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RS-USER-Elektro-Dengel
15.06.2007, 15:39
So dann versucht sich der Dengel auch mal:

Ihr werdet mit dem RTW an einem sonnigen Tag gg 12:00 Uhr (high noon) zusammen mit dem NEF ins Nachbardorf geschickt. In der dortigen Arztpraxis soll ein Herzinfarkt auf euch warten.

Ihr seid nach 3 min. vor Ort. Da das NEF aus der Stadt kommt, braucht es noch ein bisschen.
In der Praxis angekommen führt euch eine Arzthelferin zu eurem Patienten. Auf dem Weg dorthin drückt euch der Hausarzt (Allgemeinmedizin) ein Einweisung nebst Trapo und ein EKG in die Hand und möchte sich wieder verdrücken. In Gedanken zerreißt ihr die Einweisung und schmeißt sie dem HA vor die Füsse. Da ihr den Nachmittag aber lieber am See, als mit dem Schreiben einer Stellungnahme verbringen wollt, verwerft ihr den Gedanken und bitten den Herrn Dr. höflich, euch ein bisschen was zu erzählen.

Dieser berichtet euch, dass der 35 Jahre junge Patient bei ihm bekannt sei und sich vor einer knappen Stunde bei ihm mit Brustschmerzen und Herzrasen vorgestellt hat. Da der Patient hin und wieder paroxysmale Tachykardien schiebt, hat der HA ihm einen Betablocker zur Bedarfsmedikation verschrieben. Dieser habe diesmal nicht geholfen, weshalb sich der Patient bei ihm vorgestellt habe. Als es auf eine p.o. Gabe von Metoprolol nicht schnell zu einer Besserung kam, alarmierte dieser den RD. Der Druck lag laut HA bei 70/nicht messbar. Die Frequenz unverändert bei 190 bpm. Auf die Anlage eines PVZ habe er bis zum Eintreffen des RD lieber verzichtet. Sonst seien keine Vorerkrankungen bekannt. Ausser dem Betablocker nimmt der Patient keine Medis regelmäßig ein.

Die kurze Begutachtung des Patienten durch euch zeigt einen flach liegenden 35-jährigen in gutem AZ und normalem EZ.

Das vom HA geschriebene EKG ist von gar guter Qualität und verdient es auch mal angeguckt zu werden:

Es zeigt eine rhythmische Schmalkomplex-Tachykardie, keine Extrasystolen, Indifferenztyp, P-Wellen sind (wohl aufgrund der hohen Frequenz) nicht zu sehen, keine pathologischen Q-Zacken. Der Kammerkomplex zeigt sich weder deformiert noch verbreitert. Die ST-Strecken diffus negativ mit Übergang in eine negative, bzw. abgeflachte T-Welle, keine QT-Verlängerung, keine Hypertrophiezeichen.

Als ihr wieder vom Papier aufblickt, ist der HA entgültig verschwunden.

Rettungszwergin
15.06.2007, 16:21
Jo, dann würd ich mal selbst eben die Vitalparameter erheben. Sauerstoff anhängen abhängig von Sättigung die l/m und einen PVZ legen. Der Blutdruck (gemessen vom HA) ist doch ein bissel arg niedrig.

Wie lang braucht denn der DOc?

Habe ich Möglichkeit eine 12er Ableitung zu bekommen?

RS-USER-apoplex
15.06.2007, 16:44
Habe ich Möglichkeit eine 12er Ableitung zu bekommen?
hast du doch schon:

Das vom HA geschriebene EKG ist von gar guter Qualität und verdient es auch mal angeguckt zu werden:

Wie kommt es zu dem Titel "Herzinfarkt in Arztpraxis"? War das das Meldebild? Momentan sehe ich da nämlich nicht wirklich Anzeichen für.

RS-USER-Elektro-Dengel
15.06.2007, 16:51
Gut, Vitalparameter durch den RettAss:

RR 90/60 Puls: 90 ,SpO2 initial: 94% (geben wir jetz Zauberstoff?wenn ja wieviel?)

Das 12-Kanal hat der HA schon geschrieben, wurde bereits in meinem ersten Post befundet, aber wir hängen mal unseres dran! Diesmal aber ohne 12-Kanal. Der HA hat die Aufkleber von seinem EKG schon runter und nochmal wollen wir die Prozedur jetzt nicht durchspielen, zumal die Qualität des klinischen Gerätes, die des unsrigen deutlich übersteigt.

Das 6-Kanal EKG bestätigt uns im Großen und Ganzen, das was wir schon im 12-Kanal gesehen haben. Die Hf bei 180bpm (fällt euch was auf?)

Die Anlage einer grünen Nadel gelingt am Handrücken, der Kollege hängt eine Ringer dran, die gut reinläuft!

Hat schon jemand mit dem Patienten gesprochen ??

Das NEF is in 4 min. da!

RS-USER-Elektro-Dengel
15.06.2007, 16:52
Original geschrieben von apoplex
hast du doch schon:


Wie kommt es zu dem Titel "Herzinfarkt in Arztpraxis"? War das das Meldebild? Momentan sehe ich da nämlich nicht wirklich Anzeichen für.

Oha, ich vergass! Ja, das war das Meldebild!

RS-USER-apoplex
15.06.2007, 16:58
Ja, es fällt was auf - es lässt sich peripher nur ein 90er Puls tasten - kann ein Pulsdefizit sein (dass einfach nicht alles ankommt) oder eine Fehlmessung des EKG - Gerätes, manchmal geben diese eine falsche Frequenz aus, was aber eher bei 3-Kanal-EKGs auftritt. Daher nochmal ein Blick auf den 180er EKG-Streifen, RR-Abstände bestimmen, ggfl. ausmessen.
Da das andere EKG aber auch noch eine 180er zeigt, gehe ich von einem peripheren Pulsdefizit aus.
Was sagt die Auskultation mit vergleichendem Pulstasten? Oder für die Gerätehörigen: darstellung des Rhythmus-EKGs mit Pulspletysmographie in einem Monitorbild? Hier sieht man auch manchmal die Pulsdefizite schön.

RS-USER-Elektro-Dengel
15.06.2007, 17:03
Original geschrieben von apoplex
Da das andere EKG aber auch noch eine 180er zeigt, gehe ich von einem peripheren Pulsdefizit aus.

Entweder das, oder unser Pulsoxy kommt nicht mit beim zählen. Die palpatorische Bestimmung des Pulses bestätigt aber, dass "da unten" deutl. weniger ankommt als "da oben"!

RS-USER-apoplex
15.06.2007, 17:07
Original geschrieben von Elektro-Dengel
Entweder das, oder unser Pulsoxy kommt nicht mit beim zählen. Die palpatorische Bestimmung des Pulses bestätigt aber, dass "da unten" deutl. weniger ankommt als "da oben"!

Wenn ich

RR 90/60 Puls: 90 ,SpO2 initial: 94%
sowas lese, gehe ich ganz stark davon aus, dass mal Puls getastet wird und nicht blind vom Pulsoxy übernommen wird.
"Behandle den Patienten, nicht den Monitor"
Ansonsten sollte man schon davon ausgehen, dass die Geräte korrekt anzeigen, wenn (!) eine Pulswelle ankommt - sind ja auch für den Gebrauch bei Säuglingen ect. zugelassen und da sind solche Frequenzen dann ja auch nciht mehr so weit vom normalen entfernt.

RS-USER-Elektro-Dengel
15.06.2007, 17:10
Rüüüüschtüüüüüch !

So nu is der NA dann auch mal eingetrudelt! Wie gehts weiter ?

PS: Es hat sich immer noch keiner mit dem Patienten unterhalten!

Knusperriegel
15.06.2007, 17:30
Na, dann fragen wir doch einmal den Patienten:

Guten Tag, xyz vom Rettungsdienst;
1. haben Sie Schmerzen
2. wo sind die Schmerzen genau
3. wie heftig sind die Schmerzen auf einer Skala von 1 - 10
4. bekommen Sie gut Luft ?
5. was ist anders als bei dem herzrasen, das sie sonst kennen / haben ?

RS-USER-Elektro-Dengel
15.06.2007, 17:56
Original geschrieben von Knusperriegel
Na, dann fragen wir doch einmal den Patienten:

Guten Tag, xyz vom Rettungsdienst;
1. haben Sie Schmerzen
2. wo sind die Schmerzen genau
3. wie heftig sind die Schmerzen auf einer Skala von 1 - 10
4. bekommen Sie gut Luft ?
5. was ist anders als bei dem herzrasen, das sie sonst kennen / haben ?

Ah hallo, also:

1. nein nicht wirklich
2. Ich hatte nur bis ich zum Arzt bin "Brustschmerzen" so stechend
3. vorhin so 5-6, jetzt gar nicht mehr
4. Alles bestens
5. Naja heftiger als sonst, ausserdem ging es nicht mehr weg und sonst bemerk ich das nicht so stark. Im Moment merk ich aber dass mein Herz ziemlich heftig rast


Soweit so gut, möchte sich evtl. noch ein Studierter beteiligen?
Wenn nicht, ich treff schon mal die erste ärztl. Entscheidung und die lautet:

Hier is mir zu eng (Kleines Zimmer, in das der Herr Dr. wahrscheinl. Leute legt, die z.B. ne Infusion bei ihm bekommen). Wir ziehen um, in den inzw. schön aufgeheizten RTW in dem inzw. Temperaturen, wie in Alis Döner -und Hänchenbude herrschen.

Frage: Gehen wir raus zum RTW (Praxis im EG Auto vor der Tür), oder fahren bzw. tragen wir?

Knusperriegel
15.06.2007, 21:06
"wir" entscheiden uns dafür, den Patienten zu fahren / zu tragen (abhängig von den Praxisplatzverhältnissen).
Selbständiges Laufenlassen bei einem RR von 90 syst. hätte womöglich die Konsequenz, daß aus dem internistischen ein chirurgischer Notfall wird.
Immerhin ist die Koplawu als Fallbeispiel dann nicht ganz so kompliziert D:-)

RS-USER-Elektro-Dengel
15.06.2007, 21:47
Gut! Der Patient kommt also auf die Trage und ab in den RTW.

Was dann?

Zielklinik? Voranmeldung?
Erstdiagnose?
Weitere Massnahmen (Medikamente)?

Rettungszwergin
15.06.2007, 22:01
Zielklinik mit Kardiologie in vernüftiger Zeit erreichbar (max. 15 min mit Signal)? Dann sowas.

Was für Medikamente nimmt denn der Patient? Wo kam das Herzrasen bis jetzt immer her/ Ursache bekannt?

Anmeldung als Nichtarzt: Kardiales Geschehen mit Pulsdifferenz nach peripher abfallend, Blutdruck stabil bei 90/60. Männlich 35, kardiologisch vorbelastet.

Und dann zügig in die Klinik. Wenn ein Doc anwesend ist, wird der ja versuchen die Frequenz am Herzen zu senken um die Auswurfleistung zu erhöhen, oder? Intubationsbereitschaft.

Ähem, hatte jemand schon Sauerstoff angehangen? Also wenn nicht, 4 l/m über Nasenbrille. Herzbettlagerung. Ringer langsam laufen lassen. Blutdruck wurde hoffentlich einmal mindestens manuell erhoben?

RS-USER-Elektro-Dengel
15.06.2007, 22:38
In direkter Nähe (5 min.) haben wir nur ein kleines KKH, das nächste Haus der Max.versorgung ist mit SoSi in knapp 15 min. erreicht (ja der Luxus der Großstadt) und kann nach Rücksprache mit der Lst. auch "Chestpain" aufnehmen!

Medis:

wie schon erwähnt, bei Bedarf (paroxysmale Tachykardie) bekommt er Bisoprolol, sonst nix regelmäßig!

Sauerstoff läuft. Unter 4l bleibt die Sättigung konstant bei 94%. Der Oberkörper wird hochgelagert, die Ringer läuft langsam. Der RR bleibt ebenfalls konstant, genauso wie die Frequenz und das Pulsdefizit (im Schnitt kommt jede 2. Kammeraktion am Handgelenk an)! Intubationsbereit sind wir auch, man weiß ja nie!

Frequenz runterbringen...? Wäre jetzt echt ne tolle Sache! Wie stellen wir das an?

Rettungszwergin
16.06.2007, 05:55
Also wir hätten da Beloc (= Metoprolol)im Angebot. Aber ich bin kein Arzt gell, ich spekulier nur und weiß was wir auf´m Auto haben.

Dann vermute ich leitet der Doc auf verdacht eine Standand-HI-Therapie ein, ein frisches Infarktgeschehen haben wir oft nicht im EKG sichtbar. Also folgende Medis:
Heparin 5000 IE
ASS
Mo 1/10 bei Bedarf
Haloperidol, wegen der Übelkeit (entweder durch das Mo, oder der Pat. klagt bereits darüber)
Nitro brauchen wir bei dem Druck ja nicht mehr.
Intubation:Ketanest-Dormicum-Narkose, je nach Doc auch mit Propofol und Etomidate.

Es gäbe bei uns genau einen Arzt, der im RTW kardiovertieren würde.
Ansonsten ins Haus der Maximalversorgung mit Signal und Leutreklame. Doc nicht abkömmlich.

RS-USER-blacksheep
16.06.2007, 09:20
Also ich wär ja persönlich vorsichtig mit der Senkung. Bei einem Verhältnis von 2:1 würde das bei konstantem Pulsdefizit bedeuten das wir bei einer HF von 100 nur noch 50 effektive Auswurfkompressionen haben. Wie da unser lieber Patienten dann drauf reagiert, das bleibt zu erwarten.

RS-USER-emergency doc
16.06.2007, 09:21
Hat ma einer geguckt, ob rechts und links Puls und RR differieren?

[ed]

RS-USER-apoplex
16.06.2007, 09:34
Dann vermute ich leitet der Doc auf verdacht eine Standand-HI-Therapie ein,
Was lässt dich denn einen Infarkt vermuten???
Es ist ein Patient mit bekannter paroxysmaler Tachycardie, der momentan wieder in einer entsprechenden Phase ist. Mit 180 bpm hätte ich auch Stenokardien, daraus einen Infarkt abzuleiten (gerade beim relativ jungen Patienten ohne andere coronare Risikofaktoren (oder hat er die, mal den HA + Pat. fragen)) kann ich so nicht.


Also wir hätten da Beloc (= Metoprolol)im Angebot. Aber ich bin kein Arzt gell, ich spekulier nur und weiß was wir auf´m Auto haben.
Bei dem Druck würde ich versuchen, mit was anderem außer ß-Blocker hinzukommen.



Intubation:Ketanest-Dormicum-Narkose, je nach Doc auch mit Propofol und Etomidate.
die Kombinaton Propofol/Etomidate kenne ich nicht - wozu? Beides gehört mit einem Analgetikum (z.B. Sufentanil, Fentanyl ...) kombiniert. Ggfl. kann eine Narkose auch mit Propofol (nicht aber Eto) aufrechterhalten werden.
Ketanest ist bei diesem Krankheitsbild Kontraindiziert, da es sympathomimetisch wirkt und so die Herzfrequenz und vor allem den myokardialen Sauerstoffbedarf weiter steigert.

So - die Herzfrequenz muss rasch runter - hat der Hausarzt die üblichen Tricks wie Luft anhalten und pressen (Valsalva-Manöfer), Eiswassertrinken, Druck auf die Carotisgabel schon ausprobiert - wenn nicht, will er was machen?

Was haben wir in unserem pharmakologischen schatzkästchen? Eine Alternative zum ß-Blocker? Vielleicht kann man dem HA auch zwei Ampullen Adenosin (Adrekar(R)) anbieten?

Kardioversion will der HA vermutlich nicht, oder?


In direkter Nähe (5 min.) haben wir nur ein kleines KKH, das nächste Haus der Max.versorgung ist mit SoSi in knapp 15 min. erreicht (ja der Luxus der Großstadt) und kann nach Rücksprache mit der Lst. auch "Chestpain" aufnehmen!
Erst mal das nahe Krankenhaus, der Patient ist instabil, schockig und gehört schnell aus dieser Phase herausgebracht, eine durchschnittliche internistische Abteilung mit einem Intensivbett dürfte dieses beheben können.
Für weitergehende Untersuchungen (elektrophysiologische Untersuchung ...) kann dann immer noch in das Haus der Maximalversorgung gefahren werden.

RS-USER-emergency doc
16.06.2007, 09:44
Wozu überhaupt Intubation?:confused:

Patient ist wach, schnauft...
Keep It Simple & Safe


[ed]