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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Einsatznachsorge - (wie) läuft sie bei Euch?



RS-USER-Küchenhexe
15.02.2008, 15:29
Ich habe gerade in der letzten Zeit unterschiedliche Modelle der Einsatznachsorge kennenlernen dürfen (oder müssen), und jetzt stellt sich mir die Frage, wie das wohl anderswo läuft.

Gut, schlecht, gar nicht? Was wird genau angeboten, müßt ihr dafür auf jemanden zugehen oder kümmert sich "von selbst" jemand um Euch? Gibt es bei Euch (auch) Vorbereitungsmöglichkeiten auf belastende Einsätze, die RD, FW oder KatS ja jederzeit aus heiterem Himmel treffen können, wie z.B. Fortbildungen oder Lehrgänge?

Gibt es Veränderungen, die Ihr gerne sehen würdet, und wie sähe der Idealfall aus?

Rettungszwergin
15.02.2008, 17:01
Nichts kann dich auf belastende Einsätze vorbereiten. Unser KIT hat wohl Leute, die eine Ausbildung für Einsatzkräftebetreuung haben. Aber davon halte ich nichts. Sie sind mirzu sehr Hobbypsychologen, und haben sich auch schon afgedrängt.
Die FFW bei uns arbeitet so, dass ihren Seelsorger haben. Wenn jemand ihn braucht, hat jeder die Nummer. Und der Kommandant sorgt für seine Leute. Das gefällt mir deutlich besser.
Im Nachbralandkreis gibt es explizit gute Leute, die Einsatzkräfte betreuen können. Im Ernstfall wendet man sich iher an diese.

Meiner Meinung nach sind die Zug- und Gruppenführer zuständig. Es gibt Fachlaute für sowas. Also Finger weg von allen, die es gerne sein möchten.
Mir hat bis jetzt immer das Gespärch im Team geholfen, mein Freund, der mir zuhört und das Wissen, das ich gute Arbeit geleistet hab.

RS-USER-Küchenhexe
15.02.2008, 17:49
Mit "Vorbereitungsmöglichkeiten" meinte ich nicht so sehr die Ausbildungen zu "Hobby-KITs". Nichts gegen ehrenamtliche Kriseninterventionshelfer, da gibt es auch gute Leute. Aber da muß schon einiges an Ausbildung und Erfahrung im Spiel sein.

Ich wollte eher auf Veranstaltungen hinaus, bei denen Helfer lernen, ihre eigenen Reaktionen auf Stressoren einzuschätzen. Vor einigen Jahren habe ich so ein Wochenendseminar mit einem guten, langjährigen Notfallseelsorger mitgemacht, und es war hammerhart. Nix mit mal setzen und ein Tässchen Tee trinken oder stundenlangem Gesülze... Wir haben einiges an Theorie gemacht und uns dabei zum Beispiel mit Streß und Streßabbau, verstärkenden Faktoren (Lärm, Schreie, Dunkelheit, unübersichtliche Lage, verletzte Kinder, Gefahren, Gaffer und was es da noch alles gibt), möglichen Streßreaktionen und den Möglichkeiten, als Helfer/RD-Mitarbeiter an Hilfe zu kommen beschäftigt. Ein großer Teil des Seminars bestand daraus, eigene, individuelle Reaktionen und besondere Auslöser herauszufinden.

Im Nachhinein war das eines der nützlichsten Seminare, die ich je mitgemacht habe. Ich kann meine Belastbarkeit und meine Grenzen besser einschätzen. Reaktionen auf extreme Belastung erschrecken mich nicht mehr so, weil ich weiß, womit ich zu rechnen habe. Weiche Knie und Übelkeit nach einem heftigeren Einsatz haben einen anderen Stellenwert und wirken nicht bedrohlich, sondern sind normal und gehen bald von alleine wieder vorbei. Ich habe Strategien entwickelt, die ich auch außerhalb von RD und KatS zur Streßbewältigung anwenden kann (viel Bewegung funktioniert bei mir ganz gut, aber auch andere Sachen). Und zusätzliche Streßfaktoren lassen sich erkennen und manchmal abstellen.

Leuten, die sich noch nie mit so was auseinandergesetzt haben, geht es nach einem schlimmen Einsatz meiner Erfahrung nach deutlich schlechter. Häufig kommt es zu Problemen, weil gerade jüngere oder unerfahrene Helfer von ihrer eigenen Reaktion überrascht werden und keine Möglichkeit sehen, adäquat damit umzugehen. Oft wird das dann mit einem lockeren Spruch abgetan und frißt sich fest. IMHO muß es zu sowas nicht unbedingt kommen!

Der Hauptfaktor bei so einem Lehrgang ist aber sicher der Lehrgangsleiter. Wenn man da Pech hat, war's ein verschwendetes Wochenende.

RS-USER-Rettungsente
22.02.2008, 09:13
Bisher habe ich nach einem doch für alle Beteiligten sehr belastenden Einsatz mal das ENT selbst in Aktion erlebt.
Wir führten in der Runde ein vom ENT Mitglied geleitetes Gespräch, jeder sollte seine Gedanken und Gefühle schildern. Leider sollte keinerlei fachliche Wertung dabei statt finden, allerdings war das mein Problem! Wir waren der festen Überzeugung nicht genug für eine Patientin getan zu haben und dies hätte ich schon gern ausgewertet um einfach etwas aus dem Vorfall zu lernen.

VG Rettungsente