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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : neues Spielzeug: LifeTent von KCI



RS-USER-Rippenspreizer
01.06.2007, 17:26
Seit kurzen haben wir auf unserer Intensiv ein neues Spielzeug on KCI: Das LifeTent (http://www.kci-medical.com/kci/germany/kcitherapien/temperaturmanagement/deltatherm/) (DeltaTherm®) zur gezielten Temperaturregulation bei Intensivpatienten (Z.n. Reanimation, Sepsis etc.)

Gewaltiges Gerät, laut aber effektiv: In 3 Std. von 41°C auf Zieltemp. von 36,8°C - schneller ist das Coolgard auch nicht :)

Obwohl... irgendwie gefiel mir die "Rippenspreizer-Variante" besser :-p ...

RS-USER-Schädelspalter
01.06.2007, 18:42
Die Intensiv, auf der ich zuletzt war (internistisch, kardiol. Schwerpunkt, sehr groß, weites Einzugsgebiet, Klinik der Maximalversorgung) hat sich gegen dieses Modell entschieden.
Hauptgrund war die schlechte Handhabung, wenn man was am Patienten machen wollte (Lagern, Echo, Sono, Waschen, Röntgen....). Und das Ding ist echt laut.
O.K., das Display ist hübsch und die Kühlungsgeschwindigkeit ist gut ;) Optisch macht das Ding jedenfalls was her :D

RS-USER-Schädelspalter
01.06.2007, 18:43
Mit dem obigen Beitrag meinte ich natürlich das Zelt, nicht den Rippenspreizer-Kühlschrank :D

RS-USER-Feife
01.06.2007, 19:30
Bei uns auf Station habe ich das DeltaTherm bisher nur im Flur herumstehen sehen - in Aktion habe ich es noch nicht erlebt. Der CoolGard wird hier eindeutig bevorzugt.

Ein paar Gedanken zu den beiden Systemen.

Beginn der Therapie:
CoolGard: großlumigen Femoralis-Katheter legen, CoolGard-System vorbereiten und füllen, zwei zentrale Temperatursonden legen (Blase & Oesophagus/Rectum), Therapie beginnen. (Durch den Katheter gibts drei zentrale Lumen mehr)
DeltaTherm: Bett arrangieren, Zelt vorbereiten, Matratze "aufblasen", Patienten umbetten.

Laufende Therapie:
CoolGard: Automatische Temperaturkontrolle und -veränderung je nach Programmierung. Betten und Lagern geschieht wie mit einem normalen Femoralis-Zugang wie z.B. zur CVVH. Diskonnektion für Untersuchungen ausserhalb der Intensiv ist möglich. Laufruhe ähnlich einem modernen Kühlschrank.
DeltaTherm: Low-Air-Loss Matratze reduziert Lagerungsintervalle, das LifeTent kann/muss für Eingriffe, Lagerung und Pflege geöffnet werden (Verlust effektiver Kühlung), begrenzte Möglichkeiten zur Patientenbeobachtung (mein persönliches Horrorszenario: diskonnektierte Infusionen / CVVH). Aufgrund der Low-Air-Loss-Eigenschaft der Matratze sind Untersuchungen ausserhalb der Intensiv zeitlich begrenzt. Das Gerät ist laut.

Beenden der Therapie / Lagerung des Materials
CoolGard: Erwärmung erfolgt nach Programmierung automatisch.
Nach diskonnektion des CoolGards vom Femoralis-Katheter verbleibt ein dreilumiger zentraler Zugang. Der Coolgard ist nicht viel größer als ein PC-Tower. Das zugehörige Einmalmaterial (spezieller zentraler Katheter und Kühleinheit) lässt sich in einem kleinen Schrank lagern.
DeltaTherm: Erwärmung erfolgt nach Programmierung automatisch. Nach Abschluss der Therapie bleibt die Matratze des Systems bis zu einer erneuten Umlagerung gebunden. Die Kühleinheit ist groß und sperrig (doppelte Größe des CoolGuards), die Matratze verbraucht entsprechenden Lagerraum, die Einwegzelte brauchen zusätzlich Lagerplatz.

In meinem persönlichen Urteil gewinnt hier der CoolGard, weil der Patient zugänglich bleibt und das Kühlsystem relativ dezent im Hintergrund. Ein nettes Extra sind die zusätzlichen zentralen Lumen (die mir immer knapp werden). Eigentliche Nachteile sehe ich in der Liegezeit des Katheters (5 Tage - zur Vermeidung von Infektionen) und in der Entsorgung des Kühlmittels Propylenglycol.
Das DeltaTherm hat seine Vorteile wohl am ehesten bei Patienten mit Kühlbedarf >3 Tage, da sich ab hier der Aufwand fürs Umbetten eines Intensivpatienten "lohnen" dürfte.

RS-USER-Rippenspreizer
01.06.2007, 19:42
Wir sollten die Kosten nicht ganz außer Acht lassen.
Und da gewinnt das LifeTent, solange man nur ein Zelt-Set pro Patient verwendet.
Wird das Ding schmutzig/geht es kaputt, ist natürlich das Tent im Vergleich zum Coolgard gleich wieder teurer.

(LifeTent: 400-500,- Euro; Coolgard: ca. 500-600,- Euro)

RS-USER-Feife
01.06.2007, 19:56
Weißt du wie es um die Anschaffungs- oder Mietpreise bei beiden Systemen steht? (Oder waren deine Preisangaben schon "pro Therapie" gerechnet?

Con
02.06.2007, 15:33
KCI vermietet die Dinger nicht. Entweder man bestellt sich das Teil zur Demo, KCI macht das, oder man muss es kaufen. So lautet die Auskunft unseres KCI - Gebietsleiters.

Intensivling
03.06.2007, 11:24
Wir hatten das LifeTent auf unserer neurochirurgischen ITS für 3 Monate im Einsatz.
Es war grausam mit dieser Gerätschaft im täglichen Alltag zu arbeiten.
- Die Handhabung ist schlecht in standardgroßen Bettboxen.
- Der Geräuschpegel stört wache Patienten Nachts meist zwei Boxen weiter.
- Versucht mal pfleg. Massnahmen in diesem Gerät, geschweige denn der Patient führt mal ab oder sonstwas ... grausam.
- mal eben eine i.v. Injektion wird zum Abenteuer.

Natürlich muss man erwähnen, das der LifeTent das einzig zugelassene Gerät ist für Hypothermie bei SHT oder sonstigen neurochirurgischen Ereignissen ist.

Den CoolGuard den wir nun besitzen und auch nutzen, ist dafür eigentlich nicht zugelassen sondern lediglich zur Postreanimationhypthermie.

Weiter ist halt immer noch fraglich ob die Hypothermie bei SHT was bringt oder nicht. Bei Reanimationen sieht das schon wieder anders aus.

Fazit :
Nachdem ich beide Geräte kenne und auch schon damit gearbeitet habe bevorzuge ich den CoolGuard, auch wenn dort die Komplikationen wesentlich gravierender sein können.
Die Vorteile liegen in der Handhabung, der Lautstärke und das man an dem 3 lumigen Femoraliskatheter zusätzliche Schenkel zur Therapie hat, die bei solchen Patienten zusätzlich zu einem ZVK nützlich sind.

Den LifeTent haben wir schnell wieder abgeschafft. Wir haben 2 Bett Boxen und es ist unzumutbar bei laufender Therapie dort einen weiteren Patienten aufzunehmen.

Der Intensivling

RS-USER-Katja
03.06.2007, 16:43
Ich hab's, da ich in letzter Zeit nicht auf Intensiv war, nicht bespielt, aber das, was mein holder Gatte von der ICU erzählte, deckt sich mit Deinen Beobachtungen - und daher läuft auch dort weiter CoolGuard.
Der Patient mit explosiver Diarrhoe , der notfallmäßig bronchoskopiert werden mußte, hat da deutlich zu beigetragen ;)

Intensivling
04.06.2007, 11:09
Für Ärzte ist dieses System natürlich optimal. Kein invasiver Eingriff nötig, Hypothermie wird gerwährleistet und vor allem keine Arbeit damit :D
Das Pflegepersonal wird da anderer Ansicht sein Daniel :D

RS-USER-Schädelspalter
04.06.2007, 22:18
Original geschrieben von Katja
...
Der Patient mit explosiver Diarrhoe , der notfallmäßig bronchoskopiert werden mußte, hat da deutlich zu beigetragen ;)
:grins: :-kotz


Original geschrieben von Intensivling
Für Ärzte ist dieses System natürlich optimal. Kein invasiver Eingriff nötig, ...
Na Danke. Schonmal versucht, ein Echo oder Abdomensono in dem Ding hinzukriegen? Nach den Verrenkungen braucht der Sonografierende einen invasiven Eingriff ;)

Original geschrieben von Intensivling
Das Pflegepersonal wird da anderer Ansicht sein Daniel :D Ach was, Daniel wird noch dem nächsten Patienten im Zelt eine Magensonde legen, damit er seine 100ml Lactulose am Tag kriegen kann? :D Wat mutt, datt mutt.
Im Ernst, was mich stört:
- man kommt nicht an den Patienten ran (Untersuchungen, Körperpflege, Interventionen...), ohne viel Aufwand - entweder verrenkt man sich, damit man durch die kleinen Luken arbeiten kann oder man reißt es ein und baut es wieder auf.
- mindestens so wichtig: man sieht den Patienten nicht gut. Diskonnektiertes Irgendwas? Verschlissenenes Teil zu spät bemerkt? Großzügig genug relaxiert - oder zittert er etwa (oder beißt er z.B. seinen Woodbridge platt :eek: )

Dr. Magill
07.06.2007, 17:39
Interessant, wie in der Medizin doch alles zyklisch wieder kommt. Erst vor 7 Jahren haben wir auf unserer Uralt-Intensivstation à la Rügheimer die alten Hypothermie-Boxen zu Isolations-Boxen umgebaut. Ich erinnere mich aus meiner zeit als Intensivstudent in den 80ern auch noch an das Blanketrol-Gerät. Am pfiffigsten fand ich die selektive Hirnkühlung per HLM (Bonn, ca 1965). Vielleicht kommt ja auch der lytische Cocktail wieder? Hibernation artificielle? Back to the 50s.

Back to life machine
08.06.2007, 07:55
Wir haben ja so einiges an Kühlmethoden durch (bei ca. 80Hypothermiepat/Jahr seit ca. 2003) darunter verschieden Kathetersysteme, so ein Westen/Helmteil und auch das KCI-Bett.
Unsere Erfahrung:
Preis: Bett initial 40-50.000€ Anschaffung, Cool-Guard ca. 20.000€, Anwendung vom Cool-Guard allerdings eher 1000€. Uns wurde auch ein Leasing-Angebot für das Bett gemacht (ca. 80€/Tag am Pat.), allerdings hängt das vielleicht auch mit unseren Fallzahlen zusammen, und damit, dass ich bei denen in so einer Art Expertenrunde sitze. Die Handhabung beurtelen wir ähnlich wie Ihr: Inder Chirurgie nicht wirklich praktikabel, bei aber uns relativ gute Akzeptanz auch bei der Pflege (die machen aber auch viel mehr Hypothermie noch "per Hand").

Prinzipiell halte ich die interne Kühlung (Infusion/Katheter) der externen Kühlung (Eis/Bett) für Überlegen, da bei der Externen Kühlung die Shivering-Schwelle aufgrund der tieferen Hauttemperatur erheblich ansteigt. Daher muss wesentluch tiefere Narkose + Relaxation gemacht werden. Bei der internen Kühlung ist nach dem Erreichen der Zieltemperatur keine Relaxation mehr nötig, mit einem potenteren, experimentellen Kathetersystem haben wir sogar wache Patienten unter Dolantin und Buspiron sowie Wärmedecke(!) gekühlt. Unter diesem Aspekt rechnet sich dann der bei diesen Patientenzahlen deutlich teurere Cool-Guard dann wieder, wenn die Patienten keine 3 Monate zum Aufwachen brauchen.

Funfi
27.03.2008, 12:36
Hallo zusammen!

Dieses Thema ist zwar schon einige Zeit her, jedoch würde ich doch zu gerne erfahren wie die Meinungen bzgl. Life-Tent Kühlbett von KCI heute sind!
Denn wir arbeiten nun schon zwei Jahre damit und sind eigentlich sehr begeistert.Wir haben zwei dieser Zelte im Einsatz. Vergleiche zum Cool-Quard gibt es nur in der Theorie. Wir, das heißt, interdiziplinäre Intensivstation in Bregenz am Bodensee/ Vorarlberg/ Österreich, kühlten davor die Postreanimationspatienten über die steinzeitliche Variente "Prisma"(Hämofiltration).
Wir sind im Bundesland Vorarlberg die einzige Intensiv die mit dem Life Tent arbeitet. Die größte Intensiv in Vorarlberg (Feldkirch) arbeitet primär nur mit dem Cool-Quard.

Rein qualitativ steht das Zelt um nichts dem Cool-Quard nach. Zeitlicher Kühlrahmen ist der selbe.
Gewöhnungssache ist beim Zelt der etwas erschwerte Zugang zum Patient (pflegerischer Aspekt). Dies relativiert sich durch den Aspekt "Minimal Handling"!
Und der Lärm der durch dieses Gerät verursacht wird ist auch vorbei, denn wir haben schon länger die neueste Software installiert, das Zelt schnurt regelrecht nur mehr!

Ich würde mich sehr über ein paar Meinungen von euch freuen, danke im vorraus!

Back to life machine
04.04.2008, 17:10
Also mal wieder eins meiner Lieblingsthemen:

Prinzipiell funktioniert das Ding schon ganz gut, allerdings muss - wie auxch beim CoolGuard - am Anfang noch mit anderen Methoden (infusionen) gekühlte werden, sonst ist es zu langsam. Das wird angesichts der Größe des Systems nicht immer so wahrgenommen.
Mein Argument mit der Narkose besteht weiterhin, wir hatten neulich mal wieder ein paar coolguarrd Patienten, was für ein Vergnügen!

Unser Hauptproblem: KCI wird das Produkt nicht mehr betreuen (irgendwann ab jetzt), mir ist noch nicht klar, ob es durch eine andere Firma übernommen wird, oder ob dann der Service eingestellt wird.