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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Nitroglycerin beim akutem Koronarsyndrom?



Morbus X
30.09.2007, 10:31
Also ich habe mich immer strikt an meine (selbst erstellten) Vorgaben gehalten: 100/60 ist die deadline, sobald ein Wert drunter ist gibts das nicht.
Jetzt lese ich daß es keine große randomisierte Studie gibt die die Wirksamkeit belegt.
Kann ich vor Ort eine Aortenstenose ausschliessen?
Zudem vergessen viele die Frage nach Viagra, welche zudem auch oft genug falsch mit "Nein, nehme ich nicht" beantwortet wird.

Also: Auf Nitro beim akuten Koronarsyndrom besser verzichten?:confused:

RS-USER-Elektro-Dengel
30.09.2007, 11:08
Also für dich als RA/RS is es immer besser auf eine Medikamentengabe zu verzichten, denn wenn was schief läuft, bist du prinzipiell der Depp. Wenns einem Arzt passiert wars halt Pech.

Was das beste für den Patienten is, is ne andere Frage.
Dass Nitrate die Sauerstoffschuld am Herzen durch Vasodilatation der Coronarien sowie Vorlastsenkung verringern, steht ausser Frage.

Die Frage nach Sildenafil (Viagra u.ä.) ist müßig, denn sie wird in Anwesenheit der Familie sowie 3-4 Sanitätern incl Notarzt und gutaussehende Parktikantin nur zu gerne falsch beantwortet. Das ist aber meines Erachtens nicht dein Problem. Wenn der Patient mehrfach vor Zeugen falsch aussagt, dann hat er halt Pech gehabt.
Die Frage sollte übrigens noch erweitert werden. Denn nicht nur Viagra hat eine gefährliche Wechselwirkung mit Nitro. Jedes Antihypertonikum kann zu einer Wirkungsverstärkung des Nitro führen. Also auch hier gezielt nachfragen, was denn schon so genommen wurde.
Die RR-Grenze würde ich (für RA/RS) höher ansetzen. Von einem syst. Druck von 100 kann mir der Pat. auf Nitro schon sauber abrutschen zumal ich bei einem Hypertoniker im ACS bei einem Druck von 100 und einer Hf über 100 mal stark von nem cardiogenen Schock ausgehen muss. Ich würde die Grenze bei 150 syst. setzen. Die jeweilige Klink des Pat. ist natürlich immer mitzubeachten. Ausserdem ist die vorherige Anlage eines PVZ obligat.
Eine Aortenstenose ausschließen kannst du natürlich nicht, es sei denn, du hast ein Herzecho dabei. Einen Verdacht kann man natürlich auskultatorisch stellen (typischerweise ein Holosystolikum mit p.m. über der Aortenklappe und Fortleitung in die Carotiden). Das würde ich mir allerdings nicht zutrauen, das sicher zu hören.

RS-USER-blacksheep
30.09.2007, 11:23
Original geschrieben von Elektro-Dengel
Ich würde die Grenze bei 150 syst. setzen. Die jeweilige Klink des Pat. ist natürlich immer mitzubeachten.

An sich nur die Klinik. Nitro gibt es bei mir (bei ACS) wenn der RR nicht unter dem persönlichen "Wohlfühl"RR ist. Wenn keine RR-Werte bekannt sind, versuche ich auch nicht unter 120 sys zu kommen. Wenn dein Hypertoniker durchweg mit 180 rumläuft ist die Gefahr das er dir bei 150 schon die Augen verdreht recht hoch. Und zumindest hier in der Gegend gibt es viele schlecht eingestellte Hypertoniker.

serial2k
30.09.2007, 11:32
So wie blacksheep halte ich das auch. Die in den Fachinformationen festgelegte Grenze von 100 systolisch ist mir ebenfalls zu riskant.

chrissitier
30.09.2007, 12:22
Unser ÄLRD empfiehlt (selbstverständlich patientenabhängig variabel) bis zu einer Grenze von 150 syst zwei Hübe und bist 130/90 mmHg einen Hub Nitro s.l.. Ich finde das ist ein guten Richtwert und halte mich im allgemeinen daran. Bis jetzt gab es damit auch keine Probleme.
Ein Paar RAs geben auch bei 120/80 noch zwei Hübe - und ich kenne mindestens eine NÄ deren Divise bei AP-Beschwerden eher ist "lieber schockig als ein ausgewachsener HI". Aber das muss Frau Doktor dann selber verantworten.

Morbus X
30.09.2007, 15:56
Original geschrieben von Elektro-Dengel
Also für dich als RA/RS is es immer besser auf eine Medikamentengabe zu verzichten, denn wenn was schief läuft, bist du prinzipiell der Depp. Wenns einem Arzt passiert wars halt Pech.

Was das beste für den Patienten is, is ne andere Frage.
Dass Nitrate die Sauerstoffschuld am Herzen durch Vasodilatation der Coronarien sowie Vorlastsenkung verringern, steht ausser Frage.

Die Frage nach Sildenafil (Viagra u.ä.) ist müßig, denn sie wird in Anwesenheit der Familie sowie 3-4 Sanitätern incl Notarzt und gutaussehende Parktikantin nur zu gerne falsch beantwortet. Das ist aber meines Erachtens nicht dein Problem. Wenn der Patient mehrfach vor Zeugen falsch aussagt, dann hat er halt Pech gehabt.
Die Frage sollte übrigens noch erweitert werden. Denn nicht nur Viagra hat eine gefährliche Wechselwirkung mit Nitro. Jedes Antihypertonikum kann zu einer Wirkungsverstärkung des Nitro führen. Also auch hier gezielt nachfragen, was denn schon so genommen wurde.
Die RR-Grenze würde ich (für RA/RS) höher ansetzen. Von einem syst. Druck von 100 kann mir der Pat. auf Nitro schon sauber abrutschen zumal ich bei einem Hypertoniker im ACS bei einem Druck von 100 und einer Hf über 100 mal stark von nem cardiogenen Schock ausgehen muss. Ich würde die Grenze bei 150 syst. setzen. Die jeweilige Klink des Pat. ist natürlich immer mitzubeachten. Ausserdem ist die vorherige Anlage eines PVZ obligat.
Eine Aortenstenose ausschließen kannst du natürlich nicht, es sei denn, du hast ein Herzecho dabei. Einen Verdacht kann man natürlich auskultatorisch stellen (typischerweise ein Holosystolikum mit p.m. über der Aortenklappe und Fortleitung in die Carotiden). Das würde ich mir allerdings nicht zutrauen, das sicher zu hören.
Ein Holosystolikum zu erkennen traue ich mir auch nicht zu.
Die angegebenen RR-Werte beziehen sich natürlich auf den "Standardpatienten, 80kg, 1.80 gross"
Wenn ein Hypertonus bekannt ist gehe ich auch nicht unter 150...

krumel
30.09.2007, 19:25
Ansonsten ggf. einfach Fragen...:D
Viele alte Patienten die sowas haben wissen sowas durchaus..."Irgendwas mit der Aorta oder so, da ist was eng"....
Kann zwar auch eine richtige Aortenstenose sein, oder sonstwas, aber es ist schon mal ein Hinweis;)

RS-USER-emergency doc
01.10.2007, 13:03
Original geschrieben von chrissitier
"lieber schockig als ein ausgewachsener HI"

:eek: :eek: :eek:

No comment...


Also ich geb Nitro eigentlich nur, wenn die Patienten hyperton sind, ansonsten verzichte ich eher drauf...

chrissitier
01.10.2007, 18:28
Original geschrieben von emergency doc
No comment...
So clever war ich nicht - ich HABE es kommentiert. Das war ein Fehler.

RS-USER-Katja
02.10.2007, 05:14
Im allgemeinen stürzen RR-Werte nach Gabe von ein oder zwei Hub Nitro nicht erbarmungslos in den Keller, außer der Patient ist erbarmungslos trocken. Und die Halbwertzeit ist nicht so, daß man im Fall eines unerwünschten Effekts stundenlang dagegen anarbeiten muß. Daß man die Dosis nicht 20mal wiederholt und sich dann wundert, daß der Patient keine Besserung zeigt und dafür irgendwie schockig wird (mir beruflich bekannter Hausarzt...) setze ich mal als bekannt voraus.
Und ich will bei Patienten mit AP-Beschwerden wissen, ob das mit Nitro besser wird oder nicht; wenn ich meinen No-go-Wert da bei 150sys ansetze, brauche ich gar keins mitzunehmen. Davon ab interessiert mich in aller Regel der MAP viel mehr als alle diastolischen oder systolischen Werte ;) Das das patientenabhängig variiert werden muß, da sind wir uns eh alle einig.

Nun traue ich mir in der Regel schon zu, eine signifikante Aortenstenose zu hören, traue dafür aber Patienten meist nicht zu, etwas über ihre Gesundheit zu wissen (ja, das klingt böse, aber man findet meist schon nach wenigen Sätzen raus, ob man einen informierten Patienten vor sich hat oder wie meist eben nicht).
Was das Viagra angeht: Man kann nicht mehr machen als fragen. Und bei suspekten Umständen einmal mehr fragen. Und darauf hinweisen, was die Gefahren sind, wenn man um's Gesicht :o zu wahren lügt. Wer dann immer noch nicht mit der Sprache rausrückt, ist selbst schuld.

Ach ja, große doppelblinde Studie... die gibt es zu Adrenalin versus Plazebo zur Reanimation auch nicht. Ich würd's trotzdem weiter machen :)

Back to life machine
04.10.2007, 14:34
Endlich mal wieder was für mich D:-)


Original geschrieben von Katja
...Davon ab interessiert mich in aller Regel der MAP viel mehr als alle diastolischen oder systolischen Werte ;) ..Das das patientenabhängig variiert werden muß, da sind wir uns eh alle einig.


Also der diastolische Wert interessiert mich beim Koronarsyndrom natürlich schon ;)



Original geschrieben von Katja

Nun traue ich mir in der Regel schon zu, eine signifikante Aortenstenose zu hören, traue dafür aber Patienten meist nicht zu, etwas über ihre Gesundheit zu wissen (ja, das klingt böse, aber man findet meist schon nach wenigen Sätzen raus, ob man einen informierten Patienten vor sich hat oder wie meist eben nicht).


Seh ich genauso.



Original geschrieben von Katja

Ach ja, große doppelblinde Studie... die gibt es zu Adrenalin versus Plazebo zur Reanimation auch nicht. Ich würd's trotzdem weiter machen :)

Das ist nicht ganz so: Es gibt die Studien zum Nitro, es hat nur nichts gebracht!

Insgesamt nuss einem klar sein, dass Nitro letztlich ein leichtes Schmerzmittel ist, dass differentialdiagnostisch mäßig hilfreich sein kann (Beschwerden an Ösophagus und Galle werden aber auch mal besser, ein ACS bleibt ggf. auch nach pos. Nitrowirkung ein ACS). Prognostisch bringt es gar nichts.

RS-USER-Katja
04.10.2007, 18:29
Okay, Du hast natürlich recht: Es hat keinen meßbaren Vorteil gebracht; ich finde nur, wenn man den Patienten 5min füher schmerzfrei(er) bekommen kann, ist das ein subjektiver Gewinn für ihn. Wenn es denn klappt.
Und hier ging es ja primär um den RA vor Ort, der vor Eintreffen des NA Nitro gibt oder eben nicht. Da kann das schon ein Weilchen dauern, bis wer kommt...

(und wenn Du dem diastolischen Wert eines oszilierenden Blutdruckmessers glaubst, bist Du gutgläubiger als ich ;) )

Ansonsten Grüße nach Hause (Intermittierend-Heimweh-hab)! :jump:

RS-USER-emergency doc
05.10.2007, 07:56
Original geschrieben von Katja
(und wenn Du dem diastolischen Wert eines oszilierenden Blutdruckmessers glaubst, bist Du gutgläubiger als ich ;) )

Also ich glaub ja schon, daß Du ein bisserl verwöhnt bist... Arteriellen blutdruck bekommen wir glaub ich in den wenigsten Notarztsystemen präklinisch...
Mag sein, daß der eine oder andere ITW (anekdotisch) schonmal eine Artierie gelegt hat... Standart ists nicht.:)

RS-USER-Katja
05.10.2007, 15:54
Natürlich bin ich verwöhnt :D , aber ich meinte nicht, daß ich invasive Blutdruckmessungen im RD mache. Habe ich noch nie. Nur bei Verlegungen, aber das ist ein anderer Schuh.
Aber das, was ein oszillierendes Meßgerät zuverlässig mißt, ist halt der MAP. Systole und Diastole sind mehr (in Ruhe, richtige Höhe, richtige Manschette sowieso, Patient hält still und man ist nicht im fahrenden Auto mit schlechter Straße) oder weniger gute Näherungswerte sind. Das war es, was ich meinte :)

Morbus X
06.10.2007, 13:17
Falls der Patient das Nitro nicht so gut verträgt wie erwartet - 5 min "Beine hoch" :grins: