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RS-USER-Bärentöter
03.09.2005, 12:10
Was ist davon zu halten?

GRAUSIGE BSE-HYPOTHESE

Menschenfleisch im Tierfutter?

Mit einer entsetzlich anmutenden These haben zwei Briten die medizinische Welt aufgeschreckt: Überreste von Leichen aus Indien könnten in England im Tierfutter gelandet sein - und so zur Entstehung der Rinderkrankheit BSE geführt haben.



AFP
Rinder: Leichenteile im Futter?
Die Beweiskette ist dünn - aber wenn sie sich doch als tragfähig herausstellen sollte, wären die Schlussfolgerungen grausig: Der Rinderwahnsinn, der zunächst England und dann ganz Europa in den neunziger Jahren heimzusuchen begann, könnte vom Menschen verursacht worden sein - und zwar buchstäblich. Möglicherweise seien Teile menschlicher Leichen in den sechziger und siebziger Jahren in britisches Tierfutter gelangt, argumentieren Alan Colchester von der University of Kent und seine Tochter Nancy Colchester von der University of Edinburgh in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift "The Lancet".

Einige dieser Leichen könnten von Menschen stammen, die an einer Form der Creutzfeldt-Jacobs-Krankheit (CJD) gestorben seien - und diese Überreste könnten zur Entstehung von BSE bei Rindern geführt haben, glauben die Colchesters. Sie sprechen von "substantiellen Indizienbeweisen, dass menschliches Material über einen langen Zeitraum hinweg zusammen mit Tierüberresten ins Vereinigte Königreich importiert und in der Herstellung von Tierfutter verwendet wurde."

Hunderttausende Tonnen indischer Tierkadaver

In den sechziger und siebziger Jahren hatte Großbritannien nach ihren Nachforschungen Hunderttausende von Tonnen ganzer und schon gemahlener Knochen und Tierkadaver eingeführt, die dann zu Dünger und Tierfutter weiterverarbeitet wurden. Etwa die Hälfte dieser Importe sei aus Bangladesch, Indien oder Pakistan gekommen.

In diesen Ländern sei das Sammeln und Verkaufen von Tierkadavern eine bedeutsame Einnahmequelle für die Landbevölkerung. Besonders in Indien würden dabei aber auch immer wieder menschliche Überreste mit eingesammelt. Zwar sehe der hinduistische Totenritus vor, dass Leichen verbrannt und die Asche anschließend in den Ganges gestreut werde. Viele ärmere Inder könnten sich aber eine echte Verbrennung nicht leisten, die Körper würden oft nach symbolischer Behandlung mit Rauch in den Fluss geworfen.



REUTERS
Pilger am Ganges: 40.000 Bestattungen im Jahr
In der Stadt Varanasi fänden jährlich etwa 40.000 Beisetzungen statt. Im Jahr 2004 habe eine Gruppe von Umweltaktivisten innerhalb von zwei Tagen an einem zehn Kilometer langen Uferstück 60 menschliche Leichen gefunden.

Unter den mitgesammelten menschlichen Überresten könnten auch die von Menschen gewesen sein, die an der sogenannten sporadischen Variante von CJD gestorben seien, argumentieren die Colchesters weiter. Über das schließlich daraus hergestellte Tierfutter könnten britische Rinder Prionen - die deformierten Proteine, die für BSE und auch für CJD verantwortlich gemacht werden - aufgenommen und dadurch schließlich BSE entwickelt haben, so die Forscher.

"Fakten müssen dringend gesammelt werden"

Andere betrachten die Argumentationskette der Colchesters mit Skepsis. Susarla Shankar vom National Institute of Mental Health and Neurosciences im indischen Bangalore etwa hält sie für sehr lückenhaft. Die Ausbildung von BSE durch CJD-verseuchtes Futter sei eine unbewiesene Annahme.

In der Tat ergaben Versuche, bei denen Mäusen sporadische CJD-Prionen injiziert wurden, keine Ansteckung. Bislang ist die am weitesten verbreitete Hypothese über die Entstehung von BSE, dass mit Schafs-Scrapie infiziertes Fleisch im Rinderfutter gelandet sein könnte. Scrapie, die "Traberkrankheit", gehört wie CJD und BSE zu den sogenannten Transmissiblen Spongiformen Enzephalopathien (TSEs).

Die Wahrscheinlichkeit, dass überhaupt verseuchtes Menschenfleisch nach England gelangt sei, sei sehr gering, so Shankar - selbst wenn man wie die Colchesters davon ausgehe, dass es zur fraglichen Zeit in Indien etwa 150 CJD-Todesfälle im Jahr gegeben habe. Auch die Darstellung der Beisetzungspraxis in Indien hält er für fragwürdig: "Selbst in Varanasi werfen die meisten Hindus keine halbverbrannten Leichen in den Fluss."

Ganz ausschließen wollen Shankar und ein weiterer indischer Experte aber nicht, dass die Hypothese stimmen könnte. "Wir stimmen zu, dass die Idee, die von den Colchesters vorgebracht wurde, weiter geprüft werden muss. Fakten, die ihre Hypothese stützen oder widerlegen, müssen dringend und mit großer Sorgfalt gesammelt werden", schreiben die Wissenschaftler in einem Begleitkommentar in "The Lancet".

Quelle (http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,372753,00.html)

Edit: die "nicht passenden" Textteile sind Bildüberschriften