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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Auswahl des Anästhesieverfahrens



RS-USER-Rugger
29.03.2007, 19:54
Folgender fiktiver Fall:
Der 57jährige Bauarbeiter D. kommt zur TEP in die Klinik.
Vorerkrankungen: Asthma (Medis: Salbutamol b.B.), ansonsten keine wesentlichen Vorerkrankungen. Herz- /Kreislaufmäßig alles im grünen Bereich.
Der OA stellt euch zwei Anästhesieverfahren zur Auswahl:
1) TIVA mit Barbituraten.
2) Balancierte Anästhesie mit Gas und Opiat.

Für welches Verfahren entscheidet ihr euch und warum?

Rugger

RS-USER-Rippenspreizer
29.03.2007, 20:29
Hm, ich weiss jetzt natürlich wirklich etwas zu wenig über den Patienten (Gewicht, Nikotinabusus...) oder den Operateur. Tendenziell bin ich bei Hüft-OP´s nicht so für spinale Sachen, insofern wäre meine Entscheidung:

7,5mg Midazolam oral zur Prämedikation 30 Min. präOP
3:1-Block mit 30ml Naropin 0,25%
0,2-0,3mg Fentanyl
200mg Propofol (kein Thiopental wg. V.a. COPD)
10mg Nimbex (cis-Atracurium) oder 5,0mg Esmeron (Roccuronium)
100mg Diclac rektal zur postOP Analgesie

IntraOp:
Isoflurane 1,0-1,5 (je nach RR und HF), ggf. N2O (liest mein Chef mit?! :eek: )
Ultiva (Perfusor) 10-15ml/h bis 10 Min. vor OP-Ende

PostOP:
evtl. Dipi 7,5mg, meistens aber nicht mehr nötig.

Gruß, Daniel

RS-USER-Rugger
29.03.2007, 22:07
Also nimmst Du die balancierte. Kann ich auch vollkommen nachvollziehen. Was spricht denn in Deinen Augen gegen die TIVA?

R.

RS-USER-Katja
29.03.2007, 22:25
TIVA mit Barbituraten klingt für mich nach (modifizierter?)Neurolept-Anaesthesie - und die haben eigentlich immer einen Narkoseüberhang, weil die Barbiturate die entsprechenden Halbwertzeit, von den kontextsensitiven Halbwertzeiten mal gat nicht zu reden, haben. Und eine Patient mit TEP kann sonst, keine Blutung vorausgesetzt, nach Narkose mit Gas und Opiat nach kurzer Zeit vom Aufwachraum wieder auf Station. Das wird man mit Neuroleptanästhesie in der Regel nicht hinbekommen, zumindest nicht guten Gewissens. Das ist was für große Eingriffe, wo die Patienten hinterher sowieso auf Intensiv gehen und Nachbaetmung kein Problem ist.
Aber sonst ist die Info zum Patienten und umgebenden Risikofaktoren wie Operateur ein bisserl dürftig ;)

RS-USER-Katja
29.03.2007, 22:26
Original geschrieben von Rippenspreizer

oder 5,0mg Esmeron (Roccuronium)

Bist Du jetzt unter die Homöopathen gegangen? Willst Du das noch vernebeln vielleicht? ;)

RS-USER-Rugger
29.03.2007, 22:41
Original geschrieben von Katja
TIVA mit Barbituraten klingt für mich nach (modifizierter?)Neurolept-Anaesthesie - und die haben eigentlich immer einen Narkoseüberhang, weil die Barbiturate die entsprechenden Halbwertzeit, von den kontextsensitiven Halbwertzeiten mal gat nicht zu reden, haben.Ah, jetzt ja! Der Groschen ist gefallen... Logisch!
(Das ist jetzt aber echt fies...)
Aber sonst ist die Info zum Patienten und umgebenden Risikofaktoren wie Operateur ein bisserl dürftig ;) Was nicht wundert, wenn man weiß, woher sie kommen... ;)

R.

RS-USER-Katja
29.03.2007, 23:01
Original geschrieben von Rugger
Ah, jetzt ja! Der Groschen ist gefallen... Logisch!
(Das ist jetzt aber echt fies...) Was nicht wundert, wenn man weiß, woher sie kommen... ;)

Ja, die ist fies in dem Zusammenhang. Ein Zebra eigentlich :(

RS-USER-Rippenspreizer
30.03.2007, 05:41
Original geschrieben von Katja
Bist Du jetzt unter die Homöopathen gegangen? Willst Du das noch vernebeln vielleicht? ;)

Sollte natürlich 50mg Esmeron heissen.
Weiss auch nicht, wie das Komma da hingerutscht ist :-p

RS-USER-DoktorW
30.03.2007, 09:42
Original geschrieben von Rippenspreizer
Sollte natürlich 50mg Esmeron heissen.
Weiss auch nicht, wie das Komma da hingerutscht ist :-p

und jetzt versucht er noch schnell die Kurve zu kriegen :D

RS-USER-Rugger
30.03.2007, 10:13
Wo wir gerade beim Thema sind:
auf was achtet ihr bei Asthmatikern noch? Klar, nicht unbedingt Betablockieren und das:
Original geschrieben von Rippenspreizer
200mg Propofol (kein Thiopental wg. V.a. COPD)wohl auch nicht, aber sonst?

R.

RS-USER-Katja
30.03.2007, 16:42
Original geschrieben von Rugger
Wo wir gerade beim Thema sind:
auf was achtet ihr bei Asthmatikern noch? Klar, nicht unbedingt Betablockieren und das:wohl auch nicht, aber sonst?

R.
Wenn die Betablocker in der VM haben (ist gar nicht so selten und erstaunlich häufig unproblematisch), bleibt der natürlich drin.

Ansonsten meidet man bei Asthmatikern und Allergikern alles, was Histamine freisetzt (z.B. Morphium, Atracurium, Mivacurium), zieht die bronchodilatierenden volatilen Anästhestika vor (Isofluran, wer noch hat Halothan) und meidet die Gabe von Atropin oder Robinul soweit möglich, weil es den bronchialen Schleim eindickt.
Wenn sie Sprays haben, sollen sie die bitte mit in den OP mitbringen, wenn sie Corticoide als Dauermedikation oral nehmen, kann man je nach Dosierung diskutieren, ob man ihnen die Gabe für den Tag der OP hochsetzt wegen des Stresses... aber das wird schon ein bißchen speziell ;)
Anständige Anxioloyse mindert das Risiko, daß einem der Patient in der Einleitung, Ausleitung oder intraoperativ einen Asthmaanfall schiebt.
Man kann über eine zusätzliche Gabe von H1 und H2-Blockern präOP nachdenken, besonders bei allergischem Asthma mit Kreuzallergien (Kiwis, Latex...).

Das wäre jetzt das, was mir spontan einfällt. Es gibt aber bestimmt noch andere Weisheiten :)

Dr. Magill
09.06.2007, 17:51
Eine TIVA mit Barbituraten halte ich für obsolet. Nachdem Methohexital nicht mehr verfügbar ist, käme ja auch nur Thiopental in Frage, das in dieser Verwendung für stunden- bis tagelange "Nachschlafzeiten" seit etwa 1940 zu Recht berüchtigt ist. Eine Alternative wäre die TIVA mit Propofol als Hypnotikum.

Ich persönlich halte jede "balancierte" Anästhesietechnik für gleichwertig, sofern sie die Analgesie in den Mittelpunkt des Anästhesieverfahrens stellt. Egal, für welches Hypnotikum man sich zur Aufrechterhaltung entscheidet: Ob Isofluran, Sevofluran, Desfluran oder Propofol; ich sehe nur marginale Vorteile bei den genannten Hypnotika. Persönlich bevorzuge ich eine mit Thiopental (ASA I - ASA II) oder Etomidat (ASA III - ASA IV) eingeleitete, mit 0,5 MAC aufrechterhaltene Hypnose durch Desfluran bei einer suffizienten Analgesie mit Fentanyl in klassicher NLA-Dosierung. Zur Einleitung gebe ich auch noch gern 1,25-5 mg Droperidol dazu.