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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Aufwecken nach der Narkose



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DieKleine
17.01.2005, 15:55
Und jetzt die Frage: Gibt man eigentlich was zum Wachwerden? Ich bin mir nämlich nicht mehr sicher, ob er das wirklich so gesagt hat...
Die Patienten haben schon gegen Ende der Narkose noch ein Medikament bekommen, aber das könnte z.B. auch ein Analgetikum gewesen sein, weil relativ viele Narkosen mit kurz wirkenden Opioiden (Ultiva) gemacht wurden.


@escarpin: Thanx! ;0)

RS-USER-blacksheep
17.01.2005, 16:23
Bin zwar kein Sandmann aber ich denke mal:

Neostikmin wenn man sich mit dem relaxieren verschätzt hat (is aber ne eckelhafte absaugarbeit (keine Angst ich war nur als Praktikant dabei)) oder Narcanti wenns zuviel des Guten (Fenta) war.
Die Docs aus meinem OP haben gerne für die Postop Novalgin zur Ende der OP gegeben. 1mg Loadingdose iv und 2,5 in ne 500ml Stero langsam einlaufend. Bei starken Schmerzen im Aufwachraum dann Dipi. Auch Perfalgan war sehr beliebt. Gut kam auch immer auf die Schmerzzustände und die OP und die Form das Anästhesie an.

RS-USER-Rippenspreizer
18.01.2005, 16:55
Also jedes Medikament, was "zum Aufwecken" gegeben werde muß, ist ein Beweiß für eine eher schlecht abgestimmte Narkose. (Was nicht heißt, daß es auch erfahrenen KollegInnen nicht immer mal wieder passieren kann!)

Letztlich bergen alle 4 Bestandteile einer Standard-Vollnarkose ein gewisses "Überhang-Risiko", soll heissen, es kann sowohl bei Barbituraten, als auch bei Opiaten, Relaxantien oder eben auch dem präoperativ verabreichten Benzodiazepin (Dormicum o.ä.) aus verschiedensten Gründen zu einer verlängerten Wirkzeit kommen.
Meist - muß man ehrlicherweise sagen - ist die Ursache eine leichte Überdosierung...

In Kürze:

Barbituratüberhang (Etomidat/Propofol/Thiopental bzw. Trapanal) = Patient schläft tief & fest und wacht nicht auf.

Opiatüberhang (Fenta/Ultiva): Patient entwickelt aufgrund zentraler Dämpfung keinen Atemantrieb, atmet also vorerst nicht spontan (was er gegen Narkoseende als Voraussetzung zur Extubation ruhig mal tun könnte...)

Relaxanzüberhang ist eine ziemlich räudige Sache, weil der Patient schlimmstenfalls wach ist, aber aufgrund der Restrelaxierung rein motorisch gar nicht atmen kann! Bestenfalls sieht man dann eine schaukelnde Kurzatmigkeit und Streßparameter beim Patienten. Unbedingt vermeiden!! Wenn noch Restrelaxant verblieben ist, muss man das aussitzen und bitteschön auch dem Patienten noch etwas Schlaf gönnen...

Benzodiazepine (Dormicum etc.) können bei kurzen Eingriffen und später Prämedikation ihre volle Wirkung im blödsten Fall zum Narkoseende hin entfalten. Auch hier wird der Patient nicht wach, entwickelt evtl. nichtmal Spontanatmung.

Was tun?

1.Nächstes Mal besser dosieren
2.Doch dem Oberarzt glauben :-p
3.Das Problem aussitzen und den Patienten ausschlafen lassen bzw. einen Zustand anstreben, der eine Extubation rechtfertigt.
4.Antagonisieren:

Barbiturate: Lassen sich nicht so einfach antagonisieren, muß man prinzipiell auch nicht, weil die Wirkung im schlimmsten Fall nach 10-15 Minuten verschwindet. Wenn der Patient dann zwar selbstständig atmet, aber immer noch nicht erweckbar ist, muss es eine andere Ursache geben... (Benzodiazepin-Überhang, cholinerges Syndrom, allerschlimmstenfalls hypoxischer Hirnschaden o.ä. = Pupillenkontrolle, ggf. CT-Kontrolle)

Opiate: Bei Ultiva hinfällig, da i.d.R. nach 5-10 Minuten verschwunden. Wenn nicht -> andere Ursache suchen; Pupillen verraten auch hier oftmals die Lösung des Problems...
Fenta und langwirksame Opiate: Antagonisieren mit Naloxon/Narcanti. Geht meist blitzschnell, ist für den Patienten sehr unangenehm und bedeutet in der Konsequenz auch, dass die Schmerzen sofort wieder komplett vorhanden sind. Das muss man sich also gut überlegen. Jede Maßnahme hat ihren Preis!

Relaxantien lassen sich gut mit der Kombi aus Atropin und Neostigmin (1:2) antagonisieren. Auch das geht schnell, es gilt aber den gefürchteten "Rebound-Effekt" zu verhindern, d.h. eine Re-Curaresierung nach ca. 20-40 Minuten! Sehr unangenehm sowas! Auch hier kann bei kurzwirksamen Relaxantien (zB. Mivacurium) gerne mal zugewartet werden.

Benzos lassen sich ganz gut mit Anexaten (Flumazenil) antagonisieren, geht ebenfalls fix, aber die oft gewünschte retrograde Amnesie der Benzos ist damit auch oft futsch!


Ihr seht - es gibt viele Möglichkeiten. Antagonisierung sollte aus verschiedenen Gründen (Wohlbefinden des Patienten, Rebound, Schmerzen) immer die letzte Option sein.
Ich persönlich beiss dann lieber in den sauren Apfel und warte noch 10-15 Minuten, dann klappt es meist auch ohne Antagonisierung...

War jetzt n bisschen viel, lässt sich aber auch nicht mit 3-4 Sätzen erklären...

Gruß,
Daniel

RS-USER-Hypnos
18.01.2005, 19:08
Original geschrieben von Rippenspreizer
Antagonisierung sollte aus verschiedenen Gründen (Wohlbefinden des Patienten, Rebound, Schmerzen) immer die letzte Option sein.
Ich persönlich beiss dann lieber in den sauren Apfel und warte noch 10-15 Minuten, dann klappt es meist auch ohne Antagonisierung...



Das kannst Du Dir aber in kleineren Häusern nicht wirklich oft erlauben...
...und mit der Einstellung machst Du auch nur ein einziges Mal ambulant Narkosen:D ;) :D

Hörbird
18.01.2005, 19:47
Original geschrieben von Hypnos
Das kannst Du Dir aber in kleineren Häusern nicht wirklich oft erlauben...
...und mit der Einstellung machst Du auch nur ein einziges Mal ambulant Narkosen:D ;) :D

Kommt aber doch relativ oft vor, bin zur Zeit im OP und da sehe ich sowas öfters.

RS-USER-Hypnos
18.01.2005, 20:28
Original geschrieben von Hörbird
Kommt aber doch relativ oft vor, bin zur Zeit im OP und da sehe ich sowas öfters.

Dann scheint Euer Krankenhaus noch zu den glücklichen einsamen Inseln im Meer der DRG-Codierung zu gehören, welche noch nicht auf Rationalität achten muss...

Hörbird
18.01.2005, 20:32
Original geschrieben von Hypnos
Dann scheint Euer Krankenhaus noch zu den glücklichen einsamen Inseln im Meer der DRG-Codierung zu gehören, welche noch nicht auf Rationalität achten muss...

Naja, wir haben auch noch ein paar jüngere Anästhesisten, da klappt halt noch nicht alles.... Aber die KTQ-Zertifizierung rückt näher, wir werden sehen ! ;-)

Gruß
HörBird

RS-USER-Rippenspreizer
18.01.2005, 21:44
Hm - also ich bin zwar an einem größeren Haus, und eine "Insel" im Meer der DRG-Codierung sind wir sicherlich auch nicht. Trotzdem kann ich die Anzahl meiner Antagonisierungen in den letzten Jahren an einer Hand abzählen. Und trotzdem bin ich mit meinen Patienten auch spätestens 15 Minuten nach OP-Ende im Aufwachraum.

Rationalisierung muss nicht zwangsläufig zulasten der Qualität gehen. Natürlich hat jeder schonmal ordentlich danebendosiert oder eine angekündigte "Riesen-OP" mit 0,6 mg Fenta ist nach 20 Minuten wegen "Unbespielbarkeit des Platzes/Inoperabilität" spontan beendet.
Trotzdem - und da muss ich und werde ich mich gar nicht von DRG & Co. hetzten lassen - dürfen meine Patienten noch regulär aufwachen.

By the way: Ein opioidantagonisierter Patient verbringt deutlich mehr Zeit im AWR als der Standardpatient. Rein wirtschaftlich ist also "Schneller aufwachen" nicht zwangsläufig auch "Optimierteres Arbeiten". Nur weil man den Pat. irgendwie schnell & fix übergeben hat, senkt man nicht immer die Folgekosten!
Übringens kostet 1ml Narcanti (0,4 mg) satte 13,90 Euro. Und was kosten 10 Minuten länger schlafen lassen?

Gruß, Daniel

Hörbird
18.01.2005, 21:51
Original geschrieben von Rippenspreizer
Hm - also ich bin zwar an einem größeren Haus, und eine "Insel" im Meer der DRG-Codierung sind wir sicherlich auch nicht. Trotzdem kann ich die Anzahl meiner Antagonisierungen in den letzten Jahren an einer Hand abzählen. Und trotzdem bin ich mit meinen Patienten auch spätestens 15 Minuten nach OP-Ende im Aufwachraum.

Rationalisierung muss nicht zwangsläufig zulasten der Qualität gehen. Natürlich hat jeder schonmal ordentlich danebendosiert oder eine angekündigte "Riesen-OP" mit 0,6 mg Fenta ist nach 20 Minuten wegen "Unbespielbarkeit des Platzes/Inoperabilität" spontan beendet.
Trotzdem - und da muss ich und werde ich mich gar nicht von DRG & Co. hetzten lassen - dürfen meine Patienten noch regulär aufwachen.

By the way: Ein opioidantagonisierter Patient verbringt deutlich mehr Zeit im AWR als der Standardpatient. Rein wirtschaftlich ist also "Schneller aufwachen" nicht zwangsläufig auch "Optimierteres Arbeiten". Nur weil man den Pat. irgendwie schnell & fix übergeben hat, senkt man nicht immer die Folgekosten!
Übringens kostet 1ml Narcanti (0,4 mg) satte 13,90 Euro. Und was kosten 10 Minuten länger schlafen lassen?

Gruß, Daniel

In diesem Bezug gibt es in meinem Haus eine Unart, die bekannt ist, aber geduldet: die Ausleitungsräume werden nicht als solche genutzt. Wenn Pat. länger schlafen, dann tun die dies im OP-Saal. Das führt dann zu Verzögerungen.

Rationelles Arbeiten ja, aber nicht zu Lasten des Pat.

Gruß
eines beobachtenden
HörBirds

RS-USER-Rippenspreizer
18.01.2005, 22:12
Welche "Ausleitungen" werden denn bitteschön zur Ausleitung benutzt?! :-p

Meist scheitert es doch sowieso am Personal. Oder wie sieht das bei euch mit überlappenden Einleitungen aus? Meist ist das Geschrei der Anästhesie- und OP-Pflegekräfte groß...

Wobei ich manch aufmüpfigem Chirurgen oftmals gerne einen Patienten nach dem anderen in den Saal schieben möchte! Oft sollen wir Anästhesisten ja Schuld an dem chaotischen OP-Programm sein. Ich würde das ja zu gerne mal sehen, wenn die Jungs quasi 8 Stunden daueroperieren!!

RS-USER-Hypnos
18.01.2005, 23:23
Original geschrieben von Rippenspreizer
Übringens kostet 1ml Narcanti (0,4 mg) satte 13,90 Euro. Und was kosten 10 Minuten länger schlafen lassen?



Die Frage kannst Du Dir selbst beantworten:
Hochgerechnet kostet jede OP-Minute rund 40 Euro...
Noch Fragen???

RS-USER-Katja
19.01.2005, 04:55
*die Stimme aus dem Hintergrund*
In Amiland ist die Gabe von Antagonisten zum Extubieren schlichtweg Usus. Das ist Schule da, nicht schlechter Stil (wobei ich persönlich es für schlechten Stil halte, aber ich bin aus einer anderen Schule :D ).
Sonst habe ich außer bei Relaxantienüberhang praktisch nie antagonisieren müssen, kommt eher auf der ICU mal vor, wenn ein Patient etwas viel Dormicum bekommen hat für eine ruhige Nacht...


BTW: Propofol ist kein wirkliches Barbiturat ;) Propofol ist ein Alkylphenolderivat, das keine Verwandtschaft zu anderen bekannten Anästhetika hat. Sein genauer Wirkmechanismus ist unbekannt. Was man weiß: Propofol verstärkt die Wirkung von GABA (Gammaaminobuttersäure) an den inhibitorischen Neurotransmittern :eek:

RS-USER-Katja
19.01.2005, 21:43
Original geschrieben von Hypnos
Die Frage kannst Du Dir selbst beantworten:
Hochgerechnet kostet jede OP-Minute rund 40 Euro...
Noch Fragen???
Da Narcanti aber kürzer wirkt als Opiate (Remifentanil ausgenommen), blockierst Du mit solchenPatienten dann den Aufwachraum. Und der hat in der Regel auch nur begrenzte Kapazität...

RS-USER-Hypnos
19.01.2005, 22:11
Original geschrieben von Katja
Da Narcanti aber kürzer wirkt als Opiate (Remifentanil ausgenommen), blockierst Du mit solchenPatienten dann den Aufwachraum. Und der hat in der Regel auch nur begrenzte Kapazität...

Zitat aus T. Karow, Allgemeine und Spezielle Pharmakologie:

Fentanyl: Wirkdauer 20-30min, bei Nachinjektionen ggfs. Kumulationsgefahr

Narcanti: Wirkdauer 30-45min, Gefahr der Re-Morphinisierung bei hohen Dosen Morphin.

Fragt sich natürlich, wer kurz vor der OP-Ausleitung noch 0,5mg Fentanyl on top dosiert...:-)

RS-USER-Rippenspreizer
19.01.2005, 22:14
Original geschrieben von Katja
Propofol ist kein wirkliches Barbiturat ;) Propofol ist ein Alkylphenolderivat, das keine Verwandtschaft zu anderen bekannten Anästhetika hat. Sein genauer Wirkmechanismus ist unbekannt. Was man weiß: Propofol verstärkt die Wirkung von GABA (Gammaaminobuttersäure) an den inhibitorischen Neurotransmittern :eek:

Klugscheisseralarm?! :D
"Keep it simple and stupid", hab ich mir so gedacht und wollte zur Frage nach "Aufwachmedikamente" nicht noch in subspezifische Unterscheidungen geschweige denn GABA & Transmitter-Inhibition eingehen.
Und außerdem ist Propofol eigentlich doch nur Schlafmilch ;)

Gute Nacht, Sandmänner & Sandmädels,
Daniel

RS-USER-Katja
20.01.2005, 02:09
Original geschrieben von Rippenspreizer
Klugscheisseralarm?! :D

:D Logo :cool:

@ Hypnos: Es gibt (und da erzähl' ich Dir sicher nichts Neues) auch noch die kontextsensitive Halbwertszeit für kontinuierliche Infusionen. Und das wird dann länger - und ist für Fenti nur begrenzt zu empfehlen ;) Nicht jeder arbeitet mit Bolusgaben...
(und ich sehe nicht ein, warum ich mich hetzen und den Patienten gefährden soll, um nach der Einleitung 30 min auf'n Chiurgen zu warten - ich arbeite zwar gerne zügig und tue es auch, aber wenn es mal etwaslänger dauert, dann ist das halt so. Und ja, das hier ist eine Uniklinik :grins: ).
Was den Bolus angeht: Ich komme von der Toilette zurückgesockt, um festzustellen, daß mein liebender Narkosepfleger auf Wunsch der Chirurgen zur Hautnaht nachrelaxiert hat... :rolleyes: :rolleyes: :rolleyes:

DerBlinde
20.01.2005, 07:15
Original geschrieben von Rippenspreizer
...Wobei ich manch aufmüpfigem Chirurgen oftmals gerne einen Patienten nach dem anderen in den Saal schieben möchte! Oft sollen wir Anästhesisten ja Schuld an dem chaotischen OP-Programm sein. Ich würde das ja zu gerne mal sehen, wenn die Jungs quasi 8 Stunden daueroperieren!!

Dann setzen wir ein breites Grinsen auf und freuen uns mal zeitig nach Hause zu kommen! :grins: :-p

DieKleine
20.01.2005, 11:23
Original geschrieben von Rippenspreizer

"Keep it simple and stupid", hab ich mir so gedacht



@ Daniel: Das hast Du auch hingekriegt. Es war auch für mich als Ersti gut verständlich :D Thanx!


Ich hoffe bloß, dass ich jetzt nicht den Eindruck erweckt habe, dass bei uns ständig Patienten überdosiert wurden - das kann ich ja eh noch nicht beurteilen ;0).

RS-USER-Katja
20.01.2005, 13:03
Original geschrieben von DerBlinde
Dann setzen wir ein breites Grinsen auf und freuen uns mal zeitig nach Hause zu kommen! :grins: :-p
Wie, schon nach der ersten Maschine???? :grins: :grins: ;)

DerBlinde
21.01.2005, 14:47
:grins:

Wozu Pässe? Im TAH liegt die Zukunft :grins: