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Beachbaer82
14.06.2007, 15:29
Mahlzeit!

Im Januar diesen Jahres habe ich, ohne es zu wissen, eine Meningitispatientin transportiert ( 2 km ca. 15 Min Kontakt ).
Dies war im N8dienst.
Am folgenden Tag kam der Anruf "Melde dich im Krankenhaus zur BGlichen Aufnahme und Einnahme von Ciprobay!"

Gesagt getan.

Heute Mittag gleicher Fall. Pat. tranpsortiert ( 2 km ca. 40 Min Kontakt ), Meldung 3 Std. später über die Lst: "V.a. Meningitis - meld dich mal im KH!"

Dort angerufen sagte mir der diensthabende Arzt: Verdacht nicht direkt, wir schliessen es aus. Aber einnehmen musste eh nichts, erst ab 4 Std. nahem Kontakt über mehrere Tage ist dies eine Indikation!"

So nun 2 Fragen:

a) Im Januar habe ich Ciprobay genommen. Mein Kollege war im KH A und ging wieder in Nachtdienst. Ich war im KH B und wurde 2 Tage krankgeschrieben, weil in der Pakungsbeilage steht, man dürfe keine Fahrzeuge führen und/oder verantwortungsvolle Aufgaben durchführen.
Wie seht ihr das?

b) Ab wann ist es Indikation zur Ciprobayeinnahme? Gibt es irgendwo schriftliche Anweisungen? Ist es von Kreis zu Kreis unterschiedlich???

MfG
Kesti

RS-USER-emergency doc
14.06.2007, 20:08
Hmmm...

ich musste mal 3 Tage Rifampicin einnehmen. Alles war orange, Pipi, Schweiss.... Arbeiten musste ich trotzdem normal...

Die Patientin ist übrigens gestorben an der Meningitis...:(

[ed]

RS-USER-Katja
14.06.2007, 20:24
Original geschrieben von Beachbaer82

Ist es von Kreis zu Kreis unterschiedlich???

Klingt so... zumal ja nicht jeder Meningitiserreger auf Ciprofloxazin anspricht. Ich schau mal, ob ich Guidelines dafuer irgendwo finde.

Intensivling
14.06.2007, 21:00
Da ich auf einer neurologischen Intensiv arbeite haben wir oft Kontakt mit V.a. Meningitis oder auch bestätigter Meningitis.
Bei 99% der Fälle nehmen wir nichts ein, da wir prophylaktisch isolieren, wenn es erst viele Tage später entgültig ist dann auch nur nach Anweisung unseres Laborchefs.
Es ist mir nicht bekannt das RTW Besatzungen überhaupt je nach einem Transport was einnehmen mussten, da es eigentlich keine Indikation gibt.
Ausserdem sind es oft virale Erreger die nicht so schlimm und selten Folgeschäden mit sich bringen. Anders sieht es bei der seltenen bakteriellen Meningitis aus.
Die Ansteckung erfolgt über Tröpfcheninfektion.
Ich bin nun 7 Jahre auf dieser Station und hab bestimmt schon 50 oder mehr Menigitispatienten betreut und habe lediglich einmal Ciprobay nehmen müssen.

RS-USER-Schädelspalter
14.06.2007, 21:16
Gefunden bei www.awmf-leitlinien.de :

Meningokokkenerkrankung: Isolierung des Patienten, hygienische Maßnahmen, Chemoprophylaxe
Meningokokken werden entweder durch direkten Kontakt oder durch Tröpfchen-Aerosole übertragen. Die Inkubationszeit liegt in der Regel bei 3-4 Tagen (Spanne 2-10 Tage). Patienten mit Verdacht auf eine Meningokokkenmeningitis (z. B. petechiales Exanthem, gramnegative Kokken im Liquorgrampräparat) müssen bis 24 Stunden nach Beginn einer adäquaten Antibiotikatherapie isoliert werden, danach ist mit einer Ansteckungsfähigkeit nicht mehr zu rechnen (siehe auch Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts, Internetadresse: www.rki.de). Unterdessen müssen Pflege- und ärztliches Personal sowie Besucher die bei Isolierung erforderlichen Hygienemaßnahmen (Tragen von Schutzkitteln, Nasen-Mund-Schutz, Handschuhe, Händedesinfektion) beachten. Bereits bei begründetem Verdacht auf eine Meningokokkenmeningitis muss eine Meldung an die zuständigen Gesundheitsbehörden erfolgen, damit eine lokale Häufung von Erkrankungsfällen rechtzeitig erkannt werden kann. Enge Kontaktpersonen sollen ausfindig gemacht, über das erhöhte Risiko und mögliche Symptome einer Meningokokkenerkrankung (z. B. Fieber, Schüttelfrost, Kopfschmerzen) aufgeklärt und eine Chemoprophylaxe empfohlen werden (Tabelle 5). Die Chemoprophylaxe muss schnellstmöglich begonnen werden; sinnvoll ist sie maximal bis 10 Tage nach dem letzten Kontakt mit dem Erkrankten (Inkubationszeit 2-10 Tage!).

Tabelle 5: Chemoprophylaxe der Meningokokkenmeningitis1

Antibiotikum und Altersgruppe Dosierung
Rifampicin (Rifa)2:
Erwachsene 600 mg alle 12 Std. für 2 Tage p.o.
Kinder > 1 Monat 10 mg/kg alle 12 Std. für 2 Tage p.o.
Kinder < 1 Monat 5 mg/kg alle 12 Std. für 2 Tage p.o.
Ciprofloxacin (Ciprobay)2, 3
Erwachsene 500 mg als Einzeldosis p.o.
Ceftriaxon (Rocephin)
Erwachsene und Kinder > 15 Jahre 250 mg als Einzeldosis i.m. (oder i.v.)
Kinder <15 Jahre 125 mg als Einzeldosis i.m. (oder i.v.)

1 siehe auch Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts, Internetadresse: www.rki.de ., RKI 2004b
2 nicht bei Schwangeren
3 Ciprofloxacin soll Personen < 18 Jahre sowie Schwangeren und stillenden Frauen nicht gegeben werden.

Das liest sich ziemlich streng: Kontakt, also Ciprobay oder Rifampicin

EDIT: Oh, da habe ich wohl die Tabelle eingefügt, deren Formatierung es da zerrissen hat. Ist korrigiert
Außerdem bin ich mir nicht sicher, ob die Rocephin-Dosierungen tatsächlich so stimmen, 250mg erscheint mir etwas wenig. 2g hätte ich da wohl schon gegeben. :confused:

RS-USER-Schädelspalter
14.06.2007, 21:19
Beim Robert Koch Institut klingt das wieder anders:

Enge Kontaktpersonen haben ein erhöhtes Risiko, an einer Meningokokken-Infektion zu erkranken, und sollten daher über Frühsymptome (Fieber, Schüttelfrost, Kopfschmerzen) informiert werden, bei denen unbedingt ein Arzt konsultiert werden muss.

Nach den Empfehlungen des NRZ für Meningokokken und den STIKO-Empfehlungen sind enge Kontaktpersonen:

* alle Haushaltsmitglieder (bei Haushaltsmitgliedern ist das Risiko zu erkranken im Vergleich zur Normalbevölkerung > 1.000-fach erhöht),
* Personen, bei denen der begründete Verdacht besteht, dass sie mit oropharyngealen Sekreten des Patienten in Berührung gekommen sind, z.B. Intimpartner, enge Freunde, evtl. Banknachbarn in der Schule, medizinisches Personal, z.B. bei Mund-zu-Mund-Beatmung, Intubation und Absaugen des Patienten ohne Mundschutz und ohne geschlossene Absaugsysteme,
* Kontaktpersonen in Kindereinrichtungen mit Kindern unter 6 Jahren – bei guter Gruppentrennung nur die betroffene Gruppe,
* enge Kontaktpersonen in sonstigen Gemeinschaftseinrichtungen mit haushaltsähnlichem Charakter , z.B. Internaten, Wohnheimen sowie Kasernen.
Quelle: http://www.rki.de/cln_048/nn_196658/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber__Mbl__Meningokokken.html

RAIA
17.06.2007, 18:46
ich kenns auch nur also cipro-prohylaxe aus der klinik ... habe aber auch normal weitergearbeitet

RS-USER-alexandraja
23.06.2007, 17:54
Ich frag mich, warum Meningokokken immer riesige Panikattacken auslösen... Nachdem man solche Patienten transportiert wird der RTW möglichst luftdicht verpackt und dann mit irgendwas super tödlichem geflutet...
Eigentlich sind diese Meningokokken aber totale Weicheier. Für Meningokokkenabstriche gibts bestimmte Entnahmesets, da die schon bei Zimmertemperatur nach weniger als ner Stunde sterben. Außerdem reicht ein 1m Abstand eigentlich völlig aus. Weiter kommen die nämlich nicht... Klar, im RTW ist man meist ein bisschen näher dran... Aber eigentlich werden nur Personen mit echt engem Kontakt krank. Also bevorzugt Geschwister, Mütter oder Kindergartenkinder. Und da wir ja selten mit unseren Patienten knutschen, würde ich mir da nicht allzuviele Gedanken machen ;)
Ich glaub wir haben alle schon was ansteckenderes durch die Gegend gefahren und nicht im geringsten an eine Postexpositionsprophylaxe gedacht... Also erstmal keine Panik, sich ans Robert Koch Institut halten, aber natürlich trotzdem auf Kopfschmerzen etc. achten.

RS-USER-Häuptling weiße Wolke
23.06.2007, 19:03
Panickattacken sind vielleicht übertrieben, aber nachdem ich mal ein 17jähriges Mädel mit Whaterhouse-Friedrichsen verloren habe, weiss ich, warum man das so ernst nimmt. Die ist uns innerhalb von 3 Stunden abgeschmiert und gestorben, Gerinnung gleich null. Und das, obwohl die Kollegen in der Notaufnahme die Diagnose sofort gestellt haben, sie nach ~15 Minuten eine Kombigabe Antibiotika laufen hatte...
Vorher hatte sie nur grippeähnliche Beschwerden.

Zurück zum Thema:
Nach Absprache mit dem Gesundheitsamt haben wir allen Kontaktpersonen auf Wunsch Ciprobay 500 mg 1x ausgegeben. Wir sind als KH auch offiziell in der Presse als Anlaufstelle genannt worden, da das Mädel noch zur Schule ging und in einer Pizzaria gearbeitet hat, waren das sehr sehr viele.
Außerdem hatten wir in der nächsten Woche ständig Pat. zur Beobachtung, die Grippesymptome hatten. War fast wie in der Pädiatrie bei uns, nette Abwechslung zum üblichen Klientel in der Inneren

Alzheimer
10.05.2012, 16:56
Ich muss diesen Thread mal wieder aktivieren.
Gestern hatten Kollegen des Rettungsdienstes einen Pat. Transportiert, bei dem sich im Verlauf eine bakterielle Meningitis herausstellte. Bisher kannte ich es so, dass man eine Antibiose einnimmt, weiter Dienst macht und dann ist gut. So wird das zumindest bei und Ärzten gehandhabt. Diese Kollegen sind jedoch für 24 h außer Dienst genommen wurden bzw. gegangen zusätzlich zur Antibiose. Dieses Vorgehen ist mir völlig neu und kommt mir auch irgendwie übertrieben vor. Hat irgendjemand Erfahrung damit, wie handhabt ihr das und gibt es Leitlinien, welche dies vorschreiben.
Vielen Dank und ich bin mal gespannt wie ihres seht.

Evil
10.05.2012, 18:11
Ich kenne es nur so:
bei Kontakt zu Körperflüssigkeiten des Patienten oder längerer Kontakt im selben Raum AB-Einnahme zur Prophylaxe. Zusätzlich zur Einnahme eine AU wird nicht gemacht und halte ich auch nicht für sinnvoll, denn was soll das bringen? Für den unwahrscheinlichen Fall, daß die Antibiose fehlschlägt, hilft Dir das auch nicht. Und es steht zwar in der Fachinformation, daß man unter Einnahme von Cipro nicht am Straßenverkehr teilnehmen soll, eine tatsächliche Beeinträchtigung tritt aber nur sehr selten ein. Und das merkst Du dann auch.
Mit offiziellen Leitlinien kann ich grad leider nicht dienen.

Praia-do-Forte
11.05.2012, 08:37
Das RKI schreibt übrigens:
(Thema Meningokokken-Meningitis)
"Krankenhauspersonal hat nach Kontakt nur dann ein erhöhtes Risiko, wenn Kontakt mit respiratorischen Sekreten stattfindet, z. B. durch Mund-zu-Mund-Beatmung oder wenn ohne Atemschutz intubiert oder tracheal abgesaugt wurde."
und
"Nach den Empfehlungen der STIKO sind enge Kontaktpersonen:
........medizinisches Personal, z. B. bei Mund-zu-Mund-Beatmung, Intubation und Absaugen des Patienten ohne Atemschutz und ohne geschlossene Absaugsysteme.....
Bei den angeführten Kontaktpersonen wird eine Chemoprophylaxe empfohlen"

http://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Meningokokken.html?nn=2386228#doc2374538b odyText12

McBeal
11.05.2012, 13:12
Da habe ich dann auch mal eine Frage zu: auf der verlinkten Seite steht bei Ceftriaxon nur i.m.-Applikation. Ich bin mir aber sicher, dass im DGPI-Handbuch 2010, als wir es brauchten i.m. oder i.v. stand. Kann da jemand was zu sagen?

LG
Ally

THawk
11.05.2012, 14:07
Ich kann dir nur bestätigen, dass es wirklich so im DGPI-Handbuch 2010 steht. Hab gerade nachgesehen, ist als Klasse I Evidenz beschrieben. Aber darüber hinausgehend bin ich auch unwissend.

Leelaacoo
11.05.2012, 14:51
Ich hab mal ne Pat. mit Meningokokkenmeningitis intubiert, ging rasend schnell und ich hatte zwar Mundschutz, aber das war auch der einizige Fall, wo ich Prophylaxe genommen habe (500 mg Cipro)...deswegen eine AU zu bekommen wär mir jetzt ganz neu gewesen...das war wohl ein extrem vorsichtiger Arbeitsmediziner bei euch. Das Problem in dem Fall war die schwangere Tochter der Patientin, die hat dann 250 mg Ceftriaxon i.m. bekommen von uns. Der Notarzt und die RD-Mannschaft haben Prophylaxe genommen, man kommt doch näher ran an den Pat. beim Transport, ich finde das doch gerechtfertigt. Die Güterabwägung (NW Cipro Einmalgabe vs. unwahrscheinlicher, aber möglicher schwerer Erkrankung) spricht doch auch für sich...finde ich. Auf der Station haben wir viele Meningitisverdachtsfälle...da nimmt keiner was, wenn das so angekündigt ist und wir isolieren (12 -24 h nach erster Antibiose). In diesem Zusammenhang möchte ich nur erwähnen, dass dieser Meningitis-Schnelltest Müll ist...war schon 3x falsch negativ bei Meningokokken und bei Pneumokokken fast immer!

LG Lee

McBeal
11.05.2012, 18:01
Ich kann dir nur bestätigen, dass es wirklich so im DGPI-Handbuch 2010 steht. Hab gerade nachgesehen, ist als Klasse I Evidenz beschrieben. Aber darüber hinausgehend bin ich auch unwissend.

Super, danke. :-) Ich hatte nämlich mal das Vergnügen, an einem Sonntag einer gesamten Kindergartengruppe Prophylaxe verabreichen zu müssen und obwohl wir auch noch aus der Nachbarstadt Rifampicin per Taxi geordert haben, hat es nicht gereicht und ich habe dann dem Rest Rocephin i.v. injiziert. Ich war jetzt etwas verunsichert, da doch falsch gehandelt zu haben.

Selbst nehme ich immer Ciprofloxacin, wenn ich die Patienten untersuche, LPiere oder Zugänge lege. Ich denke da auch ehrlich gesagt nicht groß drüber nach, da nehme ich es lieber einmal zu viel als einmal zu wenig...

LG
Ally

THawk
12.05.2012, 00:53
Wie jetzt, immer? Habt ihr so häufig Meningokokken-Infektionen oder greifst du schon zur Prophylaxe bei der Meningitis ohne (bisherigen) Keimnachweis?

McBeal
12.05.2012, 08:46
Wie jetzt, immer? Habt ihr so häufig Meningokokken-Infektionen oder greifst du schon zur Prophylaxe bei der Meningitis ohne (bisherigen) Keimnachweis?

Nein, so häufig ist das nicht gewesen. Wollte nur sagen, dass ich es nehme, ohne mir Gedanken über die möglichen Nebenwirkungen des Ciiprofloxacins nachzudenken.

LG
Ally

Alzheimer
13.05.2012, 19:33
Habe gestern mit den besagten Kollegen vom RD gesprochen und die haben diese Anweisung für 24 h außer Dienst zu gehen vom zuständigen Gesundheitsamt erhalten, ohne Begründung.
Also werde ich dort rein interessehalber mal nachfragen.

abcd
14.05.2012, 08:45
Das würde mich auch interessieren.