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Josanni
28.06.2004, 14:45
Hab da mal eine Frage bezüglich der Narkose: Bin im Moment im OP-Praktikum ( RettAss-Ausbildung) und wüsste gerne welche Medikamente bei einer Vollnarkose, Regionalanästhesie, und Lokalanästhesie in der Form und Reihenfolge gegeben werden;
und die dazugehörige Dosierung + wie man die mg in ml umrechnet. (Tipps und Tricks). Bin dankbar über jede Antwort!!

RS-USER-Katja
28.06.2004, 19:02
Falls das irgendwer auf ein paar Zeilen eindampfen kann, hat er meinen vollen Respekt, aber ich denke mal, daß Du nicht umherkommen wirst, einen guten Schwung in irgendeinem Anästhesiebuch zu lesen.
Zumal es so ist, daß jeder irgendwie sein eigenes Kochrezept nutzt (innehalb gewisser Grenzen) und man eine AugenOP nicht wie eine HerzOP fahren kann (okay, kann schon, aber nicht sollte :D ). Im Endeffekt kriegt jeder im Idealfall soviel Narkose wie er braucht, unabhängig davon, was das Buch sagt ;)

Wie man die ml in mg umrechnet bzw umgekehrt ist logischerweise vom einzelnen Medi abhängig. 1ml Rapifen (Alfentanil) sind 0.5mg, 1ml Fentanyl sind 0.05mg, 1ml Sufentanil sind 0.005mg...

RS-USER-Rippenspreizer
28.06.2004, 19:42
Hallo Josanni

Katja hat Recht - so einfach lässt sich das nicht eben zusammenfassen.
Ich versuch das mal so einfach wie möglich:

Die moderne Narkose bedient sich in der Regel immer der sog. "Kombinationsnarkose", d.h. es kommen sowohl i.v.-Anästhetika als auch gasförmige, also "volative" Anästhetika zum Einsatz.

Ich nehme jetzt den klassischen 45jährigen 80kg-Patienten zur Milzentfernung.
Einleiten würde ich zunächst Sauerstoff und zwar 8 l/min. die der Patient locker einatmet, indem ich ihm eine Maske knapp über Mund & Nase halte. (Präoxygenierung)
Nach 1-2 Minuten leite ich bei geplanter Verwendung von nicht-depolarisierten Muskelrelaxantien mit 0,2-0,3 mg Fentanyl ein, die ich unter Präoxygenierung etwa 30 Sekunden im Körper anfluten lasse. Dann geht´s auch schon los mit Propofol, hier dürfen es je nach Grösse, Alter und Gewicht 150-200mg sein. Bei älteren Patienten oder kardialen Risiken eher Etomidat (30-40mg)
Dann abwarten bis der Patient eingeschlafen ist, keinen Lidreflex mehr hat und auch seine Atmung eingestellt hat. Jetzt bei obligat nüchternen Patienten (also niemals dem Notfallpatienten!) etwas Beatmung zukommen lassen! Wenn das ganz gut geht und sich der Brustkorb hebt & senkt, die Sättigung in Ordnung ist und ich bestenfalls auch noch CO2 in meiner Rückatmung habe, kann relaxiert werden.
(Hier verwenden wir Esmeron, i.d.R. und je nach Eingriff 20-50 mg) Bei unserem Beispielpatienten würde ich mit 30mg zur Intubation relaxieren und kurz vor dem chirurgischen Schnitt nochmal 20 mg nachlegen...
Nach der Relaxierung dauert es zumeist 1-2 Minuten unter Maskenbeatmung, bis ich für beide beteiligten stressfrei intubieren kann ;-)

Weiter geht es dann nach der Intubation mit einem volatilen Narkosemittel, meist Isofluran welches wir bei 0,8-1,3 halten. Damit lässt sich die Narkose ganz gut steuern. Fentanyl als Analgetikum sollte ich ca. alle 60-90 Minuten wohldosiert nachgeben und dabei das geplante Narkoseende gut im Auge behalten! Ähnliches gilt für die Relaxierung - die sollte nur noch auf ausdrücklichen chirurgischen Wunsch nachgegeben werden...
(Sowohl Relaxanz als auch Analgetika kann man antagonisieren, muss man aber nicht, weil unsportlich und für den Patienten sowie das Personal im Aufwachraum nicht so toll)

Fassen wir nochmal zusammen:

Für eine tolle Narkose benötigen wir:
0,5) Ein Benzodiazepin zur Prämedikation (Dormicum o.ä.)
1.) Ein Hypnotikum (Propofol/Etomidate/Hypnomidate)
2.) Ein Analgetikum (Fentanyl, Sufentanyl, Remifentanyl, Morphin etc...)
3.) Ein Relaxanz (Esmeron oder viele andere...)
(Bei Notfallpatienten kommt immer noch vielfach das Succinyl zur Anwendung. Diese sogenannten
"Crush-Einleitungen" sind aber eine andere Geschichte...)

Zur Narkoseführung entweder permanent Propofol über Perfusor (TIVA) oder ein volatiles Narkosemittel (Isofloran, Sevofloran) Lachgas wird nicht mehr alszuoft verwendet, kann aber additiv zu den anderen Narkosegasen genutzt werden. Achtung: Lachgas alleine reicht meist nicht aus, um eine nötige Narkosetiefe zu erreichen!

Okay, den Rest bitte im Buch nachlesen :-)
Gruss, Daniel.

Josanni
28.06.2004, 20:13
Euch beiden recht herzlichen Dank. Das hilft mir dann hoffendlich weiter.:)
Gruß Joachim

Dr. Magill
09.07.2004, 18:18
Original geschrieben von Rippenspreizer


Ich nehme jetzt den klassischen 45jährigen 80kg-Patienten zur Milzentfernung.
Einleiten würde ich zunächst Sauerstoff und zwar 8 l/min. die der Patient locker einatmet, indem ich ihm eine Maske knapp über Mund & Nase halte. (Präoxygenierung)
Nach 1-2 Minuten leite ich bei geplanter Verwendung von nicht-depolarisierten Muskelrelaxantien mit 0,2-0,3 mg Fentanyl ein, die ich unter Präoxygenierung etwa 30 Sekunden im Körper anfluten lasse. Dann geht´s auch schon los mit Propofol, hier dürfen es je nach Grösse, Alter und Gewicht 150-200mg sein. Bei älteren Patienten oder kardialen Risiken eher Etomidat (30-40mg)
Dann abwarten bis der Patient eingeschlafen ist, keinen Lidreflex mehr hat und auch seine Atmung eingestellt hat. Jetzt bei obligat nüchternen Patienten (also niemals dem Notfallpatienten!) etwas Beatmung zukommen lassen! Wenn das ganz gut geht und sich der Brustkorb hebt & senkt, die Sättigung in Ordnung ist und ich bestenfalls auch noch CO2 in meiner Rückatmung habe, kann relaxiert werden.
(Hier verwenden wir Esmeron, i.d.R. und je nach Eingriff 20-50 mg) Bei unserem Beispielpatienten würde ich mit 30mg zur Intubation relaxieren und kurz vor dem chirurgischen Schnitt nochmal 20 mg nachlegen...
Nach der Relaxierung dauert es zumeist 1-2 Minuten unter Maskenbeatmung, bis ich für beide beteiligten stressfrei intubieren kann ;-)

Weiter geht es dann nach der Intubation mit einem volatilen Narkosemittel, meist Isofluran welches wir bei 0,8-1,3 halten. Damit lässt sich die Narkose ganz gut steuern. Fentanyl als Analgetikum sollte ich ca. alle 60-90 Minuten wohldosiert nachgeben und dabei das geplante Narkoseende gut im Auge behalten! Ähnliches gilt für die Relaxierung - die sollte nur noch auf ausdrücklichen chirurgischen Wunsch nachgegeben werden...
(Sowohl Relaxanz als auch Analgetika kann man antagonisieren, muss man aber nicht, weil unsportlich und für den Patienten sowie das Personal im Aufwachraum nicht so toll)


Und nun der Meckerpott :)

1. 0,1 mg Fentanyl reichen vollkommen, um den Intubationsreiz suffizient zu unterdrücken. Fentanyl braucht übrigens 2-3 min bis es wirkt.

2. ASA I-III Patienten ohne Kontraindikation gegen Barbiturate (Porphyrie, Barbituratallergie) würde ich mit Trapanal einleiten, weil unschlagbar billig und seit 1935 erfolgreich millionenfach verwendet. Trapanal langsam und streng nach Wirkung dosieren! (Bis zum berühmten Trapanal-Gähner)

3. Zur Intubation würde ich einen 80-kg Patienten mit 50 mg Esmeron relaxieren. 30 mg erscheint mir sehr homöopathisch.

4. Zum Schnitt würde ich 0,4 mg Fentanyl als Sättigungsdosis geben nebst 1,25 mg DHB als Antiemetikum. Hernach Fentanyl in NLA-manier nachdosieren (nach der Uhr alle 30 min 0,1 mg).

5. Zur Aufrechterhaltung der Hypnose reichen bei diesem Regime 0,5 MAC irgendeines Volatiliums. Ich bevorzuge Sevofluran.

6. Zum Schnitt würde ich 20 mg Esmeron repetieren, sofern die Erstgabe nicht länger als 30 min zurückliegt. Ansonsten je nach TOF bis zu 50 mg. Weitere Repetitionen würd ich vom TOF, der OP und der Fertigkeit des Operateurs abhängig machen. Gute Chirurgen brauchen weniger Relaxans!

Letzendlich bevorzuge ich die Kombination eines Opiats in NLA-Dosierung mit einem Volatilium (oder Propofol) in lediglich hypnotischer Dosierung (0,5 MAC oder 5 mg/kg/h oder bei TCI 2,5). Stickoxydul verwende ich gar nicht mehr.

BTW, ich lasse den Patienten immer (!) durch die okklusiv aufgesetzte Maske präoxygenieren.

So, nun erwarte ich die ersten Steinwürfe :)

ToolKing
10.07.2004, 09:21
Original geschrieben von Dr. Magill
[...](Bis zum berühmten Trapanal-Gähner)[...]

Wann setzt dieser Trapanal-Gähner genau ein?

RS-USER-Rippenspreizer
10.07.2004, 09:43
Hallo Magill,

gar keine Steinwürfe :)
Anästhesie ist eben ein hochindividuelles Fach und jeder hat seinen eigenen Style...


Original geschrieben von Dr. Magill

1. 0,1 mg Fentanyl reichen vollkommen, um den Intubationsreiz suffizient zu unterdrücken. Fentanyl braucht übrigens 2-3 min bis es wirkt.
Ich weiss. Aber dann kann ich auch gleich 0,3mg geben und hab ein bisschen Zeit, um alles anzuschliessen und in Ruhe einzuleiten, ggf. ZVK, Arterie & Co. zu legen ohne mitten beim Swan-Ganz einschwemmen nochmal nachanalgesieren zu müssen...



2. ASA I-III Patienten ohne Kontraindikation gegen Barbiturate (Porphyrie, Barbituratallergie) würde ich mit Trapanal einleiten, weil unschlagbar billig und seit 1935 erfolgreich millionenfach verwendet. Trapanal langsam und streng nach Wirkung dosieren!
Da gibt es an unserer Klinik leider einen sehr restriktiven Standard und der heisst: Etomidate. Wir leiten sogar kardial völlig gesunde Patienten Mitte 20 mit Eto ein. So sieht´s aus. Das kann ich argumentativ jetzt auch gar nicht weiter begründen...



3. Zur Intubation würde ich einen 80-kg Patienten mit 50 mg Esmeron relaxieren. 30 mg erscheint mir sehr homöopathisch.

Wie Du oben zu Fenta nur 0,1 nutzt, finde ich 30 mg Esmeron bei 80 kg. für die Intubation total ausreichend. Und wenn ich bei grossen Einleitungen den Patienten erst 40 Minuten später in den Saal schiebe, kann ich zum Schnitt nochmal schön 20-50 mg nachgeben. Mit Relaxantien bin ich eben - mit Ausnahme der Augenklinik - etwas sparsamer.


4. Zum Schnitt würde ich 0,4 mg Fentanyl als Sättigungsdosis geben nebst 1,25 mg DHB als Antiemetikum. Hernach Fentanyl in NLA-manier nachdosieren (nach der Uhr alle 30 min 0,1 mg).
Hm, also DHB finde ich eher suboptimal. Mein Favourit sind 6 mg Kevatril. Ist leider nur sauteuer aber Paspertin und auch DHB sind meiner Meinung nach zur antiemetischen Therapie bei PONV nicht mehr so zeitgemäss. Dann lieber bei bekannter PONV präventiv nur TIVA!


5. Zur Aufrechterhaltung der Hypnose reichen bei diesem Regime 0,5 MAC irgendeines Volatiliums. Ich bevorzuge Sevofluran.
Sevo ist wiederum im Vergleich zu Iso etwas teuer. Wo wir eben schonmal bei Kosten waren :p Trotzdem ohne Frage ein tolles Volatilium. Ich hab aber eher die Erfahrung gemacht, dass bei einem MAC von 0,5 einige Patienten eher intraoperativen Stress haben und wenn es keine Kontraindikationen gibt, finde ich das nichts gegen einen Mac von 0,8-1,3 spricht.


6. Zum Schnitt würde ich 20 mg Esmeron repetieren, sofern die Erstgabe nicht länger als 30 min zurückliegt. Ansonsten je nach TOF bis zu 50 mg. Weitere Repetitionen würd ich vom TOF, der OP und der Fertigkeit des Operateurs abhängig machen. Gute Chirurgen brauchen weniger Relaxans!
D´accord!


Stickoxydul verwende ich gar nicht mehr.
Muss man ja auch nicht...


BTW, ich lasse den Patienten immer (!) durch die okklusiv aufgesetzte Maske präoxygenieren.
State of the Art!

So, nun erwarte ich die ersten Steinwürfe :)
Gruss, Daniel

RS-USER-apoplex
10.07.2004, 10:23
Original geschrieben von Josanni
Hab da mal eine Frage bezüglich der Narkose: Bin im Moment im OP-Praktikum ( RettAss-Ausbildung) und wüsste gerne welche Medikamente bei einer Vollnarkose, Regionalanästhesie, und Lokalanästhesie in der Form und Reihenfolge gegeben werden;
und die dazugehörige Dosierung + wie man die mg in ml umrechnet. (Tipps und Tricks). Bin dankbar über jede Antwort!!
Wenn du schon in der Anästhesie bist, verstehe ich nicht, warum du nciht zuerst da fragst.

Ansonsten zur Reihenfolge

Prämedikation (Angstlösung, Beruhigung) beginnt teilweise schon am Vorabend (Benzodiazepin wie Tranxilium p.o.), früher war die "Scheiß-egal-Spritze" mit Dormicum/Atropin noch häufig in Verwendung, nur mit i.m. Gaben sollte man sehr restriktiv sein.

Bei Kindern kann ein Benzodiazepin auch rektal verabreicht werden.

Im OP:
Zuerst checken, ob richtiger Patient (nicht erst nach Medikamentengabe), dann meist zuerst das Schmerzmittel, damit dieses anfluten kann. Bei Verwendung von Succy (Crashintubation) ist dann auch der Zeitpunkt für die Präcurarisierung. Dann geht es weiter mit dem Hypnotikum und Relaxans (je nach Standards in der Klinik wird die Vene vor Einspritzen von Propofol mit einem Lokalanästhetikum betäubt) und der Intubation. Danach volatiles Anästhetikum und Wiederholungsgaben von Schmerzmittel und ggfl. Relaxantien.
Bei einer TIVA (totale i.v. Anästhesie) wird statt des gasförmigen Narkosemittels mittels zwei Perfusoren ein Schmerzmittel (z.B. Ultiva) und Propofol kontinuierlich injiziert. Ist sehr gut steuerbar und PONV tritt weniger auf.

Bei lokalen Anästhesieformen (z.B. Spinalanästhesie) wird die Prämedikation wie gewohnt durchgeführt (ermöglicht dem Patienten eine ruhige Nacht), das Medikament wird gespritzt, die Wirkung getestet und los geht es. Ggfl. gibt es noch etwas Dormicum aus der Hand.

RS-USER-Rippenspreizer
10.07.2004, 10:35
Original geschrieben von apoplex
Zuerst checken, ob richtiger Patient (nicht erst nach Medikamentengabe), dann ...

Okay, wenn wir schon dabei sind, muss ich auch noch ergänzend erwähnen, dass sich ein Blick auf den Prämedikationsbogen des Narkoseprotokolls immer empfiehlt: EKG, Labor, Reflux/Sodbrennen? Nüchtern seit? Allergien und Vorerkrankungen (Kardial, Pulmonal, Zerebral, Nephrologisch)

Zur medikamentösen Prämedikation verzichte ich meist auf die abendliche Gabe von Benzos. Die meisten Patienten können ohnehin gut vor Operationen schlafen. Ich biete es allerdings immer an und würde es im indizierten Fall auch anordnen. Die meisten lehnen aber ab und wollen eben nur morgens was haben...

Gruss, Daniel

jj
10.07.2004, 14:09
Hallo Magill!

Kannst du mal den trapanal-Gähner etwas genauer beschreiben. Ich ahne, was du meinst, bin mir aber nicht ganz sicher.

Gibst du dann Trapanal nicht 3-7mg/kgKG, sondern langsam titriert bis zu diesem Gähner?

Dr. Magill
10.07.2004, 14:12
Original geschrieben von Rippenspreizer

Zur medikamentösen Prämedikation verzichte ich meist auf die abendliche Gabe von Benzos. Die meisten Patienten können ohnehin gut vor Operationen schlafen. Ich biete es allerdings immer an und würde es im indizierten Fall auch anordnen. Die meisten lehnen aber ab und wollen eben nur morgens was haben...

Gruss, Daniel

Dem würde ich aus 16-jähriger klinischer Erfahrung vehement wiedersprechen! Die meisten Patienten, die einer großen und eventuell folgenschweren Operation entgegensehen, können ohne Benzodiazepin am Vorabend kaum richtig schlafen. Ich gebe immer eines, bevorzugt Rohypnol, da es eine hervorragende Anxiolyse und anterograde Amnesie bewirkt. Mein Ziel ist, daß der Patient am 1. postop. Tag überhaupt nichts mehr vom perioperativen Geschehen erinnert; insbesondere bei verstümmelnden Tumoroperationen.

RS-USER-Rippenspreizer
10.07.2004, 14:22
Deshalb hab ich ja auch die Klausel "wenn indiziert" eingefügt ;)
Ich denke, man sollte nicht pauschal jedem Patienten die abendliche Sedierung anbieten.
Das ist natürlich von OP zu OP unterschiedlich. Bei grossen Eingriffen verschreibe ich auch 1mg Rohypnol, aber bei (auch für den Patienten) routinierten kleineren Eingriffen, zB. Augeninspektionen oder PE´s halte ich eine Sedierung mit Rohypnol bei ohnehin morgens verabreichter Dormicum für unnötig.
Wie gesagt: Wenn der Patient was haben will, kriegt er es. Aber automatistisch jedem Patienten schon Abends eine reinzudröhnen halte ich nicht immer für indiziert.

RS-USER-Rippenspreizer
10.07.2004, 14:23
Original geschrieben von jj
Hallo Magill!

Kannst du mal den trapanal-Gähner etwas genauer beschreiben. Ich ahne, was du meinst, bin mir aber nicht ganz sicher.

Gibst du dann Trapanal nicht 3-7mg/kgKG, sondern langsam titriert bis zu diesem Gähner?

Gibt dazu eine interessante koreanische Studie von Dae Woo Kim, MD, PhD: Check this (http://www.eurosiva.org/Archive/Goteborg/Posters/Kim.Htm)!
(Leider auf Englisch...)

Gruss, Daniel

Dr. Magill
10.07.2004, 14:39
Original geschrieben von Rippenspreizer


Ich weiss. Aber dann kann ich auch gleich 0,3mg geben und hab ein bisschen Zeit, um alles anzuschliessen und in Ruhe einzuleiten, ggf. ZVK, Arterie & Co. zu legen ohne mitten beim Swan-Ganz einschwemmen nochmal nachanalgesieren zu müssen...

Da gibt es an unserer Klinik leider einen sehr restriktiven Standard und der heisst: Etomidate. Wir leiten sogar kardial völlig gesunde Patienten Mitte 20 mit Eto ein. So sieht´s aus. Das kann ich argumentativ jetzt auch gar nicht weiter begründen...


Wie Du oben zu Fenta nur 0,1 nutzt, finde ich 30 mg Esmeron bei 80 kg. für die Intubation total ausreichend. Und wenn ich bei grossen Einleitungen den Patienten erst 40 Minuten später in den Saal schiebe, kann ich zum Schnitt nochmal schön 20-50 mg nachgeben. Mit Relaxantien bin ich eben - mit Ausnahme der Augenklinik - etwas sparsamer.

Hm, also DHB finde ich eher suboptimal. Mein Favourit sind 6 mg Kevatril. Ist leider nur sauteuer aber Paspertin und auch DHB sind meiner Meinung nach zur antiemetischen Therapie bei PONV nicht mehr so zeitgemäss. Dann lieber bei bekannter PONV präventiv nur TIVA!

Sevo ist wiederum im Vergleich zu Iso etwas teuer. Wo wir eben schonmal bei Kosten waren :p Trotzdem ohne Frage ein tolles Volatilium. Ich hab aber eher die Erfahrung gemacht, dass bei einem MAC von 0,5 einige Patienten eher intraoperativen Stress haben und wenn es keine Kontraindikationen gibt, finde ich das nichts gegen einen Mac von 0,8-1,3 spricht.



ZVK- und AK-Anlage sollten doch wohl kaum ein chirurgisches Analgesieniveau erfordern! Da spar' ich mir das Fenta bis zum Schnitt und liege damit pharmakokinetisch auch besser.

20 mg Etomidat sind sehr wenig Hypnose für 80 kg. Ich möchte wetten, daß dein Patient bei der Intubation wach ist, es sei denn Du flutest das Volatilium bereits während der Maskenbeatmung an. Was spricht objektiv gegen Trapanal?

Mit 30 mg Esmeron auf 80 kg wirst Du niemals einen TOF von 0 erreichen; und das hätte ich dann schon gern zur Intubation. Die Kehlkopfmuskulatur ist am schwersten zu relaxieren. Nicht relaxierte Stimmbänder erhöhen die Gefahr des Intubationsschadens. Einer von vielen Gründen, warum ich auch lieber mit Lysthenon intubiere.

Was spricht konkret gegen DHB? Über 40 Jahre wurde es erfolgreich eingesetzt. Es ist antiemetisch, antihistaminerg, alpha-sympatholytisch und antiarrhythmisch wirksam. Nur weil Herr Tolksdorff es im Rahmen seines Habilitationsbegehrens unqualifiziert schlecht-gelabert hat? Alles Kokolores! Unsere Klinik hat es zum Ende letzten Jahres palettenweise eingekauft, weil der Vertrieb für Deutschland vorrübergehend eingestellt wurde. Es ist übrigens spottbillig.

Apropos billig, im Low-Flow-Betrieb ergeben sich zwischen Isofluran und Sevofluran keine signifikanten Preisunterschiede. Low-Flow ist bei uns mandatorisch und mit KION, Cicero, Julian, Primus und Zeus auch gut machbar. Persönlich kann ich Low-Flow auch mit 'nem NS 656, wenn er dicht ist.

Wenn Du Fenta in NLA-Dosierung gibst, werden Dir 0,5 MAC immer reichen. Auch in der Kardioanästhesie wird selten mehr als 0,5 MAC gebraucht, dafür Fenta reichlich dosiert (0,5 zur Induktion, 0,5 zum Schnitt, 0,5 zur Sternotomie und 0,5 + 15 Dormicum zur Maschinenfahrt; die restlichen 0,5 dann häppchenweise bis zur Naht). 1,3 MAC entspricht übrigens einer reinen Inhalationsanästhesie.

Prinzipiell erziele ich eine ausgeglichene Hämodynamik lieber durch suffiziente Analgesie als durch Überdosierung eines Hypnotikums (Alte Henschel-Schule). Zur Verifikation einer suffizienten Hypnose laß' ich meistens ein pEEG mitlaufen und ziele auf einen Median von 1-2 Hz.

RS-USER-Rippenspreizer
10.07.2004, 14:47
Ich beuge mich allem, was Du sagst :)
Deshalb bin ich ja eben auch noch AiP´ler und lerne fleissig jeden Tag. Sogar Samstags auf Rippenspreizer.
Ich muss gestehen, eben etwas "ketzerische" Statements von mir gegeben zu haben, um Deine Reaktion zu provozieren.

Ich kann Deine Argumente gut nachvollziehen, aber man ist eben auch immer Opfer der gelehrten und praktizierten Anwendung. Und da wir vermutl. im gesamten Essener Uniklinikum keine einzige DHB- oder Thiopental-Ampulle haben, kann ich da nichtmal mitreden.
50 mg Esmeron zur Intubation ist ja auch völlig okay, wobei die therapeutische Breite bei Esmeron unglaublich gross ist.
Postoperativ sind meine Patienten bislang aber allesamt zufrieden gewesen und vor 2 Monaten lag sogar eine fette Schokolade in meinem Fach! Ich denke, das ist kein schlechtes Feedback...

Lysthenon hat m.M. nach zuviele Kontraindikationen, in die ich aufgrund meiner 8monatigen AiP-Zeit immer noch mühelos reintapsen würde. Gibt bei uns ja auch eine Menge Dialysepatienten...
Low- oder Minimal Flow macht auch immer Sinn, mit dem Zeus auch gut machbar. Schon allein der Umwelt zuliebe :)

Ich bedanke mich auf jeden Fall für diese kleine Fachdiskussion und hoffe, dass der ein- oder andere auch noch was daraus gelernt hat! Mercie Magill ;)

Dr. Magill
10.07.2004, 15:04
Original geschrieben von Rippenspreizer

Lysthenon hat m.M. nach zuviele Kontraindikationen, in die ich aufgrund meiner 8monatigen AiP-Zeit immer noch mühelos reintapsen würde. Gibt bei uns ja auch eine Menge Dialysepatienten...
Low- oder Minimal Flow macht auch immer Sinn, mit dem Zeus auch gut machbar. Schon allein der Umwelt zuliebe :)



Herrjeh, bloß nicht verbeugen, sonst komm ich mir noch älter vor, als ich ohnehin schon bin.

Die Kontraindikationen gegen Lysthenon sind doich eher überschaubar! Und Dialysepatienten hab' ich schon oft genug mit Lysthenon intubiert, wenn sie nicht nüchtern zur NTX kamen. Lange zeit war es an beiden Unikliniken (Bonn und Erlangen) für AIPs und Jungassistenten aus Sicherheitsgründen Pflicht, mit Lysthenon zu intubieren. Wenn ich Dienst habe, intubiert mir kein Youngster mit einem nicht-depolarisierenden Relaxans! Es sei denn, ich stehe hinter ihm. Letzendlich sind durch den Verzicht auf Lysthenon mit Sicherheit mehr Patienten zu Schaden gekommen als durch den Gebrauch desselben. Nicht vergessen sollte man auch die Tatsache, daß es für Lysthenon einmal den Nobelpreis gab.

RS-USER-Rippenspreizer
10.07.2004, 15:07
Original geschrieben von Dr. Magill
Nicht vergessen sollte man auch die Tatsache, daß es für Lysthenon einmal den Nobelpreis gab.

Ja dann :-p

Dr. Magill
10.07.2004, 15:14
Original geschrieben von Rippenspreizer
Gibt dazu eine interessante koreanische Studie von Dae Woo Kim, MD, PhD: Check this (http://www.eurosiva.org/Archive/Goteborg/Posters/Kim.Htm)!
(Leider auf Englisch...)

Gruss, Daniel

Interessant! Beruhigend, daß ein bestimmt mehr als 50 Jahre altes anästhesiologische Gemeinwissen nun endlich wissenschaftlich untermauert wurde :) (BTW, ich lese Publikationen lieber auf Englisch als auf Deutsch, da Englisch eher zum Punkt kommt).

In der Tat würde ich Trapanal immer titrierend verabreichen, außer bei der RSI.

Gruß aus Erlangen

Dr. Magill
10.07.2004, 15:22
Original geschrieben von Rippenspreizer
Deshalb hab ich ja auch die Klausel "wenn indiziert" eingefügt ;)
Ich denke, man sollte nicht pauschal jedem Patienten die abendliche Sedierung anbieten.
Das ist natürlich von OP zu OP unterschiedlich. Bei grossen Eingriffen verschreibe ich auch 1mg Rohypnol, aber bei (auch für den Patienten) routinierten kleineren Eingriffen, zB. Augeninspektionen oder PE´s halte ich eine Sedierung mit Rohypnol bei ohnehin morgens verabreichter Dormicum für unnötig.
Wie gesagt: Wenn der Patient was haben will, kriegt er es. Aber automatistisch jedem Patienten schon Abends eine reinzudröhnen halte ich nicht immer für indiziert.

Bei uns bekommt eigentlich jeder 20 mg Tranxilium um 22:00. Man macht sich Illusionen, wenn man denkt, die Patienten schlafen schon spontan in einem fremden Bett, mit 1-5 Zimmernachbarn, die schnarchen, jammern, furzen und auch ansonsten gern viel Spektakel machen. Ich nehme mir sogar die Zeit, die "Tablettenverweigerer" zu überzeugen, die Tablette doch zu nehmen. Nichts ist besser, als ein erholsamer Schlaf vor der OP und ein entspanntes Nervenkostüm. Das Dormicum bekommen die meisten Patienten bei uns ehedem viel zu spät, nämlich erst zur Fahrt in den OP. Das Pflegepersonal unserer Stationen ist aus Bequemlichkeit nicht bereit, früher die Prämedikation zu geben. In Bonn wurde immer 30 min vor Abruf zum OP die Station angerufen, um die prämedikation zu geben. In Erlangen ist der Umgang mit Patienten halt fränkisch-zänkisch-ruppig....oder halt "pelzig", wie der Franke sagt.

Dr. Magill
10.07.2004, 15:24
Original geschrieben von ToolKing
Wann setzt dieser Trapanal-Gähner genau ein?

Beim Bewußtseinsverlust.