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RS-USER-Schädelspalter
19.06.2003, 10:06
Der RD wird zu einem stilvollen Seniorenwohnheim gerufen. Einer rüstigen Bewohnerin soll es beim Mittagessen "irgendwie schlecht" gegangen sein, klagte plötzlich über "Herzklopfen", woraufhin das Pflegepersonal den Notruf machte.
In Erwartung eines "Akuten Nichts ohne Erbrechen" betritt die RTW-Besatzung nach kurzer Anfahrt (Wache fast gegenüber) den Speisesaal des Seniorenwohnheimes.
Eine Altenpflegeschülerin zeigt Euch die 79-jährige Frau, die zusammen mit 3 anderen Mitbewohnerinnen am Tisch sitzt, sich auf die Stuhllehnen stützt und schwer, schnell und tief atmet.
Die Frau ist ansprechbar und erzählt, z.T. unterbrochen von ihren besorgten und aufgeregten Mitbewohnerinnen, dass sie beim Essen plötzlich Herzklopfen bekommen habe und schlecht Luft bekommt. Die Schülerin weiß, dass die Frau seit Jahren an einem oral eingestellten Diabetes mellitus leidet und ab und zu mal tief ins Glas schaut.
Eine Mitbewohnerin protestiert und meint zum Zivi: "Ein bißchen Alkohol ist doch gesund! Stimmt doch, dass man mit Eierlikör länger lebt, oder Herr Doktor?"

RS-USER-DerDings
19.06.2003, 10:31
kurz und schmerzlose 1. mal RR / HF / BZ / O2-Sättigung. Zugang mit ringer offen halten und ab an einen ruhigeren ort.

zur eierlikörsache: ein ganz klares nein an die dame: Rotwein gut, eierlikör ganz schlecht, wir nehmen sie am besten auch gleich mit, oder will sie auf das schwrze auto warten ? :D

RS-USER-Sani
19.06.2003, 10:49
hm...selbes Programm wie der Dings... aber zusätzlich:

1. von der Schülerin die anderen (nervenden) Mitbewohner wegbringen lassen....(@Dings: warum soll ich denn weg?? die anderen stören doch... und im Speisesaal hab ich doch viiiiieeeelll Platz...

2. hätte ich noch gerne ein EKG...sehe ich da irgendwelche Veränderungen ??

3. und die Pat.Akte hätte ich auch gerne, um zu sehen, welche Vorerkrankungen sie hat und welche Medis sie nimmt...

RS-USER-Schädelspalter
19.06.2003, 11:18
RR: 90 zu irgendwas
peripherer Puls: so um die 120
BZ: 321 mg/dl
Pulsoxymeter (am Daumen) zeigt Phantasiewerte an (Mal 97%, mal nix, mal 80%, dann 92, dann wieder nix). Die alte Dame hat aber keine Zyanose.
Die anderen werden rausgebeten, Schülerin schlurft los und holt die Akte. Zugang dauert bei der faltigen Dame etwas und der Zivi handtiert noch am BZ-Gerät rum, EKG kommt gleich.
Der Frau scheint es ertwas schlechter zu gehen, zumindest wirkt sie nicht mehr so lebhaft wie vor 2 Minuten.

Didaktik-Guru
19.06.2003, 11:30
Ich pack sie erstmal vom Stuhl auf den Boden und sie bekommt Sauerstoff. Was ergibt die pulm Auskultation und was sagt nun das EKG?

RS-USER-Schädelspalter
19.06.2003, 11:56
Auskultation ergibt etwas abgeschwächtes Atemgeräusch rechts basal, das Ekg sieht so aus, ungefähr 250 Komplexe/min Ableitung entspricht in etwa II.

RS-USER-Sani
19.06.2003, 12:16
nun hätte ich schon mal gerne nen NA.... des EKG gefällt mir net...

hat die Pat. denn Schmerzen in der Brust ?? Wenn ja, strahlen die irgendwohin aus ??

(sollte es schon geschrieben worden sein, dann hab ichs überlesen)

Zugang, mal ASS und Liquemin rauslegen...

DerBlinde
19.06.2003, 12:30
Moinsen....
Wo ist der Rippenspreizer?! :D :D Na, nur Spaß...
Was sagt denn die Akte? (Medis/Zusatzerkrankungen)
Und ich hätte gerne Sotalex 1:10 erstmal... ;)

RS-USER-Schädelspalter
19.06.2003, 13:16
Richtig: schön ist das EKG nicht, aber WAS ist es?
Auf Nachfragen gibt sie an so ein bißchen Drücken hinter dem Brustbein zu haben, aber das Herzklopfen findet sie viel schlimmer.
Medikamente: Acarbose (Glucobay), Glibenclamid (Euglucon), Nifedipin retard, Thiazid-Diuretikum, Methotrexat, bei Bedarf Ibuprofen.
Vorerkrankungen: rheumatoide Arthritis (sieht man ihr kaum an), Diabetes mellitus, Hypertonie.
ASS, Heparin und Sotalol sind bereit, kann man geben, wenn man will (was und warum? Verdachtsdiagnosen?)
Während ihr auf den NA wartet, wird die Frau "müde", wie sie sagt.

DerBlinde
19.06.2003, 13:41
Ich verrate mal vorerst noch nichts ;) Aber damit es nicht zu lange dauert, titriere ich sie mit Sotalex schon mal runter (fange mal mit 8mg an und schaue, wie sie reagiert ;))

RS-USER-Matze
19.06.2003, 13:59
Ich würd mal sagen, die gute Frau hat ein Kammertachycardie. Also ist mal Reanimationsbereitschaft angesagt... Schon mal Gel auf dei Paddels ;) . NA beschleuinigen, wenn geht...

RS-USER-Hoffi
19.06.2003, 14:42
NA beschleunigen? Mehr als mit Dampf kann er doch nicht fahren oder?

RS-USER-DerDings
19.06.2003, 15:10
1.) 'nen herzschrittmacher hat die dame nicht, oder ?

2.) NA beschleunigen ? die rasen doch so schon "sinnlos" durch die gegend...:mad:

DerBlinde
19.06.2003, 16:44
Nein, ein Schrittmacher-EKG ist dies definitiv nicht!

Pacer-ECG hat immer eine Impulszacke vor der jeweiligen Aktion (Vorhof oder Kammer oder eben Beides ;))
Ausserdem sollte man seine Einstellugn drigend überprüfen, wenn der Schrittmacher mit 250 saust ;) :D

Hier zum Beispiel DDD...

RS-USER-Schädelspalter
19.06.2003, 17:08
Schrittmacher hat sie nicht. Naja, ihren Sinusknoten, aber der ist im Augenblick nicht der Schrittmacher ;) Und ein Pacer mit 250 Sachen - das muß ein Kardiologe mit sehr eigenwilligem Humor gewesen sein... :)
Übrigens: Atemfrequenz ca 20 /Min zunehmend flacher. GCS ist 11 Tendenz fallend. syst. RR ist jetzt 70.

Kammertachykardie ist eine gute Überlegung, wobei man hier nicht ohne Weiteres zwischen VT und re-entry-Tachykardie bei akzessorischen Leitungsbahnen o.ä. unterscheiden kann. Bei einer Frequenz von > 180 hat man da ganz schlechte Karten.
Sotalol ist ein Betablocker mit zusätzlicher Wirkung auf die Kammer.
Sollte man hier Verapamil (Isoptin(R)) oder sogar Digitalis geben und es ist doch eine re-entry-Tachykardie, macht man das Ganze i.d.R. noch schlimmer, weil sich die Leitungsgeschwindigkeit in akzessorischen Bahnen relativ zu den langsamen (AV-Knoten) eher erhöht. In dem Fall wären Klasse I Antiarrythmika (z.B. Rhythmonorm) besser oder eben Sotalol oder vielleicht auch Amiodaron (leider lange Halbwertzeit).
Wenn es eine echte ventrikuläre Tachykardie ist, sieht man bei niedrigeren Frequenzen von den (breiten) Kammerkomplexen unabhängige P-Wellen.

In jedem Fall kann der Kreislauf sehr schnell insuffizient werden, wie sich hier abzeichnet.

NA ist jetzt da.

Bei (bzw. wegen) Injektion von Sotalol geht die Kammerfrequenz runter auf schwankend 160-190, der Patientin geht es aber nicht viel besser. Immerhin sieht man jetzt auch vermutlich regelmäßige P-Wellen mit einer Frequenz von ca. 70-90 (also ist die VT "demaskiert")
Welche Therapieoptionen gibt es denn außerdem bei kreislaufinsuffizienter ventrikulärer Tachykardie?

DerBlinde
19.06.2003, 17:16
Wenn die gute Dame auf meine 8mg Sotalex nicht adäquat reagiert, bekommt sie eben mal 4mg nach, bin dann bei 12 und habe immernoch 28 in der Spritze übrig ;) Man kann locker bis eine ganze Ampulle fraktioniert reinrammen. Wobei ich, wenn sich der "Nichterfolg" abzeichnet schon frühzeitig mit Cordarex (Amiodaron) einsteige. Ansonsten werde ich mich mal ein wenig zurück halten, da das Ganze hier ein ziemliches Heimspiel für mich ist und ich den anderen nicht den Rätselspaß vermiesen will.
Also haut rein Jungs! ;) :)

RS-USER-Claudi
19.06.2003, 17:44
Original geschrieben von DerBlinde

Also haut rein Jungs! ;) :)
... und Mädels! Soviel Zeit muß sein! Und Sani kommt bestimmt noch nachher vorbei ;)

Back to life machine
19.06.2003, 18:00
Alo, ich würde in dieser Situation nicht mit Sotalex anfangen.
1. Durch ß-Blocker-Wirkung bei RR von 90 für mich zu negativ initrop
2. Hohes Potential proarrhythmischer Effekte
3. Nur mittelgute Rhythmisisrungswirkung bei SVT, geringer Effekt bei VT

Initial hätte ich in der Vor-Cordarex-Aera Ajmalin (Gilurhythmal) gegeben:
1) das am wenigsten negativ inotrope Klasse I Antiarrhythmikum
2) Hohe Konversionsraten bei Wide-Complex Tachykardien (irgenwo bei 70%)
3) relativ kurze HWZ

Mittlerweile würde ich Cordarex geben:
1) Hohe Rhythmisierungsqquote
2) Relativ RR-Neutral
3) Die lange HWZ gilt nicht in dem Ausmaß bei Bolusgaben wegen riiiiiesigem Verteilungsvolumen


Allerdings würde ich nach dem Sotalex vom Blinden jetzt keine weiteren Antiarrhythmika geben sonder in Kurznarkose kardiovertieren.

DerBlinde
19.06.2003, 18:22
Cordarex braucht aber leider so verdammt lange, bis es richtig wirkt :( Deswegen muß man immer früh einsteigen und am Besten noch ein paar andere Dinge geben...
Ajmalin ist sicher nicht so RR-depressiv.
Persönlich muß ich sagen, daß wir solche Fälle sehr oft postoperativ haben. Ich behaupte mal >80% der Herzen mit Häufung am 3. postop Tag. Ich habe sehr gute Erfahrungen mit Sotalex gemacht, wenn man frühzeitig einsteigt. Der Druck geht meist nicht sonderlich in den Keller. Wenn doch, kann man ein wenig Volumen anbieten. Sollten die Patienten nicht wirklich auf Sotalex reagieren, kann man wie gesagt zusätzlich Cordarex geben.

EDIT: Aber ich will mich ja um Gottes Willen nicht mit den Kardiologen anlegen! :D :D (Grad das Pic gesehen... ;))

Back to life machine
19.06.2003, 18:38
1) Also: Cordarex hat ja einen ganzen Haufen von Wirkungen (ß-Blockade, Ca-Antagonismus, Klasse III-Wirkung...). Ein Teil davon ist abhängig von der Konzentration im Gewebe (und braucht entsprechend lange) eine Teil davon tritt sofort ein.:D Nicht zuletzt daher rührt ja auch die Einführung in die Reanimationsempfehlungen.

2) Post-OP mag einiges klappen (rel. akute Pathophysiologie), ansonsten habe ich unter Sotalex schon viel Mist gesehen (auch post-OP in FR ;) )

Zu Rhythmisierungskonzepten bei SVT/Vorhofflimmern (Ja klar, VT ist was anderes): Hier darf man nicht vergessen, daß ca. 80% von neu aufgetretenen Arrhythmien in den ersten 24h auch spontan rhythmisieren. Daher sind funktionieren eigene Therapiekonzepte in dieser Situation fast immer.:D
Meine Lieblingstherapie auf Intensiv (septischer, Hypokaliämischer Pat. im Volumenmangel - soviel kann man gar nicht nachkippen): Während der verzweifelte Nachtdienst seine Therapieversuche während Morgenvisite erklärt, ein Arterenol-Bolus via Perfusor (vorher Alarme ausschalten, nur bei guter Gerinnung) und via Baro-Rez. Reflex und Vagusstimulation ist der SR wieder da bevor der OA Sotalex sagen kann.:D :D