RS-USER-Bärentöter
30.09.2004, 20:59
wen's interessiert, aus meinem Postfach
blitz-a-t 30. September 2004
KONSEQUENT: ROFECOXIB (VIOXX) WELTWEIT WEGEN KARDIOVASKULAERER
TOXIZITAET VOM MARKT
Die Firma MSD stellt weltweit den Vertrieb aller Darreichungsformen von
Rofecoxib (VIOXX, VIOXX DOLOR) ein und bricht saemtliche klinischen
Studien mit dem Cox-2-Hemmer ab.
Der Grund liegt in der Kardiotoxizitaet des Mittels, die soeben zum
vorzeitigen Stopp einer multizentrischen Studie fuehrte, an der auch
Zentren in Deutschland, Oesterreich und der Schweiz beteiligt sind.
APPROVe*, eine randomisierte plazebokontrollierte Doppelblindstudie,
sollte den Einfluss von Rofecoxib auf das Wiederauftreten neoplastischer
Polypen des Dickdarms pruefen. Am 23. September - acht Wochen vor
Beendigung der Studie - forderte das von der Firma unabhaengige externe
Safety Monitoring Board den Abbruch der Untersuchung, die nahezu 2.600
Patienten einbezieht. Ab dem 18. Einnahmemonat faellt in der
Rofecoxib-Gruppe eine Zunahme kardiovaskulaerer Ereignisse auf, darunter
Herzinfarkte und Schlaganfaelle. Nach vorlaeufigen Auswertungen stehen
25 bestaetigte kardiovaskulaere Komplikationen pro 3.315 Patientenjahre
unter Plazebo (0,75 Ereignisse pro 100 Patientenjahre) 45
kardiovaskulaeren Komplikationen pro 3.041 Patientenjahre unter
Rofecoxib (1,48 Ereignisse pro 100 Patientenjahre) gegenueber. Das
relative Risiko betraegt 1,96 (95% Konfidenzintervall 1,20 bis 3,19, p =
0,0071). Dies bedeutet eine Verdoppelung des Risikos fuer
kardiovaskulaere Erkrankungen.
Die Firma wird in einer gesonderten Information Patienten darauf
hinweisen, mit dem Arzt Ruecksprache zu nehmen, um alternative
Behandlungen zu besprechen. Dies sollte Schule machen: Fuer nicht
aufgebrauchte Packungen will MSD die Zuzahlung bzw. Selbstzahlern die
Kosten erstatten. Eine Ausgleichsregelung fuer angebrochene Packungen,
die auf Kassenkosten verordnet wurden, steht aus. Naeheres zur
Abwicklung soll in den naechsten Tagen auf der Website
http://www.vioxx.de bekanntgegeben werden.
Die Bestaetigung der kardiovaskulaeren Toxizitaet von Rofecoxib kommt
nicht unerwartet. Der Cox-2-Hemmer stand von Anfang an in der Kritik, da
die veroeffentlichten Daten das kardiovaskulaere Schaedigungspotenzial
im Vergleich zu konventionellen nichtsteroidalen Antirheumatika nur
ausschnittsweise und verzerrt wiedergegeben haben. So berichten die
Autoren in der im November 2000 veroeffentlichten VIGOR**-Studie statt
ueber saemtliche kardiovaskulaeren Komplikationen nur ueber eine
erhoehte Herzinfarktrate im Vergleich zu Naproxen (PROXEN u.a.). Nur aus
Daten, die vor Veroeffentlichung der VIGOR-Studie der US-amerikanischen
Arzneimittelbehoerde FDA eingereicht wurden, ging eindeutig hervor, dass
schwere thrombotische kardiovaskulaere Ereignisse insgesamt, darunter
Herzinfarkte, instabile Angina pectoris oder ischaemischer Schlaganfall,
unter Rofecoxib signifikant haeufiger vorgekommen sind (a-t 2001; 32:
87-8). Die vierfach erhoehten Herzinfarktraten wurden von
Herstellerseite verharmlosend mit einer "kardioprotektiven" Wirksamkeit
von Naproxen erklaert, ohne dass dies durch aussagefaehige Daten belegt
wurde (a-t 2001; 32: 102-3). Die jetzt bekannt gewordenen Daten lassen
indes keinen Zweifel mehr am schaedigenden Potenzial von Rofecoxib
selbst zu, da es sich bei der APPROVe-Studie um einen Plazebovergleich
handelt.
Waehrend MSD vor zwei Jahren Kritiker von Rofecoxib in Spanien
gerichtlich zu belangen versuchte, als diese die so genannten Vorteile
von Celecoxib und Rofecoxib als "wissenschaftlichen Betrug" titulierten
(a-t 2004; 35: 16), ist die jetzige Marktruecknahme die richtige
Entscheidung im Sinne des Verbraucherschutzes, die anerkannt werden
muss. Mit der weltweiten Marktruecknahme duerfte MSD auch versuchen,
kostspielige Schadenersatzforderungen - insbesondere im amerikanischen
Raum - gering zu halten. Der Konzern trennt sich durch die Massnahme in
Deutschland von einem Jahresumsatz von 115 Mio. Euro
(Herstellerabgabepreise) fuer VIOXX und 5 Mio. Euro fuer VIOXX DOLOR
(Daten fuer 2003). In Deutschland ist VIOXX mit mehr als einem Fuenftel
des Firmenumsatzes das umsatzstaerkste Produkt.
Die aktuellen Daten widerlegen erneut Behauptungen einer besonderen
Vertraeglichkeit von Cox-2-Hemmern. In dem vor wenigen Wochen
erschienenen Arzneimittelkursbuch 2004/05 stufen wir Cox-2-Hemmer wie
Rofecoxib und Valdecoxib als "Umstrittenes Therapieprinzip" ein und
weisen auf schwere kardiovaskulaere Ereignisse auch unter Valdecoxib
(BEXTRA) hin. Wir sehen keinen Grund, die immer noch unzureichend
dokumentierten und moeglicherweise riskanten Cox-2-Hemmer zu verordnen
und raten zur Auswahl bewaehrter konventioneller nichtsteroidaler
Antirheumatika.
* APPROVe = Adenomatous Polyp Prevention on VIOXX
** VIGOR = VIOXX Gastrointestinal Outcome Research
Redaktion arznei-telegramm
A.T.I. Arzneimittelinformation Berlin GmbH
Bergstr. 38 A, Wasserturm, D-12169 Berlin, Fax: +30-79 49 02-20
http://www.arznei-telegramm.de, E-Mail: [email protected]
HRB 24207 AG Berlin-Charlottenburg
Gf: Wolfgang BECKER-BRUESER
blitz-a-t 30. September 2004
KONSEQUENT: ROFECOXIB (VIOXX) WELTWEIT WEGEN KARDIOVASKULAERER
TOXIZITAET VOM MARKT
Die Firma MSD stellt weltweit den Vertrieb aller Darreichungsformen von
Rofecoxib (VIOXX, VIOXX DOLOR) ein und bricht saemtliche klinischen
Studien mit dem Cox-2-Hemmer ab.
Der Grund liegt in der Kardiotoxizitaet des Mittels, die soeben zum
vorzeitigen Stopp einer multizentrischen Studie fuehrte, an der auch
Zentren in Deutschland, Oesterreich und der Schweiz beteiligt sind.
APPROVe*, eine randomisierte plazebokontrollierte Doppelblindstudie,
sollte den Einfluss von Rofecoxib auf das Wiederauftreten neoplastischer
Polypen des Dickdarms pruefen. Am 23. September - acht Wochen vor
Beendigung der Studie - forderte das von der Firma unabhaengige externe
Safety Monitoring Board den Abbruch der Untersuchung, die nahezu 2.600
Patienten einbezieht. Ab dem 18. Einnahmemonat faellt in der
Rofecoxib-Gruppe eine Zunahme kardiovaskulaerer Ereignisse auf, darunter
Herzinfarkte und Schlaganfaelle. Nach vorlaeufigen Auswertungen stehen
25 bestaetigte kardiovaskulaere Komplikationen pro 3.315 Patientenjahre
unter Plazebo (0,75 Ereignisse pro 100 Patientenjahre) 45
kardiovaskulaeren Komplikationen pro 3.041 Patientenjahre unter
Rofecoxib (1,48 Ereignisse pro 100 Patientenjahre) gegenueber. Das
relative Risiko betraegt 1,96 (95% Konfidenzintervall 1,20 bis 3,19, p =
0,0071). Dies bedeutet eine Verdoppelung des Risikos fuer
kardiovaskulaere Erkrankungen.
Die Firma wird in einer gesonderten Information Patienten darauf
hinweisen, mit dem Arzt Ruecksprache zu nehmen, um alternative
Behandlungen zu besprechen. Dies sollte Schule machen: Fuer nicht
aufgebrauchte Packungen will MSD die Zuzahlung bzw. Selbstzahlern die
Kosten erstatten. Eine Ausgleichsregelung fuer angebrochene Packungen,
die auf Kassenkosten verordnet wurden, steht aus. Naeheres zur
Abwicklung soll in den naechsten Tagen auf der Website
http://www.vioxx.de bekanntgegeben werden.
Die Bestaetigung der kardiovaskulaeren Toxizitaet von Rofecoxib kommt
nicht unerwartet. Der Cox-2-Hemmer stand von Anfang an in der Kritik, da
die veroeffentlichten Daten das kardiovaskulaere Schaedigungspotenzial
im Vergleich zu konventionellen nichtsteroidalen Antirheumatika nur
ausschnittsweise und verzerrt wiedergegeben haben. So berichten die
Autoren in der im November 2000 veroeffentlichten VIGOR**-Studie statt
ueber saemtliche kardiovaskulaeren Komplikationen nur ueber eine
erhoehte Herzinfarktrate im Vergleich zu Naproxen (PROXEN u.a.). Nur aus
Daten, die vor Veroeffentlichung der VIGOR-Studie der US-amerikanischen
Arzneimittelbehoerde FDA eingereicht wurden, ging eindeutig hervor, dass
schwere thrombotische kardiovaskulaere Ereignisse insgesamt, darunter
Herzinfarkte, instabile Angina pectoris oder ischaemischer Schlaganfall,
unter Rofecoxib signifikant haeufiger vorgekommen sind (a-t 2001; 32:
87-8). Die vierfach erhoehten Herzinfarktraten wurden von
Herstellerseite verharmlosend mit einer "kardioprotektiven" Wirksamkeit
von Naproxen erklaert, ohne dass dies durch aussagefaehige Daten belegt
wurde (a-t 2001; 32: 102-3). Die jetzt bekannt gewordenen Daten lassen
indes keinen Zweifel mehr am schaedigenden Potenzial von Rofecoxib
selbst zu, da es sich bei der APPROVe-Studie um einen Plazebovergleich
handelt.
Waehrend MSD vor zwei Jahren Kritiker von Rofecoxib in Spanien
gerichtlich zu belangen versuchte, als diese die so genannten Vorteile
von Celecoxib und Rofecoxib als "wissenschaftlichen Betrug" titulierten
(a-t 2004; 35: 16), ist die jetzige Marktruecknahme die richtige
Entscheidung im Sinne des Verbraucherschutzes, die anerkannt werden
muss. Mit der weltweiten Marktruecknahme duerfte MSD auch versuchen,
kostspielige Schadenersatzforderungen - insbesondere im amerikanischen
Raum - gering zu halten. Der Konzern trennt sich durch die Massnahme in
Deutschland von einem Jahresumsatz von 115 Mio. Euro
(Herstellerabgabepreise) fuer VIOXX und 5 Mio. Euro fuer VIOXX DOLOR
(Daten fuer 2003). In Deutschland ist VIOXX mit mehr als einem Fuenftel
des Firmenumsatzes das umsatzstaerkste Produkt.
Die aktuellen Daten widerlegen erneut Behauptungen einer besonderen
Vertraeglichkeit von Cox-2-Hemmern. In dem vor wenigen Wochen
erschienenen Arzneimittelkursbuch 2004/05 stufen wir Cox-2-Hemmer wie
Rofecoxib und Valdecoxib als "Umstrittenes Therapieprinzip" ein und
weisen auf schwere kardiovaskulaere Ereignisse auch unter Valdecoxib
(BEXTRA) hin. Wir sehen keinen Grund, die immer noch unzureichend
dokumentierten und moeglicherweise riskanten Cox-2-Hemmer zu verordnen
und raten zur Auswahl bewaehrter konventioneller nichtsteroidaler
Antirheumatika.
* APPROVe = Adenomatous Polyp Prevention on VIOXX
** VIGOR = VIOXX Gastrointestinal Outcome Research
Redaktion arznei-telegramm
A.T.I. Arzneimittelinformation Berlin GmbH
Bergstr. 38 A, Wasserturm, D-12169 Berlin, Fax: +30-79 49 02-20
http://www.arznei-telegramm.de, E-Mail: [email protected]
HRB 24207 AG Berlin-Charlottenburg
Gf: Wolfgang BECKER-BRUESER