Gyn/Geb, Fallbeispiel 1

[Ute Rus]

Na dann werden wir mal loslegen...

Verzeiht mir bitte, falls ich irgendetwas Rettungsassistenten- Sanitäter-Funkleitstelle-mäßig Falsches schreibe, ich kenne mich in Eurer Materie nicht so gut aus....
Ich möchte aber bitte korrigiert werden, damit ich auch was lerne!

Es kommt immer aus irgendwelchen Gründen kein Arzt, aber logischerweise steht zum Schluß auch immer die Fahrt ins Krankenhaus, egal ob es sich um etwas Simples oder Schwerwiegendes handelt.

Beispiel 1:

Ihr werdet nachts gerufen zu einer Familie, Frau hat vor 4 Wochen ein gesundes Baby bekommen und bis zum Abend war auch alles wunderbar, nur seit 2 Stunden hat die Frau auf einmal Fieber bekommen (39,5 unterm Arm gemessen), Schüttelfrost und fühlt sich ganz elend.

Im Hintergrund der obligatorisch aufgeregte Vater und ein schreiendes Baby.

Die betreuende Hebamme wollte das Paar wegen der Uhrzeit nicht wecken... ;)

Was erfragt ihr?
Was macht ihr?
Was vermutet ihr?

Viel Spaß, ich stehe zwischendurch immer mal wieder für Antworten als Wöchnerin oder Hebamme bereit.
Und bitte: Keine Fachbegriffe oder Abkürzungen aus eurem Arbeitsgebiet!!! Ich hab schon manchmal Schwierigkeiten wenn ihr von VU schreibt, das heißt bei Hebammen nämlich V-aginale U-ntersuchung.....

:kiss:
Ute

[DieKleine]

Ich versuchs einfach mal:


Ich messe erst mal Puls und Blutdruck und schaue, ob mir etwas auffällt.

Wie sieht sie aus (z.B. blass)? Deutet etwas in ihrer Körperhaltung darauf hin, dass sie irgendwo Schmerzen hat? Wie ist die Atmung? (Normal, zu schnell)?

Außerdem messe ich nochmal Fieber.

LG................................................ .......................Anna

[Rettungstiger]

Ganz klar erst mal Basics:
Puls
Blutdruck
SpO2 (Sauerstoffsätigung messen)
Nochmals Temperatur
Fragen nach:
Schmerzen
Atembeschwerden
Welche Beschwerden bestehen momentan
Sind irgendwelche Vorerkrankungen bekannt?
Werden Medikamente eingenommen?
Wann und was zuletzt
Sind in letzter Zeit sonst irgendwelche Beschwerden aufgetreten?
Als Erstversorger wär ich nun erstmal am Ende.
Wenn Messwerte und Ergebnisse der Anamnese da sind, kommen weitere Schritte.
Ärztlichen Notdienst im Hinterkopf behalten. Momentane Beschreibung rechtfertigt jedenfalls keinen Rettungsdiensteinsatz.
Ggf. noch Transport zur Abklärung ins KH wenn kein ÄND erreichbar (was nicht sein sollte, oft genug aber ist).
Zur Jahreszeit passend und den Symptomen nach zu Urteilen (plötzliches hohes Fieber, plötzliches massives unwohlsein) spricht einiges für die echte Influenza, was hier aber sicher nicht der Fall sein wird

;)

[Ute Rus]

RR 100/60
Puls 98
T 39,7 sub lingual

Die Wöchnerin fühlt sich "grippig", hat Gliederschmerzen.
Nimmt keine Medikamente, da sie stillt.

Die Frage nach den Schmerzen ist schon sehr gut!

Was könnte sie denn für Schmerzen haben?


Sicher könnt ihr nicht behandeln, aber ich will euch dahin bringen, das ihr vermutliche Diagnosen stellt, die ihr in der Klinik angeben könnt.
Und auf Wunsch sage ich euch natürlich auch die Behandlung.

@Rettungstiger: Nein, bei dieser Frau ist es nicht die Influenza, sondern was Fachspezifisches.
Aber ne gute Idee, es kann ja wirklich auch mal zufällig zusammen treffen.

So, weiter gehts beim Hebammenkurs :D

[DieKleine]

Schmerzen: Hmmm....Brustdrüse (Mastitis)? Unterbauch?

Außerdem würde ich fragen, ob der Wochenfluss irgendwie verändert oder auffällig war/ist.

[Rettungstiger]

Na ja, neben den Gliederschmerzen möglicherweise Schmerzen im Unterleibsbereich:confused:
Ich merk gerade, dass es hier ziemlich weit bei mir fehlt, vor deinen nächsten Fallbeispielen sollt ich mir die Gynseiten nochmal anschauen:-p

Was mir jetzt als einziges noch einfällt, ist das Wochenbettfieber. Allerdings fehlt mir da jetzt echt (schäm) die genaue pathophysiologie. FÜr uns ist im Rettungsdienst als <RA vor Allem die Symptomatische Behandlung im Vordergrund.

[RS-USER-gonzo]

dachte auch schon an so was wie kindbettfieber.:rolleyes:

aber nach vier wochen erst?

[DieKleine]

Hab gerade mal nachgeschaut: Zum Wochenbettfieber gehören lt. Pschyrembel neben dem hohen Fieber+Schüttelfrost auch stark beschleunigter Puls und Tachypnoe.

Wie ist denn die Atemfrequenz?

[Ute Rus]

Die Geburt ist jetzt 4 Wochen her, die Wahrscheinlichkeit auf Pueperalfieber (Kindbettfieber) ist relativ gering, da die Rückbildung fast abgeschlossen ist und wie eingangs erwähnt, hat die Frau auch Hebammenbetreuung, der wäre bestimmt was aufgefallen.... *g*
Aber eine nette Idee für ein anderes Fallbeispiel! ;)


In diesem Beispiel hat die Frau nichts mit dem uterus.

Aber ich find es ganz klasse, dass Die Kleine nach dem Wochenfluss fragt und auch sonst ist ihre Vermutung schon in die richtige Richtung (Brust).

Wie findet ihr denn raus, ob und was mit der Brust ist?
Also bitte Fragen an die Frau.

[RS-USER-gonzo]

na ja wenn ich frage was los sei denke ich schon das die pat. mir sagt was weh tut und nicht nur das es irgendwo weh tut. ;)
lass mich raten auf nachfrage was wo wie schmerzt giegt sie folgendes an:
schmerz, spannungsgefühl und rötung von der betroffenen brust?

mastitis?

mfg andreas

[DieKleine]

Okay...frag ich mal unsere "Patientin":

"Frau X, haben Sie Schmerzen an der Brust? Ist da was geschwollen oder entzündet?
Hatten Sie in letzter Zeit Risse oder wunde Stellen an den Brustwarzen?"

[RS-USER-blacksheep]

Original geschrieben von gonzo
na ja wenn ich frage was los sei denke ich schon das die pat. mir sagt was weh tut und nicht nur das es irgendwo weh tut. ;)
lass mich raten auf nachfrage was wo wie schmerzt giegt sie folgendes an:
schmerz, spannungsgefühl und rötung von der betroffenen brust?

mastitis?

mfg andreas

Tippe auch auf einen entzündlichen Prozess. Evtl sogar was für den Ärztlichen Bereitschaftsdienst. Aber wohl doch zur Sicherheit ins KH.

Therapie: Monitoring, Psychologische Betreuung, Zuführung zu einem Studierten. Lagerung wie die gute Frau sich am Besten fühlt. Wie sind denn ihre normalen Drücke? Neigt sie zu einem Hypotonus oder ist so 100/60 normal für sie? Gibt sie Schwindel/Schwächegefühl an? Wird ihr schwarz vor den Augen? Also mit anderen Worten was macht ihr Kreislauf? Wenn das ok ist, kann ich eh nicht viel machen.

Kreislaufkomplikationen sollten unwahrscheinlich sein falls doch was sein sollte kann ich mir ja immernoch was beiholen und entsprechend intervenieren.

[RS-USER-gonzo]

bei den temp. könnte man es auch mal mit wadenwickel versuchen, bis der kv-doc da ist.

[RS-USER-blacksheep]

Ben-U-Ron soll auch antipyretisch wirken wurd mir mal gesagt ;) Also falls es im Haus sein sollte kann mans ja auch damit versuchen (wobei es bei der Wirkeintritt-Zeit wohl primär fürn RD uninteressant ist).
Bei Wadenwickel jedoch auf den Wärmeerhalt am restlichen Körper achten.

[RS-USER-gonzo]

Original geschrieben von blacksheep

Bei Wadenwickel jedoch auf den Wärmeerhalt am restlichen Körper achten. ist klar, iss eh nur dann von interesse wenn die pat. es auch wünscht.

zur schmerzlinderung kann man(ehemann, freund oder wie auch immer) auch lokal kühlende umschläge auflegen.

[Ute Rus]

Sehr schön!
Ich bin stolz auf euch, ihr habt fast alles richtig gemacht!

Also Frau hat Schmerzen in einer der Brüste, diese ist rot, heiß und hat Knötchen.

Fragt nach dem Trinkverhalten des Kindes (wann war das Kind das letzte Mal an dieser Seite, trinkt es genausogut wie auf der anderen Seite usw...)

Sehr gut ist auch die lokale Kühlung der Brust, aber bitte keinen Coolpack pur auf die Brust, eher nochmal ins Geschirrhandtuch eingewickelt.
Oder Quarkwickel (ist aber nicht grad die Aufgabe des Rettungsdienstes...)
Auch sehr hilfreich wäre Paracetamol oder Ibuprofen. Besser als Aspirin.

Eine Mastitis hat diese unsere Frau (noch) nicht, das akute, was die Frau seit einigen Stunden hat, ist erstmal ein massiver Milchstau.
Also Behandlung in Richtung Fiebersenkung, Schmerzstillung und ganz wichtig: Milch muss aus der Brust raus! Kind andocken lassen oder etwas abpumpen oder ausstreichen.

Falls keine Hebamme innerhalb der nächsten 3-4 Stunden kommen kann, dann zur Sicherheit in die Klinik bringen, Antibiotika sind noch nicht nötig, bei einer Mastitis (also der nicht behandelte Milchstau mit bakteriell entzündlichen Prozessen) ist aber ein Antiobiotikum das Mittel der Wahl. Es gibt auch genügende, die stillfreundlich sind, sodaß die Frau nicht abstillen muss.


Damit habt ihr sehr gute Fachkenntnis gezeigt (mein ganz besonderes Lob an Die Kleine!)

Das nächste Mal wirds schwerer!

Einen schönen Abend noch und einen lieben Gruß
Ute Rus

[RS-USER-blacksheep]

Original geschrieben von Ute Rus
aber bitte keinen Coolpack pur auf die Brust, eher nochmal ins Geschirrhandtuch eingewickelt.

Ich hoffe das versteht sich von selbst. Wen ich sehe (also vom RD-Personal) der Kältepacks ohne Stoff diekt auf die Haut legt wird von mir persönlich gepaddelt der er auch ein Coolpack fürn Hintern braucht ;)

[RS-USER-gonzo]

jo stimmt nur erzähl das manche sportpat. aufm san-dienst-:rolleyes: :rolleyes:

ich nehme immer ein dreieckstuch zum einwickeln oder ein kopfkissenbezug.

[RS-USER-DocMezzoMix]

Wie ist den das, ich dachte bei Mastitis darf dass Kind nicht mehr an die Brust (Bakterien), wann muss ich den da den Trennstrich zwischen "Kind muss/darf nicht abpumpen" setzen. Wir haben sowas öfters im ÄND und bisher hab ich immer gesagt-> Kind weg von der Brust, was ja nun wohl als Grundsatz falsch ist.
Wenn sie Medis nimmt ist die Situation natürlich klar, aber vorher? Wäre nett, wenn du ne schöne Quelle oder selber noch ein paar Worte hättest!
Danke und Gruß!
dMM

Finde es übrigen Spitze das du hier Fallbeispiele aus einem Bereich bringst der im RD immer gern zu mittelgroßen Schweißtropfen (Äh, weißt du noch?) führt!

[RS-USER-DocMezzoMix]

Original geschrieben von gonzo
jo stimmt nur erzähl das manche sportpat. aufm san-dienst-:rolleyes: :rolleyes:

ich nehme immer ein dreieckstuch zum einwickeln oder ein kopfkissenbezug.

Eisdruckmethode nach Müller-Wohlfahrt...