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RS-USER-Rettungsente
02.12.2003, 15:16
Ich habe da was für Eure grauen Zellen, passiert ist das ganze vor 3 Wochen...
Alarm um kurz nach 3 Uhr "Diabetische Entgleisung"
Alarm für RTW und NEF (russische Fachärztin für Chirurgie)
Bei gleichzeitigem Eintreffen (mit Notfallkoffer und Pulsoxy zum Patienten) mit dem NEF finden wir einen etwa 75 Jahre alten Mann in seinem Bett liegend vor, keine Reaktion auf Ansprechen, Schmerzreiz ungezielte Abwehr, Erstmaßnahmen Monitoring mit Pulsoxy, RR Messung, BZ mit folgenden Angaben:

SpO2 76%; HF 36 1/min arrythmisch, BZ 17 mmol/l

& nun wie weiter ??

Viele Grüße Rettungsente

RS-USER-Sani
02.12.2003, 15:23
erstmal schauen, ob die Finger kalt sind ... wenn ja, evtl. aufs Ohrläppchen ausweichen ...

17mg/dl sagt der BZ ?? da sagt unser BZ-Gerät nur noch "low" ... sicherheitshalber noch einmal messen, vielleicht war noch etwas Desinfektionsmittel auf dem Finger.

RR messen ... Zugang legen... Atropin aufziehen ... und durch Dok geben lassen ... Pupillen kontrollieren ...

welche Vorerkrankungen ?? Medikamente??

Wie ist das Umfeld ?? Angehörige anwesend ?? Fremdanamnese ... hat er gekrampft ??

RS-USER-Rettungsente
02.12.2003, 16:33
Die Finger sind etwas kühl, am Ohrläppchen war die Sättigung aber auch wie am Finger.
- BZ ist bei 17 mmol/l = 300 mg/dl
- RR an beiden Armen nicht messbar, Pulse nicht tastbar
- Zugang rosa li. Handrücken
- Atropin 1 mg i.V. -> ohne Wirkung
- Pupillen seitengleich eng - ohne Reaktion auf Lichteinfall
- Vorerkrankungen Diabetes mellitus, orale Medikamentengabe + Diät - weitere Medikamente nicht bekannt (Unterlagen werden gesucht Ehefrau dement und nicht aussagekräftig)
- Umfeld ohne Besonderheiten - Schlafzimmer
- Angehörige anwesend - nur Enkelkinder
- Fremdanamnese nicht aussagekräftige - nur die wage Angabe das mal "was" am Herz gewesen sein soll
- keine Anzeichen für einen Krampfanfall (0 Zungenbiß etc.)

Nachdem die Atropin wirkungslos blieb verlangte unsere sibirische "Überärztin" Adrenalin !!!!:( + gab 1mg/ 10 ml Nacl im Schuss worauf das Herz einen Frequenzsprung auf 180 1/min machte... Puls an beiden Armen weiter nicht tastbar, aber an der A. carotis dexter sehr gut, RR nicht messbar...
Übrigens Sättigungsanstieg auf 86 % bei 15 Liter O2 über Maske...

RS-USER-Sani
02.12.2003, 16:37
Original geschrieben von Rettungsente
- BZ ist bei 17 mmol/l = 300 mg/dl
ahja ... wir messen in mg/dl ... hatte mich grade verlesen...


Original geschrieben von Rettungsente
Nachdem die Atropin wirkungslos blieb verlangte unsere sibirische "Überärztin" Adrenalin !!!!:( + gab 1mg/ 10 ml Nacl im Schuss worauf das Herz einen Frequenzsprung auf 180 1/min machte...
eigentlich sollte man es nach Atropin mit Alupent versuchen...
und dann erst aufs Supra zurückgreifen... allerdings titriert ...

RS-USER-Feuerblick
02.12.2003, 16:40
Öha! Läuse und Flöhe, wie??? *lach* D:-)

Also: Haben wir Angehörige, die uns irgendetwas zu Vorerkrankungen oder der momentanen Situation sagen können? Beispielsweise ob er wirklich Diabetiker ist, womit sein BZ eingestellt wird, wann er das genommen hat und wann seine letzte Mahlzeit war? Ist er nur plötzlich nicht mehr ansprechbar gewesen oder war irgendein Symptom vorher schon da? Hat er irgendwelche Allgemeinerkrankungen?

Während wir quatschen könnten wir dem guten Mann doch mal eine Portion O2 per Nasensonde oder Maske angedeihen lassen (und mal das Pulsoxy kontrollieren, ob es brauchbare Werte liefert... sieht der Patient denn nach so einer miesen Sättigung aus?), ihm nen Zugang legen (aus der Viggo dann auch gleich noch nen BZ, denn bei 17... oder wie es auch bei uns angezeigt wird "LOW"...würde ich mich nochmal vergewissern...), Nacl dranhängen, G 40 aufziehen, EKG dran, Lichtreaktion/ Pupillenstatus und nen RR hätt ich auch noch gerne. Atropin zumindest schon mal in Griffweite.
Atmet unser Patient denn noch einigermaßen vernünftig oder soll ich schon mal das Beutelchen rauskramen? :D


Ähhhh, Moment einmal!! Vor der G40 noch die große Preisfrage: Zeigt das BZ-Gerät mmol/l oder mg/dl an?? Nicht, daß wir wegen falscher Maßeinheiten hier aneinander vorbeireden!!! Dann wäre auch klar, warum das Gerät das noch anzeigt... Weil 17 mmol/l = 306 mg/dl !!!:D

RS-USER-Rettungsente
02.12.2003, 16:47
Also noch 1x, der BZ wurde in mmol/l gemessen und ist somit bei ca. 300 mg/dl!
Aber auch mit dem Anstieg der Sättigung nach O2 Gabe sah er nicht wirklich besser aus! Man kann nicht direkt sagen seit wann es ihm so ging, nur das er am Abend ca. 21 Uhr noch auf Ansprechen reagiert haben soll, sonst ist der Mann ein Pflegefall und steht nicht mehr auf...


HIV = "hatte ich vergessen":
EKG zeigt nach anfänglicher Bradyarrythmie jetzt eine ventrikuläre Tachycardie mit absoluter Arrythmie...

@ Sani
Wem sagst Du das, ich hätte es mit noch 1x Atropin und dann vielleicht mit Alupent versucht, aber was willst Du machen wenn Fr. Doktor das in Sibirien anders macht!?

Back to life machine
03.12.2003, 02:17
Mir ist noch nicht ganz klar, ob der Pat. jetzt initial wirklich pulslos war oder nicht.
Auf jeden Fall ist für mich primär der Kreislauf und Atmung die Probleme (der BZ stört mich zunächst mal nicht):
Also Atropin ist ok (Ab AV-Block II Typ Mobitz oder III hilfts zwar meistens nicht viel)
Dann muß ich allerdings der russischen Kollegin recht geben: Alupent geben wir nicht mehr (für die GG [Guidline-Geilen]:D : ist auch nicht empfohlen). Angesichts der zusätzlich zur bradykardie ja wohl schweren Kreislaufdepression ist Supra das Medikament der Wahl. Bei echter Pulslosigkeit auch in der Dosis, sonst titrieren in 0.1-0.2mg Schritten. Nach der wohl eher großzügigen Dosierung besteht jetzt wohl eine Tachykardie, allerdings nach der Schilderung wohl eher eine SVT mit breiten Kammerkomplexen als eine VT (die sind nämlich regelmäßig), daher würde ich dagegen auch erstmal nichts unternehmen.
What`s about the Atmung? Wir haben zwar eine Sättigung, die nach O2-Gabe oder nach besserem Blutdruck nach Supra ansteigt, aber atmet der Pat. jetzt suffizient oder nicht?

Insgesamt hätten mich bei der Erstbeschreibung auch eher Puls und Atmung als SaO2 und BZ interessiert, die Rea-Situation scheint ja doch mal wieder um die Ecke zu linsen;) :D

Reanimator
03.12.2003, 06:15
HIV+ sagtest du?

Naja, da fallen mir auf Anhieb etliche mögliche Ursachen ein, die mit den Grunderkrankungen nichts zu tun haben, um bei Läusen UND Flöhen zu bleiben.
Ich tippe mal auf eine massive pulmonale Problematik (würde auch die initiale SpO²-Messung beleuchten).
Also: Va mass. Lungenentzündung evtl. kombiniert mit einem Lungenödem???

RS-USER-Rettungsente
03.12.2003, 11:03
Hallöchen da bin ich wieder...
eine "Pulslosigkeit" besteht nur an beiden Armen, an der A.carotis dexter, ist ein kräftiger Puls tastbar!
Um die Tachycardie zu bezwingen hat unsere russische Spezialistin als nächstes im Schuss 1 Amp. Lidocain 2% gegeben, worauf die Frequenz noch unregelmäßiger wurde und nun im Bereich von 90 - 120 1/min hin und herhüpfte...
Die Atmung ist zwar da, aber in der Lunge finden sich schon einige Anzeichen eines Lungenödems, allerdings nur leicht ausgeprägt...

Back to life machine
04.12.2003, 01:03
So, die Notaufnahme hat sich nach dem letzten Junky beruhigt, jetzt mal weiter:



Original geschrieben von Rettungsente

eine "Pulslosigkeit" besteht nur an beiden Armen, an der A.carotis dexter, ist ein kräftiger Puls tastbar!


Also wohl ein Gefäßwrack, wahrscheinlich auch am Herz und im Hirn


Original geschrieben von Rettungsente

Um die Tachycardie zu bezwingen hat unsere russische Spezialistin als nächstes im Schuss 1 Amp. Lidocain 2% gegeben, worauf die Frequenz noch unregelmäßiger wurde und nun im Bereich von 90 - 120 1/min hin und herhüpfte...


Na wenigstens im tolerablen Frequenzspektrum. Würde ich aber eher auf nachlassende Supra-Wirkung als auf das Xylo schieben



Original geschrieben von Rettungsente

Die Atmung ist zwar da, aber in der Lunge finden sich schon einige Anzeichen eines Lungenödems, allerdings nur leicht ausgeprägt...

Tube`m or not? Was meint Ihr?

RS-USER-Rettungsente
04.12.2003, 08:10
Schutzreflexe waren noch da, aber bis auf die Notärztin war der Rest der Ansicht das die Intubation wohl nicht lang auf sich warten lassen würde...
Die Denkrichtung "Gefäßwrack" geht schon in die richtige Richtung...

Hubschrauberfanatiker
04.12.2003, 09:32
Was macht denn der Druck? Wenn es an den Armen nicht geht, dann halt mal am Bein messen.
Wieviel zeit ist denn jetzt seit dem Supra vergangen?
Ich würde ihn auf jeden Fall intubieren, bei schlechten Gefäßstatus hat er bestimmt auch eine KHK und da kann man das O2 schon brauchen.
Also Dormicom Ketanest rein und dann Succi und den Tubus rein. Dann müssen wir uns wenigstens nicht mehr um die ventilation Sorgen machen.
So den Druck bräuchte ich schon, was sehe ich nun im EKG, machen wir halt mal nen 12 Kanal und sehen weiter.
Naja und ein wenig Lasix hat ja noch nie geschadet, wenn er denn brodelt. Mal Fieber messen, und hat der wirklich HIV oder habe ich das falsch verstanden.

RS-USER-Rettungsente
04.12.2003, 09:44
Das Druckproblem versuchte ich auf eine etwas unkonventionelle Art zu ergründen, da wir nicht über eine Manschette zur Druckmessung am Oberschenkel vefügen, ich suchte mir einen Fuß und schaute ob sich eine Signal mit dem Pulsoxy einfangen lassen würde, es gelang ein schwaches Signal mit einem Kinderklebesenor einfangen würde und legte die RR Manschette um den Unterschenkel, pumpte auf bis das Signal verschwand und lies den Druck wieder langsam aus der Manschette - RR systolisch bei 60 mmHg (Pulse am Fuß waren nicht tastbar!)

@ Hubschrauberfanatiker
- Wieviel zeit ist denn jetzt seit dem Supra vergangen? ca. 10 Min
die Frequenz machte sich beim Transport aus dem engen Schlafzimmer in den RTW wieder auf den Weg nach unten und war sehr arrythmisch > 70 1/min

- Ich stimme Dir voll zu was die Sicherung der Atemwege betrifft, allerdings war unsere Notärztin manges fehlender Fähigkeiten keinen Bock diese durchzuführen!!

- Dann kam übrigens Plötzlich noch die Enkeltochter und erzählte das der Opa in der kommenden Woche ins Krankenhaus gesollte hätte! "Schrittmacherkontrolle" !! -sie rennt und sucht den HSM Ausweis...die Notärztin inzwischen gibt noch eine kleine Dosis Adrenalin ( bis dahin hatte er bereits 2 mg i.v. bekommen)

RS-USER-Rettungsente
04.12.2003, 09:46
Original geschrieben von Hubschrauberfanatiker

Naja und ein wenig Lasix hat ja noch nie geschadet, wenn er denn brodelt. Mal Fieber messen, und hat der wirklich HIV oder habe ich das falsch verstanden.

HIV hat der nicht "hiv ist meine kleine Abkürzung für HAB ICH VERGESSEN"

Hubschrauberfanatiker
04.12.2003, 12:01
Na dann würde ich sagen schauen wir mal auf den Pass, was da steht, und wenn da mal nen Magneten drauf und sehen was passiert.
Wenn der nen AV Block höhergradig hat, dann mal Narkose und die externen Pads und stimulieren.
Ist eventuell Baterie leer.

RS-USER-Rettungsente
04.12.2003, 20:02
Im HSM Ausweis stand drin, das der Patient seit 1996 eine HSM wegen bradycarder Herzrythmusstörungen bekommen hat. Kurz darauf machten wir uns auf den Weg in Richtung Kreiskrankenhaus Beeskow. Wir wollten auf der ca. 15 Minuten dauernden Fahrt die Behandlung fortsetzen. Kurz nach dem wir die ersten Meter auf einer Kopfsteinpflasterstrasse zurückgelegt hatten setzte spontan der HSM wieder ein, allerdings nur sporadisch für kurze Phasen von meist weniger als 10 Sekunden, die Batterie war wie schon erwähnt nicht mehr die Beste... Leider war auch mit dem automatischen Blutdruckgerät im RTW kein Druck zu messen!!

Hubschrauberfanatiker
04.12.2003, 20:40
Und habt ihr den Magneten drauf oder die externen Pads benutzt? Oder fleißig weiter Supra gegeben?

RS-USER-Rettungsente
05.12.2003, 16:21
Der Magnet ruhte zu diesem Zeitpunkt leider auf dem NEF, das uns folgte und wir haben ihn nicht benutzt. Zum externen Pacing konnte Frau Dr. sich auch leider nicht durchringen :(

Wir erreichten die Rettungsstelle wo uns bereits der diensthabende Internist und Anästhesist erwarteten...

Hubschrauberfanatiker
05.12.2003, 16:44
Aha und was gabs dann für eine Therapie?

Naja immerhin war er ja dann hoffentlich in guten Händen.

RS-USER-Rettungsente
08.12.2003, 20:00
Dopamin Perfusor; 12 Kanal EKG, Blutentnahme, CT mit Kontrastmittel wobei ein fast vollständiger Verschluss der Schlüsselbeinarterien und der linken Halsschlagader vorlag. Weiterhin zeigten sich Zeichen massiver Durchblutungsstörunngen im linken Gehirn. Es folgten Intubation, div. Medikamente und die notfallmäßige Verlegung in das Klinikum Frankfurt (Oder) auf die neurologische Wachstation, wo er leider im weiteren Verlauf verstarb.

Viele Grüße Rettungsente