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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : EU-Utreil gilt nicht für AiPler und Assis! Pech gehabt! Auf ins Ausland



mick
02.05.2003, 20:17
Gefunden unter www.arbeitszeitberatung.de

BITTE WEITERLEITEN. ES GEHT ALLE AN!! FRÜHER ODER SPÄTER :-???

Konsequenzen der aktuellen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zum Bereitschaftsdienst (1 ABR 2/02)
Lars Herrmann / Dr. Andreas Hoff / RA Dr. Christian Schlottfeldt[1], 03/03


Laut BAG-Pressemitteilung 15/03 hat das Bundesarbeitsgericht am 18.02.03 entschieden, dass der Europäische Gerichtshof bei seiner SIMAP-Entscheidung vom Oktober 2000, nach der Zeiten des Bereitschaftsdienstes am Arbeitsplatz arbeitszeitschutzrechtlich in vollem Umfang als Arbeitszeit zu werten sind,

„nicht auf nationale oder berufsspezifische Besonderheiten abgestellt (hat). Die Entscheidung ist deshalb auf andere Berufsgruppen und alle Mitgliedsstaaten übertragbar, ohne dass es einer erneuten Anrufung des Europäischen Gerichtshofs bedürfte.

Das deutsche Arbeitszeitgesetz genügt den Anforderungen der Richtlinie nicht. Es rechnet Zeiten des Bereitschaftsdienstes, in denen der Arbeitnehmer nicht tatsächlich arbeitet, der Ruhezeit zu. Eine andere, europarechtskonforme Auslegung des Arbeitszeitgesetzes ist nicht möglich. Bei einer einschränkungslosen Behandlung des Bereitschaftsdienstes als Arbeitszeit hätten verschiedene Vorschriften des Gesetzes (etwa § 5 Abs. 3 und § 7 Abs. 2 Nr. 1 ArbZG) keinen Anwendungsbereich mehr; sie würden nicht ausgelegt, sondern aufgehoben. Das ist den Gerichten verwehrt.

Trotz ihrer Unvereinbarkeit mit den Vorgaben der Richtlinie sind die betreffenden Regelungen deshalb weiterhin anzuwenden. Eine EG-Richtlinie begründet Umsetzungspflichten für die Mitgliedsstaaten; im Verhältnis zwischen privaten Arbeitsvertragsparteien ist sie nicht unmittelbar anwendbar. Etwas anderes kommt nur im Verhältnis zum staatlichen Arbeitgeber in Betracht. ...“

Die schriftliche Urteilsbegründung liegt noch nicht vor. Wir werden dann erneut berichten, weil die Bundesregierung angekündigt hat, erst zu diesem Zeitpunkt Stellung zu beziehen.

Für die Praxis hat dieses Urteil nach den gegenwärtig vorliegenden Erkenntnissen insbesondere die folgenden Konsequenzen:

Für Arbeitsvertragsparteien im Bereich des Privatrechts gilt weiterhin das Arbeitszeitgesetz in seiner derzeitigen Fassung – einschließlich seiner Wertung der Zeiten des Bereitschaftsdienstes, in denen der Arbeitnehmer nicht für bedarfsweise anfallende Arbeiten in Anspruch genommen wird, als Ruhezeit. Denn die EU-Arbeitszeit-Richtlinie stellt lediglich eine Vorgabe an die Mitgliedstaaten dar, die nationalen Rechtsordnungen entsprechend zu gestalten. Die Richtlinie ist also kein unmittelbar geltendes Recht, wie auch das BAG festgestellt hat. Allerdings ist kurzfristig eine Novellierung des Arbeitszeitgesetzes – unseres Erachtens noch in 2004 – zu erwarten, um den insoweit bestehenden Anforderungen des europäischen Arbeitszeitschutzes zu entsprechen.

Gegenüber öffentlich-rechtlichen Arbeitgebern können Mitarbeiter/innen und ihre Vertretungen nach vorherrschender Meinung schon jetzt die Umsetzung der EU-Arbeitszeit-Richtlinie in der Auslegung durch die Rechtsprechung des EuGH einfordern, nach der die gesamte Bereitschaftsdienstzeit arbeitszeitschutzrechtlich als Arbeitszeit zu werten ist. Dabei sind allerdings die folgenden Punkte zu beachten.

Mit der europarechtlich gebotenen vollen Anerkennung von Bereitschaftsdienstzeiten als Arbeitszeiten ist über die Bereitschaftsdienst-Vergütung noch nichts gesagt. Die heute üblicherweise gegenüber der Voll-Arbeitszeit je nach Beanspruchungsgrad und Häufigkeit differenziert abgesenkte Vergütung für Bereitschaftsdienste kann also fortgeführt werden. Arbeitsrechtliche Klagen auf Vergütung von Bereitschaftsdienstzeiten wie Arbeitszeit entbehren daher jeder rechtlichen Grundlage.

Auswirkungen hat die arbeitszeitschutzrechtliche Anerkennung von Bereitschaftsdienstzeiten als Arbeitszeiten nur hinsichtlich der Einhaltung der gesetzlichen Höchstarbeitszeit von 48 Wochenstunden im Durchschnitt von gemäß EU-Richtlinie maximal 4 Monaten (dieser Ausgleichszeitraum kann jedoch durch Tarifvertrag auf bis zu ein Jahr ausgedehnt werden). Leistet also ein Arzt z.B. schon einschließlich Regeldienst-Überstunden durchschnittlich 48 Wochenstunden (ob die Überstunden bezahlt werden oder nicht – d.h., auch kein Freizeitausgleich –, spielt arbeitszeitschutzrechtlich keine Rolle), wie dies häufig der Fall ist, darf er bei Anwendung der EU-Arbeitszeit-Richtlinie überhaupt keine Bereitschaftsdienste mehr übernehmen und auch keine Rufdienste, weil die Zeiten der Inanspruchnahme durch Rufdiensteinsätze nach wie vor als Arbeitszeit zu werten sind.
Platz für Bereitschafts- und Rufdienste schafft dann nur ein entsprechender Abbau bezahlter und unbezahlter Mehrarbeit durch Freizeitausgleich der über die Vollzeit-Vertragsarbeitszeit hinaus geleisteten Stunden, was in der Regel mit Entgelteinbußen verbunden ist und sich damit in der Regel dämpfend auf die Motivation zur Einforderung der sofortigen Umsetzung der EU-Arbeitszeit-Richtlinie auswirken dürfte.

Die EU-Arbeitszeit-Richtlinie gilt zudem,, was vielfach übersehen wird, derzeit noch nicht für die „Tätigkeiten der Ärzte in der Ausbildung“ (Artikel 1), wobei umstritten ist, ob mit „Ärzte in der Ausbildung“ nur die AiP’ler oder auch die Assistenzärzte gemeint sind und ob es nur um die Tätigkeiten in der Ausbildung oder um alle Tätigkeiten geht. Die Fachärzte in Weiterbildung sind jedenfalls zweifelsfrei nicht mehr in Ausbildung; insbesondere diese Ärzte können also von ihrem öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber die sofortige Einhaltung der arbeitszeitschutzrechtlichen Grenzen der EU-Arbeitszeit-Richtlinie fordern.
Die in Bezug auf Ärzte in der Ausbildung bestehende Lücke im Geltungsbereich wird von der Richtlinie 2000/34/EG geschlossen, die Teil der Arbeitszeit-Richtlinie ist. Danach unterfallen ab dem 01.08.04 auch die Ärzte in Ausbildung der EU-Arbeitszeit-Richtlinie. Jedoch gibt es zur Erleichterung der Anpassung der Arbeitszeiten dieser Berufsgruppe an die Normen des EU-Rechts Übergangsfristen. So können Ärzte in Ausbildung bis zum 31.07.07 mit bis zu 58h/w, bis zum 31.07.09 mit bis zu 56h/w und – falls eine entsprechende Verlängerungsoption genutzt wird – bis zum 31.07.11 mit bis zu 52h/w beschäftigt werden. Darüber hinaus sind diese Werte nur im Durchschnitt von bis zu 12 Monaten (bis zum 31.07.07) bzw. 6 Monaten (ab dem 31.07.07) zu erreichen. Erst danach gilt dann auch für die Ärzte in der Ausbildung die allgemeine 48h-Woche.

Die arbeitszeitschutzrechtliche Zulässigkeit der Regeldienst/Bereitschafts-dienst-Organisation wird durch die Berufung auf die EU-Arbeitszeit-Richtlinie nicht berührt, da diese weitgehende Ausnahmen von den grundsätzlich geltenden Grenzen der täglichen Arbeitszeit bzw. Mindestruhezeit für den Bereich der Krankenhäuser kennt. Diese Ausnahmen werden auch durch das SIMAP-Urteil des EuGH nicht tangiert.


Die aus einer sofortigen Umsetzung der EU-Arbeitszeit-Richtlinie und des SIMAP-Urteils resultierenden Einschränkungen treffen also gerade die Beschäftigtengruppen (Assistenzärzte, AiP’ler) nicht oder nur sehr begrenzt, die im Krankenhaus-Alltag meist zeitlich besonders beansprucht werden. Auch vor diesem Hintergrund ist eine Klagewelle unter Berufung auf die Rechtsprechung des BAG und des EuGH wohl nicht zu erwarten.


Bezüglich der bußgeld- und strafrechtlichen Verantwortlichkeit im Bereich des Arbeitszeitschutzes bleibt es bei den Bußgeld- und Strafbestimmungen des Arbeitszeitgesetzes. Insbesondere kann die Umsetzung des SIMAP-Urteils des EuGH nicht durch Bußgelder o.ä. erzwungen werden, da es insoweit an der erforderlichen Rechtsgrundlage fehlt. Verstöße gegen Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes können von den Aufsichtsbehörden jedoch trotz der gebotenen Neuregelung des Arbeitszeitgesetzes nach wie vor geahndet werden; auch die entsprechenden Aufzeichnungspflichten bestehen weiterhin.



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[1] Mitarbeiter der Arbeitszeitberatung Dr. Hoff Weidinger Herrmann und zugleich Rechtsanwalt mit einer Spezialisierung u.a. auf das Arbeitszeitrecht – Ihr kompetenter juristischer Ansprechpartner unter [email protected].

airmaria
03.05.2003, 12:58
EU-Utreil gilt nicht für AiPler und Assis! Pech gehabt! Auf ins Ausland

... bin schon auf dem Weg!

:-)) :-)) :-))

"Mary" airmaria

Neujahrsrakete
03.05.2003, 13:57
Da ich bisher ja nur doofe Studentin bin (ich jobbe zwar manchmal im Krankenhaus und sehe die Arbeitsüberlastung der Ärzte dort auch), muß ich jetzt mal kurz nachfragen:
Wieviele von diesen hier viel zitierten "Bereitschaftsdiensten" macht man so ungefähr? Werden diese Dienste gar nicht bezahlt, oder bekommt man, wenn man dann in Aktion tritt (was natürlich in 99,9% der Dienste der Fall sein wird) dann doch Geld (wieviel in % vom normalen Gehalt?)?

lala
03.05.2003, 16:32
hallo,
also kann das jetzt nur aus meiner Erfahrung sagen:

ich mache so 5-6 Dienste/Monat.
Je nachdem wie die Dienste so eingestuft sind bekommt man verschiedene Anteile bezahlt, bei uns sind es 65%, d.h. es wird davon ausgegangen, dass man nur 65% der zeit die man da ist wirklich arbeitet (haha. ist eigentlich ein Witz...aber leider so).
Da man am Folgetag früher geht bzw. am Diensttag später kommt, wird ein Teil auch in Freizeit ausgeglichen, wodurch sich dann durch kompliziertes Ausrechen die jeweilige Stundenzahl bestimmt.

Einfachstes Beispiel: Samstag von 9.30 bis Sonntag 9.30, gar kein Freizeitausgleich =24 Stunden, davon 65% =15.6 Stunden die ich bezahlt bekomme, als AiP im 1.jahr zu einem sagenhaften Satz von 7.95 Euro (BRUTTO!) =124.02 Euro (BRUTTO).

So ist es im Moment, wie das werden wird weiß ich leider auch nicht.
Gruß,
doclala

mick
03.05.2003, 21:20
Tja, wenn ich Dienste machen (natürlich am Wochende), dann ist mein Freizeitausgleich der eh freie Samstag oder Sonntag!

Der Umgang mit den Ärzten in diesem Land kotzt mich an (Anmerkung: Ich habe das Studium selbst finasnziert und schulde somit auch niemenden gar nichts).

Selbstherrliche Chefs, inkompetente Politiker (Ulla=(Sonder-)Pädagogin), fordernde Patienten 7und Angehörige, die um 20Uhr noch angepisst sind, wenn man keine Zeit hat (Aber meine Mutti...) Äh, ich muss mich schon wieder übergeben.

Und dann noch der Nachwuchs, der an den Unis angebaut wird. Die ******* reproduziert sich selbst. Und dann die Solidarität unter den Ärzten. Es wird sich NIE etwas ändern. Solange Eure Mamis und Papis Euch ganz stolz im AiP noch Taschengeld geben....!