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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Wer macht Kolonisierungsprophylaxe???



Rettershrek
06.12.2004, 07:20
Hallo alle zusammen!!!
Hab da mal ne Frage, v.a. an die Beschäftigten auf einer Intensivstation!
Bei wem von Euch wird denn noch eine Selektive-Darm-Dekontamination gemacht???
Auf meiner Station wird das nämlich gemacht und ich finde das irgendwie nicht sinnig! Ist halt leider Anordnung und ich mache es. Wird also ein Pat. vorraussichtlich länger als 24 Stunden beatmet wird er antibiotisch abgedeckt (meist Ciprofloxacin) und bekommt topische Antibiotika (Gentacin und Colistin) in Mund, Nase und Magen (im Wechsel mit Nystatin in Mund und Magen).
Würde nur gerne mal wissen, ob das auch noch wo anders gemacht wird, welche Erfahrungen ihr damit gemacht habt und was ihr dazu denkt!?
Ich persönlich stehe dem wie gesagt kritisch gegenüber, ... grade in Hinblick auf zunehmende Resistenzbildung bei diversen Problemkeimen!
Vielen Dank für Eure Antworten!!!

RS-USER-Bärentöter
06.12.2004, 08:58
Original geschrieben von Rettershrek
Wird also ein Pat. vorraussichtlich länger als 24 Stunden beatmet wird er antibiotisch abgedeckt (meist Ciprofloxacin) und bekommt topische Antibiotika (Gentacin und Colistin) in Mund, Nase und Magen (im Wechsel mit Nystatin in Mund und Magen).



ersteres finde ich nicht sinnvoll, solange a) keine Infektionszeichen vorliegen und b) regelmäßig Mikrobio gemacht wird.
Über zweiteres kann man diskutieren, ich bin prinzipiell gegen vorauseilende Antibiotikagaben; kenne das nur aus der Transplantationsmedizin und Hämatoonkologie.
Muß aber dazu sagen, daß ich kein Intensivmediziner bin.

Hörbird
06.12.2004, 14:51
Nein, wird bei uns nicht gemacht. Farge mich eh was das soll, denn durch voreilige und damit übertriebene, falsche Antibiotikagabe werden meines Wissens doch nur noch mehr resistente Keime "gezüchtet" Oder lieg ich da falsch ?

Gruß
HörBird

Rettershrek
06.12.2004, 17:24
Original geschrieben von Hörbird
Oder lieg ich da falsch ?

nee, ich sehe das ja genauso!
es wird sich wohl ein besseres "outcome" versprochen und mir wurde gesagt, dass angenommen wird, dass u.a. wegen dieser "Prophylaxe" kaum ARDS"fälle" bei uns auftreten!
stellt sich halt die Frage nach dem Auftreten OHNE diese Resistenzzüchtung!

silver tabby
06.12.2004, 18:22
Also bei uns wird eine SDD nur bei akutem Leberversagen und 14 Tage nach LTX durchgeführt. Über dieses Thema wird in Fachkreisen aber ja schon seit Jahren immer wieder neu diskutiert...

Es ist nicht eindeutig bewiesen, dass es wirkt, aber es schadet auch nicht...

Und BTW, das zeug wird enteral gegeben und schlecht bis nicht resorbiert, daher keine systemische Wirkung aber Verringerung der Pneumonien...

Hörbird
06.12.2004, 18:27
Original geschrieben von silver tabby
Also bei uns wird eine SDD nur bei akutem Leberversagen und 14 Tage nach LTX durchgeführt. Über dieses Thema wird in Fachkreisen aber ja schon seit Jahren immer wieder neu diskutiert...

Es ist nicht eindeutig bewiesen, dass es wirkt, aber es schadet auch nicht...

Und BTW, das zeug wird enteral gegeben und schlecht bis nicht resorbiert, daher keine systemische Wirkung aber Verringerung der Pneumonien...

Sicher, das es nicht schadet ?
Nun, ich meine nicht dem Pat. sondern langfristig dadurch, das sich die Chance, das sich resistente Keime bilden, drastisch erhöht wird !
Abgesehen davon, so habe ich bisher zumindest gelernt, kann man durch gute Pflege, Pneumonien eigentlich schon wirkungsvoll bekämpfen.

Wie kann einen SSD eine Pneumonie verhindern ?:confused:

Gruß
HörBird

silver tabby
06.12.2004, 19:10
Gefunden bei Pubmed...

Ist nur eine Metaanalyse, aber wie gesagt, die Meinungen gehen da ewig auseinander...

Der Darm ist Reservoir für zahlreiche möglicherweise pathogene Keime, die durch diese SDD verringert werden sollen. MAn darf nicht vergessen, dass im Rahmen eines ALV oder einer LTX das Immunsystem deutlich herabgesetzt ist und dadurch der Übertritt von Bakterien ins Blut prinzipiell erleichtert ist.
Dementsprechend macht man halt gerne die SDD...
Aber die Resistenzfrage muss wie gesagt noch geklärt werden, wird aber derweil als nicht soooo problematisch hier angesehen...


Liver Transpl. 2004 Jul;10(7):817-27. Related Articles, Links


The role of selective digestive decontamination for reducing infection in patients undergoing liver transplantation: a systematic review and meta-analysis.

Safdar N, Said A, Lucey MR.

Section of Infectious Diseases, Department of Internal Medicine, University of Wisconsin Medical School, Madison, WI, USA. [email protected]

Selective digestive decontamination (SDD) refers to the use of antimicrobials to reduce the burden of aerobic gram-negative bacteria and/or yeast in the intestinal tract to prevent infections caused by these organisms. Liver transplant patients are highly vulnerable to bacterial infection particularly with gram-negative organisms within the first month after transplantation, and SDD has been proposed as a potential measure to prevent these infections. However, the benefit of this procedure remains controversial. We undertook a systematic review and meta-analysis to determine whether SDD is beneficial in reducing infections overall and those caused by gram-negative bacteria in patients following liver transplantation. All studies that evaluated the efficacy of SDD in liver transplant patients were included. Randomized trials that included liver transplant patients given SDD versus either placebo or no treatment or minimal treatment (e.g., oral nystatin alone), and that provided adequate data to calculate a relative risk ratio, were included in the meta-analysis. Our review shows that most studies found SDD to be effective in reducing gram-negative infection. The nonrandomized and uncontrolled trials also showed benefit with SDD in reducing overall infection; however, the effect on overall infection was limited in the 4 randomized trials, in which the pooled relative risk was 0.88 (95% CI, 0.7-1.1), indicating no statistically significant reduction in infection with the use of SDD. The summary risk ratio for the association between SDD and gram-negative infection was 0.16 (95% CI, 0.07-0.37), indicating an 84% relative risk reduction in the incidence of infection caused by gram-negative bacteria in patients receiving SDD in randomized trials. In conclusion, the available literature supports a beneficial effect of SDD on gram-negative infection following liver transplantation; however, the risk of antimicrobial resistance must be considered. Larger multicenter randomized trials in this patient population to assess the effect of SDD in reducing infection and mortality, while assessing the risk of antimicrobial resistance, are needed.

PMID: 15237363 [PubMed - in process]