte"... :mad:
Übrigens: es war auch in diesem Sommer letztes Jahr...