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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Neulich beim Sandienst



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Rettungstiger
28.03.2006, 16:20
Frühjahrsmesse (Austellung, kein Gottesdienst): Patientin (ca.40Jahre) kommt in Sanraum und bittet, sich einen Moment hinlegen zu dürfen weg. "Herzrasen"
Vorhandene Ausrüstung: Sanitätsdienst Standard, kein EKG und kein Pulsoxy.
Wie wär es bei euch gelaufen?

BMT
28.03.2006, 16:41
Zuallererst mal nachfragen ob sie so was öfter hat, was sie grad gemacht hat, ob sie evtl. Medikamtente nimmt die soetwas begünstigen, Vorerkrankungen.
Dann könnte man parallel auch schonmal den Blutdruck und Puls messen (rhythmisch?). Jetzt kommt es auf die Situation an, hat sie sich einfach mal kurz angestrengt und deswegen geht die Pumpe schneller oder ist da was im Busch. Im Zweifel aber RTW und Doktor holen. Und bitte keine Hektik verbreiten, wir wollen ja nicht das sie sich aufregt und das Herz noch schneller schlägt ;)

RS-USER-blacksheep
28.03.2006, 17:04
Schließe mich BMT an und häng noch nen BZ ;) Natürlich die Standardfragen nach genug getrunken/gegessen und dann Situativ und Patientenbezogen weitergemacht.

serial2k
28.03.2006, 17:31
Schließe mich den Vorrednern an.

Ist ihr schwindelig? Übelkeit? Atemnot? Irgendwelche Schmerzen? Rast das Herz immer noch? Wie lange schon? Irgendwelche bekannten Allergien?

Hörbird
28.03.2006, 17:56
Frage nach Vorerkrankungen insbesondere Schilddrüse, Angsterkrankungen, Krankheiten in der Familie.
Hat sie soetwas öfters.
Je nach Antwort: Doc rufen oder einfach beruhigen lassen.

Rettungstiger
28.03.2006, 18:15
ERhobene Werte:
RR 100/80
Puls leicht unregelmäßig, ca. 180/min
Patientin hat so was öfters, ist bis jetzt immer von von selbst vorbei gegenagen (bei Flachlagerung, deshalb hat sie Sanraum aufgesucht).
Vorerkrankung Hypertonie, dagegen nimmt sie Linoprisil
Hat das Herzrasen jetzt seit ca. 30 min (während Autofahrt zur Messe)
Sonst keine Vorerkrankungen
BZ hielt ich angesichts der Symptomatik und der Anamnese nicht für zwingend indiziert, kann man aber natürlich machen.
Desweiteren leichte Atemnot, keine Schmerzen aber Druckgefühl in der Brust, bis hin zum Hals.

Hörbird
28.03.2006, 18:21
Ganz klar jetzt: Doc rufen für Ausschluß AP-Beschwerden bzw . HI.
Ist zufällig jemand am Ort? Ansonsten Leitstelle und RD anfordern.

Derweil Pat. weiter beruhigen und weiter Vitalzeichenkontrolle

RS-USER-blacksheep
28.03.2006, 18:25
Hat sie so einen Schmerz schonmal gehabt? Sind die Schmerzen atmungs/bewegungs/druckabhängig? Cardiale Geschichten bei ihr oder der Familie bekannt? Wie alt is denn die gute Dame?
Wenn vorhanden O2 (4-6l per Nasensonde) geben und Zugang legen. RTW/NA wie schon gesagt wurde wegen AP-Symptomatik mit Atemnot nachfordern

BMT
28.03.2006, 18:51
Wie meine Vorredner schon sagten, jetzt brauchen wir einen RTW und Notarzt. Vitalzeichen regelmässig überprüfen, Sauerstoff wenn vorhanden. Wenn Material und können vorhanden dann Zugang legen, ansonsten vorbereiten. Aber dezent im Hintergrund, wie schon gesagt, keine Hektik oder Panik verbreiten. Noch andere Beschwerden außer dem Herz und der Atemnot. Ansonsten genauso wie schon gesagt.

serial2k
28.03.2006, 19:15
Ich schließe mich schon wieder an. Sieht nach einem akuten Koronarsyndrom aus.

Dodi112
28.03.2006, 19:41
Ja also da schliesse ich mich auch an... Man muss dann nur klären ob die Tachykardie Symptom ( z.B. für KHK ) oder als eigenständiges Problem ( und dadurch bedingte AP - symptomatik ) ist...

Na dann erwarten wir mal wen der uns nen guten EKG - Monitor und akademischen Beistand mitbringt...

RS-USER-Bärentöter
28.03.2006, 21:33
ich sach nix... ich bin Druide... und das ist wohl ein Thread für den Sandienst!

Rettungstiger
28.03.2006, 21:48
Ich war auch kurz davor in die vollen zu Greifen.
Ich habe mich allerdings noch weiter mit der Patientin beschäftigt.
Die Symptomatik mit Druckgefühl und Atemnot hat sie immer bei diesen Anfällen.
Die Anfälle selbst treten teilweise mehrmals täglich auf, dann wieder monatelang garnicht. Die Anfälle dauern wenige Minuten bis zu einer Stunde. Sie war deshalb schon in kardiologischer Behandlung und hat ein "Gerät" mitgekriegt, mit dem man"wenn man es sich an die Brust hält, das dann aufnehmen kann" (O-TOn PAt.) Allerdings gab es just in dieser Zeit keine Vorfälle. Der KArdiologe hat ihr etwas von einer Operationsmöglichkeit erzählt.
Ich fragte ob sie den Ausdruck "................wer weiß was gemeint ist?........." schonmal gehört hat, und ihr das erklärt. Daraufhin hat sie mir bestätigt, dass der Kardiologe etwas von "Veröden von Leitungsbahnen" gesagt hat.
Ihr Hausarzt hat ihr geraten, bei so einem Anfall einen Schluck kaltes Wasser zu trinken.
GEbt ihr ihr das Wasser?
Auf jeden Fall kriegt die Pat. jetzt 4l Sauerstoff von mir und ich kläre sie über meine Überlegungen auf einen RTW zu rufen (AUfgrund der Vorgeschichte und der "üblichen" Symptomatik hielt ich NEF nicht für zwingend indiziert).
Patientin ist wenig begeistert, zumal der Zustand zwar unangenehm, aber bekannt ist.
Ich setze mir ein Limit von 5 Minuten.

Gute Nacht, wies geendet ist morgen!

RS-USER-blacksheep
29.03.2006, 00:41
Suchst du nach Reentry-Tachycardien? Wenn da was verödert werden soll wird die nen WPW-Syndrom (oder das andere auf der linken Seite dessen Namen ich aber nun vergessen habe) haben.
Schwindel, Druck und Atemnot ist bei ner Tachycardie nicht untypisch. Nur wenns nicht weggeht würde ich jedoch doch eher zum NA tendieren, nicht das da doch was ist. Auch ein "Simulant" (damit mein ich nun nicht sie) kann mal was ernstes haben.

RS-USER-Feife
29.03.2006, 01:05
Original geschrieben von Rettungstiger
Ihr Hausarzt hat ihr geraten, bei so einem Anfall einen Schluck kaltes Wasser zu trinken.
GEbt ihr ihr das Wasser?

Ich persönlich würde es geben (hab aber auch mein Jahr in der Kardio im Hintergrund).

Die Idee hinter dem kalten Wasser ist folgende:
1. Der Oesophagus (Speiseröhre) ist vom Vagusnerv enerviert. (Der Vagusnerv gehört zum parasympathischen Nervensystem, das bekanntlich für Ruhe und Entspannung zuständig ist).
2. Das Herzrasen wird hier anscheinend über einen überaktiven Sympathikus (und das ihm anhängende vegetative System) ausgelöst.
3. Das kalte Wasser im Oesophagus "reizt" nun den Parasympathikus und der verstärkt seinen Einfluss. (Das ist dieselbe Reizung die neulich im Thema "Magensonden legen - nur mit Zugang?" oder so, diskutiert wurde).

Der erwünschte Effekt ist, dass die gesteigerte Aktivität des Parasympathikus die des Sympathikus überlagert und darüber das Herzrasen einstellt / reduziert.

Im Prinzip denke ich aber, dass "eiskaltes Wasser" durchaus eine Therapie ist, die von einem "einfachen" Sanitäter durchgeführt werden kann.

Einparkgott
29.03.2006, 15:21
Also ich bin ein wenig erschrocken.
Wer zum Donner könnte den jetzt schon ohne EKG eine Kardialeaussage treffen.

Natürlich kann ein SH einem Pat. einen Schluck kaltes Wasser geben. Er kann aber nicht feststellen ob es sich wirklich um ein WPW-Syndrom handelt. Erst recht nicht ohne ein EKG. Nur weil die Patienten eine bekannte Vorgeschichte in diesem Bereich hat währe ich Vorsichtig ohne eine richtige Diagnostik den Pat. nur auf ein WPW-Syndrom zu behandeln.

Hat die Pat. doch etwas anderes, z.B. ein akutes Koronarsyndrom und ihr habt die Patientin nicht entsprechend behandelt wird man euch den Vorwurf machen eure Kompetenzen überschritten zu haben.
Geregelt im Grundgesetz jeder Mensch hat ein anrecht auf Behandlung durch einen Arzt.

Machen wir uns nichts vor, viele Rettungsdienstmitarbeiter haben soviel Fachkenntnis soviel Erfahrung das Sie oft Diagnosen ebenso sicher stellen können wie der Notarzt. Einige können vielleicht praktische Dinge besser als so manch ein Arzt und erkennen einen Notfall viel sicherer als die meisten Hausärzte. Aber das Gesetz räumt dem Rettungsdienstpersonal nur wenig Kompetenzen ein. Und sollte etwas schief gehen trotz bester Ausbildung und hunderten von Jahren Erfahrung so wird das Gericht dem Rettungsdienstmitarbeiter mit der ganzen härte des Gesetzes begegnen.

Wir haben keine Loby für Rettungsdienst.
Niemand in Politik und Geselschaft wird mehr für uns eintretten als es wirklich sein muß.:mad:

RS-USER-blacksheep
29.03.2006, 16:09
Original geschrieben von Einparkgott
Also ich bin ein wenig erschrocken.
Wer zum Donner könnte den jetzt schon ohne EKG eine Kardialeaussage treffen.


Dat han ich mir auch gedacht.

@Tiger: Wo bleibt die Auflösung ;)

Hörbird
29.03.2006, 16:26
Original geschrieben von Rettungstiger
...
Ihr Hausarzt hat ihr geraten, bei so einem Anfall einen Schluck kaltes Wasser zu trinken.
GEbt ihr ihr das Wasser?
.

Hatte so einen Fall im KH - Pat. litt anscheinend unter dem beschriebenem Krankheitsbild. Allerdings war das für uns eher nebensächlich und fällt mir jetzt erst wieder zu deisem Fallbeispiel ein.

"Gebt Ihr ihr das Wasser?" - Tja, als SANler sollte man das genau ja nicht machen, allerdings sieht die Situation ja ein wenig anders aus.
Sie kann jetzt nämlich sagen, das sie all die vorgeschlagenen Maßnahmen ( RTW, Doc etc...) nicht will und es bleibt mir in der Situation dann auch nix anderes übrig als sie ziehen zu lassen.

Vermutlich würde ich ihr auf die Risiken hinweisen und Sie ein Glas Wasser nehmen lassen. Anreichen oder ähnliches werde ICH selber NICHT. Sie müßte es selber tun.

Damit wäre ich rechtlich aus dem Schneider.

RS-USER-blacksheep
29.03.2006, 16:30
Original geschrieben von Hörbird

Sie kann jetzt nämlich sagen, das sie all die vorgeschlagenen Maßnahmen ( RTW, Doc etc...) nicht will und es bleibt mir in der Situation dann auch nix anderes übrig als sie ziehen zu lassen.

Also verbieten ein Rettungsmittel nachzufordern kann sie mir nicht. Klar kann sie dann die Mitfahrt verweigern nur wenn ich dann auch nen Doc da, der da deutlich breitere Schultern hat.
AP-Symptomatik mit Atemnot wäre nunmal eine Notarztindikation.

Hörbird
29.03.2006, 17:51
Original geschrieben von blacksheep
Also verbieten ein Rettungsmittel nachzufordern kann sie mir nicht. Klar kann sie dann die Mitfahrt verweigern nur wenn ich dann auch nen Doc da, der da deutlich breitere Schultern hat.
AP-Symptomatik mit Atemnot wäre nunmal eine Notarztindikation.

Nein, verbieten kann sie es Dir nicht.
Aber sie kann die Behandlung verweigern. Und so lange sie nicht in akuter Lebensgefahr ist, kannst Du oder Druide nix machen.