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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Analgesie / Narkose bei Polytrauma



Kusti
17.08.2005, 23:48
Ich hatte letztens einen "kleinen" Disput mit einem unserer Notärzte (Anästhesist). Anlass war ein Verkehrsunfall, bei dem der Beifahrer polytraumatisiert im Fahrzeug saß (HWS-Trauma, stumpfes Thoraxtrauma, Ausschluss stumpfes Abdominaltrauma, V.a. Beckenfraktur, geschl. Oberschenkelfraktur li., V.a. Oberarmfraktur li. - Kreislaufverhältnisse RR init. 90 palp. später mit HAES/Ringer 130 palp., HF: permanent um 110/Min., SpO2 96 %, Pat. schläfrig, desorientiert) ... wir schlugen unserem NA vor, den Pat. zu intubieren und ´ne Ketanest/Dormicum-Narkose zu fahren ... unser Doktor wollte aber die Narkose mit Hypnomidate und Dipidolor machen (ohne Intubation)...

Mein Interesse gilt eben dieser Narkose mit Hypno und Dipi ... wir fragten ihn nach dem Einsatz, weshalb er sich für diese Medis entschieden hatte... darauf entgegnete er uns, dass nur Amateure Narkosen mit Ketanest/Dormicum fahren und dass Hypno/Dipi eine anerkannte Narkose für Polytraumen darstellt ...

Ich kann nun leider in keiner mir vorliegenden Literatur und auch im Internet nichts zu dem Thema Hypno + Dipi bei Polytrauma finden ...

Daher endlich meine Frage: gibt es hier jemanden, der mir konkrete fachliche Hinweise geben kann oder Erfahrungsberichte abgeben kann oder entsprechende Literatur kennt ??? Oder gebt einfach mal Eure Meinung zum Thema "Hypno+Dipi bei Polytrauma" ab ...

DerBlinde
18.08.2005, 05:50
Ich denke, daß der Blutdruckabfall weniger stark ausgeprägt ist. Allerdings kenne ich aus unserem unfallchirurgischen OP reine Fentanyl-Narkosen bei Polytraumen. Wie dem auch sein, auf eine vernünftig gestellte Frage sollte man eine nicht ganz so oberflächliche Antwort erwarten können... ;)

RS-USER-Katja
18.08.2005, 07:47
Generell gilt: Jeder sollte (bei Beachtung der Kontraindikationen) das nehmen, womit er am besten umgehen kann. Das ist wahrscheinlich das, was der Kollege getan hat.
Allerdings sollte man es, wie der Blinde sagt, auch begründen können...
Dipi ist bei heftigen Schmerzen u.U. ein bißchen wenig. Die Potenz von Fentanyl ist deutlich höher, ebenso die Wirkdauer. Daß Dipi keine Blutdruckabfälle macht, halte ich aber mal für'n Gerücht. Wobei das für Hypnomidate sicher richtig ist.

Ich bin dann eben ein Amateur :D
(wer allerdings NUR Ketanest/Dormicum kann, sollte auch besser zu Hause bleiben)

DerBlinde
24.08.2005, 20:18
Zuhause ist es eh am Schönsten! ;) :-p

Back to life machine
25.08.2005, 07:45
Original geschrieben von DerBlinde
Zuhause ist es eh am Schönsten! ;) :-p


Zumindest da wo Du zuhause bist...:( :(

Stephan2204
25.08.2005, 08:14
Naja, ich geb auch mal meinen Senf dazu hab:
Ich kenne das eigentlich auch nur mit Ketanest / Dormicum. Wie wollte er die Narkose denn aufrecht erhalten? Hypno darfste ja nicht ohne ende nachgeben soweit ich weiss und Dipidolor ist ja nen Analgetikum kein Sedativa.

und dann noch einen Punkt den du Angesprochen hast:
Narkose ohne Intubation? - Ich kenne das ausm OP her, bei kurz-Narkosen, finde es rettungsdienstlich aber naja... zumal du so oder so beatmen musst wenn du ne Narkose fährst.

nefgeländefahrer
25.08.2005, 10:21
lass mich raten der doc war ein chirurg ...
und wollte das intubieren lieber den kh leuten vorhalten, weil er es nicht mehr kann oder will, das ist hier unten in südbaden eine leider gängige praxis....

Kusti
25.08.2005, 19:52
Original geschrieben von nefgeländefahrer
lass mich raten der doc war ein chirurg ...
und wollte das intubieren lieber den kh leuten vorhalten, weil er es nicht mehr kann oder will, das ist hier unten in südbaden eine leider gängige praxis....

Ne war ein Anästhesist ... mal beiläufig erwähnt ... die Patientin war sehr insuffizient analgesiert... während der Rettung und auch nachher im Fahrzeug hat sie die ganze Zeit vor Schmerzen gestöhnt ... Kommentar des Docs: "Was jammern sie denn ?" ...

... ohne Worte ...

RS-USER-Tony74
25.08.2005, 21:24
Für ein Trauma halte ich die Sedierung mit Ketamin oder Esketamin für eine gängige und sichere Handlung.
Schön ist die Kreislaufstabilität und die Abschirmung des Patienten. Gerade bei noch einheklemmten Personen ist dies für mich die einzig vernünftige Analgosedierung ohne Intubation.

Und solange der Patient nicht sicher zu beatmen ist, wird meiner Meinung nach auch keine Narkose gefahren.
Also bei Eingeklemmten Personen.
Wer nicht intubieren kann / will, kann auch so weitermachen.

Nach der Rettung kann man im RTW dann Fentanyl oder Dipi dazunehmen. Dipi ist sicherlich nicht ausreichend für starke Schmerzen. Eine Hypotonie kann im RTW dann ja auch sicher durch Volumenersatz und Akrionor bzw Katecholamine gemanaged werden.

Die Einleitung mit Etomidat plus Dipi ist keine Gängige aber eine Kreiskaufstabile Sache. Man sollte nach Etogabe aber auch beatmen bzw intubieren (Aspirationsschutz).
Weiterhin ist der Patient nach 5 Minuten wieder wach, wenn man nicht mit Dormicum oder Propofol weitermacht.

RS-USER-Rippenspreizer
24.10.2005, 19:49
Ich kann meinem Vorredner nur zustimmen; Ketanest/Mida ist eine solide Sache gerade bei eingeklemmten Patienten. Sobald ich aber die Möglichkeit einer Intubation habe, würde ich eine Narkose/Analgesie mit Fentanyl/Eto bzw. bei guten Kreislaufverhältnissen und Überwachung auch Trapanal/Propofol nehmen. Letztlich lässt sich ja auch ein Patient mit Ketanest/Mida intubieren - dazu bedarf es allerdings bis zu 1-1,5mg/kg KG (Ketanest S)

Die Aussage des Kollegen ist für mich schwer nachvollziehbar. Dipidolor ist bei dem beschriebenen Trauma sicherlich nicht ausreichend schmerzdämpfend und Eto ohne Intubation ergibt kaum Sinn. Insofern verstehe ich sein Konzept nicht, war aber auch nicht vor Ort. (Deshalb sollte man sich mit Beurteilungen immer etwas zurück halten)

Gasmann1
25.10.2005, 08:14
Eine Kombination von Dipi/Eto ohne Intubation würde ich nur zur Kurznarkose machen, z.B. Crash-Rettung. Eto führt niedrig dosiert ebenso wie Dipi nicht zur Atemdepression. Das Problem sind imho die nachlassenden Schutzreflexe. Einige Internisten setzen Eto noch zur Kurznarkose für die Kardioversion ein - für Repositionen halte ich es auch nicht für gänzlich ungeeignet, obwohl es bessere Alternativen gibt.
Vielleicht ein bisher vernachlässigter Gedanke. Der Pat. war nach einem schweren VU schläfrig und desorientiert (SHT). U.U. wollte der Kollege wg der Hirndrucksteigerung von Ketamin bei FEHLENDER Intubation eine andere Narkose. Die Aussage, dass Ket/Mida nichts für Profis ist - hier diskreditiert sich der Kollege selbst.

Gm1