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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Kühlen bei Verbrennungen ???



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Rescuerambo
03.03.2005, 10:01
Am Dienstag war Fortbildungsabend bei uns im RK.
Wir hatten einen Spezialisten der Brandverletztenstation der BG Unfallklinik Ludwigshafen, der den Ausbildungsabend hielt.

Auf die Frage hin wie lange man kühlen solle, antwortet dieser maximal die ersten 4 Minuten nachdem die Schädigung aufgetreten ist . Also kwasi nur der Ersthelfer. Ich habe es auch noch gelernt, dass man den Patienten am besten in nasse Tücher oder Spezialzeuch z.B. Burnjel und wie das zeug alles heißt, einpacken soll.
Der Arzt erklärte uns, dass das nicht optimal sei, weil die Kälte des Wassers die Kapillaren verengt, und so die Blutzirkulation verlangsamt wird und dadurch die Verbrennung "witergehen kann" - Man könne dadurch eine 2. Gradige Verbrennung ohne weiteres zu einer 3. Gradigen Verbrennung machen

Als Non-Plus- Ultra bezeichnete der Arzt , die verbrannten Stellen mit Aluderm- Verbandtüchern einzupacken, diese nicht anzufeuchten und anschließend in eine Rettungsdecke einwickeln und ins Krankenhaus bringen.

Über die Schmerzlinderung durch das kalte Wasser meinte er: "Geben Sie dem Patienten soviel Schmerzmittel, dass er keine Schmerzen mehr hat - falls er Atemdepressiv wird intubieren Sie, aber hauptsache die Schmerzen sind gelindert!"

Jetzt meine große Frage:
Wie haltet Ihr das?

RS-USER-Rettungshund
03.03.2005, 10:17
Hat er wirklich die Gold/Silber Decken gemeint?? Wenn ja bin ich da seht skeptisch. Weil dadurch verursachst du ja einen Hitzestau erster güte.

RS-USER-Hoffi
03.03.2005, 10:22
nö, die eine seite absorbiert hitze, die andere reflektiert sie, du hast also eine sehr simple wärme/kältepumpe. es kommt nur darauf an welche seite du auflegst.

Rescuerambo
03.03.2005, 10:26
Original geschrieben von Rettungshund
Hat er wirklich die Gold/Silber Decken gemeint?? Wenn ja bin ich da seht skeptisch. Weil dadurch verursachst du ja einen Hitzestau erster güte.

japp... aber du denkst auch dran, dass es hier um schwerstbrandverletzte geht, die wahrscheinlich vom EH schon am Rande der Unterkühlung geballert wurden ???

Nee mal ernsthaft, die Wundauflage sollte Alubedampftes verbandmaterial sein, und danach den Patienten zum Wärmeerhalt in die Gold/Silber Decke wickeln!

RS-USER-Obelix
03.03.2005, 10:27
Das glaubst Du doch selber nicht Hoffi. Ob das Ding jetzt Gold oder Silber bedampft ist, macht glaub ich nicht viel aus. Das Ding ist eine Wärmebarriere. Wärmepumpe kann schon deswegen nicht sein, da zwischen den Metallschichten eine isolierende Kunststoffolie ist.

Rescuerambo
03.03.2005, 10:30
Original geschrieben von Obelix
Das glaubst Du doch selber nicht Hoffi. Ob das Ding jetzt Gold oder Silber bedampft ist, macht glaub ich nicht viel aus. Das Ding ist eine Wärmebarriere. Wärmepumpe kann schon deswegen nicht sein, da zwischen den Metallschichten eine isolierende Kunststoffolie ist.

Naja vorstellen kann ich mir das irgendwie schon... halts aber auch für unwahrscheinlich!

RS-USER-titan_cb
03.03.2005, 10:49
Hatte da vor kurzem so nen Fall: Kind 3j, schwere Verbrühungen/Verbrennungen. Eltern sind mit ihm zum Praktischen Arzt gefahren - Kind in nasse Tücher gewickelt. Außentemperatur: ca. -5°C.

Als wir (RTW) mit NEF ankamen, war das Kind von den nassen Tüchern dermaßen unterkühlt und zentralisiert, dass kein Zugang mehr möglich war.

Behandlung: Schmerzmedikation (ich glaube i.m.), Verbandset (ist afaik antibiotisch beschichtet) und dann das ganze Kind in 2 Rettungsdecken engewickelt. Nach ca. 10min Fahrt (Ankunft im KH) war das Kind kreislaufmäßig wieder einigermaßen stabil.

Hab mich dann mal hab dann mal mit unserem Abteilungsarzt, der auch NA ist drüber gesprochen: Die meisten Verbrennungsopfer (egal ob Kind oder Erwachsener) kommt unterkühlt im KH an. Daher ist Wärmeerhalt (und Schmerztherapie) allem anderen vorzuziehen.

Rettungstiger
03.03.2005, 11:05
Gerade in den letzen Jahren hat sich die Praxis umgekehrt. Ich kann mich noch an einen Einsatz vor 5 1/2 Jahren erinnern (übrigens mein einziger Schwerverbranter bis jetzt) da wurden die Alutücher von uns noch mit Ringer befeuchtet. Mittlerweile ist man eben davon abgekommen, weil Untersuchengen ergeben haben, dass die dadurch fast zwangsläufig entstehende Unterkühlung, mehr SChaden als die davor stattgefundene Kühlung Nutzen gebracht hat. Also wird jetzt nur noch in der ersten Hilfe gekühlt und zwar zwecks SChmerzlinderung. Im Rettungsdienst wird diese mit Medikamenten durchgeführt. FÜr mich, der als RDH eigenverantwortlich nur bei SAndiensten/ First REsponder im Einsatz ist, sehe ich keine Umstellung, da ich mich primär als Ersthelfer sehe. Allerdings so wie wir es gelernt haben: Bei großflächigen Verbrennungen (v.a. am Rumpf)Handwarmeswasser und gleichzeitiger Wärmeerhalt.

Mullbinder
03.03.2005, 12:51
Original geschrieben von Hoffi
nö, die eine seite absorbiert hitze, die andere reflektiert sie, du hast also eine sehr simple wärme/kältepumpe. es kommt nur darauf an welche seite du auflegst.

Das ist falsch, weil es gibt auch Rettungsdecken die rein Silbern sind. Kosten weniger haben aber das selbe Anwendungsspektrum.

El Mosquito
03.03.2005, 21:22
1. Kühlen
In der ersten Hilfe ist die Aussage lokales Kühlen mit fleißendem Wasser im lauwarmen/kalten Temperaturbereich bis die Schmerzen aufhören dabei ist auch die Temperatur nachzuregeln.
Großflächige Verbrennung sind durch feuchte Tücher zu kühlen.

2. Rettungsdecke
Die "arbeitende" Seite der Rettungsdecke ist die silberner denn diese reflektiert die wärme (bei Unterkühlung die abstrahlende Körperwärme; beim z.B. Hitzschlag die Sonnenwärme)
Die Goldene Seite ist lediglich ein psychologische Ergänzung da Gold laut Farbenlehre zu den warmen Farben gehört und dieses dem Pat. wohl (unbewussst) ein wolliges Gefühl verpasst.

saddamski
04.03.2005, 00:56
Also kühlen habe ich auch gelernt. Nicht direkt mit Eiswasser...aber kalt bis lauwarm. Für ca. 10-15min. Dabei aber an den Wärmeerhalt denken, weil halt viele Pat. unterkühlt ins KH kommen.

Kühlen wohl aus dem Grund, wegen Schmerz linderung...und auch damit das "nachbrennen" verhindert wird. Ist quasi wie beim Ei kochen. Wenn man es nicht abschockt, kocht es noch nach und wird härter...das mit dem nachbrennen soll wohl auch bei Verbrennungen so sein.

Nun stell sich die Frage was nun stimmt :)
Wird es schlimmer wenn man kühlt(weil die kapillare verengt werden -> Hypoxie etc.), oder wenn man nicht kühlt und sich die verbrennung "vertieft" o.ä.

Tobias

Rescuerambo
04.03.2005, 01:18
Original geschrieben von saddamski

Wird es schlimmer wenn man kühlt(weil die kapillare verengt werden -> Hypoxie etc.), oder wenn man nicht kühlt und sich die verbrennung "vertieft" o.ä.

Tobias

-> und was ist noch eine wichtige Aufgabe des Blutes ???

Richtig Wärmezirkulation!

Durch verengte Kapillargefäße "vertieft" sich die Verbrennung genauso! - Zumindes laut Aussage des Fachartzes der BG UK Ludwigshafen!

RS-USER-Kermit
04.03.2005, 10:57
Die Empfehlungen der Ludwigshafener wurden ja in Hessen vom Verband der ÄLRD akzeptiert und auch entsprechend auf Fortbildungen verbreitet.
Die entsprechende Präsentation lässt sich hier runterladen:
http://www.wetterauer-rettungsdienst-tag.de/

saddamski
04.03.2005, 12:25
Rescuerambo, und was ist nun schlimmer? :)
Wenn ich kühle, brauchts die Wärmezirkulation ja nicht mehr, oder? Körper braucht ja nicht kühlen, mach ich :D

Tobias

Rescuerambo
04.03.2005, 12:28
Original geschrieben von saddamski
Rescuerambo, und was ist nun schlimmer? :)
Wenn ich kühle, brauchts die Wärmezirkulation ja nicht mehr, oder? Körper braucht ja nicht kühlen, mach ich :D

Tobias

Ja, ich geb lieber Ketanest und Dormicum :D bzw. mein Arzt oder Assi gibt das ;)

RS-USER-Hoffi
04.03.2005, 12:49
Original geschrieben von saddamski
Rescuerambo, und was ist nun schlimmer? :)
Wenn ich kühle, brauchts die Wärmezirkulation ja nicht mehr, oder? Körper braucht ja nicht kühlen, mach ich :D

Tobias

bzw die hitze kann sich durch die verengten kapilaren auch nicht in andere bereiche verteilen und so das nachbrennen ausweiten.

Reanimator
24.03.2005, 16:45
Da fehlt eindeutig ein Punkt zum Abstimmen, oder?
Bei mir werden alle Verbrennungen erst mal gekühlt, egal ob unter dem Wasserhahn oder unter der Dusche bei großflächigen V.
(besonders bei jungen Frauen indiziert :grins: )

Ne, aber mal im Ernst - Hoffi hat schon recht, gerade die Verbrennungen die durch Fett oder Öl entstanden sind, brennen noch ewig weiter (in die Tiefe) auch wenn kein Kontakt mehr besteht...

RS-USER-DocMezzoMix
24.03.2005, 17:05
MAl ne Grundsätzliche Sache-> Jeder Patient mit ner Verbrennung ist nackt, verbrannte Haut kann den Wärmeaustausch/Wärmeerhalt nicht mehr so vornehmen wie gesunde. Somit folgt: Einpacken zwecks Wärmeerhalt!

Silberfolie einfach nur deswegen, damit keine Fussel von den Bettlaken in die Wunde kommen (denk ich mir) und weil sie halt besser handle bar sind als die in manchen KReisen verwendeten normalen Bettdecken (brrr ekel) und praktisch nix wiegen und somit nicht belasten. Ich finde zumindest diese beiden Punkte machen Sinn.

Gruß dMM

Quisqualat
24.03.2005, 20:21
Eine recht aktuelle Publikation die ich zu diesem Thema finden kann ist in Notfall & Rettungsmedizin erschienen (Ausgabe 7 2004). Giessler, Deb, Germann und Sauerbier postulieren dort folgendes:

"Eine kurzzeitige, lokale Therapie mit Leitungswasser (10–20°C) oder Tüchern (kein Eis!) ist nur als Maßnahme der Selbst- und Laienhilfe zu verstehen. Sie dient ausschließlich einer schnellen
Schmerzlinderung und bei festklebenden Materialien der Senkung der lokalen Oberflächentemperatur unter die Grenze der Hitzeschädigung von ca. 50°C. Bei Verbrennungen über ca. 30%
VKOF ist sie wegen der Unterkühlungsgefahr zu vermeiden – vielmehr steht dann der Wärmeerhalt des Patienten (Wärmeschutzfolie) im Vordergrund."

Gruß

Rescuerambo
24.03.2005, 22:06
Original geschrieben von Reanimator
Da fehlt eindeutig ein Punkt zum Abstimmen, oder?
Bei mir werden alle Verbrennungen erst mal gekühlt, egal ob unter dem Wasserhahn oder unter der Dusche bei großflächigen V.
(besonders bei jungen Frauen indiziert :grins: )

Ne, aber mal im Ernst - Hoffi hat schon recht, gerade die Verbrennungen die durch Fett oder Öl entstanden sind, brennen noch ewig weiter (in die Tiefe) auch wenn kein Kontakt mehr besteht...

Öhm ich will mich ja nicht beschweren, aber der Herr Reanimator ist doch angeblich RA... dann müssten wir doch auf der Schule bzw. in der Ausbildung gelernt haben wie wir Verbrennungen zu behandeln haben!
Fakt ist, das kühlen nur in den ersten 4 bis 5 Minuten direkt nach der Verletzung effektiv die Wanderung der Verbrennung verlangsamt bzw. aufgehalten wird! Schmerzbekämpfung steht definitiv auf einem anderen Blatt.

Ich bin vielleicht nur RS, aber mir wurde auf der Schule nichts davon gesagt, dass eine Öl/Fettverbrennung schlimmer ist als ne Verbrühung oder Verbrennung mit Offener Flamme!

Und bei Großflächigen verbrennungen kannst du nen Patienten umbringen, wenn du jemanden unter Wasser setzt!