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RS-USER-Matze
12.04.2003, 18:43
Mahlzeit.

Darf ich nochmal?

Also: Alarmierung Vormittag, ca. 9:30 Uhr, Wochentag. RTW und NEF zu fraglichem Suizdversuch von 55j. Patientin, Alarmierung kam über 15 Ecken vom Sohn der Betroffenen.

Am Einsatzort zeitglich Eingetroffen öffnet die Betroffene stehenderweise selbst die Tür, ist völlig bewußtseinsklar, überhaupt nicht erregt und schildert sachlich, dass sie eigentlich vor hatte, sich das Leben zu nehmen, ihr Sohn sie aber überzeugt hätte es zunächst nicht zu tun. Das Problem sei aber, sie hätte bereits eien größere Menge Tabletten (zeigt zwei leere Blister eines trizyklischen Antidepressiva) eingenommen. Zusäzlich bereits heute Nacht eine Valium. im Monet gehe es ihr gut, die Einnahme lieg etwa 20 Minuten zurück.

RR 110/80, PP 90, SpO2 98, BZ 85, Ekg Sinusrhythmus, keine weiteren Verletzungen, einstiche etc. keine Vorerkrankungen. Grund des Suizidversuches mangelnde anerkennung als maldende Künstlerin und sekundär Trennung vom Ehemann.

Was nun?

RS-USER-Hoffi
12.04.2003, 18:47
Mit der Patientin ins nächste Krankenhaus mit Intensivstation fahren und dort zur Beobauchtung lassen. Mehr würde ich erstmal nicht tun, es sei denn ihr Kreislauf destabiliesiert sich während des Transportes.
Achso, vorsorglich vielleicht noch nen Zugang legen.

RS-USER-Matze
12.04.2003, 18:49
Määp, als ihr die Patientin im RTW habt wird sie zunehmen schläfrig und labert unzusammenhängenden Stuss....

Ach ja, Kreislauf belibt dabei unverändert....

RS-USER-Hoffi
12.04.2003, 18:51
Damit habe ich irgendwie gerechnet... ;) Ist der NA noch an Bord oder ist der schon wieder nach Hause gefahren (nacgh dem Motto, dem Patienten gehts doch gut...)

RS-USER-Matze
12.04.2003, 18:53
Muss dann mal gleich weg. Also: Der Na ist netterweise noch da.

RS-USER-Hoffi
12.04.2003, 18:57
Gut dann geben wir der Patientin Sauerstoff und legen sie in die stabile Seitenlage, falls sie sich der Mageninhalt ausbreiten will.
Ich hab keine Ahnung, ob man da was mit Medikamenten machen kann.
Vielleicht noch die Intubationsbereitschaft herstellen und dem Ambubeutel schonmal rauskramen, man weiß ja nie...
Und wenn es der NA zulässt mit Alarm weiterfahren.

RS-USER-Lara
12.04.2003, 20:43
EKG wäre jetzt cool;
Diese tricyclischen Glücklichmacher können ganz unterhaltsame (und alle Beteiligten stressende) Dinge mit dem Rhythmus machen.

Und die bereits erhobenen Werte (RR, O2) würde ich auch konrollieren.

RS-USER-Sebastian1
12.04.2003, 22:53
Hmm, ich will auch mal, bin aber ja kein RDler (sondern Krankenpfleger und Studi in der Vorklinik), also schlagt mich, wenn's falsch ist:

Magenspülung, Aktivkohle, Physiostigmin (Cave: Hypotonie! bei Überdosierung von Physiostigmin --> Atropin).
In der Klinik selbstverständlich intensivmed. Betreuung (Standard-Monitoring, ZVK-Anlage, arterieller Zugang zur Analyse vor allem von RR und SBH)

Ggf. in der Klinik je nach Zustand der Patientin evtl. CVVH, obwohl ich nicht sicher bin, ob das bei Trizyklika erfolgversprechend ist...

Gruß,
Sebastian

DerBlinde
13.04.2003, 02:57
Hmpf...
Sebastian, ist sicher gut gemeint, aber mir kommt das ein wenig vor, als wenn man mit Kanonen auf Spatzen schießt... (aber ich kann ja auch falsch liegen. Bin ja nur dummer Handwerker ;))
Die Dame hat, alles jetzt eingerechnet, ca. vor 30 Minuten das Zeug geschluckt. Im Auto kann man eh nicht lege artis eine Magenspülung durchführen. Aktivkohle bekommt sie von mir keine, denn sie wird gerade bewußtlos ;)
Physiostigmin würde ich auch nicht geben. Der Antagonist wäre Anexate.
Nun, wir werden sicher keine 3 Stunden in die Klinik brauchen. Dort lecker Magenspülung und intermediate (Wachzimmer oder AWR) würde mir reichen. Sicher keine ICU, keinen ZVK, keine Arterie und erst recht nicht einen Sheldon mit CVVHD. NBDM würde mir vollauf reichen und die kann man ja auch auf alle 5 Minuten einstellen ;) EKG ist sicher wegen dem Rhythmus richtig.
Aber summa summarum würde ich den Mageninhalt entfernen, um eine weitergehende Intox zu verhindern und ansonsten die Dame primär selber den Kram abbauen lassen.
Symptomatische Therapie bei Komplikationen.

Laßt die gute Frau doch einfach mal ausschlafen ;)

Und der Psychooge wird natürlich dann in der Klinik informiert, sowie die Dame wieder wach ist. Klar...

RS-USER-Sebastian1
13.04.2003, 09:34
Okayokay - ich bin anscheinend ITS-geschädigt :D

RS-USER-Matze
13.04.2003, 12:05
Aaalso, ich lös mal auf, denn eure Ansätze hatten denke ich alle samt was. Kohle hätte man machen können, wenn die Frau nicht eingtrübt wäre. Man hätte ja auch währenddessen losfahren können, spülen können die im KH auch.

Eine dolle Sache gewesen wäre vielleicht doch Anexate gewesen, denn die Patientin trübt auf der Fahrt immer mehr ein und ist letztlich nicht mehr erweckbar. Vielleicht hätte man das so vermeiden können.

RS-USER-Schädelspalter
13.04.2003, 18:19
Hallo, da bin ich wieder,
Anexate ist der Benzodiazepin-Antagonist, sie hat aber vor allem Trizyklische Antidepressiva geschluckt. In dem Fall wäre Physostigmin zur Minderung der anticholinergen Wirkung möglich. Mit dem Physostigmin ist das wegen der kardialen Nebenwirkungen nur unter EKG und ReA-Bereitschaft gut, wenn möglich erst in der Klinik.
Aktivkohle kann man unter Aspirationsschutz (Intubation) über Magensonde (Emulsion) geben, es empfiehlt sich sonst vor Carbo ein Antiemetikum.
Bei den Medikamenten kommt es auf ihre chemischen Eigenschaften an (so eine Liste für Vergiftungen wollte ich mir schon immer mal zulegen), wenn das Verteilungsvolumen klein ist, kann man gut dialysieren.
Bis dahin sollte man symptomatisch behandeln, die Resorbtion der Giftstoffe hemmen (Kohle, Magenspülung - NICHT "verdünnen")

RS-USER-Sebastian1
13.04.2003, 20:18
Dann muss ich doch noch mal nachfragen: Wie sehr habe ich denn mit meinen Vorschlägen jetzt übertrieben? War das ein dickes Flakgeschütz auf einen Spatzen oder eher ein Luftgewehr auf nen Bussard? :D

Ist echt nicht leicht, un in diesem thread merke ich echt, wie sehr ich auf meinen Job als Pfleger auf ITS fixiert bin - und vorklinisches Wissen aus dem Studium hilft mir da auch ned wirklich weiter.

Für mich bestätigt sich das, was ich mit einem KOmmilitonen, der RA ist, sehr oft erlebe, auch hier: Vorklischer RD und die verschiedenen klinischen Disziplinen scheinen echt zwei Welten zu sein. Und ich glaube, auf einem RTW würde ich ganz schön alt aussehen, da würde mich wohl jeder Zivi mit 6 Monaten Erfahrung im Regen stehen lassen....

Gruß,
Sebastian

DerBlinde
13.04.2003, 20:42
Sodele, weil mir das mit dem Physiostigmin keine Ruhe gelassen hat (tja, auch ein Chirurg macht sich manchmal Gedanken :D), hier die offizielle Therapie bei Intox mit Trizyklika:

Trizyklische Antidepressiva

Symptome:
– Somnolenz bis Koma
– extrapyramidale Symptome
– Ataxie
– Krämpfe
– Tachykardie
– Blutdruckabfall
– Azidose
– kardiotoxische Wirkungen (Rhythmusstörungen, QT-Verlängerung, Schenkelblock , AV-Block)

Therapie:
– Cave Azidose!
– bei Krämpfen: Benzodiazepine
– bei Herzrhythmusstörungen: Puffern mit Natriumbicarbonat sowie Gabe von Lidocain
– bei anticholinerger Symptomatik: Biperiden (5 mg langsam i.v.)


Zu der Frage von Sebastian1:
Ich persoenlich bin vielleicht ein wenig mutiger (ich bin ja auch Chirurg und nicht aengstlicher Gasmann ;) :D). Aber man muss sich bitte immer generell fragen: "qui bono"??
Und Deine invasive Diagnostik ist zwar schoen, weil ich bunte Kurven auf dem Monitor habe, birgt aber auch Risiken. Generell immer: Blutung, Infektion, Nervenschaeden! Blutung kann boes werden, Infektion kann zur Sepsis fuehren, Nervenschaeden sind auch nicht der Bringer... Bei der Arterie kann es noch zu akuter Ischaemie der Hand kommen, wenn z.B. der Arcus palmaris nicht ausreichend funktioniert, etc. Beim ZVK besteht das Risiko, den Patienten platt zu stechen. Auch ungesund.
Und ich kann doch super nichtblutig den Druck messen. Dafuer gibt es doch die netten Apparate. Deswegen sehe ich da keine Indikation fuer maximal-invcasive Diagnostik (zudem muesste ich ja alles stechen... und aerztliche Taetigkeit besteht doch in erster Linie darin, nichts zu tun ;))
Warum sollte ich eine CVVHD anstreben? Einerseits sicher auch eine Belastung fuer den Kreislauf, von den Risiken, die der Sheldon (s.o.) hat, ganz zu schweigen, andererseits sehe ich die Indikation nicht ganz, wenn Leber und Niere ansonsten gesund sind und mal etwas fuer Volk und Vaterland tun koennen ;). Von den Kosten mal ganz zu schweigen (das wird in den naechsten Jahren eh immer wichtiger!)

RS-USER-Sebastian1
13.04.2003, 21:16
Danke für die Ausführungen :-)

Mir hat es auch keine Ruhe gelassen; ich habe als Beispiel mal Amitriptylin rausgefischt und unter www.fachinfo.de nachgesehen. Dort steht u.a.:

- Intensivüberwachung (v.a. EKG)
- Aktivkohle
- Physostigmin gegen zentrale NW (delir, Koma, EPS, Myoklonus)
- Nabi gegen Alkalisierung
- der Hämodialyse wird lediglich während der ersten Zeit ein geringfügiger/fraglicher Stellenwert eingeräumt.....

Was darf ich denn jetzt davon halten?

Gruß,
Sebastian

RS-USER-Sebastian1
13.04.2003, 21:20
Korrektur: Natürlich nabi ZUR Alkalisierung, nicht gegen *handvordiestirnpatsch*

DerBlinde
13.04.2003, 21:20
Original geschrieben von Sebastian1
...
- der Hämodialyse wird lediglich während der ersten Zeit ein geringfügiger/fraglicher Stellenwert eingeräumt.....
...

Mach es nicht. Die Kosten-Nutzen-Aufwand/Schaden-Relation steht in keinem Verhaeltnis zueinander.

RS-USER-Hoffi
13.04.2003, 22:11
Also rettungsdienstlich wäre bei dem Fall doch wirklich nur relevant engmaschig die vitalfunkltionen zu überprüfen, Intubationsbereit und Absaugebereit zu sein und nichts wie ab zur Intensivstation, oder?

RS-USER-Sebastian1
13.04.2003, 22:43
Original geschrieben von DerBlinde
Mach es nicht. Die Kosten-Nutzen-Aufwand/Schaden-Relation steht in keinem Verhaeltnis zueinander.

Okay, seh ich nach dem Fachinfo ja auch ein...aber was ist mit Physostigmin? Kann man, muss man aber nicht unbedingt? Wieso findet man in unterschiedlichen Quellen unterschiedliche Angaben?

Gruß,
Sebastian

RS-USER-Feuerblick
14.04.2003, 10:25
:D ...und ne Magenspülung macht bei uns im Auto nur der, der nachher auch putzt :D :D :D :D