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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Pat. 37j, C2, verweigert Behandlung



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RS-USER-titan_cb
15.05.2005, 11:37
Hallo!

Ein Fallbeispiel aus meinem Nachtdienst von gestern:

Alarmierung: r1, xy-ort, abc-str. - Sportplatz, pat. mit rqw stirn

Ihr kommt hin, seht ein Kneul Leute an einem Maschendrahtzaun etwas entfernt von den Festlichkeiten rund um ein Pfingstturnier (Fußball). Einer der Anwesenden winkt euch. Das Kneul hat eine gewisse Eigendynamik - es scheint da wer rumgeschubst zu werden ... jemand will "flüchten"

Ihr geht hin und seht den Patienten am Boden liegen, offensichtlich stark alkoholisiert, RQW oberhalb des rechten Auges (4-5cm lang, 5mm tief, weit auseinanderklaffende Wundränder, nur minimale Blutung).

Rundherum: 2 Platzwarte, die für die Sicherheit zuständig sind - sie haben alarmiert; ein "Freund" des Pat. - ist ein bekannter, meint es gut mit ihm; mehrere FFW-Kameraden, die ihn ansticheln und sagen der Pat. wurde vom Platzwart geschlagen.

Platzwart (die einzigen nüchternen Personen außer euch) sagt: stimmt nicht, der ist gefallen (glaubhaft).

Problem: der Patient läßt niemanden an sich heran außer dem "Freund" - was macht ihr?

RS-USER-apoplex
15.05.2005, 11:45
Original geschrieben von titan_cb
Hallo!

Ein Fallbeispiel aus meinem Nachtdienst von gestern:

Alarmierung: r1, xy-ort, abc-str. - Sportplatz, pat. mit rqw stirn

Ihr kommt hin, seht ein Kneul Leute an einem Maschendrahtzaun etwas entfernt von den Festlichkeiten rund um ein Pfingstturnier (Fußball). Einer der Anwesenden winkt euch. Das Kneul hat eine gewisse Eigendynamik - es scheint da wer rumgeschubst zu werden ... jemand will "flüchten"

Ihr geht hin und seht den Patienten am Boden liegen, offensichtlich stark alkoholisiert, RQW oberhalb des rechten Auges (4-5cm lang, 5mm tief, weit auseinanderklaffende Wundränder, nur minimale Blutung).

Rundherum: 2 Platzwarte, die für die Sicherheit zuständig sind - sie haben alarmiert; ein "Freund" des Pat. - ist ein bekannter, meint es gut mit ihm; mehrere FFW-Kameraden, die ihn ansticheln und sagen der Pat. wurde vom Platzwart geschlagen.

Platzwart (die einzigen nüchternen Personen außer euch) sagt: stimmt nicht, der ist gefallen (glaubhaft).

Problem: der Patient läßt niemanden an sich heran außer dem "Freund" - was macht ihr?

Zuerst würde ich alle Personen bis auf einen Platzwart und seinen Freund vom Patienten wegschicken, um so eine diskretere und beruhigendere Atmosphäre zu erhalten.
Da relativ schnell feststeht, dass der Patient zu diesem Zeitpunkt Hilfe verweigert, würde ich erst einmal eine Anamnese erheben, um mir über den geistigen Zustand klar zu werden. Also Bewusstlosigkeit Ja/nein, Orientierung (persönlich, Zeitlich, örtlich, situativ) und dann mal fragen, ob man eben in die Augen und die Wunde schauen darf. Vielleicht ist das nach einem beruhigenden Gespräch und ohne mehrere gröhlende Menschen drumherum möglich.
Anschließend eine Wundversorgung (steriles Pflaster sollte reichen, da es kaum blutet) und dann je nach gewonnenen Erkenntnissen weiterverfahren.

Sollte es bereits beim wegschicken der Zuschauer durch die aufgeheizte Stimmung Probleme geben, würde ich auch nicht zögern, relativ früh die POL dazuzuholen.

Blaulicht-shaolin
15.05.2005, 11:48
Erstmal die Menschenmenge wegschicken! Und mit dem Freund zusammenarbeiten da dieser als einziger sich nähern kann! Er soll versuchen den Pat. soweit zu bringen dass er uns erzählt was denn nun passiert sei (Vertrauen schaffen - wir wollen ihm nix böses)

Eventuell sollte auch die Pol hinzugezogen werden da der Verdacht naheliegt dass hier jemand "vermöbelt" worden ist!

David Seemayer
15.05.2005, 11:48
Ich hol' mir die Pol um Überzeugungsarbeit beim Pat zu leisten. Ich rühr' jedenfalls den Pat nicht an bevor nicht die Pol ihn nötigenfalls festhält um den Pat zu untersuchen.

RS-USER-titan_cb
15.05.2005, 11:57
Wir haben folgendes gemacht:

Alle bis auf den Freund werden weg geschickt; der Platzwart bleibt in der Nähe;

Versuche ein Anamnesegespräch zu eröffnen beginnen mit wüsten Beschimpfungen durch den Patienten.

Der Freund kann den Pat. soweit überreden, dass er mit ins Auto kommt ... damit man mal Licht hat das ganze anzuschauen ... der Pat. läßt aber nur den Freund an sich ran.

"Wir wollen ihm nichts böses" macht alles nur noch schlimmer :( >> Beschimpfungen

RS-USER-blacksheep
15.05.2005, 12:03
Noch mal 15-20 minuten versuchen zu deeskalieren. Wenn das nicht hilf die Firma Grün-Weis nachordern. Evtl daran denken sich noch nen Doktor beizuholen.

Falls Pat. trotz Gespräch nicht dazu bereit erklärt ne Wundversorgung an sich durchführen zu lassen auf die Pol warten und durch deren Zwang einen Transport ins KH zum Ausschluss einer Comotio c. und zur Versorgung der RQW.
Da er ja wohl sehr voll ist wird wohl seine Entscheidungsfähigkeit bedeuten eingeschränkt sein.

Blaulicht-shaolin
15.05.2005, 12:06
Original geschrieben von titan_cb
Wir haben folgendes gemacht:

Alle bis auf den Freund werden weg geschickt; der Platzwart bleibt in der Nähe;

Versuche ein Anamnesegespräch zu eröffnen beginnen mit wüsten Beschimpfungen durch den Patienten.

Der Freund kann den Pat. soweit überreden, dass er mit ins Auto kommt ... damit man mal Licht hat das ganze anzuschauen ... der Pat. läßt aber nur den Freund an sich ran.

"Wir wollen ihm nichts böses" macht alles nur noch schlimmer :( >> Beschimpfungen

Hmmm, also ich als Frau könnte da ja ´nen Vorteil haben! Ich biete ihm an dass wir (sein freund und ich) ihm mal was auf die Wunde tun!
Frage an seinen Freund: Wie würde er reagieren wenn wir die Pol hinzuziehen da er sich scheinbar ungerecht behandelt/geprügelt fühlt?

RS-USER-titan_cb
15.05.2005, 12:24
Der Patient ist wirklich sehr voll ... er kann sicher nicht mehr selber entscheiden was für ihn das beste ist.

Der Freund von ihm bittet mich ihm etwas zu geben um die Wunde abzudecken ... ich gebs ihm ... der Freund versorgt die Wunde ... Pat. reißt den Pflasterverand wieder runter ...

wir reden 10 min auf den Pat. ein ... er möge doch einsichtig sein ... die Wunde sei wohl nicht Lebensgefährlich aber auf jeden Fall zu versorgen ... blablabla

...

der Patient scheint kooparativer zu werden ... der Fahrer startet den Motor ... RTW bewegt sich einige Meter ... Patient will aufspringen ... hat es sich doch anders überlegt ... zum Glück hab ich dem Freund Anweisung gegeben den Pat. anzugurten :D

Ich kläre den Patienten auf, dass ich, sollte er weiter nicht bereit sein "mitzuarbeiten", die Gendarmarie/Pol hinzuziehen müsse ...

er findet das extrem komisch und macht sich Lustig über mich, den Fahrer ... den Rettungsdienst ... naja ... er Beschimpft uns wieder ... aber wir sinds ja schon von ihm gewohnt

Blaulicht-shaolin
15.05.2005, 12:39
Na dann würd ich doch sagen - Ohren auf Durchzug schalten und ihn ins KH bringen! Der Freund kann ihn ja weiterhin "zulabern" ;) !
Und da wir ja lieb sind werden wir auch in der Notaufnahme vorwarnen dass sie gleich ´nen etwas unkooperativen Pat. kriegen werden!;)

RS-USER-titan_cb
15.05.2005, 12:54
nach der recht heftigen Reaktion des Pat. auf 10m RTW-Fahrt entschließe ich mich, dass 15min fahrt mit dem Pat. zu gefährlich sind ... er könnte nicht nur mich und seinen Freund gefährden ... auch sich selbst ... "denn sie wissen nicht was sie tun" (C2)

Gendarmariestreife benötigt ca. 15min bis sie vor Ort sind ... der Pat. scheint sein Schicksal nun zu akzeptieren ... ist wieder ruhiger und wir machen uns auf ins KH (ein Gendarmariebeamter im RTW, einer im Gend.-Auto hinterher)

Ca. 5min vor Ankunft im KH beginnt der Pat. plötzlich sich aufs heftigste zu "wehren" ... spuckt im RTW rum ... will plötzlich den Freund und den Gendarmarie-Beamten schlagen, zwicken und beißen.

Es beginnt eine recht nette Rauferei im RTW ... ich halte mich zurück und freue mich schon aufs Putzen ... der ganze RTW voller Blut, Spucke, ...

Im KH: der 2. Gendarmariebeamte, der im Gend.-Auto hinterhergefahren ist kommt zur Hilfe ... zu 4. zerren wir nun am Patienten, der nun (anscheinend) doch nicht aus dem RTW will und sich aufs heftigste wehrt ...

Auf der Unfallambulanz angekommen ist er wieder Ruhiger ... der hübschen Schwester verrät er sogar, wo er wohnt ...

wir schieben ihn noch ins Röntgen und fahren wieder ...

ich sag nur eins: RD ist oft das reinste Abenteuer

RS-USER-blacksheep
15.05.2005, 13:18
Ich hätt mich bei dem leicht Inkoperativen Patienten nicht auf das Feld gewagt ohne Pol eine freiheitsentziehende Maßnahme durchzuführen. Lieber warten und dann einen Beamten dabei haben. Ich werd die Hölle tun mich da irgendwie mich inden Weg zustellen. Wenn er raus will, bitte. Er muss halt damit rechnen das ich hinter ihm bleib bis er umfällt oder ich Verstärkung dabei hab.
Ich bin schonmal nem Besoffenen nachts um 3 gute 20 Minuten hinterhergefahren bis sich die Pol bequemte zu uns zustoßen. Er kam zwar nur etwa einen halben Kilometer weit aber sah schonlustig aus wie wir im RTW hinterher getuckert sind.

RS-USER-fruehgriller
15.05.2005, 15:19
Wir haben aus dem gleichen Grund uns mal Nachts um 2 ne "Verfolgungjagd" mit nem Rolli-Rocker (Echt, Rocker im Rolli, Z.n. Kollaps in MettalKneipe) in der Innenstadt geliefert.:D

War dann alles ganz easy. Haben Ihn an der Straba Halte gekriegt, mit Ihm gesprochen , und alles gut.

@ Titian

das sind dann halt diese Pat, durch die man durch muß, und die, wen mal wieder nüchtern, der Liebe, nette Nachbar im Dorf sind, oder noch rumproleten, wie toll sie waren, als sie so hackedicht waren.
Gabs immer schon, und wirds auch weiter geben....:(

RS-USER-titan_cb
15.05.2005, 15:54
Original geschrieben von blacksheep
Ich hätt mich bei dem leicht Inkoperativen Patienten nicht auf das Feld gewagt ohne Pol eine freiheitsentziehende Maßnahme durchzuführen.

freiheitsentziehende Maßnahmen haben wir in dem Sinne eh keine angewandt ... wäre der beruhigende Freund nicht dabei gewesen, wär er eben wieder aus dem RTW raus ... und das gerangel im RTW fand ja erst so richtig statt, als Gendarmarie da war ...

Frage: gibts in .de eigentlich auch die Gendarmarie oder is da nur die Pol?

RS-USER-Finn
16.05.2005, 05:28
Hier geht es zur Diskussion "Gendarmerie/Polizei" (http://www.rippenspreizer.com/forum/showthread.php?s=&threadid=4673)

Rentnertaxler
13.06.2005, 09:40
Mein Auto verlässt kein Betrunkener ohne dass ich zumindest den Minimalcheck durchgeführt habe.
BZ / neurol. Basischeck / Orientiert? / Pupillen

Und wenn ihn die Polizei mit 2 Achtern gefügig machen muss...

Grillmaster T
13.06.2005, 10:39
Original geschrieben von Rentnertaxler
Mein Auto verlässt kein Betrunkener ohne dass ich zumindest den Minimalcheck durchgeführt habe.
BZ / neurol. Basischeck / Orientiert? / Pupillen

Und wenn ihn die Polizei mit 2 Achtern gefügig machen muss...

Howdy, Cowboy :cool:
Wenn ein Betrunkener absolut nicht will, daß ich ihm den BZ messe und der neurologische Basischeck aufgrund seiner "unvorhersehbaren Agitiertheit" nur aus 5m Entfernung sicher ist, aber ansonsten offensichtlich keine unmittelbare rettungsdienstliche Intervention notwendig erscheint, wird auch die Polizei des lieben Frieden :peace: willens auf den von uns so sehr geschätzten Einsatz der "Acht" verzichten. Und das ist auch gut so....

DerBlinde
14.06.2005, 15:43
Original geschrieben von apoplex
...
Da relativ schnell feststeht, dass der Patient zu diesem Zeitpunkt Hilfe verweigert, würde ich erst einmal eine Anamnese erheben, um mir über den geistigen Zustand klar zu werden. Also Bewusstlosigkeit Ja/nein, ...

Patienten, die Hilfe ablehnen sind nur in seltenen Fälle bewußtlos... :grins:

DEN konnte ich mir jetzt wirklich nicht verkneifen... ;) :grins:

Rentnertaxler
14.06.2005, 17:31
Und wer bekommt dann da eine aufs Dach? Und wenn er beim Draussenpennen 'nur' eine Unterkühlung davonträgt?

Leute Leute - ihr könnt das Spiel gerne so spielen, ich mache das anders.

RS-USER-DocMezzoMix
14.06.2005, 23:22
Original geschrieben von Rentnertaxler
Und wer bekommt dann da eine aufs Dach? Und wenn er beim Draussenpennen 'nur' eine Unterkühlung davonträgt?

Leute Leute - ihr könnt das Spiel gerne so spielen, ich mache das anders.

Zum einen ist das Freiheitsberaubung, und wenn ich angetüdelt aus was für Gründen auch immer in deine Hände geraten würde, und ich dürfte nicht gehen wann ich wollte.. meine mich vertretende Kanzlei würde über neue Bilder im Wartezimmer nachdenken ;). Hier sehen das die Cops ähnlich, bis die freiheitsentziehend eingreifen (können) (du erinnerst dich GG und höchstes Gut?) .

Das Thema ist IMMER eine Gradwanderung, und gibt jedesmal ein schlechtes Gefühl im Bauch.. aber Gesetze sind nun mal Gesetze.

DerBlinde
14.06.2005, 23:35
Ich weiß nicht, was in München los ist... :rolleyes:
Der Eine dreht in den meisten Threads völlig durch, der Nächste sonnt sich als RS in der Freiheitsberaubung, dem Tatbestand der Körperverletzung, etc. pp.
Mein Mitgefühl für die vernüftigen Kollegen in München!

Und IHR macht mir dennoch keine Angst! Wenn ich das nächste Mal in München bin, werde ich wieder Gerstenkaltschale konsumieren! :grins: