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RS-USER-DerDings
31.03.2003, 19:25
Über dem Anatomischen Institut unserer Vorklinik hängt folgendes Zitat:

„Ärzte ohne Anatomie gleichen den Maulwürfen: Sie arbeiten im Dunkeln und ihrer Hände Tagwerk sind Erdhügel!“

Und doch wurden die Sezierübungen auf ein Minimum (Gelenke) zusammengestrichen.
Würde mich interessieren was ihr als Ärzte davon haltet: ob ihr der Meinung seid, das Vorlesungen das Anatomische Vorstellungsvermögen eines MedStudenten gleichermaßen bilden können wie die Sezierübungen, dass Sezierübungen nicht wirklich wichtig sind oder ob ihr euch genauseo darüber wundert wie ich mich (v.a. wenn man bedenkt das wir stunden damit verbringen verschiedene Linsen in "Modellaugen" einzusetzten und zu notieren ob das Bild scharf oder unscharf ist [war der tatsächliche Übungsvorgang]).

DerBlinde
31.03.2003, 19:36
Anatomie-Kenntnisse sind wirklich wichtig! Und nicht nur für Chirurgen ;)

Ich habe selber ein paar Semester als Präp-Assi in der Anatomie gewurschtelt. Desgen bin ich vielleicht etwas voreingenommen. Aber ich bin der Ansicht, daß man für die 3-dimensionale Vorstellung die Arbeit am Präparat braucht. Klar gibt es mittlerweile sehr gute Computerprogramme, die auch eine Idee vermitteln können. Meiner Ansicht nach ist das nicht das Gleiche, als wenn man mit 4 Sinnen (Sehen, Hören, Riechen ;) und Fühlen) die Anatomie leibhaftig erlebt und lernt.

RS-USER-Schädelspalter
31.03.2003, 22:27
Vorlesungen und Studium von Büchern / Atlanten ersetzen das "Begreifen" im Präpariersaal meiner Meinung nach nicht. Die Krankenpflegeschüler, die ich in Anatomie / Physiologie unterrichte, waren bei unseren Besuchen im Präpariersaal jedenfalls erstaunt und sehr interessiert, obwohl sie das alles aus der Theorie schon kannten. Ein dreidimensionales und mit möglichst vielen Sinnen gebildetes Bild finde ich auch für "nicht-schneidende" Ärzte notwendig - und man lernt und behält das besonders gut, was man mit mehreren Sinnen wahrgenommen hat. Während der Anatomiekurse ging es mir häufig so, dass meine Vorstellung während der Vorbereitung auf den Präpariertag eher verwirrend war und durch den Situs klarer geworden ist.

RS-USER-DerDings
31.03.2003, 22:36
danke erstmal an euch zwei...
wir medizinstudenten des 1. o. 2. Semesters kommen uns ziemlich ver*****t vor, gut zu wissen das wir uns nicht grundlos aufregen. da wir die ersten sind die in den genuß des neuen studienplans gekommen sind, wird sich wohl erst in jahren herausstellen, was so alles falsch gemacht wurde... wenn überhaupt. es gibt zwar noch einen weiteren, freiwilligen sezierkurs, der ist allerdings nur für eine so geringe studentenzahl zugänglich, das die chance auf einen gewinn im lotto wohl höher stehen...

RS-USER-Claudi
01.04.2003, 11:13
Original geschrieben von Schädelspalter
Vorlesungen und Studium von Büchern / Atlanten ersetzen das "Begreifen" im Präpariersaal meiner Meinung nach nicht. Die Krankenpflegeschüler, die ich in Anatomie / Physiologie unterrichte, waren bei unseren Besuchen im Präpariersaal jedenfalls erstaunt und sehr interessiert, obwohl sie das alles aus der Theorie schon kannten.

Das kann ich nur bestätigen! Unser Dozent hat uns auch regelmäßig mitgeschleift und wir hatten immer große "Aha-Erlebnisse" und "ach so ist das - Erkenntnisse", die ein Anatomiebuch einfach nicht vermitteln konnte.
So waren diese Exkursionen schon für uns als "nur Pflegekräfte" wirklich von unschätzbarem Wert!

Und da gibt es doch noch die Medizinerweisheit: "Wenn Ärzte nicht an Toten lernen können, müssen sie dies an Lebenden tun - und das kann Tote geben."

;)

RS-USER-Schädelspalter
02.04.2003, 00:16
Hallo, Claudi, kranke Schwester,
vielleicht kannst Du oder ein anderer Foren-Nutzer als direkt Betroffene mir ein paar Ratschläge geben, wie die Anatomie in der Theorie am besten vermittelt werden sollte, damit der / die angehenden Pfleger / Schwestern auch später was davon haben. Als Lernfach ist Anatomie anscheinend eher unbeliebt, was für Erfahrungen hast Du / habt Ihr denn gemacht? Frontalunterricht? Modelle? Bildschirmpräsentationen? Bildtafeln? Haben bei Euch auch Studenten unterrichtet? Fühlt Ihr Euch gut z.B. für die weiteren Fächer vorbereitet?

RS-USER-Claudi
02.04.2003, 13:55
Also Anatomie und Mikrobiologie waren bei uns auch ausgesprochen unbeliebt, weil es mehr oder weniger reine Lernfächer sind. Im Gegensatz zur Krankenpflege oder auch Krankheitslehre kann man sich nicht wirklich eigene Gedanken zum Unterrichtsstoff machen.
Der Stoff ist recht dröge und wäre Anatomie nicht Prüfungsfach gewesen, hätte man die Unterrichtszeit besser für ein Schläfchen nutzen können. Bei uns haben ausnahmslos Medizinstudenten Anatomie/Physiologie (und noch einige andere Fächer) unterrichtet. Die meiste Zeit war Frontalunterricht angesagt, von den Ausflügen in die Pathologie mal abgesehen. Unser erster Dozent hat uns freundlicherweise immer passend zum Thema ein Organ (ein echtes - keine Ahnung wo er das her hatte, vermutlich aus seinem Präparierkurs) in einer Aldi-Tüte (kein Witz) mitgebracht. War für uns immer eine willkommene Abwechselung und hat den Unterricht spürbar aufgelockert (in jeder Hinsicht).
Leider hat die Schulleitung ihn dann rausgeworfen - wegen der gefüllten Alditüten... schade...
Tja - wie kann man das ganze am besten vermitteln? Nette Abbildungen (gerne in 3D), noch lieber Modelle (dürfen auch aus Plastik sein) oder zwischendurch ein Videofilmchen erfüllen die Schüler/-innen mit verhaltener Freude. Kurz gesagt, die Atmosphäre im Unterricht sollte möglichst locker sein und alles "bildgebende" (am liebsten zum anfassen) ist in der Regel immer willkommen. Sowas setzt sich auch im Gedächtnis längerfristig fest. Allerdings wird es auch dann noch ziemlich wahrscheinlich einige Leutchen geben, die das alles trotzdem noch "völlig einschläfernd" finden. Ich würde das nicht persönlich nehmen. Im Übrigen wird Anatomie auch in vielen anderen Fächern beim Besprechen der Krankheitsbilder noch einmal aufgegriffen - das Wissen, das man hat wird vertieft und wiederholt. Uns hat die Anatomie die ganzen drei Jahre lang auf Schritt und Tritt verfolgt - auch als der reguläre Unterricht in diesem Fach längst abgeschlossen war. :-p

RS-USER-Schädelspalter
02.04.2003, 18:49
Original geschrieben von Claudi
ein Organ (ein echtes - keine Ahnung wo er das her hatte, vermutlich aus seinem Präparierkurs) in einer Aldi-Tüte (kein Witz) mitgebracht. (...)
Leider hat die Schulleitung ihn dann rausgeworfen - wegen der gefüllten Alditüten... schade...
Kaum zu glauben (das mit der Tüte, der Rauswurf schon) :D
Jedenfalls danke für die Antwort. :)
Jetzt kann ich außerdem ohne schlechtes Gewissen sagen: "Hey, das Wissen macht andere Fächer leichter" ;)

RS-USER-Feife
02.04.2003, 19:14
Ich bin im Moment noch in der Ausbildung zum Krankenpfleger und ich muss sagen, dass ich mich immer sehr auf meinen Anatomieunterricht freue...
Unser Dozent (ein ehemaliger Kinderarzt, keine Ahnung wie der Anatom geworden ist...) macht immer fast frontalen Unterricht.
Er setzt sich meist auf den Lehrertisch und schreibt/zeichnet dann auf dem OH-Projektor. Er zeichnet/schreibt und erklärt immer gleichzeitig. Das macht das Mitkommen einfach weil er nicht im Thema springt und sich durchs selber Mitschreiben Zeit lässt.
Die Zeichnungen von ihm sind bestimmt nicht 100%ig korrekt aber beim Lernen machen sie sich prima weil sie sich halt aufs wesentliche beschränken...
Obwohl wir gerne würden, dürfen wir noch nicht in die Patho. Unsere achsoliebenswürdige Kursleitung hat Angst um unsere jungfräulichen Gemüter. *g*

RS-USER-Claudi
02.04.2003, 19:30
Original geschrieben von Feife

Obwohl wir gerne würden, dürfen wir noch nicht in die Patho. Unsere achsoliebenswürdige Kursleitung hat Angst um unsere jungfräulichen Gemüter. *g* [/B]

... aber Popos abwischen und Tote versorgen dürft ihr?
Sprecht doch einfach noch mal mit eurer Kursleitung, ob so eine Exkursion in die Pathologie nicht auf freiwilliger Basis möglich ist.
Halt nur für die Schüler, die gerne möchten und die glauben, dass ihre Gemüter das aushalten. Man muss ja keinen dazu zwingen, wenn er nicht mag. ;)

RS-USER-Feife
02.04.2003, 20:08
Original geschrieben von Claudi
Sprecht doch einfach noch mal mit eurer Kursleitung, ob so eine Exkursion in die Pathologie nicht auf freiwilliger Basis möglich ist.


jaa... das das so einfach zu vollbringen ist, haben sich unsere jungen Gemüter in ihrem grenzenlosen Optimismus auch gedacht.
Aber unsere Kursleitung *habenwirsienichtalleunheimlichlieb* hat gesagt, dass sie uns diese Möglichkeit irgendwann vor dem Ende unserer Ausbildung geben will. Und bloss nicht vorher. Dafür sind wir nämlich noch nicht reif genug... (wer's glaubt.)

RS-USER-Schädelspalter
03.04.2003, 12:33
Fairerweise muß man sagen, daß eine Sektion eher weniger geeignet ist, Anatomie zu lernen. Denn die Sektion dient dem Zweck, Befunde zu erheben und nicht dazu, anatomische Strukturen um ihrer selbst Willen darzestellen. Wenn man z.B. in der Lunge nach irgendwas sucht, präpariert man nicht den Bronchialbaum, sondern schneidet die Lunge in dünne Scheiben...
Wenn man aber auch die Erkrankungen kennt und die pathologischen Veränderungen einordnen kann, kann der Besuch einer Sektion sehr lehrreich sein.
Soviel verpaßt Ihr aber auch nicht... ;)

Der Pfleger
26.04.2003, 16:04
Der Anatomie-Untericht war sch....miserabel. Daher habe ich 2x die Möglichkeit genutzt, mir die Körperwelten anzugucken. Ich finde, das hat sich gelohnt, auch wenn es Jahre nach meiner Ausbildung war.

:D

Abendstern
16.05.2003, 02:52
Ich bin 1 Jahr in den USA zur Schule gegangen und hatte dort einen Anatomiekurs wie man es sich nur wünschen kann. Sehr hoher Lernanspruch und viel Spass im Untericht. Wir haben -immer zu Zweit- eine Sektion an einer Katze über das Jahr verteilt gemacht. Jetzt nicht gleich iiihhhh sagen - war sehr lehrreich - und haben die Ergebnisse gezeichnet und wöchentliche Tests zu den Muskeln/Knochen und anderen Strukturen , die wir uns erarbeitet hatten , geschrieben.
Mit voller motivation bin ich dann in die Anatomie-Std. in der Krankenpflegeschule gegangen - und wurde sehr enttäuscht. Hab ich in den USA alle Begriffe auf Latein gelernt - wurden uns hier die eingedeutschten Begriffe beigebracht. Dies brachte mir eine 4 in Anatomie ein weil ich es nicht mehr umsetzten konnte.
Man sollte die medizinisch korrekten Bezeichnungen lernen ! Also bitte liebe Dozenten : Keinen Anatomie-Kurs für Laien geben - ich weiß ihr könnt es besser ;) Leider war unsere Dozentin sch***. Macht was aus dem Kurs - es kann doch so viel Spass machen .

RS-USER-Schädelspalter
16.05.2003, 09:07
Schade, dass die Motivation nur bei Wenigen so hoch ist. Anatomie gilt wohl als lästiges Lernfach. Nur für die 4-6 guten Schüler zu unterrichten und an den anderen vorbei zu reden, ist auch keine Lösung. Auf die lateinischen Begriffe lege ich viel Wert, da ist zum Glück nicht mehr jede zweite Frage "Müssen wir das wissen?", aber was die Bereitschaft angeht, selbständig sich etwas anzueignen, was man (als Einzige) nicht verstanden hat...

DerBlinde
16.05.2003, 09:18
Ich war ne zeitlang Präp-Assi in der Anatomie und muß sagen, daß die Studenten auch nicht anders sind. Wobei ich Anatomie immer als ein wenig Abwechslung zu Chemie, Physik und Bio in der Vorklinik gesehen habe...

RS-USER-Obelix
16.05.2003, 09:23
mmmmh, kann man die 4 Sachen eigentlich mit einander vergleichen? Bio und Anatomie hatte ich nicht. Aber Physik und Chemie sind irgendwie völlig unterschiedlich. Find ich jett jedenfalls,:confused:

DerBlinde
16.05.2003, 09:27
Nun, man kann sie insofern miteinander vergleichen, daß sie für die Medizinstudenten in der Vorklinik relativ wenig Bezug zum eigentlichen Fach haben... denkt man zumindest in den ersten Semestern ;)

RS-USER-DerDings
16.05.2003, 09:31
du studierst auch chemie *schauder*

mir gehts im moment so wie der blinde beschrieben hat... nur in einem punkt muß ich ihm widersprechen das ich in chemie und biochemie wenigstens ansatzweise verstehe was das mit medizin zu tun hat (und ganz ehrlich, sietdem interessierts mich auch... da bin ich selbst überrascht)

Preoxygenators
16.05.2003, 19:28
Mir tut es für Euch Studis echt leid, dass Ihr um Euren Präp - Kurs so beschissen werdet. Er ist nach wie vor das Kernstück der Vorklinik und jeder der Anatomie im Physikum hatte, weiß dass man sich die Fülle der Details nur vorstellen kann, wenn man selber mal mitgemischt hat.
Außerdem macht es einfach Spaß !!
Mal davon abgesehen, dass ein so zeitintensiver Kurs auch die Leute an einem Tisch zusammenschweißt.

Wenn ich nicht hätte prepen dürfen, wäre ich heute noch immer einsam und allein:)

Ich war nämlich mit meinem heutigen Ehemann an einer Leiche zu werke, stellt Euch vor, was uns entgangen wäre ...