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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : PEG: Fluch oder Segen



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RS-USER-rettungshamster
02.04.2006, 18:40
Aufgrund eines Anreizes von Urinkellner, würd ich gerne eure Meinung zur PEG-Anlage lesen und gepflegt darüber diskutieren.
Welche Fälle kennt ihr, in der eine solche Anlage nicht angezeigt war und umgekehrt ?

Urinkellner
02.04.2006, 18:43
Segen oder Fluch?
- Hängt leider meist davon ab wie die Angehörigen im KH darüber aufgeklärt werden.
"Unterschreiben sie hier, sonst muß die Mutter / der Vater verdursten / verhungern!"
Den Satz berichten die Betroffenen häufig - leider!:(

Urinkellner
02.04.2006, 18:54
Upps - dat ging etz abba fix!:D :D
Also ich bin nur unter strenger Indikationsstellung (keine Kosten!) und bei anständiger Aufklärung (das Leben wird definitiv verlängert!) dafür.
Das dadurch Kosten reduziert werden können ist klar.

Toxic_Lab
02.04.2006, 19:03
Für interessierte Arschitekten... Was ist ne PEG??? :confused:

RS-USER-rettungshamster
02.04.2006, 19:04
Original geschrieben von Toxic_Lab
Für interessierte Arschitekten... Was ist ne PEG??? :confused:

Perkutane endoskopisch (kontrollierte) Gastrostomie :D

Toxic_Lab
02.04.2006, 19:21
Original geschrieben von rettungshamster
Perkutane endoskopisch (kontrollierte) Gastrostomie :D

:mad:

RS-USER-rettungshamster
02.04.2006, 19:25
Ey ä Sonde halt...die durch die Bauchdeck geht :D

Toxic_Lab
02.04.2006, 19:27
Original geschrieben von rettungshamster
Ey ä Sonde halt...die durch die Bauchdeck geht :D

Danke für die Aufklärung :rolleyes:

Urinkellner
02.04.2006, 19:38
Für Flüssigkeit, Medikamente und dolle Nahrung aus Flaschen / Beuteln!:(

RS-USER-apoplex
02.04.2006, 20:05
Ich vermute Toxic_Lab möchte eine Antwort, die ihm weiterhilft und auch den sinn dieser Diskussion verständlich macht.

Die PEG ist eine Magensonde, die in einem relativ einfachen Verfahren, ähnlich einer "Magenspiegelung" und dann Einstich durch die Bauchdecke angelegt wird. Also ohne aufwändige Operation und somit auch für Patienten im schlechten Allgemeinzustand geeignet.

Die PEG wird genauso wie eine Magensonde, die klassisch durch die Nase gelegt wird, zur Ernährung ("sondenkost") und Flüssigkeit verwendet. Vorteil (und manchmal auch Nachteil) ist, dass die Sonde eigentlich ewig liegenbleiben kann, sofern sie pfleglich behandelt wird und sich nicht entzündet.

Somit können z.B. Wachkomapatienten, Patienten mit größerem Hirnschaden .... langfristig ernährt werden.
Aber auch bei Patienten mit Schluckstörungen kann eine solche Sonde eingesetzt werden.

Diese Diskussion ergibt sich aus der Problematik, dass teilweise PEG´s gelegt werden, um sich dass oftmals sehr zeitaufwendige "füttern" (Nahrung anreichen) zu ersparen, was gerande in der Altenpflege sehr zeitaufwendig ist. Allerdings nimmt man dem Patienten auch ein Stück lebensqualität (Geschmack, Geruch, Beschäftigung mit Nahrung, Lieblingsessen .... vs. Anhängen des Sondenkostbeutels).
Ein weiterer Grund, die PEG kritisch zu sehen ist der Aspekt, dass häufig Patienten, die sonst relativ zügig sterben, dadurch sehr lange in einem nicht umbedingt würdigen Leben gehalten werden können. Daher ist es vorher gut zu durchdenken, ob man die PEG-anlage wirklich will.

vor ein-zwei Jahren ist der Fall "Terry Schiavo (http://de.wikipedia.org/wiki/Terry_Schiavo) " durch die Presse gegangen. Das war eine schwersthirngeschädigte Patientin, die mit einer solchen PEG versorgt worden ist. Der Ehemann wollte die Sonde entfernen, um der Patientin das Sterben zu ermöglichen, die Eltern waren dagegen, da die auf ein wunder gehofft haben.

Toxic_Lab
02.04.2006, 20:37
Danke... damit weiß ich mehr... :-)

Hörbird
02.04.2006, 21:46
Erste Woche in der Ausbildung, erste Station: Alte Dame mit 94 Jahren, dement, bettlägrig, redete kein Wort - und aß nix mehr.

Lange Diskussion mit Angehörigen: PEG ja oder Nein. Die eine Hälfte wolle ja, die andere war mehr oder weniger dagegen.

Schließlich wurde eine gelegt. Ab dem Zeitpunkt nahm der AZ eine steile Abfahrt . Nach 6 Wochen Kampf starb sie dann.

Wir, das Personal undich waren uns damals sicher, das es an der PEG lag - war einfach zuviel für die Dame. So mußte sie ein langes Sterben mitmachen.

So etwas mußte ich dann leider noch sehr häufig sehen.
Darum bin ich solchen Geschichten sehr kritisch gegenüber!

RS-USER-Schädelspalter
03.04.2006, 17:23
Original geschrieben von Hörbird
Erste Woche in der Ausbildung, erste Station: Alte Dame mit 94 Jahren, dement, bettlägrig, redete kein Wort - und aß nix mehr.

Wenn es dann keinen Anhalt dafür gibt, ob eine PEG in ihrem Sinne wäre, wird es schwierig.
Nach entsprechender Aufklärung wollen viele Angehörige die PEG gar nicht mehr.

Eindeutige Indikation: vor Strahlentherapie bei Tumoren im Halsbereich. Orale Nahrungsaufnahme wird (vorübergehend oder dauerhaft) schwierig, deshalb: vorher PEG, dann Strahlentherapie, OP, Chemo, oder was auch immer. Der Patient kann trotz liegender PEG auch "normal" essen, wenn es die Anatomie erlaubt. Und wenn alles Gut wird, kann die PEG auch raus, stört aber nicht besonders: Stöpsel drauf, Pflaster drüber, zum Einkaufen oder sonstwohin fahren und niemand merkt es.

Bedenklich: Alte Leute ohne Antrieb zur Nahrungsaufnahme "abfüllen", weil:
1. der will nicht mehr essen.
2. man kann doch nicht zusehen, wie Opa verhungert
3. da muß man doch was machen

Dazu meine Meinung:
Zu 1.: Wenn mir mein Gehirn am Ende meines Lebens nicht mehr sagt, dass ich essen soll, dann bitte ich hiermit jeden, der diese Zeilen liest: laßt mich dann bitte in Frieden sterben!
Zu 2. & 3.: Für den Betroffenen kann man unangenehme Symptome lindern. Alle Sachen, mit dem man den Betroffenen keinen Gefallen tut, sind zu überlassen. Der Patient muß bzw. darf/kann mit PEG weiterleben, nur in zweiter Linie die Angehörigen und Pflegenden.

RS-USER-Bärentöter
03.04.2006, 17:36
Original geschrieben von Schädelspalter
Bedenklich: Alte Leute ohne Antrieb zur Nahrungsaufnahme "abfüllen", weil:
1. der will nicht mehr essen.
2. man kann doch nicht zusehen, wie Opa verhungert
3. da muß man doch was machen

Dazu meine Meinung:
Zu 1.: Wenn mir mein Gehirn am Ende meines Lebens nicht mehr sagt, dass ich essen soll, dann bitte ich hiermit jeden, der diese Zeilen liest: laßt mich dann bitte in Frieden sterben!


Im Prinzip bin ich Deiner Meinung. ABER: verdursten ist ein grausamer Tod. Und nicht jeder hat in der Finalphase die Möglichkeit, Infusionen zu bekommen.

RS-USER-Schädelspalter
03.04.2006, 17:54
Original geschrieben von Bärentöter
Im Prinzip bin ich Deiner Meinung. ABER: verdursten ist ein grausamer Tod. Und nicht jeder hat in der Finalphase die Möglichkeit, Infusionen zu bekommen.

Wenn ich angebotene Flüssigkeit nicht mehr schlucken will, habe ich keinen Durst. Wenn ich nicht mehr kann, muß man sich was einfallen lassen. Ich möchte ergänzen: LEIDER hat nicht jeder in der Finalphase die Möglichkeit, Infusionen zu bekommen.
Früher gab es auch mal subkutane Infusionen (finde ich persönlich nicht so gut), aber den Aufwand für eine i.v.-Infusion halte ich einem Hausarzt zumutbar.

RS-USER-Schädelspalter
03.04.2006, 18:00
Zur ursprünglichen Frage noch eine Anekdote:
Am Donnerstag Abend wird eine Frau aus einem Pflegeheim über die Notaufnahme aufgenommen. Einweisung (vor ca. 1 Woche ausgestellt), wohl nicht vom Hausarzt: Nahrungsverweigerung, bitte PEG.

Auf der Station angekommen sagt die Frau (spastische Lähmungen, Bewegungen etwas ungezielt) dem Stationsarzt auf Nachfrage, dass sie Hunger habe, in seinem Beisein trinkt sie Wasser ohne Verschlucken, einen Joghurt isst sie selbst mit Appetit, zwar langsam und mit einer ziemlichen Sauerei aber immerhin.
Nachforschungen ergeben, dass sie schon in anderen Krankenhäusern der Region mit ähnlichem Anliegen war und bisher zum Glück keine PEG bekommen hat. Der Betreuer wußte gar nichts von der aktuellen Einweisung, war aber sehr vernünftig und am nächsten Tag war sie (ohne PEG) wieder zuhause.
Man hätte ihm, dem Notarzt und dem Pflegepersonal zwar das Leben leichter gemacht, ich glaube aber nicht, dass die Patientin dann noch allzu oft die Gelegenheit gehabt hätte, einen Joghurt oder was auch immer mit Genuß zu essen.

Das geht auch anders:
Ein Kollege (in einem anderen Haus) hat eine andere Patientin mit ähnlichem Anliegen und ähnlicher Situation noch in der Notaufnahme wieder nach Hause geschickt. Noch in der gleichen Woche war sie wieder da, mit ihr kam ein Schreiben des Anwaltes des Betreuers, er sollte doch bitte ausführlich begründen, warum sie keine PEG bekommen sollte. Außerdem wurden rechtliche Schritte angekündigt, sollte er bei der Weigerung bleiben. Er hat sie also aufgenommen, im Krankenhaus hat der Betreuer noch soviel Stunk gemacht, dass sie schließlich die PEG bekommen hat. Hätte er statt der Anwalt-Drohung eine Willenserklärung der Patientin gehabt z.B. "ich will das mein Leben um jeden Preis verlängert wird", dann wäre das in Ordnung. Aber so hatte die Frau wohl den falschen Betreuer zur falschen Zeit.

RS-USER-Bärentöter
03.04.2006, 18:06
zu letzterem Fall: war das ein Familienangehöriger oder ein "Nebenarbeitsbetreuer"?

RS-USER-Schädelspalter
03.04.2006, 18:37
Original geschrieben von Bärentöter
zu letzterem Fall: war das ein Familienangehöriger oder ein "Nebenarbeitsbetreuer"?

Ein Berufsbetreuer, glaube ich. Auf jeden Fall kein Familienmitglied.

RS-USER-rettungshamster
03.04.2006, 19:30
Es gab mal eine Bewohnerin welche zunehmend unter Appetitlosigkeit litt, sie erbrach immer wieder, neigte zu Diarrhoen und hatte Probleme beim kauen der Nahrung. Schluckbeschwerden gab es keine. Der stark ausgeprägte Tremor in beiden Händen, ermöglichten ihr keine einfache Nahrungsaufnahme. Aufgrund der zunehmenden Misserfolgserlebnisse beim Essen und Trinken und wohl auch Selbstaufgabe (Depression und Ablehnung anderer Bewohner). Es war jedenfalls schlecht um sie bestellt. Die Mindesteinfuhr bei ihr betrug knapp 600 ml/Tag. Nicht eine komplette Mahlzeit am Tag gegessen.
Es wurde mit dem Hausarzt die PEG - Anlage diskutiert. Sie hatte zwar eine Patientenverfügung, aber dieser Punkt war mangelhaft geklärt. Die Angehörigen (auch Betreuer) schlossen sich mit dem Hausarzt und den Klinikärzten zusammen und entschieden sich gegen die PEG. Nun versucht uns einer der Angehörigen an Bein zu pi**en und behauptet, wir wären Schuld an der Mangelernährung usw. usw. - zeigt uns bei der Heimaufsicht an und nun haben wir den Salat. Ich für meinen Teil hab immer ausreichend und mehr dokumentiert - aber manch der Kollegen eben nicht. :-keule
Mir sind die Angehörigen ja shit-egal, es ist echt nur zum, heulen, dass das Ganze auf dem Rücken des betr. Bewohners geschieht und dieser sich nicht wehren kann.

Xaxis1
04.04.2006, 09:46
Auf Anhieb fällt mir eine Alzheimerpatientin ein... Genuß kann man net sagen, die wurde halt gestopft wie alle anderen in dem Heim auch (Du mußt sofort den nächsten Löffel reinschieben sonst reden die und dann brauchst viel zu lang!). Aber die hat´scheinbar schon vergessen, wie das mit schlucken funktioniert, kriegt seit "Jahren" passierte Matsche, die Zeit sie dran riechen zu lassen etc nimmt sich eh keiner - und sie versychluckt sich dauernd, so daß sie wohl alle 3-4 Wochen ein paar Tage mit Aspirationspneumonie im Krankenhaus landet... für die Frau wäre eine PEG in meinen Augen ein Segen (wird net gemacht, weil man da ja Fachkenntnis braucht danach und Verbandsmaterial etc vermute ich - auf meine Frage bekam ich keine Antwort, es ginge ja, sie verschlucke sich dauernd aber das sei halt so...).

Ansonsten hatten wir ein schwerst mehrfach behindertes Kind, das knapp vor der PEG stand (immer, wenn er net genug gegessen hatte, gab es von der vor uns betreuenden Person eine Nasensonsde und hochkalorische Nahrung...)... wir haben ihn mantschen lassen mit dem Essen etc, er liebt Gräuchertes, Bratwürstel, Sahne, Stinkekäse, Pommes, Chips, Salat pur, Gurken, Paprika, Weißwürst - gern auch gemischt *g*
Ein Mädel hat das Trinken verweigert, wurde wohl von kleinauf dazu gezwungen und konnte aber richtig flüssiges aufgrund einer Schluckstörung net richtig "verarbeiten"- sie hat einen Button (beste Lösung für PEGs find ich !) und mit dem Thicken up trotzdem so ihre 200-500 ml am Tag (am liebsten Kakao *g*) getrunken... Da hatte cih auch Zeit für meine Kiddies *seufz


Wer war das, der schrieb, es gebe keine subcutanen Infusionen mehr ? Leider doch, ich hab mich geweigert...