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nefgeländefahrer
22.12.2004, 16:44
Der Staatsanwalt fordert Berufsverbot und Drogenentzug

Von Carola Padtberg

Was für ein Ärger so kurz vor dem Fest: Santa Claus, 136 Jahre alt und wohnhaft am Nordpol, trinkt zu viel Schnaps. Druckbetankt neigt er zu Fahrerflucht und Hausfriedensbruch. Darum fuhren Jurastudenten beim "Moot Court" mit ihm Schlitten. Im Zeugenstand: Knecht Ruprecht, Rudolf das Rentier und ein Flugschlitten-Experte.



Carola Padtberg
Treuer Schlittenführer: Rudolf das Rentier im Zeugenstand
Santa Claus ist Alkoholiker - so viel steht fest. Wenn er am Heiligen Abend unterwegs ist, um den Kindern Geschenke zu bringen, bedient er sich heimlich an der Schnapsbar. Einen halben Liter schafft der Weihnachtsmann locker. Doch nun sitzt Rauschebart Santa, 136 Jahre alt, wohnhaft am Nordpol, in seinem schweren rot-weißen Mantel vor Gericht und schwitzt. Betrunken soll er im letzten Jahr viel Schaden angerichtet haben.

Kann sein Strafverteidiger den Vorsitzenden Richter von Santas Unschuld überzeugen?

Im Schwurgerichtssaal des Landgerichts Münster geben Benedikt Hövelmann und Sven Kurella ihr Bestes, um den Weihnachtsmann aus der Bredouille zu holen. Die Jurastudenten rechnen Richter Michael Skawran vor, dass der Blutalkoholgehalt des Weihnachtsmanns kaum über 0,3 Promille gelegen haben kann und er trotz Saufgelage noch fahrtüchtig war.

Knecht Ruprecht als Zeuge

Keine Chance: Bei einer Verkehrskontrolle maß die Polizei knapp ein Promille Alkohol im Blut. Die Staatsanwaltschaft hat den Beweis und ruft Knecht Ruprecht in den Zeugenstand.



Carola Padtberg
Streng zu Delinquenten: Staatsanwalt Jens Mertens
Was sich anhört wie vorweihnachtlicher Klamauk, nehmen Münsteraner Jurastudenten ziemlich ernst. Beim Prozess um den delinquenten Weihnachtsmann bemühen sie sich um eine möglichst ausgefeilte Rhetorik. Denn in dieser gespielten Verhandlung proben die Gesetzeshüter den strafrechtlichen Ernstfall - und haben dafür nicht nur den Weihnachtsmann, sondern auch Rudolf das rotnäsige Rentier, Knecht Ruprecht und einen Sachverständigen für Flugschlitten eingeladen.

Das juristische Kräftemessen ist ein so genannter Moot Court, eine nachgestellte Gerichtsverhandlung, den die lokale Gruppe der European Law Students' Association (Elsa) jedes Jahr veranstaltet. In Teams treten Studenten als Staatsanwälte und Strafverteidiger gegeneinander an, vernehmen Zeugen und halten Plädoyers. Bei der Urteilsverkündung werden sie von echten Richtern und Professoren in der Kunst der Beweisführung und der Rhetorik beurteilt.

"Jedes Jahr ein paar Kräuterschnäpse"

"Ganz Lönneberga weiß, dass wir jedes Jahr ein paar Kräuterschnäpse kippen", gibt Knecht Ruprecht im Kreuzverhör zu Protokoll. Seine Aussage belastet den Weihnachtsmann schwer. Denn der hatte in der Vernehmung behauptet, sich nur drei Kurze gegönnt zu haben. Doch halt: Hier greife das Gewohnheitsrecht, plädiert die Verteidigung. Schließlich müsse sich der Weihnachtsmann jedes Jahr so viel Schnaps einverleiben.

Im Moot Court sollen künftige Richter, Staatsanwälte oder Verteidiger anwenden, was sie im Hörsaal gelernt haben. In angelsächsischen Ländern sind die fingierten Prozesse fester Teil der Juristenausbildung. Seit etwa zehn Jahren feilen auch deutsche Studenten mit den juristischen Luftnummern an ihren rhetorischen Fertigkeiten.

Die Organisation Elsa hat schon Rumpelstilzchen, Asterix und den Räuber Hotzenplotz auf die Anklagebank gezerrt. In einem bundesweiten Moot Court-Wettbewerb ermittelt die Juristenorganisation, wer der gewiefteste Nachwuchsanwalt ist.

Die Staatanwaltschaft will Berufsverbot

Für die "Staatsanwälte" Jens Mertens und Marcel Kanbach sind Santa Claus und Knecht Ruprecht schlimme Finger. Zehn Tage feilten sie an ihrer Anklageschrift, um den Weihnachtsmann zu Berufsverbot und Drogenentzug zu verknacken.



Carola Padtberg
Beurteilen Rhetorik und Argumentation: Richter während der Verhandlung
Die beiden Studenten im fünften Semester wollen Santa gleich des Begehens von sieben Delikten überführen: Gefährliche Körperverletzung in Mittäterschaft, Diebstahl, Trunkenheit am Steuer, Gefährdung des Straßenverkehrs, Fahrerflucht, Hausfriedensbruch und fahrlässige Brandstiftung - so läuft ein Heiligabend in der Sprache der Juristen ab.

Starker Tobak für die Verteidigung, die Benedikt Hövelmann und Sven Kurella, beide im siebten Semester, übernommen haben. Sie rufen Rentier Rudolf in den Zeugenstand. In Fellkostüm, mit schwerem Geweih und rot blinkender Plastiknase versucht Studentin Annette Saers als treuer Schlittenführer die Richter von der Unschuld des Weihnachtsmannes zu überzeugen.

Ein bisschen Spaß muss sein

Die Kostüme hat Moot Court-Organisator Sebastian Huck aus der Requisite des Theaters Münster geliehen. "Uns geht es zwar in erster Linie darum, die juristischen Soft Skills zu schulen", betont Huck, "aber ein bisschen Spaß soll auch dabei sein." Die Zuschauerränge im Gerichtssaal sind bis auf den letzten Platz mit Studenten jüngerer Semester gefüllt.



Carola Padtberg
Übeltäter: Student Philipp Honisch als Weihnachtsmann
Auch Marie von Manteuffel, Studentin im dritten Semester, erkennt ihre Kommilitonen unter den Kostümen. "Bei einem Moot Court sieht man endlich einmal, wofür das trockene Studium gut ist", sagt die 20-Jährige, "und witzig ist es auch."

Doch ohne Ernst geht es nicht. Während vor den Fenster des Gerichtssaals die ersten Schneeflocken fallen, liefern sich Verteidigung und Staatsanwaltschaft ein heftiges Paragrafengefecht und hitzige Debatten. Ist die Rute Knecht Ruprechts nun als originär gefährliches Werkzeug nach Paragraf 244.1.1 StGB anzusehen oder lediglich ein Bündel von Zweigen, das normalerweise zum Fegen benutzt wird? Darf man sich aus Routine an fremden Schnapsflaschen vergreifen? Und braucht der Weihnachtsmann eigentlich einen Führerschein?

Strenger Verhaltenskodex

Die Parteien müssen schnell reagieren und aufeinander eingehen. Da fallen sich die Studenten in den schwarzen Roben schon mal gegenseitig ins Wort. "Lassen Sie die Sachverständige antworten", mahnt der Richter den übereifrigen Staatsanwalt. Im Eifer des Gefechts rutscht Verteidiger Sven Kurella einmal das Wort "scheißegal" über die Lippen - ein schweres Vergehen gegen den Verhaltenskodex bei Gericht.

Während sich in einer kurzen Pause die Gäste an Lebkuchen, Spekulatius und Sekt schadlos halten, feilen die Teams fieberhaft an ihren Plädoyers. Wild gestikulierend dürfen sie vor dem Richter ihre Schlussreden von acht Minuten halten. Wieder fallen Worte, die so gar nicht zur versöhnlichen vorweihnachtlichen Stimmung passen wollen. Von "Vorsätzlichkeit" ist die Rede, von "Zueignung" und "alkoholbedinger Fahruntüchtigkeit".

Insgesamt habe sich die Staatsanwaltschaft besser präsentiert, so Michael Skawran in der Urteilsverkündung. Trotzdem können die Richter den Weihnachtsmann nur der Verkehrsdelikte und der Körperverletzung schuldig sprechen.

Die Strafe: Im nächsten Jahr wird Santa Claus unter Aufsicht des Christkindes gestellt. Bleibt zu hoffen, dass die junge Dame den Spirituosen besser widerstehen kann

RS-USER-hhe
23.12.2004, 03:26
Quelle?

Danke,

hhe