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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Paracetamol - oder was ist Gift?



RS-USER-Anonym
27.05.2007, 20:21
Hallo,

keine Ahnung, ob das hier der richtige Platz ist, aber ich finde hier in den Foren keinen geeigneteren - @Mods: entscheidet selbst.

Ich finde das hier sehr wichtig, weil ich selber auf erschreckender Weise lernen mußte, wie gering manche therapeutische Breiten bei der Dosierung gängiger und vorallem freiverkäuflicher Medikamente sind. Und wie schnell man das unterschätzt. Selbst wenn man eigentlich vom Fach ist und es wissen müßte.

Nun, es geht um Paracetamol. Beliebtes Schmerzmittel, das jeder zuhause in seiner Apotheke hat und unter den verschiedensten Bezeichnungen auch so frei und für jedermann zu haben ist.

Nach einem kleinerem chirurgischen Eingriff nach Hause entlassen worden, mit dem Hinweis das Paracetamol da gut helfen würde. "Gleich zuhause eine nehmen, dann nach abklingen der örtlichen Betäubung nochmals"

Ich halte mich dran, doch helfen tut es nix. Nach Ablauf von 4 Stunden erhöhe ich die Dosis auf 1gr. - so wie in der Beilage beschrieben.
Besserung tritt ein, doch nicht lange. Nach wieder 4 Stunden halte ich es nicht mehr aus und wieder wird ein 1gr. genommen.
Die Praxis hat zu, es wird dunkel und die Schmerzen leider nicht besser. Wieder halte ich es nicht mehr aus und nach weniger als 3h gibt es wieder 1 gr. Paracetamol.

Wie sehr Schmerzen einem das Hirn vernebeln, kann ich erst jetzt wirklich abschätzen - anders kann ich mir nicht erklären, warum ich den folgenschweren Gedanken spinne, das es noch eine "Pufferzone" geben muß?

"Dann habe ich halt etwas mehr 4 gr. - das wird mich schon nicht umbringen" und wieder verschwinden 1gr. Hauptsache die Schmerzen sind weg.
Am Morgen sinds dann insgesamt maximal 7gr. Paracetamol die ich innerhalb 18h genommen hatte.

Die Schmerzen haben tatsächlich nachgelassen und der Geist ist wieder voll da- voll genug um festzustellen, das diese plötzliche Schläfrigkeit, Übelkeit und der Schweißausbrauch nur vom Paracetamol herkommen kann. Was sich auch gut mit der Packungsbeilage deckt.

Panik kriecht hoch und ich schleppe mich schnellstens in die Notaufnahme. Blutentnahme, EKG, Zugang bekommen, ausgefragt worden ( Nein, keine Suizidalität !) und dann bekomme ich eine KI ACC 600mg i.v.
Nach bangem Warten: Laborwerte noch in Ordnung, aber ich muss trotzdem da bleiben. Ich bekomme weiterhin ACC 600 mg, nun aber als Brausetablette und werde auf die Notaufnahmestation gelegt.
Die Übelkeit wird wieder besser, erbrochen hatte ich zu meinem Glück nie müssen, regelmäßig Vitalzeichenkontrolle.

Die Nacht vergeht gut, habe ein anderes Schmerzmittel bekommen. Am Morgen dann weitere Blutentnahme und bei der Visite die Entwarnung:" Glück gehabt, Transaminasen nicht erhöht, (GOT: 23, GPT: 27. Leuko 10 500, Laktat: 3.0, Serum-Paracetamol: 5,9 mg/l} kein Leberschaden zu befürchten trotzdem weiterhin nächste Woche Kontrolle der Leberwerte." Ich bin entlassen.

Mir fällt ein Stein vom Herzen und trotzdem: 1-2 gr. mehr und es hätte durchaus tödlich verlaufen können. Und: eigentlich hätte ich es von berufswegen her doch besser wissen müssen? Wieso habe ich mich dazu soetwas verführen lassen? Hätte ich nicht frühzeitig auf die Schmerzen reagieren können und anders handeln?
Alles, weil man die Schmerzen hat nicht aushalten können...Und bis dahin hatte ich gegelaubt, soetwas könne mir nie passieren... Überhebliche Arroganz.

Paracetamol ist hier freiverkäuflich und in den USA mittlerweile der Hauptgrund bei jungen Leuten für akutes Leberversagen. Teilweise aus Suizidalität, aber hauptsächlich auch aus versehentlichen Überdosierungen. Auch in Deutschland ist die Zahl nicht gering. Ich weiß von Krankenhäusern, in den Paracetamol wie Bonbons ausgegeben werden - der Pat. bekommt eigenverantwortlich einen Blister mit 10 Tabl. a 500 mg in die Hand gedrückt - ohne Hinweise.

Paracetamol ist sicherlich gut- aber eine Überdosierung schnell geschehen.

RS-USER-blacksheep
27.05.2007, 20:58
Naja bei 8g bist du an sich schon bei der doppelten Tagesdosis. Und wenn man bedenkt das es ab 16g letal wird. Wenn ich das richtig im Kopf habe wenn 16g vollresorbiert (denke aber mal auf einmal und nichtübern Tag verteilt) sind war ne neue Leber so ziemlich die einzige Chance auf überleben. Man korregiere mich falls ich irre. Aber an sich hätte ich da auch eher dann zu Co-Analgetika gegriffen als die Dosis so weit hochzuziehen.

RS-USER-Claudi
28.05.2007, 07:15
Original geschrieben von Anonym

Paracetamol ist sicherlich gut- aber eine Überdosierung schnell geschehen.

ich denke, das gilt für so ziemlich alle freiverkäuflichen Schmerzmittel. Aspirin u.ä. halte ich nicht für weniger problematisch.
Ich kenne da eine Frau, die - wenn sie starke Kopfschmerzen hat - durchaus ein halbes Päckchen ASS über den Tag verteilt auffuttert (10-15 Tab á 500 mg !).
Es hilft nicht - also nehm ich mehr.
Besser ist natürlich, wenn es nicht hilft - einmal Dosis erhöhen und wenn es immer noch nicht hilft: Anderen Wirkstoff nehmen. Ist kein Arzt zu erreichen, wirklich den ärztlichen Notdienst anwählen, denn Schmerzen, die man nicht in den Griff kriegt, sind meines Erachtens schon ein "Notfall", du hast ja nun am eigenen Leib gespürt, wie es sein kann.

Vielleicht sollten auf den Beipackzetteln deutlicher vermerkt werden, dass es eine "Maximaldosis" gibt - nur wer liest schon den Beipackzettel.

Die Idee freiverkäufliche Medikamente nur in kleinen Mengen abzugeben, ist so schlecht nicht. Allerdings würde eine gute Aufklärung in der Apotheke (die sich ja angeblich so riesig von Versandapotheken unterscheiden soll.....) ausreichen.

RS-USER-opus
28.05.2007, 10:02
Original geschrieben von Claudi
[...]
Die Idee freiverkäufliche Medikamente nur in kleinen Mengen abzugeben, ist so schlecht nicht. Allerdings würde eine gute Aufklärung in der Apotheke (die sich ja angeblich so riesig von Versandapotheken unterscheiden soll.....) ausreichen.

Richtig, aber gerade Paracetamol ist ein typisches Medikament für die Vorratshaltung, da sich Kopfschmerzen nicht immer ankündigen und man nicht immer sofort zur Apotheke rennen will oder kann. (Meine Vorräte reichen zur Zeit auch, um die Familie mehrfach auszulöschen...).
Die Aufklärung in der Apotheke verbitten wir uns selbstverständlich, denn wir wissen ja schließlich, was wir tun....und ausserdem haben wir die zum Zeitpunkt der Einnahme ohnehin längst vergessen...:grins:
Du weißt doch, wie das ist.

Aber es stimmt schon, bei Ratiopharm bekommst du die Tabletten in der 30er-Packung, also 15 g reiner Stoff. Das ist so gesehen schon heftig. Nur, wenn es frei verkäuflich ist, dann darf ich auch gleich mehrere Packungen davon kaufen. Also macht es die Packungsgröße letztlich auch nicht.

Um wirklich was zu erreichen, müßte man es verschreibungspflichtig machen, aber das macht auch wieder keinen Sinn, bei dem Zeug und seinen vorschriftsmäßigen und vorgesehenen Anwendungsgebieten.

Somit bleibt wirklich nur der Wunsch nach etwas mehr Aufklärung zum Thema Medis allgemein.

RS-USER-Bärentöter
28.05.2007, 13:01
Original geschrieben von Claudi
Allerdings würde eine gute Aufklärung in der Apotheke (die sich ja angeblich so riesig von Versandapotheken unterscheiden soll.....) ausreichen.

Paracetamol ist mein Schmerzmittel der Wahl. Mich hat NOCH NIE ein Apotheker vor Überdosierung gewarnt! (ich stelle mich in einer Apotheke nur als Arzt vor, wenn ich etwas rezeptpflichtiges brauche)

RS-USER-Claudi
28.05.2007, 13:08
Original geschrieben von Bärentöter
Paracetamol ist mein Schmerzmittel der Wahl. Mich hat NOCH NIE ein Apotheker vor Überdosierung gewarnt! (ich stelle mich in einer Apotheke nur als Arzt vor, wenn ich etwas rezeptpflichtiges brauche)
das meine ich ja, hätte vielleicht einen Ironie-Modus benutzen sollen. :grins:
Aber die Apotheker kommen immer genau mit diesem Argument, wenn sie gegen Versandapotheken wettern.
Ich persönlich habe auch noch NIE irgendein Wort gehört, egal was ich gekauft habe - ASS, Paracetamol oder sonstwas.

Ich persönlich nehme kein Paracetamol. Hilft bei mir nicht - bei nix. Egal was - Kopf-/Zahnschmerzen oder sonstwas: Wirkung gleich Null. Scheint auch das Problem von Anonym zu sein. Vielleicht hätte man ihm im KH ein Alternativpräparat mitgeben sollen - bzw. in diesem Fall hätte sich eine gute Aufklärung angeboten! Egal ob vom Fach oder nicht.

RS-USER-Bärentöter
28.05.2007, 13:13
Original geschrieben von Claudi
das meine ich ja, hätte vielleicht einen Ironie-Modus benutzen sollen.

Ironie verstehe ich schon...

Aber ältere Damen, die nach Unfug wie Bachblüten fragen, werden gnadenlos vollgetextet. Scheinbar sind die Spannen da größer.
Nagut, ich frage bei Paracetamol ja nicht.

RS-USER-Anonym
28.05.2007, 14:32
Danke, ich dachte schon ich werde nun gesteinigt!

Ihr habt genau die Aspekte angesprochen, die mir so flau auf der Leber 'tschuldigung Magen liegen.

Die letale Dosis bei Paracetamol ist nach Google-Recherchen bei 143 mg/ kg Körpergewicht. D.h. ein 60 kg schwerer Mensch benötigt nur 8,58 gr Paracetamol. Und das bei einem gesunden Menschen.
Eine typische Packung hat aber schon das doppelte anzubieten.

Was die Packungsbeilage angeht: es ist doch sehr schwammig geschrieben. Zwar ne klare Dosierungsanleitung - aber die ist schon an das Maximum orientiert und die Folgen werden doch eher ungenau beschrieben: Die Überdosierung kann zu bla bla..... Kann, muss es aber auch? Letzteres war wohl der Grund, warum ich die Beilage nicht mehr beachtete.
"Kleine Mogeleien" wie bei mir werden dann schnell lebensgefährlich. Und Hand auf Herz: Wem ist das wirklich bewußt?

Aufklärung in der Apotheke oder beim Arzt? Pustekuchen! Ich bin noch nie wirklich beraten worden.
Auch durch Google fand ich erst heraus, das Paracetamol bei chirurgischen Eingriffen - egal wie groß- nicht wirklich hilft. Und das mein Arzt mir nur unwillig was verschreiben wollte, lag wohl an der Budgetierung.

Paracetamol war auch bei mir immer Mittel der Wahl - und ich denke, auch bei vielen anderen hier. Doch die Folgen vielleicht nicht jedermann klar. Darum habe ich das hier reingeschrieben.

saddamski
28.05.2007, 14:38
Ich würde sagen, dass in dem Fall von Anonym, auch die Schmerzen eine Rolle spielen und man da schnell den Verstand verlieren kann. Einen Vorwurf würde ich mir da nicht machen. Der Schuster hat die schlechtesten Schuhe und der Versicherungsvertreter keine Renten- und Krankenversicherung ;)

Zu den Apotheken: Denen sollte man das Quasimonopol abnehmen! Das getexte mit der Beratung greift doch nur in ein paar Fällen. Ein Bekannter hat in ein und der selben Apotheke über Jahre Diclo und ASS gekauft...in Mengen die für einen einzigen Magen mehr als ungesund waren. Da gab es nie ein Wort von Warnung oder ähnlichen. Hauptsache der Kund bezahlt.

Die einzige Beratung die ich mal in einer Apotheke bekommen habe war: Muss es das Paracetamol von Ratiopharm sein, oder darf ich Ihnen unser Paracetamol verkaufen? Es ist der selbe Wirkstoff mit der gleichen Menge und kostet weniger.

RS-USER-Claudi
28.05.2007, 15:30
Original geschrieben von Anonym
Danke, ich dachte schon ich werde nun gesteinigt!


Wieso denn das?

Ich erzähl lieber nicht, was ich schon alles gemacht hab....da stehen mir heute noch die Haare zu Berge - aber so was macht man eben, wenn's einem richtig dreckig geht.

Außerdem: Fürs Leben lernt man. Beim nächsten Mal weißt du es besser.

Rescuerambo
28.05.2007, 15:34
Original geschrieben von Claudi
das
Ich persönlich nehme kein Paracetamol. Hilft bei mir nicht - bei nix. Egal was - Kopf-/Zahnschmerzen oder sonstwas: Wirkung gleich Null. Scheint auch das Problem von Anonym zu sein. Vielleicht hätte man ihm im KH ein Alternativpräparat mitgeben sollen - bzw. in diesem Fall hätte sich eine gute Aufklärung angeboten! Egal ob vom Fach oder nicht.


Da wäre aber ASS nach ner OP auch eher kontraindiziert....

RS-USER-DocMezzoMix
28.05.2007, 17:26
Was ich aber z.B. absurd finde, ist Ibu400 bekomm ich so, wenn ich Ibu600 will, brauch ich ein Rezept.... also nehm ich gleich 2 400er obwohl 600 vielleicht ausreichen würden...

RS-USER-Anonym
28.05.2007, 17:48
Vorsicht vor Überdosierung- www.hr-online.de (http://www.hr-online.de/website/radio/hr4/index.jsp?rubrik=6656&key=standard_document_29579354) 26. Februar 2007

RS-USER-blacksheep
28.05.2007, 18:06
Original geschrieben von DocMezzoMix
Was ich aber z.B. absurd finde, ist Ibu400 bekomm ich so, wenn ich Ibu600 will, brauch ich ein Rezept.... also nehm ich gleich 2 400er obwohl 600 vielleicht ausreichen würden...

Nicht ganz. Also .. nicht jedes 400mg Präperat ist nur Apothekenpflichtig. Nur die "akut" sind Ap. Die ohne diesen Zusatz sind Rp. Weiß der Geier wieso.

400mg Rezeptpflichtig:

http://www.gelbe-liste.de/dbabfrage/WWCGI.DLL?GLWIN~Praep~110924

400mg Apothekenpflichtig:

http://www.gelbe-liste.de/dbabfrage/WWCGI.DLL?GLWIN~Praep~300436

RS-USER-Katja
28.05.2007, 19:34
Naja, so genau sollte man es in den Beipackzettel auch nicht schreiben, sonst ist das als Anleitung zum Selbstmord zu einfach. Ich nehme mal an, daß es deswegen nicht genau aufgeschlüsselt ist.
Ich weiß tatsächlich nicht, ob es tatsächlich faßbare Unterschiede darin gibt, die Tageshöchstdosis auf einmal zu überschreiten (die sichere Dosis liegt bei 60mg/kg KG für Erwachsene, für Kinder bei 100mg/kg KG, man nimmt an, daß bei Kindern die Unreife des Chytochrom P450-Systems dazu führt, daß weniger toxische Metaboliten entstehen und sie daher höhere Dosen vertragen; die Tageshöchstdosis ist bei Erwachsenen bei 100mg/kg, bei Kindern bei 150mg/kg). Man kann aber bis zu 6 Stunden nach Einnahme (und das ist bei großen Mengen auf einmal sicher effektiver) mit Aktivkohle die weitere Resorption verringern. N-Acetylcystein und Hämofiltration/dialyse sind dann wie bekannt der weiteren Schadensbegrenzung vorbehalten.

Als Analgetikum ist Paracetamol mäßig effektiv, als Antipyretikum deutlich besser. Als alleiniges postoperatives Analgetikum ist es ein bißchen tief gestapelt für die meisten OP-Schmerzen.
Ob ASS nach einer OP kontraindiziert ist, hängt stark von der OP und vom Patienten ab ;) Die Kardiologen propagieren ASS bei schlechten Herzpatienten bis zum OP-Tag an der HLM... und würden Plavix und ASS wohl gern dem Trinkwasser beimischen. Anderes Thema ;)

Daß der effektivste Weg zu Schmerzbekämpfung nicht "immer mehr davon" ist, wurde ja schon angesprochen. Dazu kommen persönliche Glaubensrichtungen des behandelnden Arztes (hier glauben z.B. die Orthopäden, daß NSAR die Knochenheilung verzögern und beschießen deswegen Patienten mit Opiaten, die wenig effektiv für Knochenschmerzen sind :rolleyes: ).

RS-USER-Claudi
29.05.2007, 11:45
Original geschrieben von Rescuerambo
Da wäre aber ASS nach ner OP auch eher kontraindiziert....
gibt ja noch mehr analgetische Segnungen als ASS. Kommt eben u.a. auf die Op an.

Rescuerambo
29.05.2007, 13:27
Original geschrieben von Claudi
gibt ja noch mehr analgetische Segnungen als ASS. Kommt eben u.a. auf die Op an.

Ich hatte gestern ne etwas längere Leitung :o