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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Selbstreflexion über das Arztsein



Ralf
08.05.2003, 21:07
Hallo.

Ich bin gerade im PJ, und da ich daher nach der Lernphase auch mal wieder Zeit habe, was interessantes zu lesen, bin ich auf folgendes Buch gestoßen (war'n Sonderangebot), das ich auch nur empfehlen kann:

http://images-eu.amazon.com/images/P/3794520505.03.LZZZZZZZ.jpg

Ich lese es gerade mit großem Gewinn (der Titel ist übrigens bewusst mit einer ironischen Note versehen, wie der Autor im Vorwort erläutert).

Eine Frage an Euch: wieviel Interesse kommt denn so bei Euch auf, mal die Rolle des späteren Arztseins im gesellschaftlich-sozialen sowie im persölichen Verhältnis zu dem jeweils anderen (Patienten) zu reflektieren?
Scheine dafür gibt es nicht, prüfen kann man's nicht.

Und noch eine weitere Frage, der eigentliche kasus knaxus:

Wie seht Ihr Eure Rolle als Arzt/Ärztin?

Da gibt es viele Faktoren - persönliche Krankheitskonzepte, Wertvorstellungen zu Gesundheit, Medizin als von außen als "mystisch" empfunden (fanden wir beim ersten Mal ein Echo nicht auch spannend?), unterschiedliche Ängste, Umgang mit Leid, Zeitdruck in KH und Praxis etc.

Was denkt Ihr? Mich würde ein Austausch freuen.

Pax et bonum,
Ralf

condorito
09.05.2003, 13:36
Na,dann mach ich mal den Anfang....
Hmmm,wie seh ich meine Rolle als Arzt???
Vielleicht bin ich nicht grad der Beste,um darüber zu referieren,da ich ja,wenn nich alles total schiefläuft,aus der Patientenversorgung draussen bin....
Gesellschaftlich-sozialer Kontext?Naja,die meisten denken ja sowieso,dass man zur Approbation die Lizenz zum Gelddrucken direkt dazubekommt.Stimmt so nich,abba meine Versuche,das mal klarzustellen,waren leider sehr frustran.Es ist für mich ein Job wie andere auch,dieses Geseier von wegen Berufung und ähnlichem geht mir gelinde gesagt,ziemlich auf den S...,abba nun ja....
Mein Verhältnis zu den Patienten?Hatte ich eigentlich nie ein Problem mit,ausserdem mussten wir das in den Tertialen einfach machen.Hab genug Tumorpatienten in Zusammenarbeit mit OA betreut,und da kann man eben nicht nur nette Nachrichten überbringen.Gehört halt leider zum Job dazu,da hilfts auch nicht,den lieben Onkel Doktor raushängenzulassen....
Und zu guter Letzt: wie sehe ich mich als Arzt?
Wie oben beschrieben nicht mit weissem Kittel.Ich habe keinen Bock mehr auf Patientenbetreuung,ich habe überhaupt keinen Bock mehr auf Klinik,und hab für mich die jeweiligen Konsequenzen gezogen.Das PJ dauert noch 14 Wochen,und danach ist Schicht im Schacht(so Gott will).
Ich kann sagen,dass die ersten beiden Tertiale sehr nett waren,ich hab viele nette Kollegen kennengelernt,abba das konnte an meiner Einstellung nix ändern.
Ich sehe mich in 10 Jahren am Mikroskop sitzen,Konferenzen organisieren und in der Lehre arbeiten.
Das hab ich mir zu Beginn meines Studiums auch nicht vorstellen
können,zum Glück weiss ich abba heute,was und wohin ich will.
So,ich bin mal gespannt auf andere Ansichten und verbleibe mit greetz
der Condo

Francamour
17.05.2003, 19:28
Hallo,

auch ich quäle mich zur Zeit noch durch die Klinik bzw. klinische Weiterbildung, welche für meine Planung, in die Arbeitsmedizin zu gehen, leider Gottes nötig sind.
Immerhin werde ich in sechs Wochen mein AiP geschafft haben und mir fehlen zum Einstieg in die Arbeitsmedizin nur noch sechs Monate!!
Daraus kann man wohl klar sehen, wo ich mich als Ärztin schon seit einiger Zeit sehe...Auf das deutsche Gesundheitssystem habe ich, wie so viele vorher, eben auch keinen Bock mehr. In der Arbeitsmedizin kann man wenigstens mal Krankheiten verhindern, was meiner Meinung nach in der konventionellen Medizin viel zu kurz kommt. Hier wird man als Arzt belohnt, wenn der Patient schon krank ist, nicht, wenn man Prophylaxe betreibt.
Außerdem bin ich was Arbeitszeiten und menschlichen Umgang untereinander betrifft, höchstwahrscheinlich auf der besseren Seite...Nie wieder Klinik (in sechs Monaten!)
So, jetzt habe ich mich schon wieder ein bißchen ausgekotzt, aber was ich eigentlich insbesondere @ condorito noch sagen wollte: Um deine Approbation zu bekommen führt meist aber kein Weg an der klinischen Weiterbildung, zumindest für ein Jahr, vorbei! Auch was deine spätere Laufbahn oder Facharztrichtung betrifft. Für Pathologie oder Mikrobiologie oder Labormedizin werden ein Jahr Innere Medizin verlangt (oder ähnliches). Auch die Pharmaindustrie stellt eher Leute mit Vollapprobation und klinischer Erfahrung ein. Das ist immer von Vorteil (so ätzend es auch ist.)
Eine wirklich abgeschlossene medizinische Ausbildung hat auch wirklich nur derjenige, der die Vollapprobation nach abgeschlossenem AiP beantragen kann. Hier zählt nicht das Dritte Staatsexamen allein. Die Zeit ist ätzend, aber man muß sich zugegeben nicht ausnutzen lassen, wenn man die Zeit denn im Ausland ableistet, möchte man sich von Deutschland erstmal verabschieden. Möchtest du vielleicht diesen Weg gehen (was möchtest Du überhaupt machen?), dann kann ich dir zu deiner guten Entscheidung wirklich nur gratulieren. Ich habe mich jetzt eineinhalb Jahre ärgern müssen, war aber natürlich meine Entscheidung, in D'land zu bleiben. Naja, mit meinem beruflichen Weg denke ich, habe ich eine bessere Entscheidung getroffen.
Also, hang on, alles Gute Euch anderen allerseits.


Francamour :-)