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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Schwerer Herzinfarkt



RS-USER-Anonym
07.08.2007, 08:31
Wir werden als NEF gegen 3 Uhr morgens zu einem Patienten mit Stichwort: "Akutes Koronarsyndrom" alarmiert. Ca. 6 Min. später treffen RTW und NEF nahezu zeitgleich ein.

Vor Ort finden wir einen 63jährigen Patienten vor, der über stärkste retrosternalen Schmerzen mit Ausstrahlung in den linken Arm und Dyspnoe klagt. Er ist adipös, kaltschweissig und mit RR 140/70 sowie HF 85, SO2 96% zunächst kreislaufstabil.
Die Anamnese ergibt bis auf einen milden Hypertonus keine kardiale Vorerkrankung, die Beschwerden bestehen seit ca. 20 Minuten.

Therapie: initial 3 Hub Nitro subingual, zeitgleich Anlage eines iv-Zuganges und O2-Gabe (6 Liter/min) über Maske. Wir verzichten auf ein 3-Kanal-EKG, das 12-Kanal-EKG zeigt bis auf ein massiv erhöhtes T in V2-V5 zunächst keine ST-Veränderungen.
Unter der Diagnose eines "Erstickungs-T" entschliessen wir uns zur Therapie eines Herzinfarktes und applizieren 5.000 IE Heparin sowie fraktioniert 10mg Morphin. ASS nimmt der Patient in seiner Vormedikation.
Ein 5 Minuten später durchgeführtes 12-Kanal-EKG zeigt nun einen deutlichen STEMI V3-V5.

Es erfolgt die Voranmeldung in einem Krankenhaus mit Intensivstation und Katheterplatz, aufgrund der kurzen Distanz (ca. 3 km) und dem Beschwerdebeginn < 40 Min. entscheiden wir uns gegen eine präklinische Lyse.

Die AP-Beschwerden sind unter der Therapie leicht rückläufig, dennoch ist zweimal die erneute Gabe von Nitro sublingual notwendig. Der Transport unter Monitoring und O2-Gabe in die Klinik erfolgt mit Sonderrechten.

Vor der internistischen Notaufnahme werden wir mit der Aussage konfrontiert, dass ein zweiter Infarktpatient gerade auf dem Weg zur Koronarangiographie ist und wir eine Wartezeit von 20-30 Minuten in Kauf nehmen müssen.
Daraufhin überlegen wir, den Patienten nun doch zu lysieren und den nächstmöglichen Katheterplatz in 20 km Entfernung anzufahren. (Fahrtzeit ca. 20 Min.) Die primäre Klinik bietet uns alternativ einen Intensivplatz und eine innerklinische Lyse sowie schnellstmögliche PTCA (Koronarangiographie) an. Dies erscheint uns eine sinnvolle Option, sodass der Patient in der internistischen Notaufnahme für die Verlegung auf die Intensivstation vorbereitet wird.

Während der Vorbereitungen (wir sind ebenfalls noch mit der Dokumentation des Einsatzes beschäftigt) bemerkt eine Schwester, dass unser Patient nun "krampfen" würde. Zu diesem Zeitpunkt besteht kein Monitoring zum Patienten (!).
Unter der Verdachtsdiagnose "Kammerflimmern" beginnen wir initial mit einer Herzdruckmassage sowie Beatmung 30:2 und in Zusammenarbeit mit dem Notaufnahmeteam mit den Vorbereitung von Defibrillation und Intubation. Das erneut angelegte EKG zeigt wie erwartet eine VF und es erfolgt die Defibrillation mit 360 Joule mit dem Ergebnis einer ventrikulären Tachykardie. Nach milder Analgosedierung (5mg Midazolam, 50mg Propofol und 50mg Nimbex (Relaxanz)) wird der Patient durch den NA intubiert.


Nach weiterer Stabilisierung und Anlage eines ZVK wird die PTCA durchgeführt. Hierbei zeigt sich ein Verschluss der Vorderwandarterie, welche problemlos ballondilatiert werden konnte. Bereits am Folgetag konnte der Patient extubiert werden, es bestehen keine neurologischen Ausfälle, eine Verlegung in eine Reha-Klinik ist noch in der Folgewoche geplant.


Fragestellung/Anmerkungen:
- hätte die Lyse bereits präklinisch begonnen werden sollen?
- Was wäre passiert, wenn der Patient tatsächlich in die 20km entfernte Klink transportiert worden wäre?
- wie kann man bei Umlagerung die "Monitorlücke" konsequent verhindern?
- Ist bei kardial so kritischen Patienten die prophylaktische Anlage der Defi-Patches sinnvoll?
- es bestanden für das RD-Team erhebliche Schwierigkeiten der Orientierung in der Notaufnahme. Wie liesse sich soetwas zukünftig verhindern? (Standardisierte Intubations/CPR-Sets?)

leuchtreklamefahrer
07.08.2007, 09:22
Original geschrieben von Anonym

Fragestellung/Anmerkungen:
- hätte die Lyse bereits präklinisch begonnen werden sollen?
Unter den zu dem Zeitpunkt bekannten Umständen meiner Meinung nach nicht.



- Was wäre passiert, wenn der Patient tatsächlich in die 20km entfernte Klink transportiert worden wäre?
Eventuell das selbe,eventuell gar nix. Notfalls hätte die Reanimation koordiniert im RTW stattgefunden



- wie kann man bei Umlagerung die "Monitorlücke" konsequent verhindern?
In dem das EKG bis zur Übergabe auf der Intensivstatient am Patienten bleibt und einen leisen Piepston von sich gibt



- Ist bei kardial so kritischen Patienten die prophylaktische Anlage der Defi-Patches sinnvoll?
Kosten-Nutzen-Frage, wobei bei wirklich instabilen Patienten die 32€ gut investiert sein können. Allerdings muss das bereits vor Ausrücken geschickt gesteckt sein, eine Schnellableitung mittels Hardpads ist dann schwer möglich. Eine Entscheidung, die im Team gefällt werden muss.



- es bestanden für das RD-Team erhebliche Schwierigkeiten der Orientierung in der Notaufnahme. Wie liesse sich soetwas zukünftig verhindern? (Standardisierte Intubations/CPR-Sets?)
Beatmungsbeutel muss durch RD bei so einem Pat. mitgeführrt werden, Sauerstofff gibt es in jeder Notaufnahme. Defibrillation durch EKG des RD, zwei Mitarbeiter der Ambulanz bereiten Intubation und Medikamente vor. Gute Lösung hierfür wäre ein deutlich beschrifteter Notfallwagen, der zentral deponiert wird
[/B][/QUOTE]

RS-USER-Defi Brillator
08.08.2007, 10:21
Original geschrieben von Anonym
... 50mg Nimbex (Relaxanz) ...

Scheint mir etwas viel Nimbex, vielleicht meinst du doch eher
Atracurium?

Notarztindikation
08.08.2007, 17:31
Meine bescheidene Meinung:


- hätte die Lyse bereits präklinisch begonnen werden sollen?
Unter den Umständen nein.


- Was wäre passiert, wenn der Patient tatsächlich in die 20km entfernte Klink transportiert worden wäre?
Was-wäre-wenn-Situation: Das kann man bei besten Wissen und Gewissen vorher nicht wissen. Hinterher weiß man es immer besser...


- wie kann man bei Umlagerung die "Monitorlücke" konsequent verhindern?
Monitoring erst abnehmen wenn das vom KH bereit ist und nur noch umgesteckt werden muss.


- Ist bei kardial so kritischen Patienten die prophylaktische Anlage der Defi-Patches sinnvoll?
Ich halte es nicht für sinnvoll. Der Zeitgewinn ist nur extrem gering und der pschische Effekt für den Patienten schon enorm.


- es bestanden für das RD-Team erhebliche Schwierigkeiten der Orientierung in der Notaufnahme. Wie liesse sich soetwas zukünftig verhindern? (Standardisierte Intubations/CPR-Sets?)
Monitor/Defi ist ja noch da und Beutel wird in solchen Fällen auch immer mitgenommen.

RS-USER-emergency doc
08.08.2007, 20:19
Original geschrieben von Notarztindikation
Ich halte es nicht für sinnvoll. Der Zeitgewinn ist nur extrem gering und der pschische Effekt für den Patienten schon enorm.

Naja, also die wenigsten Patienten wissen in der Situation was mit den Klebe-Pads anzufangen geschweige denn kennen den Unterschied zu den kleinen Klebeelektroden, und wenn ich sage:"für den Transport bitte zwei große EKG-Elektroden kleben" wissen die RettAss' Bescheid, ohne daß der Pat. beunruhigt ist.

Practicus
09.08.2007, 16:28
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