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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Arbeitszeitgesetz



DerBlinde
28.03.2003, 14:42
Was haltet Ihr eigentlich von dem Arbeitszeitgesetz?
Jetzt, wo die Wogen in D recht hoch schlagen, bin ich ehrlich gesagt froh, daß ich zur Zeit im Ausland bin.
Ich habe noch das "alte" System in Deutschland mitbekommen. Und werde Ende des Jahres nach Deutschland zurück kehren.

Was mich stört ist die Regelung einer festen Stundenanzahl pro Woche. Das geht vielleicht in kleineren Häusern, aber ich kann mir nicht vorstellen, wie das arbeitsorganisatorisch für (jetzt in meinem Fall) universitäre Herzchirurgie funktionieren soll. Zumal die Forschung auch zur Arbeitszeit zählen soll! D.h., ich darf nach meinem Dienst nicht mehr ins Lab verschwinden und meine Versuche machen (ja, wann soll ich die denn dann machen???)
Nun ist meine Situation die, daß ich keine Kinder habe und auch nicht verheiratet bin. Ergo: relativ wenig familiäre Verpflichtungen. Deswegen habe ich sicher kein Problem damit, auch 12-14 Stunden pro Tag in der Klinik zu arbeiten oder 10+ Dienste im Monat zu machen. Die neue Arbeitszeitregelung erlaubt das aber nicht mehr. Nur, wenn ich 10 Dienste im Monat mache, fahre ich ein zweites Gehalt ein. Was soll ich mit mehr Freizeit, wenn ich sie mir finanziell nicht leisten kann??
Viele haben argumentiert, daß sie bei der teilweise schlechten Bezahlung in den Krankenhäusern weniger arbeiten und mehr Freizeit wollen. Ich finde aber, daß so das Pferd genau falsch aufgezäumt wird! Ich will nicht unbedingt mehr Freizeit, ich will dann einfach eine wirklich angemessene Bezahlung für meine Arbeit! Ich möchte nicht wissen, was viele frühere Kollegen von mir jetzt machen, die z.Bsp. 3 Kinder und ein Haus zum abbezahlen haben und die jetzt, da sie keine 10+ Dienste im Monat mehr machen dürfen, mit ca. der Hälfte des Geldes auskommen müssen, als vorher. Na, dann viel Spaß!

Mich würde mal Eure Meinung dazu interesssieren...

RS-USER-Matze
28.03.2003, 15:05
Mhhhh, das ganze scheint mir ein weischneidiges Schwert.

Der Volkswirt in meinem linken Hirnlappen sagt mir, dass es sehr viel sinniger ist, die Arbeitskraft eines mehrere Jahre teuer qualifizierten Chirurgen zu erhalten udn zu verhindet, dass er mit 40 abnippelt und ich wieder nen neuen studieren lassen muss... ;)

Nee, mal im Ernst, sicher haben lange Dienste auch ihre Nachteile, aber gerade was die Stundenzahl pro Woche angeht, so sollten flexible Grenzen gesetzt werden, denn man kann ja ausgleichen. Und wenn zwischen den Diensten genügend Zeit liegt, um sich zu erholen und man nicht rumsteht wie ein Zombie...

Gruß, Matze

Preoxygenators
30.04.2003, 16:48
Problem beim "Arbeitszeitgesetz" ist doch, daß wir die ganzen Stunden schrubben, ohne dafür Kohle zu kriegen.

Ich möchte für die Zeit, die ich da bin, auch bezahlt werden.
Wenn ich Ostern, Weihnachten oder nachts die Deppen behandeln muß, denen genau dann einfällt, daß ihnen ein Furz quer sitzt, dann muß sich das finanziell bemerkbar machen.

Im Moment könne wir uns das aber nciht aussuchen. Von dem umgerechneten Stundenlohn im Bereitschaftsdienst, wenn viel zu tun war, kriegt man nicht mal ne Putzfrau !
Die Verwltungen wissen das und halten die Füße still
( Stechuhr ...).

Es gibt aber meiner Meinung anch Grenzen, wann jemand nicht mehr auf Patienten losgelassen werden sollte. Mein persönliches Maximum sind 12 h.

RS-USER-Schädelspalter
08.05.2003, 23:30
Verständlich sind beide Ansichten:
wer viel arbeitet, soll auch klotzig Kohle mit nach Hause nehmen.
Leider arbeiten viele Ärzte, ohne die Überstunden angemessen vergütet zu bekommen - da ist die Auffassung "wenn ich schon für meine zusätzliche Arbeit (bzw. Arbeitszeit) nicht angemessen bezahlt werden kann (will, darf,...), will ich auch keine zusätzliche Arbeit mehr machen" völlig logisch.
Daß das mit dem (berechtigten) Wunsch von Uni-Beschäftigten kollidieren kann, die Karriere zu fördern, wird wohl in Kauf genommen, weil die Arbeitsbedingungen z.T. nicht mehr haltbar sind.

Hubschrauberfanatiker
16.05.2003, 18:21
Ich finde das Gesetz aus dem Gesichtspunkt unbezahlter Überstunden sehr sinnvoll, aber das man keine Dienste mehr machen darf und deswegen auf ein zweites Einkommen verzichten muss finde ich schlecht. Wo doch die Dienste erst für ein einigermaßen gutes Gehalt sorgen.