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RS-USER-DerDings
31.03.2003, 21:22
Ich denke das die "Notkompetenzen" allgemein schwammig formuliert sind, was wohl am gesetzgeber liegt, schlußendlich kommt es wohl auf die anordnungen des Landesverbandes drauf an, was machen machen kann und was man mal lieber bleiben läßt...

tolles beispiel kenn ich aus Vorarlberg: auf dem Behandlungsprotokoll erscheint zwar eine Liste von Notfallkompetenzen, aber offiziell existiert keine notkompetenz (bzw. möglichkeiten diese Notfallkompetenzen zu erwerben).


Was mich interessieren würde ist, wie der Rettungsdienst in anderen Europäischen Ländern geregelt ist. Von der Schweiz weiß ich, das dort (fast) das gleiche system existiert wie in den USA, die Sanis heißen sogar "Paramedics". Notärzte existeren dort zwar auch, werden meines wissens aber nur selten (also wenns wirklich schwierig wird) entsendet (außerdem dürfen im kanton st. gallen auch nur anästhesisten NA dienst machen).

aber wie siehts in anderen ländern aus, z.b. Frankreich, Italien, England usw. weiß da jemand was genaueres drüber (z.B. Ausbildung, kompetenzen, NA System vorhanden oder nicht...)

was mich auch noch beschäftigt ist die Facharztausbildung für Notfallmedizin (sprich die ER Doctors) - gibt's sowas in europa, oder ist das was rein amerikanisches ??

Fragen über Fragen...

RS-USER-gnuff
01.04.2003, 01:02
Naja, das mit der Schweiz ist wohl nicht ganz so. Zunächst mal ist es von Kanton zu Kanton völlig verscjieden, es gibt zwar, soweit mir bekannt eine Empfehlung des SRK zur Ausbildung, aber die ist nicht verplichtend. Es existieren ganz exzellente Systeme neben völlig desolaten.

Das System in Frankreich ist unserem nicht ganz unähnlich. Neben einem Rettungsdienst der Feuerwehr gibt es ein an Krankenhäusern stationiertes, landesweites System, SAMU (Service d'Aide Médicale Urgente). Dieses umfasst sowohl Leitstellen (inkl. ärztlichem Notfalldienst und telefonischer Beratung), als auch Teams bestehend aus Sanitäter, Schwester bzw. Pfleger und Notarzt. Abhängig von der Struktur rückt dieses Team mit einem NEF oder NAW aus. Diese Teams arbeiten dann (v.a. auf dem Land) in der Regel im Rendez-vous-System mit der Feuerwehr oder privaten Krankentransport-Unternehmen zusammen. Näheres z.B.
hier (http://www.chru-lille.fr/samu59/) , ist allerdings auf französisch...

RS-USER-Matze
01.04.2003, 06:42
Nur mal so nebenbei, der Thread hieß "Trainingscenter" und net Notkompetenz. Weil das, wie schon die Vorredner sagen, ein sehr komplexes Thema ist kann man dafür vielleicht ein eigenes Toppic machen? Hier gings um was anderes....

RS-USER-Matze
01.04.2003, 09:44
Soooo, mal weiter im Thema, was?

Also, RTW wird Samstags Abends gegen 21:30 Uhr mitd er Meldung "kollabierte Person" in eine Einfamilienhaus in ruhiger lage geschickt. Dort eingetroffen findet die Besatzung eine 45jährige Patientin vor, die angibt, beim Fernsehschauen plötzlich starke Brustschmerzen verspürt zu haben. Ihr Mann, der sich große Sorgen macht, berichtet, die Schmerzen seien ganz plötzlich aufgetreten. Seine Frau sei bisher immer kerngesund gewesen.

Anamnese?
Diagnostik?
Verdachtsdiagnose?
Maßnahmen?

Also dann...

RS-USER-Sventilator
01.04.2003, 10:41
Anamnese: keine Vorerkrankung, irgendwas gegessen, getrunken, geraucht oder Medikamente genommen?
Vorerkrankungen in der Familie? Irgendwas anstrengendes oder aussergewöhnliches Unternommen?

Diagnostik: RR, P, Spo2, BZ, EKG, Hautfarbe,

RS-USER-Matze
01.04.2003, 12:40
Anamnestisch ergaben sich keine Vorerkrankungen, keine außergewöhnlichen Belastungen, raucht nicht, trinkt nicht und sieht sehr gepflegt aus. Hat sogar heute mittag noch im Garten gearbeitet.

RR 140/80
PP 120
SpO2 95%
BZ 130, letzte Mahlzeit Abendbrot
EKG zeigt in der II Ableitung einen schnellen Sinusrhythmus, der Kollege meint das er eine ST-Hebung erkennt, du bist nicht sicher
Hautfarbe ist normal, die Patientin hat einen leichten Sonnenbrand an der Schultern, weil sie beim Gartenumgraben nur ein Trägerhemd getragen hat und schwitz sehr stark

RS-USER-DerDings
01.04.2003, 13:28
Wie ist das Klima draußen ?
Wie in der Wohnung ?
War sie bis vor kurzem noch im Garten ?
Leidet die Patientin unter Übelkeit, hat sie erbrochen ?

RS-USER-Matze
01.04.2003, 14:03
Draußen ist waremes Somemrwetter, uhrzeutbedingt ist es bereits etwas kühler als am Tag. ES war aber nicht übermäßig heiß.

In der Wohnung herrscht normale Raumtemperatur.

Die Patientin hat etwa 3 Stunden lang Beete Umgestochen und Unkraut gejähtet, bevor sie gegen 18:00 Uhr zum Abendbrot reingegangen ist.

Sie hat nicht erbrochen, fühlt sich aber nicht gut und hat große Angst. Eine Bekannte von ihr hatte neulich mit 52 einen Herzinfarkt! Da hat sie auch Angst.

Und die Brustschmerzen werden immer schlimmer, auch der rechte Arm beginnt zu schmerzen. Und die linke Schulter. Sie möchte, dass ihr ihr helft udn nicht nur dauernd Fragen fragt *ggg*

BTW: Mittlerweile RR 140/90, PP 155, Sp02 92%, EKG wie gehabt.

RS-USER-Sventilator
01.04.2003, 14:16
wir geben der guten Frau erst mal 4l/min O2, um dann weiter fragen zu können :D

RS-USER-Matze
01.04.2003, 14:27
Die Patientin freut sich nicht besonders... Sie möchte wissen, ob es was schlimmes ist. Wenn man ihr schon Sauerstoff gebene muss... Der Mann ruft derweil ihre Mutter an. Die Schmerzen sind immer noch sehr schlimm, der rechte Arm scheint Taub zu werden

Derweil RR 150/90, PP 145, SpO2 95%, EKG wie gehabt. Die Patientin schwitz weiterhin stark, die Angst wird immer größer...

RS-USER-DerDings
01.04.2003, 14:27
V.A. Instabile Angina Pectoris, Myocardinfarkt nicht auszuschließen.

Erhöhen wir den O2 auf 8l/min, 2 Hübe Nitrosublingual
Lagerung mit erhöhtem Oberkörper.
NA nachfordern.
Reanimationsbereitschaft.

RS-USER-Matze
01.04.2003, 14:31
Der Patientin wird schlecht. Sie glaubt, sich übergeben zu müssen und schwitz immer stärker. Sie wird blass, der Druck sinkt auf 110/60. Das Aufsetzen bereitet ihr große Schmerzen.

Sättigung bleibt wie gehabt, PP 145. bei erneutem nachmessen RR 100/60. Die Patientin hat sehr große Angst, sieh fühlt sich plötzlich noch viel schlechter....

RS-USER-Sventilator
01.04.2003, 14:33
ich denke auf jeden Fall, das es was mit den 3 Stunden Gartenarbeit in der Sonne zu tun hat.

Ich bin mir nicht so wirklich sicher. NA nachfordern ist auf jeden Fall gut da sich die Situation ja ansehnlich verschlimmert.

Bitte einen Tip ob es evtl. etwas mit einer Dehydrierung (Hitzschlag) zu tun hat?

Wir versuchen auf jeden Fall die Patientin zu beruhigen.

RS-USER-Matze
01.04.2003, 14:36
Patientin mag sich nicht beruhigen. Was war das für ein Spray? Warum geht es ihr danach noch schlechter? Und warum muss sie sich so hinsetzen, wie es am meisten wehtut? Ihr wird auch langsam schwarz vor Augen....

RR 90/nicht messbar, PP 150, Spo2 97%, EKG wie gehabt.

RS-USER-Sventilator
01.04.2003, 14:40
Zugang legen und flott laufen lassen.
Na ist nachalarmiert !?!

Lagerung der Patientin nach Wunsch.

RS-USER-Matze
01.04.2003, 14:48
NA ist nachalarmiert udn kommt in ca. 10 Minuten. Patientin ist verunsichert wegend er nadel, aber dankbar, als sie sich wieder hinlegen darf. nach Beginn der Volumengabe RR 100/60, PP 140, sonst wie gehabt... Schmerzen sind jetzt auch nicht mehr so schlimm, seit sie auf dem kopfkissen liegt.

*kleine Anmerkung: Nitro ohne Zugang ist ganz bah, denn wenn die Patientin überreagiert wie hier hat man keine möglichkeit mehr, einzugreifen, denn u.U. werden beim massivem RR-abfall die peripheren Venen kollabieren, Zugang net mer so leicht...*

RS-USER-Sventilator
01.04.2003, 15:01
und nun?!?

Weitere Kontrolle der Vitalfunktionen und auf NA warten. Infusion nachhängen und weiter warten.

evtl. Beine hoch lagern.

RS-USER-DerDings
01.04.2003, 15:05
@matze - danke, wußt ich nicht, da ich als Ösi keine zugänge legen darf... scheint mir aber eigentlich logisch zu sein *rotwerd*

puh... Rasselgeräusche der Lunge nehmen wir keine wahr, oder ?
An einen Hitzeschlag o Hitzekrampf mag ich nicht mehr so recht glauben, aufgrund des RR Anstiegs...

RS-USER-DerDings
01.04.2003, 15:19
10 Min sind schon lange um, wo bleibt denn nur der NA ? ;)

RS-USER-Matze
01.04.2003, 16:44
Okok, keiner mehr ne Idee???

Also, Casus Knacksus in diesem Fall wäre zunächst folgendes:

1. Die Patientin hat Angst und war sehr aufgeregt. U.U. hat sie vor allem deshalb die genannten Kreislaufzeichen. Ratlose Sanis steigern die Angst weiter *ggg* und damit u.U. auch mal den Puls. Also sollte man erstaml die Patientin beruhigen.

2. Welcher Art sind die Schmerzen, was ist die genaue Location. Evtl. hätte man dadurch rausbekommen, das die Schmerzen schlimmer werden, wenn sich die Patientin bewegt und vor allem, wenn sie denKopf dreht.

3. Differentialdiagnostisch ist der Myokardinfarkt eine Möglichkeit. eine weiter Möglichkeit, die ins Auge zu fassen wäre ist eine chirurgische Ursache der Schmerzen, vor allem ein evtl. NPP (-> Gartenarbeit, Alter). Hier atypisch lokalisiert in höhe der Halswirbelsäule, vielleicht C5 o. C6 und damit möglicherweise ein zervikobrachiales Syndrom, was die Schmerzen im rechten Arme erklären würde.

Die Maßnahmen waren soweit nicht falsch, vielleicht hätte man vor der Nitrogabe etwas mehr Anamnese betreiben können und auf alle Fälle davor einen Zugang gelegt aus o.g. Gründen (Frage ans Ösi-Land: Ihr dürft Nitro geben aber keine Zugänge legen? Ich hab noch keinen gesehen, der mit ner Viggo erstochenwurde, aber mit Nitro kann man schon mal den Blutdruck gegen Null treiben...). Sauerstoff ist immer gut. NA-Nachforderung in jedem Falle indiziert, wegen a.) starker schmerzen und b.) der immer noch nicht auszuschließenden Gefahr eines HI.

Wichtig ist jedoch IMHO folgendes: wenn's irgend geht schütte ich keine Medis in den Patienten rein, außer ich bin mir meiner Sache 100% sicher. Wenn ich chirurgische Ursachen von Schmerzen, vor allem wenn sie von der Wirbelsäule kommen könnten, nicht ausschließen kann muss ich sehr viel mehr die Lagerung des Patienten überdenken.

Ich gebe zu, die anfängliche Angabe der Brustschmerzen war etwas fies, allerdings wäre auf nachfrage nach der Art und dem Ort des Schmerzes sofort die enstprechende Antwort gekommen, Brust und Thorax sind groß, und so die Nerven, die Schmerzen machen bzw. signalisieren laufen alle irgendwieüber die WS.

Gruß, Matze