PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Unklarer neurologischer Notfall



RS-USER-Anonym
24.01.2008, 00:50
Hallo.

Ich hatte kürzlich im KV-Dienst einen etwas merkwürdigen Fall:

Ich wurde zu einer ca. 70-jährigen Patientin gerufen. Diese habe ca. 65 Minuten vor dem Anruf (Beginn Telefonat) bzw. 75 Minuten vor unserem Eintreffen vor Ort plötzlich verschwommen gesehen und Gegenstände nicht erinnern können, diese Beschwerden seien inzwischen weitgehend verschwunden. Dann habe sie occipital betonte Kopfschmerzen bekommen, welche nach 500 mg ASS p.o. schon besser geworden seien. Zudem klagt sie über Kribbelparästhesien beider Unterschenkel, aber nur dorsal. Es hätten zu keinem Zeitpunkt irgendwelche Lähmungen bestanden.
Keine Vorerkrankungen, keine Dauermedikation.
Untersuchungsbefund: Pat. wach, orientiert, keine Sprach- oder Sprechstörung, Pupillen mittelweit, isocor, lichtreagibel. Kraft und Sensibilität seitengleich o.B., Reflexe unauffällig. Keine Zyanose, Kapillarfüllung o.B., RR 180/90 mmHg, HF um 64/min, SaO2 98%, Temp. 36,6°C, BZ 105 mg/dl.

Letztlich habe ich die Patientin mit Sauerstoff und einem Zugang versehen und per RTW mit V. a. Apoplex DD TIA in die nächste aufnahmebereite Stroke Unit verschickt, auch wenn die Symptomatik damit nur teilweise erklärt werden kann.

Habt Ihr noch geniale Ideen, was diese Patientin gehabt haben könnte?

Liebe Grüsse
Anonym

RS-USER-Katja
24.01.2008, 03:24
Ich hatte mal einen Fall, der sehr ähnlich war, nur daß die Patientin erst 50 Jahre zählte.
Der neurologische Kollege hat mir gleich zur Aufnahme gesagt, daß das ganz klar ein typischer Migräneanfall gewesen sei.... sah für mich nicht so aus.

Andererseits war das der gleiche Kollege, der mich fragte, wie ich auf die Verdachtsdiagnose ICB/SAB käme, als ich einen Patienten mit seit 2h zunehmenden unkontrollierbaren Kopfschmerzen, plötzlich einsetzender beinbetonter Halbseitensymptomatik, mehrfachem Erbrechen, Nackensteifigkeit und zunehmender Somnolenz...

RS-USER-Elektro-Dengel
24.01.2008, 20:01
Hätte ich genauso gemacht. Warum ein Risiko eingehen?? Stroke-mässig ins KH, wenn im cCT nix auffälliges is, kann man immer noch das rätseln anfangen.

Die Migräne kann schon auch mal so daherkommen, doch selbst wenn das vorbekannt ist (war es ja bei deinem Fall wohl nicht), wäre ich da prinzipiell vorsichtig. Die Patienten (und/oder Angehörige) wissen ja meist, wie sich das bei ihnen äussert. Und wenn irgendetwas anders, oder schlimmer is als bei den bisherigen Anfällen, würd ich das immer als potentiellen Apo ansehen.

Ich hatte vor ein paar Monaten einen Patienten mit bekannter Migräne, der in seinen Anfällen schon öfters mal ziemlich heftige apo-ähnliche Symptome hatte und jetzt akut ebensolche erneut schob. Hinzu kamen akute Persönlichkeitsveränderungen und Wortfindungsstörungen. Den haben wir auch vorsichtshalber notfallmäßig in die Stroke gefahren!