Erstversorgung einer A. Carotis- Verletzung

[RS-USER-Rugger]

Nach dem ich dieses Video (http://american-arena.blogspot.com/2008/02/schnitt-mit-dem-schlittschuh.html) gesehen habe, stellt sich mir die Frage, wie man eine derartige Verletzung primär versorgt?!
Ein Gefäßchirurg dürfte ja kaum vor Ort sein, Druckverband scheidet aus - bleibt eigentlich nur manueller Druck auf die verletzte Seite und Volumen, ggfs. Katecholamine, oder?!

R.

[Der Altnoob]

Ein Kollege von mir (ehem. RS) hat mir von einem ähnlichen Fall in einer JVA erzählt (nein, nicht beim Schlittschuhlaufen - es war ein Suizidversuch, bei dem sich der Suizident die Halsschlagader durchgeschnitten hat) und er meinte, sie hätten damals auch nur die Möglichkeit gehabt, die Wunde manuell abzudrücken und den Verletzten schnellstmöglich ins KKH zu bringen. Volumengabe wurde damals (war seiner Erinnerung nach Mitte bis Ende der 80er) zwar gemacht, bei einer Fahrtzeit von ca. 8 min allerdings nicht unbedingt notwendig - so seine Meinung...

Interessieren würde es mich schon, wie groß da die Chancen sind, noch was zu machen - auch aus beruflichem Interesse...

[RS-USER-Katja]

Holla, ich habe im Zusammenhang mit Schlittschuhen sonst eher an abgeschnittene Finger gedacht :eek:
Manueller Druck, Volumen... kontrollierte Hypotension (Nitro falls nötig, Sedierung, ggf. Tubus bei Aspirationsgefahr, noch eher, wenn außer der Carotis in dem Gebiet vielleicht auch die Trachea was abbekommen hat...), damit der Blutverlust sich in Grenzen hält. Ab einem gewissen Blutverlust wird der medikamentöse Angriff sich eher gen vorsichtige Katecholamingabe verschieben...
ganz schnell ab in Klinik mit Gefäßchirurgie mit Voranmeldung und das Beste hoffen.
Der arme Kerl :(

[RS-USER-Küchenhexe]

Mir würde jetzt auch nur manuelles Abdrücken (Carotis gegen Querfortsatz Halswirbel, wenn machbar - sonst Druck in die Wunde mit Kompressen und/ oder Hand; alles ist besser als gar nix...) einfallen, dann schneller Transport mit Volumengabe in die nächste Gefäßchirurgie. Das wäre so eine Situation, wo Celox und Co. vielleicht ganz wünschenswert wären.

Der Fall läßt mich doch ein bißchen trocken schlucken, mein letzter Eishockey-Sanitätsdienst war gestern abend... und die Jungs spielen ganz schön rauh. Angefordert hatten sie ursprünglich einen einzelnen Sanitätshelfer - aber wir kommen grundsätzlich nur im Doppelpack. Und es geht bei diesem Dienst auch immer mindestens ein RS mit raus; da passiert einfach zu viel und alles andere wäre unfair gegenüber unseren SanH's. Bis jetzt hatten wir Glück; neben Platzwunden waren Bänderrisse, Knöchelbrüche und Ähnliches unser täglich Brot. "Schlittschuh über Hand" war bisher zweimal dabei, aber einmal war die Hand gut gepolstert und nur leicht lädiert und das andere Mal waren die Beteiligten beide noch ziemlich lütt (auf der Nachbareisbahn war freies Laufen) und es ging "nur" mit einer übel gequetschten Kinderpfote aus...

Wenn jemand einen Trick wüßte, wie man so eine Carotisverletzung versorgt: her damit!

[Rettungszwergin]

ganz klar manueller Druckverband - hat denn niemand Perl Habour gesehen? Da wird das wunderbar gezeigt.

[RS-USER-Küchenhexe]

Hier (http://canadianpress.google.com/article/ALeqM5jsMOTKFwIW4uwERjn687za4HbYhg), hier (http://seattlepi.nwsource.com/scorecard/hockeynews.asp?articleID=225702) und hier (http://www.philly.com/inquirer/breaking/sports_breaking/20080211_Morning_Report___Frightening_injury_on_th e_ice.html) steht noch ein bißchen was dazu. Er scheint das Ganze relativ gut überstanden zu haben und liegt momentan wohl in stabilem Zustand im Krankenhaus.

Allerdings hat seine Mannschaft mit 5:3 verloren.

[Morbus X]

Verbandspäckchen auf die Wunde und ein Stiffneck darüber?
Müsste doch gehen oder?
:confused:

Dann muss man nicht die ganze Fahrt über manell abdrücken, was bei der Geschwindigkeit dann eh eher nicht geht...

[TheSpike]

Original geschrieben von Morbus X
Verbandspäckchen auf die Wunde und ein Stiffneck darüber?
Müsste doch gehen oder?
:confused:

Dann muss man nicht die ganze Fahrt über manell abdrücken, was bei der Geschwindigkeit dann eh eher nicht geht...

Die Frage ist trotzdem, wie man das Fixiert, man kann schlecht einen Druckverband so um den Hals binden, dann kann man sich das ganze auch sparen... Ein stiffneck ist zwar ganz sinnvoll, aber vorne haben die Dinger (von Laerdal) doch den Eingriff, und wenn man durch das Ding den Puls tasten kann, dann heißt das, das der betroffene bereich, komplett freiliegt...
Im Prinzip kann man das wirklich nur selbst festhalten und dann... ab dafür...D:-)

[RS-USER-emergency doc]

Naja, die haben das schon ganz richtig gemacht: Handtuch o.ä. (so große Kompressen gibts halt nicht, und wer hat schon Bauchtücher vor Ort), mit der Hand druff und ab dafür... Zugang o.ä. während der Fahrt, ITN... Naja, nur wenns sein muss, primär haben wir ja "nur" ein "C"-Problem...

[RS-USER-Rettungsente]

Ich sehe es auch so, ich hatte vor einigen Jahren einen jungen Mann, der sich in suizidaler Absicht einen "Rundumschnitt" am Hals gemacht hatte, wir komprimierten auch nur manuell und machten einen Zugang und dann fuhren wir schnell nach Voranmeldung in die Gefäßchirurgie.
Am Ende war alles okay, obwohl es ganz schön anstrengend war etwa 25 Minuten zu drücken.

VG Rettungsente

[waw13]

Kleine Anleitung für einen Druckverband am Hals.

Hand der unverletzten Seite zum Kopf, Diagonal unter der Schulter (Achsel) durch verbinden, anschließend Hand wieder runter.

Hab ich von den Jungs vom KSK, SEK-M und in Pfullendorf gesehen und gelernt. So nebenbei, die Jungs sind super
ausgebildet.

Wenn Komprimieren nicht ausreicht, würd ich zusätzlich ein Haemostasis-Produkt empfehlen, oder gleich verwenden!

lg

Walter

[RS-USER-Küchenhexe]

Original geschrieben von waw13
Kleine Anleitung für einen Druckverband am Hals.

Hand der unverletzten Seite zum Kopf, Diagonal unter der Schulter (Achsel) durch verbinden, anschließend Hand wieder runter.

Hast Du da mal ein Bild zu? So ganz kann ich mir das gerade nicht vorstellen.


Original geschrieben von waw13
Wenn Komprimieren nicht ausreicht, würd ich zusätzlich ein Haemostasis-Produkt empfehlen, oder gleich verwenden!


Wie sieht das rechtlich aus - ist das ein Medikament oder ein Medizinprodukt; darf man das in D schon anwenden, wenn ja: wer und wann (nur Arzt, auf ärztliche Anordnung, selber mit Notkompetenz...)?

[waw13]

Sorry, "Küchenhexe"

Hab kein Bild versuch/bemüh mich, es zu erklären,

Als Annahme, Rechte Carotis lädiert, Kompresse auf die Wunde,
dann linke Hand auf den Kopf, von der rechten Halsseite
unter der linken Achsel durchwickeln. Wenn fertig, Hand wieder runter, Distanz bleibt gleich. Probiers mal aus, ist genial.

Wg den Haemostatika, mein Favorit wäre QuikClot, es ist ein Medprodukt, kanns geistig nachvollziehen wie es wirkt, das Granulat entzieht dem Blut die Flüssigkeit, dadurch Koagoliert es rasch und stoppt die Blutung.

Haemostatika sollten nur Personen anwenden, die geschult wurden und wissen was sie machen!!

[Pr0st]

Original geschrieben von waw13
Wg den Haemostatika, mein Favorit wäre QuikClot, es ist ein Medprodukt, kanns geistig nachvollziehen wie es wirkt, das Granulat entzieht dem Blut die Flüssigkeit, dadurch Koagoliert es rasch und stoppt die Blutung.

Haemostatika sollten nur Personen anwenden, die geschult wurden und wissen was sie machen!!


Yes, da ich zu letztgenannten nicht gehöre, wie siehts denn da aus vonwegen freier Thrombenbildung? Fände das nämlich reichlich unerotisch, wenn da zusätzlich zur aufgeschlitzten Carotis noch ein Apoplex gebastelt werden würde....
:confused:

[waw13]

Nachtrag zur rechtlichen Aspekten für Med-Produkte.

Grundvoraussetzung ist eine Produkt-Zulassung,
CE in Europa, FDA in den USA und Canada

Der Handel in Europa ist ein reglementiertes Gewerbe.
Spezielle Zulassung nötig, Gmbh allein ist zuwenig!!!!

Jetzt zur Anwendung,

Klasse 1 Produkte sind ohne spezielle Schulung erlaubt.
Bei Klasse 2a + 2b, ist eine Schulung vorgeschrieben.

[waw13]

@PrOst,

Hameostatika wirken außerhalb der normalen Blutbahn,
der Koagel ist auch außerhalb, und nicht drinnen!!!

Und Sie sind keine Endgültige Versorgung einer Wunde!!

lg

Walter

ps: dachte du hast phtls 6th Ed. ? -> Seite 533

[RS-USER-DerDings]

Original geschrieben von waw13
Wenn Komprimieren nicht ausreicht, würd ich zusätzlich ein Haemostasis-Produkt empfehlen, oder gleich verwenden!

wenn ich mich nicht irre entsteht bei der behandlung mit quickclot et al. hitze, starke hitze; insofern würde ich damit sehr zurückhaltend umgehen - bei o.g. beispiel mit der carotis verletzung freut es wohl weder chirurg noch patient, wenn zu der gefäßverletzung auch noch ein ausgedehnter gewebeschaden aufgrund von verbrennungen durch zauberpulver hinzukommt.

als ultima ratio: vielleicht - ich hab damit zu wenig erfahrung, denke mir es wird schon was dran sein, aber die vorstellung, dass diese pulver eine gerinnung verursachen, die eine arterielle wunde verschließen kann an der manueller druck scheitert find ich "strange". (und anders als ein sani in umkämpften zonen hat bei uns idR regel doch immer jemand eine hand frei...)

[RS-USER-DerDings]

ein bisschen off-topic: die internet recherche (rip brockhaus) ergab dass das schonmal passiert ist: clint malarchuk, goalie der sabres wurde '89 ebenfalls durch einen schlittschuh an der carotis interna verletzt - damals sorgten die bilder (obwohl die kameras gleich wegschwenkten, nicht so wie heute) im publikum (2 herzinfarkte, mehrere synkopen) und auf dem feld (3 spieler die sich übergeben mußten) scheinbar für NOCH mehr aufregung...

http://en.wikipedia.org/wiki/Clint_Malarchuk

[waw13]

@DerDings

Sorry, du irrst dich. Die Wärmeentwicklung ist Vergangenheit.
Gab es früher, war aber keine, so wie du schreibst,
starke Hitze! War lt Anwendern und Patienten tolerabel.

Im Jänner in Koblenz/ARCHIS-2008, hat mir ein US-Arzt seinen OS-Durchschuss nahe der Leiste, inkl Femuralis undicht! gezeigt, er meinte, es wurde warm, hatte aber andere Sorgen.

Berg- und Pistenrettungen verwenden es, haben manchmal besch.. Verl., zb durch Stahlkanten von Skiern oder Snowboards. Wo zusätzlich durch Kälte die Gerinnung herabgesetzt ist.

Die Uniklinik Innsbruck hats schon verwendet, halten sehr viel
davon und sind keine "umkämpften zonen" !!

Habs dir schon mal angeboten, kontakten, Real anschauen !

Wäre Morgen Vormittag in Graz, Uniklinik.

lg

[RS-USER-Küchenhexe]

Original geschrieben von DerDings
...dass das schonmal passiert ist: clint malarchuk, goalie der sabres wurde '89 ebenfalls durch einen schlittschuh an der carotis interna verletzt...

Canadian Press (http://canadianpress.google.com/article/ALeqM5jsMOTKFwIW4uwERjn687za4HbYhg) sagt, Clint Malarchuk sei damals an der V. jugularis verletzt worden: "...sednik's injury was eerily reminiscent of an injury sustained by Sabres goaltender Clint Malarchuk about 19 years ago at Buffalo's Memorial Auditorium. On March 22, 1989, Malarchuk severed his jugular vein when St. Louis Blues forward Steve Tuttle was upended while skating toward the crease, slicing Malarchuk with a skate.

Malarchuk required over 300 stitches but spent only one night in the hospital, returning to practice after four days. On April 2, he played the final five minutes in the season finale, less than two weeks after his injury."