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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Neues Airway-Spielzeug



RS-USER-Katja
18.05.2007, 22:01
Seit gestern ist unser kleines Krankenhaus am Rande desChaos stolzer Besitzer dieses neuen Spielzeugs namens McGrath http://www.lmana.com/mcgrath.php der Firma LMA. Ich habe es gestern nach Training an der Puppe auch noch real ausprobiert und muß sagen: Geht gut. Ist aber ungewohnt, weil man zum erfolgreichen Gebrauch die Bewegung machen muß, die einem beim Intubieren sonst Schläge einbringt: Ein bißchen hebeln.

Aber mal von vorn: Es ist ein Laryngoskop mit Macintosh-Spatel, wobei der Spatel einen durchsichtigen Einmal-Plastikaufsatz hat; der Spatel selbst ist mit einer einfachen Rastung von Größe 3 bis 5 verstellbar. Der Bildschirm macht ein um viele Längen besseres Bild als das Pixelpuzzle der C-Trach, man bekommt ein gestochen scharfes Bild. Kleiner Gag: Man kann das Ding drehen wie man will, das Bild bleibt immer nach oben ausgerichtet. Für die Eispickelintubation, denke ich ;-)
Etwas anders als mit dem normalen Spatel ist die Handhabung, der McGrath (das McGrath?) wird mittig eingeführt und die Zunge nicht wirklich zur Seite geschoben, wenn man was sehen kann, kommt diese Kippbewegung - ich kann das nicht gut erklären, man muß es sehen, man benutzt es eher wie eine Kreuzung zwischen einem Miller und einem Macintosh. Das führt dazu, daß man an der HWS nur minimale Bewegung bekommt, so daß sich ggf. auch ein Patient im Stiffneck damit einstellen läßt.
Die Intubation unter Sicht auf den Monitor ist ebenfalls etwas gewöhnungsbedürftig, aber nicht schwer - schon gar nicht für Computerspieler ;)

Also, eins der beiden wird seinen Weg in die Difficult airway-Kiste finden, das andere erstmal so im OP bleiben, damit alle lernen, es im Normalfall zu benutzen, sonst ist es im Notfall für den Eimer. Für den ER ist es sicher hier Gold wert, denn von den intubiert kommenden Patienten sind erschreckend viele fehlintubiert (ein Thema für sich...) und das Ding macht das Gucken bei Stiffneck einfacher.

Ich bin mir zwar noch nicht sicher, wie gut sich das Reinigen läßt (denn im ER wird es dreckig werden, keine Frage), aber das ist ein Test, den nur das Leben bringt. Ich werde weiter berichten :)

Und bevor wer schreit: Ja, es ging bisher auch ohne, nein, ich glaube nicht, daß es das Leben revolutionieren wird, aber ich finde es einen netten zusätzlichen Pfeil im Köcher. Mal sehen, was das harte wirkliche Leben dazu sagt.

RS-USER-Rippenspreizer
18.05.2007, 22:06
Foooootoooos!
Du weisst doch; ich hab es m3ehr mit dem bildlichen Vorstellungsvermögen.
Apropo "Vermögen" - sowas kostet doch sicherlich ´n Schweinegeld, oder?

RS-USER-apoplex
18.05.2007, 22:18
Früher sagte man "google ist dein Freund", mittlerweile scheint das ja durch youtube.com abgelöst worden zu sein:

http://youtube.com/results?search_query=mcgrath+intubation&search=Search

RS-USER-Katja
18.05.2007, 22:25
Original geschrieben von Rippenspreizer
Foooootoooos!
Du weisst doch; ich hab es m3ehr mit dem bildlichen Vorstellungsvermögen.
Apropo "Vermögen" - sowas kostet doch sicherlich ´n Schweinegeld, oder?

Bilder habt ihr schon dank dem apoplex ;) Der freundliche Herr hat zwar gesagt, was es kostet, aber ich habe es verdrängt - nein, es war nicht so teuer, wie ich befürchtet hatte. Zudem nehme ich an, daß die UCSF noch welche für die anderen Kliniken gekauft hat und es Mengenrabatt gibt.

RS-USER-Rippenspreizer
18.05.2007, 22:30
Okay, das ist anschaulich.
Aber mal im Ernst; ich bin mir ja durchaus bewusst, ein Mitglied der sogenannten "Monitor-Generation" zu sein, aber irgendwo hört es doch auf, oder?

Drei mögliche Szenarien machen mir Angst:

1.) bald kann man sich nicht mal mehr die Nase putzen, ohne ´n Display benutzen zu müssen
2.) demnächst wird die Intubation kurz vor dem Erreichen der Stimmritze von irgendeinem Werbeblock unterbrochen
3.) in Zukunft können sogar Chirurgen intubieren!

Ernsthaft: ich finde, langsam geht es zu weit. Warum jetzt mit Display? Hat es nicht viele Jahre auch gut "analog" geklappt? Müssen wir uns selbst bei basalen Anästhesietechniken mit LCD-Technologie behelfen und wann kommt der iv-Zugang mit serienmässiger Sono-Spitze, die automatisch die Braunüle in ein geeignetes Gefäß navigiert?

Im übrigen glaube ich nicht, dass dieses Ding die Lösung gelegentlicher Airway-Probleme ist. Was ich schon unter Sicht nicht intubiert bekomme, wird durch´n Display nicht besser. Dann schon lieber Video-Bronchoskopie (alleine aus pädagogischen Gründen)

:-meinung

RS-USER-Schädelspalter
18.05.2007, 23:07
Nettes Spielzeug, z.B. für den Patienten mit traumatischer SAB nach Sturz auf die durch die rheumatoide Arthritis lädierte HWS :D .
Spaß beiseite: wie ist das mit der Hygiene? Hilft das Teil wirklich bei Patienten, die konventionell schwer intubierbar sind? Gibt es außer beim o.g. Patienten eine Indikation, bei der das Gerät etwas verbessert?


Original geschrieben von Rippenspreizer
...und wann kommt der iv-Zugang mit serienmässiger Sono-Spitze, die automatisch die Braunüle in ein geeignetes Gefäß navigiert?
...
Das wäre mal wirklich was. Ich mußte heute leider ein Mädchen für ihre Chemotherapie ziemlich zerstechen :( Und ich kann Frauen doch nicht weinen sehen :( Leider ist das Punktieren der Vene selbst meist nicht das Problem, sondern das Plazieren der Verweilkanüle - aber ich weiß natürlich, dass Daniel das nur als Zuspitzung geschrieben hat ;)

Aber zurück zum Thema: Für jemanden, der nicht ganz so geübt ist, könnte McGrath vielleicht eine Verbesserung bedeuten. Hauptsache, derjenige beherrscht auch "Plan B"


Original geschrieben von Rippenspreizer
Drei mögliche Szenarien machen mir Angst:

1.) bald kann man sich nicht mal mehr die Nase putzen, ohne ´n Display benutzen zu müssen
2.) demnächst wird die Intubation kurz vor dem Erreichen der Stimmritze von irgendeinem Werbeblock unterbrochen
3.) in Zukunft können sogar Chirurgen intubieren!

4.) Ein Gerät nimmt anderen Ärzten das Denken ab und Internisten werden überflüssig :D

RS-USER-Katja
18.05.2007, 23:53
Na, Daniel, haben wir beide heute Rollenwechsel? :D

Wie gesagt, ich sehe nicht, daß das die allgemeine Praxis ändert, aber als zusätzliches Tool für Patienten mit HWS-Problemen (und das sage ich, obwohl ich ausgesprochen gern mit der Fiberoptik intubiere ;) ) finde ich es gut. Warum das Display? Ganz einfach, man muß dem Patienten den Schnabel nicht so weit aufreißen, wenn man nicht direkt in den Hals guckt! Dadurch hat man weniger Manipulation im Kiefergelenk und in der HWS.
Nein, ich werde den Patienten mit der Densfraktur damit nicht angehen, aber im Stiffneck... komm mal hier her, dann zeige ich Dir, was ich meine. An manchen Tagen haben 50% meiner Patienten eine nicht freigegebene HWS (die nur deswegen nicht freigegeben ist, weil es niemand ausgesprochen hat, der sie freigeben darf). Oder eine Schußverletzung im Gesicht. Oder eine komplett versteifte HWS, weil beim nach UFOs gucken vorn Bus gelaufen.

Und es ist tasächlich so, man sieht durch das Ding anders als mit dem Laryngoskop. Natürlich wird auch das nicht alle Airwayprobleme lösen, da bleibt es bei "It's better to have a sugical airway than to have a coding patient with a nice looking neck", und selbst das ist nicht die Lösung aller Probleme, aber gerade bei hochstehendem Kehlkopf oder wenig Kinn siehst Du u.U. mehr als bei der direkten Laryngoskopie. Weil Schnüffelposition nicht nötig.

Zur Hygiene sage ich was, wenn die Dinger ein paar Wochen hier in Benutzung waren. Das Plastik-Blade wird jedes Mal ausgewechselt, aber wie gut sich das Gerät säubern läßt, merkt man erst im Gebrauch. Und wenn es *hier* nicht dreckig wird, dann nur noch auf der Rettung ;)

Wenn das mit dem Werbeblock kommt, steige ich auf Anästhesie in 3. Welt-Ländern um, da treffe ich dann meinen AV1 und Sulla wieder :D


Edit: Zu Punkt 3: Können sie doch, nur ist die Trachea gemeinerweise praktisch nie da, wo sie hingehört :-p Daran ist irgendwie bestimmt die Anästhesie schuld!

RS-USER-Rippenspreizer
19.05.2007, 06:32
Original geschrieben von Katja
An manchen Tagen haben 50% meiner Patienten eine nicht freigegebene HWS (die nur deswegen nicht freigegeben ist, weil es niemand ausgesprochen hat, der sie freigeben darf). Oder eine Schußverletzung im Gesicht. Oder eine komplett versteifte HWS, weil beim nach UFOs gucken vorn Bus gelaufen.

Amis :rolleyes:

RS-USER-Katja
18.06.2007, 00:23
Jetzt habe ich ein paar Mal damit gespielt und kann Praxisrelevantes dazu schreiben.
ICH komme gut damit klar, habe aber bei vielen meiner Residents Probleme damit gesehen. Das liegt zum einen sicher daran, daß es ein primär ungewohnter Blick ist, wenn man die Glottis zwar sieht, aber eben nicht direkt.
Was mir viel mehr auffällt, ist daß die Mädels Probleme haben. Das sind alles keine Computerspieler oder sie spielen kein Instrument, das die voneinander unabhängige Bewegung der Hände lehrt. Will sagen: Es ist für den, der "normal" intubieren kann und es gewohnt ist, Tubus und Glottis direkt im Blick zu haben, offenbar schwer, den Tubus reinzudirigieren, weil er sich etwas anders verhält als bei der direkten Laryngoskopie.
Zudem muß der Tubus fast im rechten Winkel angebogen sein, damit er gut einzuführen ist (nichts für die Häuser, die glauben, man könne jeden Patienten ohne Führungsstab intubieren); ergibt sich so aus den anatomischen Normalverhältnissen, macht die Handhabung aber offenbar nicht leichter.


Original geschrieben von Schädelspalter

Aber zurück zum Thema: Für jemanden, der nicht ganz so geübt ist, könnte McGrath vielleicht eine Verbesserung bedeuten. Hauptsache, derjenige beherrscht auch "Plan B"

Das weiß ich eben nicht. Ich werde mal versuchen, ihn den Medizinstudenten in die Hand zu drücken, die ja noch nicht normal intubieren können und schauen, ob die damit flüssiger umgehen als die Halbroutinierten.

Sauber zu halten ist er übrigens gut, was mich letzte Woche nur richtig angeätzt hat war daß plötzlich bei Belastung auf der Spitze der Bildschirm flackerte - das scheint ein Zeichen für Batterieschwäche zu sein, aber die Batterieanzeige hat nicht gemeckert. DAS will ich bei einer schwierigen Notfallintubation definitiv nicht haben!