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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Ärzte und Homöopathie=unverträglich?



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Carrot
01.05.2003, 19:55
Hallo,

ich bin vor kurzem auf die Seite kidmed.de gestossen. Da gibts auch ein Diskussionsforum, in dem der Seitenbetreiber, ein Kinderarzt namens Behrmann, auf aggressivster Weise Heilpraktiker und homöopathisch behandelnde Ärzte als Scharlatane, Irre, Betrüger, Abzocker und so weiter bezeichnet. Er macht da allmählich so eine richtige Kampagne daraus, und seine Wortwahl ist auch nicht gerade die Feinste!
(Hier einsehen) (http://www.kidmed.de/forum/board.php?boardid=3)

Jetzt würde es mich doch interessieren, ob seine Einstellung die Meinung der meisten (angehenden) Ärzte wiederspiegelt?

Halten die meisten Mediziner die Homöopathie wirklich für so einen gefährlichen Unfug??

Wie sieht ihr das?

Nico
01.05.2003, 20:09
Hallo Carrot

Ich befasse mich seit 6 Jahren mit der Homöopathie und habe schon so einige Erfolge erzielt. Zur Zeit habe ich gerade meinen Heuschnupfen und die Kopfschmerzen damit wegbekommen.

Ich bin auf jeden Fall FÜR die Homöopathie!

Obwohl ich zugeben muss, dass es schwarze Schafe unter den Homöopathen gibt (gilt für Heilpraktiker UND Ärzte), die zu wenig Ahnung davon haben.

Gruß
Nico

hibbert
01.05.2003, 20:13
Ich bin da nicht so sicher, solange es sich um Erkältungen und halsweh handelt kann man sicher auch pflanzliches einnehmen, aber einen Patienten mit einem Hirntumor zu behandeln (sowas gibt es wirklich!), und ihm dann Kräuterextrakte für viele hundert € anzudrehen ist wirklich Scharlatanerie. Ich finde sowas geht schon in Richtung Mord...na ja...
Aber auch bei einer fieseren Erkältung, so mit allem drum und dran würd ich nicht zu einem Kräuterdoktor gehen, da hört es dann irgendwo auf...

Ach ja, wer erinnert den Fall Olivia???

Nico
01.05.2003, 20:15
Homöopathie hat doch nix mit "Kräutern" zu tun. :-(

hab jetzt mal den Link angeklickt - der Behrmann ist für mich mit seiner Argumentation nicht ernstzunehmen: der hat ja gar keine Ahnung von Homöopathie - wie will er dann die Vorgehensweise und Wirkungen kennen?

*seufz*

die Schulmediziner hacken den Alternativmedizinern die Augen aus.....

übrigens: ich war mit meiner einen Tochter bei einem HNO, der ihre Polypen mit Homöopathie wegbekommen wollte, um ihr die OP zu ersparen......sowas gibt es auch ;-)

Sani
01.05.2003, 20:23
Original geschrieben von Nico
Homöopathie hat doch nix mit "Kräutern" zu tun. :-(


für die meisten, die sich damit nicht auskennen, wahrscheinlich schon...

hibbert
01.05.2003, 20:24
Shame on me....

Carrot
01.05.2003, 20:31
Sowas sollte eigentlich selbstverständlich sein: das jeder Arzt oder Heilpraktiker wissen sollte, wann die Homöopathie sinnvoll angewandt werden kann, und wann nur die "Schulmedizin" in Frage kommt. Darum ging es nicht, Behrmann schreibt die gesamte Homöopathie als Volksverarschung und kompletter Schwachsinn ab. Er beschimpft sogar langjährig praktizierende Kinderärzte, die (aus Überzeugung) Homöopathie neben der Schulmedizin anwenden als schwachköpfige Scharlatane. Obwohl aus seinen Beiträgen ziemlich deutlich herauszulesen ist, daß er nicht die geringste Ahnung hat, wie die Homöopathie funktioniert!

Nico
01.05.2003, 20:38
Original geschrieben von Carrot
Obwohl aus seinen Beiträgen ziemlich deutlich herauszulesen ist, daß er nicht die geringste Ahnung hat, wie die Homöopathie funktioniert!

jau, sach ich doch

*seufz*

ach ja, bei meiner kleinsten Tocher habe ich nachts um 24 Uhr auch Ohrenschmerzen mit Homöopathie wegbekommen - allerdings war erst das zweite Mittel erfolgreich (klar gibt es auch immer wieder Fehlschläge), aber besser als eine durchwachte Nacht ;-)

airmaria
01.05.2003, 20:42
So, wie sage ich das jetzt, ohne gleich verdammt zu werden... :-))

Also zumindest bei solchen Verdünnungen, wo rein rechnerisch nur noch ein oder fast gar kein Mölekülchen Wirkstoff mehr in der Lösung zu finden sein dürfte, sind Zweifel meiner Meinung nach angebracht...
und die möglichen Erfolge sind dort dann doch eher im Plazebobereich zu suchen.

"Mary" airmaria

Nico
01.05.2003, 20:45
Hi Mary

Es wurde nachgewiesen, dass hohe Potenzen (in denen kein wirksames Molekül mehr nachgewiesen werden konnte) die Molekülstruktur von Wasser verändern. :-))

egal: wer heilt hat Recht!

lieben Gruß
Nico

siehe auch hier (http://www.wolfgang-dudda.de/homoeo_wirksam.htm)

airmaria
01.05.2003, 22:15
Original geschrieben von Nico
Es wurde nachgewiesen, dass hohe Potenzen (in denen kein wirksames Molekül mehr nachgewiesen werden konnte) die Molekülstruktur von Wasser verändern.
Nunja, Veränderungen in der Wassermolekülstruktur lassen sich auch im Kühlwasser von Kernkraftwerken nachweisen, deswegen ist das aber noch lange nicht mein bevorzugtes Badegebiet! :-))


Original geschrieben von Nico

egal: wer heilt hat Recht!

Diese Aussage ist äußerst bedenklich, weil eben genau das die Grundlage der Scharlatane und Verbrecher ist.
Sie weisen Ihre Heilfähigkeiten mit einer Erfolgsquote nach, die eventuell gar gerade im Bereich der Zufallsstatistik liegt, aber durch geschickte Propaganda und andere Tricks machen Sie die Leute abhängig und ziehen ihnen früher oder später das Geld aus der Tasche.

Da gab es noch so einen schönen Fachausdruck aus der Psychologie, mit dem ich hier glänzen wollte, aber der fällt mir glatt nicht mehr ein :-???
Wie heißt das noch, wenn ich hin und wieder etwas beobachte, aber voreingenommen bin, und deswegen meine, es wär immer so... obwohl es zufällig ist?

"Mary" airmaria

Sebastian1
01.05.2003, 22:33
Die wissenschaftlich durchgeführte Studie, die die Wirksamkeit der Homöopathie belegt, möchte ich gerne sehen. Bisher habe ich eine solche noch nicht gefunden. Auch nicht für so beliebte Sachen wie unterstützdende Misteltherapie bei malignen Neoplasien etc....
Ich bin bei allem, was Erfolge über den Placeboeffekt hinaus vorweist, extrem skeptisch. Der placeboeffekt sollte m.E. nach nicht unterschätzt werden...ich habe schon so manchem patienten erlebt, der auf "NaCl forte" sehr gut angesprochen hat....aber das ist wiederum subjektive Beoabchtung.

Gruß,
Sebastian

Neujahrsrakete
01.05.2003, 23:09
Original geschrieben von airmaria
Wie heißt das noch, wenn ich hin und wieder etwas beobachte, aber voreingenommen bin, und deswegen meine, es wär immer so... obwohl es zufällig ist? "Mary" airmaria

Meinst Du den Rosenthal-Effekt?

hobbes
01.05.2003, 23:21
Nun ich bin durchwegs skeptisch - jedoch sehe ich die Geschichte Homöopathie mittlerweilen pragmatisch.

Homöopathie ist meist unwirksam, bzw. die Wirkungen gehen wie beschrieben auf Placebo-Effekt zurück und sind nicht nachzuweisen.

Homöopathie ist in manchen Bereichen gefährlich. Nämlich dort wo Heilsversprechen abgegeben werden und dadurch eine kurative Behandlung verschlampt wird (Neoplasmen).

Bei den Alltagsproblemchen (Heuschnupfen, Kopfweh, blabla) sehe ich kein Problem wenn der überzeugte Patient auch Homöopathie versucht.

Nur bin ich der Meinung, dass Homöopathie nicht von Schulärzten verkauft werden sollte. Denn dadurch, dass sich diese durch ein Universitätsdiplom und die sonstige Anwendung von wissenschaftlichen Methoden auszeichnen, erhalten auch die von denen verkauften Homöopathischen Leistungen den Stempel des: geprüft und für sicher und wirksam befunden. Und dem ist nicht so! Der Arzttitel schwindelt hier eine falsche Sicherheit vor!
Der Patient muss wissen, dass die homöopathischen Methoden nicht als wirksam nachgewiesen sind.

airmaria
01.05.2003, 23:24
Original geschrieben von Neujahrsrakete
Rosenthal-Effekt?

Jau, danke Betty, der isses!
Oder auch "sich selbst erfüllende Prophezeiung" bzw. neudeutsch "self-fulfilling prophecy" gennant.

"Mary" airmaria

Feuerblick
02.05.2003, 00:17
Hmmm, die strikte Ablehnung der Homöopathie durch die sogenannten Schulmediziner halte ich für doch etwas überreagiert. Klar, es gibt durchaus Grenzen: Ich halte auch nicht das Geringste davon, einen Tumorpatienten mit teuren homöopathischen Mittelchen zu ködern und ihn somit von der Therapie der Schulmedizin abzubringen. Scharlatane gibt es immer und überall (auch bei den "richtigen" Ärzten, das sollte man nicht vergessen).

Allerdings finde ich es durchaus nicht falsch, eine leichtere Erkrankung wie beispielsweise eine Abwehrschwäche, Kopfschmerzen oder ähnliche Dinge mit Homöopathie zu behandeln. Man muß ja nicht immer gleich die chemische Keule auspacken!

Was ich ganz spannend fand, waren die Anwendungen homöopathischer Mittel in der Geburtshilfe: Ja, sicher, es gab Patientinnen, bei denen haben die Mittelchen nichts bewirkt (das war aber bei einer PG-Tablette auch zu beobachten...) aber es gab durchaus auch Reaktionen, die ich alleine durch Placeboeffekt nicht erklären könnte...

Ich denke, man sollte offen für diese Alternativgebiete der Medizin sein, auch wenn man vielleicht nicht alle Wirkungen wissenschaftlich erklären und belegen kann. Nur, weil man den Grund für die Wirkung (noch) nicht kennt, muß es ja nicht sein, daß die Wirkung nicht existiert. Vor ein paar hundert Jahren kannte auch keiner den Wirkmechanismus von Weidenrindentee, aber gegen Fieber hat man das Zeug trotzdem gegeben...

Feuerblick

Rico
02.05.2003, 11:02
Original geschrieben von Carrot
Sowas sollte eigentlich selbstverständlich sein: das jeder Arzt oder Heilpraktiker wissen sollte, wann die Homöopathie sinnvoll angewandt werden kann, und wann nur die "Schulmedizin" in Frage kommt. Ist es eben nicht. Mediziner studieren 12 Semester und machen in der Regel noch eine mehrjährige Facharztausbildung, bevor sie wirklich "eigenverantwortlich" ohne Netz und doppelten Boden und v.a. ohne kontrollierenden Oberarzt arbeiten. Und trotzdem passieren da öfters mal Fehldiagnosen, v.a. wenn die Symptomatik nicht in das Fachgebiet fällt (Wieviele Parkinsonpatienten werden initial jahrelang von Orthopäden behandelt?).
Ein Heilpraktiker hat nach meinen Informationen (http://www.chiron-net.de/abildung/a_heil.htm) eine Ausbildung von 35 Tagen à 7,5 Stunden und steht damit vor dem gleichen Problemen wie ein niedergelassener Arzt: Der Patient, der mit Kopfweh vor ihm steht kann ALLES haben... vom ASS-sensitiven Kopfschmerz, über HWS-Krankheiten bis hin zum Hirntumor. Und Ich wage zu behaupten, daß der Heilpraktiker nach seiner bombastischen 262-Stunden-Ausbildung den Großteil der Krankheiten nichtmal kennt.
Und wie soll er sie da diagnostizieren und ggf. einer schulmedizinischen Behandlung überantworten?

Der einzige Weg zum Heilpraktiker sollte über einen Schulmediziner führen, der alle Kontraindikationen für eine alternative Behandlung ausschließt, denn "ungefärliche" Krankheiten, grade wie Heuschnupfen & Co. kann der auch behandeln wenn der mündige Patient das will und er meint, es hilft ihm besser...

Original geschrieben von Feuerblick
Man muß ja nicht immer gleich die chemische Keule auspacken! Das mit der "chemischen Keule" is auch lustig: Wieso läuft ein Medikament mit Wirkstoff (der ja meistens auch irgendwie aus der Natur stammt [ASS, Cortison, Antibiotika]) als chemische Keule, wohingegen die homöopathischen Mittel irgendwie immer auf der "chemiefreien" Schiene laufen.
In meiner Hausapotheke gibt es ein homöopathisches Medikament (Meditonsin) und da ist u.a. auch Atropin drin, der Beipackzettel weißt auch ausdrücklich auf die Atropin-typischen Nebenwirklungen hin...
Solche Dinge schüttet der Homöopathie-Fan begierig in sich rein, wenn er nur schon Cortison hört, kriegt er große Augen und Herzflattern...

Abschließend finde ich noch, daß die Krankenkassen es bei homöopathischen Mitteln genauso halten sollen wie mit Pharmaka: Bis zum Beweis der Wirksamkeit wird die Therapie nicht bezahlt. Das wäre nur fair...

Nico
02.05.2003, 12:43
Original geschrieben von Rico

Ein Heilpraktiker hat nach meinen Informationen (http://www.chiron-net.de/abildung/a_heil.htm) eine Ausbildung von 35 Tagen à 7,5 Stunden.

öhmmm...das ist nur EINE mögliche Ausbildung

Vergleich: das ist wie ein 2-Tage-Seminar in Anatomie oder Biochemie (NUR mit dem Seminar wird keiner eine Prüfung bestehen, Vor- und Nachbereitung kommt noch dazu ;-) )

schau mal unter Paracelsus- oder Thalamusschulen nach


Original geschrieben von Rico

In meiner Hausapotheke gibt es ein homöopathisches Medikament (Meditonsin)


das Meditonsin hat nichts mit klassischer Homöopathie zu tun - es gilt als ein Komplexmittel...so nach dem Motto: einer der Wirkstoffe wird schon passen

und die klassischen homöopathischen Mittel werden von gesetzlichen KK's doch auch nicht bezahlt, soweit ich weiss

und: wir erinnern uns, Akupunktur wurde auch viele lange Jahre von den Kassen nicht bezahlt

Gruß
Nico

ich finde es spannend, was hier so von sich gegeben wird

parthenope
02.05.2003, 13:28
Hatte in Pharma das Vergnügen, ein Referat zu dem Thema halten zu dürfen, und habe in dem Zusammenhang diverse Veröffentlichungen gewälzt. Es ist mir keine Studie untergekommen, die einen signifikanten Unterschied zwischen homöopathischen Mitteln und Placebos zeigte (auch nicht in von Homöopathen durchgeführten).
Versteht mich richtig - ich halte den Placebo-Effekt für nicht zu unterschätzen und sehr wichtig, insbesondere bei "leichten" Erkrankungen ohne erkennbare körperliche Ursache und psychosomatischen Sachen. Und ich bin auch gerne bereit, Hände aufzulegen, Warzen wegzusprechen und sonstigen Mumpitz zu treiben, wenn es den Leuten hilft ( und natürlich definitiv nicht schadet). Viele glauben daran, und wenn ich diese Menschen nicht ernst nehme, verliere ich sie unter Umständen an jemanden, der (noch?) weniger Ahnung hat als ich und gefährliche Erkrankungen nicht erkennt. Auch ein simples Kopfweh kann ein Hirntumor sein ...

Sebastian1
02.05.2003, 14:41
Im Gegensatz zu der Homöopathie gibt es aber bei der Akupunktur Studien, dei ihre Wirksamkeit nachweisen. Der Wirkeffekt vermutet man inzwischen durch Effekte nach der Gate-Control-Theorie (Stimulation endorphinerger Zwischenneurone im Rückenmark). Also nicht Äpfel und Birnen vergleichen. Und nur wenn viele Patienten glauben, es hilft ihnen, muss ich mich deswegen noch lange nicht der Scharlatanerie hingeben. Im Gegenteil: man soltle die Patienten über die Potentiale oder Gefahren von Therapien aufklären. Wenn sie das nicht hören wollen, sind sie erwachsene Menschen, die selbst entscheiden können, wohin sie gehen wollen.
Und ein "bei mir hats geholfen" ist nach wie vor kein Wirksamkeitsbeweis. Ich habe solche Diskussionen schon früher geführt - aber bis heute hat mir niemand eine Studie zeigen können, die die Wirksamkeit der Homöpathie belegt hätte.

Gruß,
Sebastian