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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Sturz von Bühne bei Konzert



RS-USER-Hoffi
15.02.2007, 09:08
Unifest bei einer der größeren (Elite)Unis, Sanitätsdienst mit einem RH und vier SanB. Es wird der Security eine Patientin hereingebracht, die laut Security beim StageDiving nicht von der Masse aufgefangen wurde, sondern ihren Sturz mit dem Gesicht aufgefangen hat. Sie war laut Security für etwa eine halbe Minuten ohne Bewusstsein, aber danach wieder voll ansprechbar (leider).

Die Untersuchung hat neben normalen Kreislaufwerten nur Ergeben, dass ihr leicht übel ist, aber nicht so dass sie spucken muss, und dass sie Kopfschmerzen hat. Das Sanitätspersonal rät ihr dazu, dass sie mit einem RTW ins Krankenhaus wg. Verdacht auf Gehirnerschütterung gebracht werden soll. Dies lehnt sie lautstark ab und verlangt sofort gehen zu dürfen. Nach etwa 10 Minuten Diskussion, bei parallelem Zugang von zwei weiteren Patienten, wird eine Transportverweigerung aufgesetzt, mit dem eindeutigen Hinweis, dass bei den derzeitigen Witterungsverhältnissen (Schnee, Eis) eine auf die Gehirnerschütterung folgende Bewusstlosigkeit sehr wahrscheinlich zum Tod führen wird, wenn sie keiner findet und noch einmal der Appell das Angebot mit dem Kliniktransport anzunehmen. Soviel zum ersten Akt.

Zweiter Akt: Dieselbe Patientin wird gestützt von Ihrer Freundin heulend in den SanBereich gebracht. Die Patientin sitzt apathisch auf der Trage, während die Freundin verlangt, dass wir "etwas" tun sollen. Ich kläre die Freundin darüber auf, dass ihre Freundin in KKH muss, sie dieses aber nicht möchte. Dies dauert in etwa 5 Minuten, in denen die Patientin ruhiger wird. Die Befragung ergibt, dass sie jetzt sehr heftige Kopfschmerzen hat. Auf die Frage, ob sie jetzt in KKH will, schreit sie durch den SanBereich, dass sie schon mal von nem Auto angefahren wurde und dort auch auf den Kopf gefallen ist, und dass sie das sehr gut selber einschätzen kann und sie deshalb nicht ins KKH muss.

Daraufhin wurde ihr erklärt, dass sie in diesem Zustand allerdings nicht mehr auf das Fest zurück darf, da für die Sanis das Risiko zu gross ist, dass sie irgendwo in der Menge zusammenbricht. Da die Patientin nun verbal sehr aggressiv reagiert wird die Security dazugerufen. Die Patientin wird daraufhin von der Security vom Unigelände begleitet, da sie auch dass Angebot abgelehnt hat, sich ein Taxi rufen zu lassen. Ihre Freundin geht mit ihr und passt auf sie auf.

Ich habe jetzt im nachhinein lange über diesen Fall nachgedacht und überlegt, was man hätte anders machen können, da wir ja niemanden gegen seinen willen festhalten darf und sie ansonsten auch orientiert und (von zwei Bier, lt Freundin) nüchtern war. Was hättet ihr gemacht? Trotzdem den RD gerufen, evtl. sie mit Unterstützung der Polizei überzeugt ins KKH zu gehen?

Ich bin für mich zum Schluss gekommen, dass ich in dieser Situation es richtig gemacht habe, da wir genügend andere Patienten hatten und letztendlich jeder für sich selbst verantwortlich ist. Ich bin gespannt, was ihr dazu sagt.

Toxic_Lab
15.02.2007, 09:21
Ich denke, das war schon in Ordnung, wie ihr es gemacht habt.

Aufklärung, Transportverweigerung, nach dem erneuten reinbringen erneut Aufklärung (vielleicht hätte es hier noch ne 2. Transportverweigerung gebraucht) und danach Platzverweis von der Veranstaltung durch die Security.

Hätte es auch so gehandhabt. Eine Einweisung gegen den eigenen Willen wirds nur bei Personen geben, die offensichtlich nicht mehr für sich selber entscheiden können (zu viel Alk / psych. Probleme).

VG Toxic

RS-USER-Bärentöter
15.02.2007, 09:21
das Problem mit Garantenstellung und Zurechnungsfähigkeit hatten wir schon öfter, eine befriedigende Lösung wird wohl niemand finden.

Practicus
15.02.2007, 10:18
.......

RS-USER-Bärentöter
15.02.2007, 10:33
wer nach einem Sturz eine halbe Minute lang bewußtlos ist, ist im Zweifelsfalle nicht zurechnungsfähig. Das ist ja die Crux an diesen Fällen.

krumel
15.02.2007, 10:41
Joa. Ich hätte aus diesem Grunde auch einen Doc+POL nachgefordert. Sollen die sich drum scheren.
Im Zweifelsfall soll da mal lieber der Doc für haften als ich. Denn ich habe gerade vor einigen Wochen erst einen Fall gehabt, bei denen ein Patient nach Sturz+B-losigkeit zunehmend aggressiver wurde.
Ursprünglich wollten wir (KTW+NAW) ihn gehen lassen... Nunja.. Wäre blöd gewesen..Der gute hatte nämlich eine Blutung, die vermutlich für diesen Zustand verantwortlich war.
=> Zwangsweise mitgenommen. Patient noch am selben Abend notfallmäßig aufgemacht.

RS-USER-DoktorW
15.02.2007, 10:54
im Zweifelsfall den schwarzen Peter immer eins weiterreichen... :D

krumel
15.02.2007, 12:05
Exakt:D

Aber ich würde darauf ja sogar verzichten, wenn ich nur ansatzweise gesetzlich und versicherungstechnisch so gut abgedeckt wäre wie ihr;)
So sind wir ja net:D

Geduldsbalken-Träger
15.02.2007, 15:44
Original geschrieben von DoktorW
im Zweifelsfall den schwarzen Peter immer eins weiterreichen... :D
Siehe auch: Abschiebung (House of God)

RS-USER-gonzo
15.02.2007, 15:58
moin

ja das probl. kenne ich auch von diensten, im ersten kontakt mit so einen pat. hätte ich ihn auch laufen lassen nach aufklärung. beim zweiten kontakt hätte ich warscheinlich mir einen rtw gerufen und damit die verantwortung abgeschoben;) , manchmal gehen solche pat. ja dann eher mit wenn sie nochmals von anderen kollegen angesprochen werden.

RS-USER-rettungshamster
15.02.2007, 16:25
Original geschrieben von gonzo
manchmal gehen solche pat. ja dann eher mit wenn sie nochmals von anderen kollegen angesprochen werden.


Angesprochen --- > oder doch eher überredet werden ? :D

RS-USER-gonzo
15.02.2007, 16:49
Original geschrieben von rettungshamster
Angesprochen --- > oder doch eher überredet werden ? :D

eher sanft überredet.:-p

leuchtreklamefahrer
17.02.2007, 18:03
Ich hatte mal einen ganz ähnlichen Fall, allerdings war der Patient "glücklicherweise" erst 15...Z. n. Headbang vs Absperrgitter, welches gewonnen hatte. Patient bei "Lieferung" in den Sanraum ansprechbar, allerdings Übelkeit, Kopfschmerzen und gute Beule über dem linken Auge mit kleinem Cut. Nach diagnostischem Block Hinweis auf KH-Transport, was friedlich aber bestimmt abgelehnt wurde. Dann war er ca 20 Minuten bei uns im San-Raum; Zustand verbesserte sich nicht, bei einem von ihm angestrebten Geh-Versuch starker Schwindel...

Für mich in dem Moment eine NA-Indikation; Den Schuh möchte ich mir nicht anziehen, wenn er aus welchem Grund auch immer da draussen das Krampfen anfängt, seine versteckte SAB aus dem Raum trägt und 3 Minuten später bewusstlos umkippt etc pp. War im Endeffekt auch für den Doc keinerlei Grund zu Meckern.

Per Ferndiagnose allerding simmer schwer einzuschätzen, aber ich denke das hat so gepasst, und ich hätte ähnlich gehandelt.

Rettungstiger
01.03.2007, 12:19
Ich weiß nicht ob ichs anders gemacht hätte als Hoffi. Ich glaub nicht. Warum? Weil ich nicht mit Kanonen auf Spatzen schieße, d.h. mit Notärzten auf jeden Transportverweigerer. Wenn sies nicht will und bewusstseinsklar ist, kann ich sie nicht aufhalten. In der Situation hätte ich vielleicht noch angeboten erstmal bei uns im Sanraum zu bleiben. Wenn sie das angenommen hätte, hätt ich mir vielleicht über den ärztlichen Bereitschaftsdienst noch jemanden geholt, zwecks schwarzer Peter. Aber je nach den Umständen hätt es bei mir genauso laufen können wie bei Hoffi.