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RS-USER-Katja
18.02.2008, 19:35
Natürlich gibt es auch kleine Verletzungen der Milz. Kleine Kapselhämatome können sich resorbieren wie sonst überall im Körper auch, kleine Verletzungen des Gewebes heilen von allein ab. Man muß sie nur im Auge behalten, damit es keine späteren Überraschungen gibt.
Man muß auch bei größeren Verletzungen nicht unbedingt die Milz resezieren, manchmal läßt es sich - Vorhandensein einer interventionellen Radiologie vorausgesetzt - auch mit einem kleinen Verschluß der blutenden Arterie in den Griff bekommen, je nach Lokalisation.

saddamski
18.02.2008, 21:19
In Ordnung.
Woran kann es denn liegen, dass es bei der Sickerblutung, die sich ja über Tage bzw. Wochen zog, nicht zu einem alleinigen Verschluß gekommen ist?
Denn es kann ja eigentlich keine starke Blutung gewesen sein, wenn sie sich über eine so lange Zeit hin zieht.

Ich hab da ein kleines Problem mir das vorzustellen.
Große Wunde = viel Einblutung mit relativ schnellem Verlauf.
Kleine Wunde = wenig Einblutung, was ja eigentlich vom Körper gestillt werden sollte bzw. einen nicht so schnellen Verlauf hat.

So...jetzt hat es da aber über Wochen langsam reingeblutet. Langsam deshalb, weil der Blutverlust sonst ja aufgefallen wäre.
Jetzt reißt die Kapsel und die Verletzung ist doch so groß, dass der Patient dekompensiert.
Das würde ja bedeuten, dass die Wunde während der ganze Zeit nicht wirklich geheilt ist, oder?
Komplett geheilt natürlich sowieso nicht, aber die Verletzung hat ja noch für genug Blutverlust gesorgt.

Oder bin ich total auf dem falschen Weg?:rolleyes:

RS-USER-Elektro-Dengel
18.02.2008, 22:53
Also ich mutmaße jetzt mal ganz einfach, dass unabhängig von der Größe der Verletzung, das ganze nur solange in die Kapsel einblutet, bis der Druck in der selbigen, den Druck im blutenden Gefäß übersteigt! Dann gibt es 2 Möglichkeiten: Entweder die Kapsel reißt, oder die Blutung kommt (zum. zeitweise) zum stehen!

Rettungszwergin
19.02.2008, 02:47
Ich hab absolut kein Problem, dass eine Milzruptur erst nach Tagen zu einem ernsthaften Problem wird. Ähnlicher Fall, ganz andere Diagnose: vor 4 Tagen stärkste Kopfschmerzen, die dann schlagartig aufhörten. Seitdem trübt die Pat. langsam ein, bis sie schließlich am aktuellen Tag Angehörige nicht erkennt. Nach wie vor durch normales Ansprechen erweckbar. Transport ins Fahrzeug lässt sie dekompensieren und bewusstlos werden. Ursache: Sickerblutung im Gehirn durch geplatzes Gefäß.
Ob nu Milz oder Gehirn, es gibt immer Verletzungen, die langsam bluten, sich aber nicht selbst schließen. Ganz einfach. Deshlab wird man ja auf der Schule so gewarnt vor dem symtomlosen(-schwachen) Intervall.

saddamski
19.02.2008, 07:08
Original geschrieben von Rettungszwergin
...
Ob nu Milz oder Gehirn, es gibt immer Verletzungen, die langsam bluten, sich aber nicht selbst schließen. Ganz einfach...

jaja, "Ganz einfach".
Deshalb wird auch immer nur gesagt "Ist eben so" und keiner kann den Grund erklären, den ich hier ja versuche zu erfahren ;)

RS-USER-Brummel
19.02.2008, 07:20
Bin ja nun kein Mediziner, aber kann es sein, dass die Blutgerinnung im größeren Maßstab erst bei kontakt mit Sauerstoff in größerem Maße einsetzt? Ich dachte ich hätte so was im Bio LK gelernt. Lasse mich aber auch gerne korrigieren.

Morbus X
19.02.2008, 09:19
Hat doch ständig Kontakt mit Sauerstoff, dafür sorgt doch die Lunge.
Oder bin ich jetzt auf dem Holzweg?
Aber die Option "dauert Wochen" macht mir ebenfalls Kopfschmerzen. Mein Doc hat mir gesagt es könne durchaus sein, daß die komplette Milz prallgefüllt mit Blut ist und dann eine kleine Erschütterung reicht um die Kapsula zum platzen zu bringen. Er hat mir das recht anschaulich an einem prall mit Wasser gefüllten Luftballon erklärt. Er hält dem Druck stand, auch wenn er schon maximal gedehnt ist. Kleine Erschütterung - platzt.
Aber das muss doch wehtun!!!
Das Symptomfreie Intervall ist mir immer noch nicht klar.

RS-USER-Hoffi
19.02.2008, 09:50
es ist immer noch ein kleiner Konzentrationsunterschied zwischen dem Sauerstoffangebot in der Luft und der im Körper, zumal der dort ja auch an die Blutkörperchen gebunden ist und so für solche Reaktionen wohl eher nicht zur Verfügung steht.

RS-USER-emergency doc
19.02.2008, 12:31
Original geschrieben von Morbus X
Danke soweit schon mal.
Eine Frage hab ich noch: Kann es sein, daß die Sickerblutung sich selbst "verstopft", die Blutung so sistiert und nichts weiter passiert???

Naja, das ist die Basis der konservativen Therapie bei Milzruptur. Über Sonografie-Kontrollen sieht man, ob das Hämatom innerhalb der Kapsel größer wird (weitere Blutung) oder sogar kleiner (Stop der Blutung und Resorption des Hämatoms).

RS-USER-Katja
19.02.2008, 18:50
Original geschrieben von Brummel
Bin ja nun kein Mediziner, aber kann es sein, dass die Blutgerinnung im größeren Maßstab erst bei kontakt mit Sauerstoff in größerem Maße einsetzt? Ich dachte ich hätte so was im Bio LK gelernt. Lasse mich aber auch gerne korrigieren.
Korrigiere :) Es ist nicht Sauerstoff, der für die Gerinnung notwendig ist, sondern die "Fremdoberfläche" (intrinsisches oder intravaskuläres System) oder "Integritätsverletzung" (extrinsisches oder extravaskuläres System). Aber ich werde jetzt nicht die Gerinnungskaskade herbeten... ;)

Die Option "dauert Wochen" ist wirklich eine Ausnahme, meist geht es um Stunden.
Habt doch ein bißchen Phantasie... die "Stunden"-Option ist das, was man normal sieht: die Blutung in die Kapsel bis zur Ruptur.
Wenn es um "Tage" geht, hat man Teilverschlüsse der Verletzung, aber eine langsame Sickerblutung geht weiter, weil es aus welchen Gründen auch immer nicht zum Verschluß kommt (da müßt ihr mal einen Histologen oder einen Pathophysiologen fragen, warum dieses Phänomen in der Milz häufiger ist als in der Leber, es wird irgendwas mit der Kapseldicke und der gefäßreichen Struktur zu tun haben, aber erklären kann ich es auch nicht. Ich habe keine offizielle Begründung gehört). Die Kapsel platzt dann aufgrund der langsamen Blutung später und dabei reißt das, was schon verschlossen war, wieder auf - aus der kleinen Blutung wird eine große.

Alles, was im Körper langsam geschieht, tut nicht wesentlich weh. Leute kommen mit 3 Kilo schweren Oviarialtumoren und ein bißchen Blähungen. Wenn die Milzkaspel schnell gespannt wird, ist das schmerzhaft, wenn auch nicht so schmerzhaft wie eine gleichgroße Schwellung am Unterschenkel - die "viszeralen" Schmerzen haben eine andere, dumpfe Qualität zu den scharfen Schmerzen der Oberfläche, es sind andere schmerzleitende Fasern dafür zuständig. Und die Milz zieht aufgrund ihrer Lage nicht am Peritoneum, was noch recht schmerzempfindlich wäre (das ist das, was bei der Blinddarmentzündung etc. weh tut).

Morbus X
19.02.2008, 19:19
Danke Katja ich liebe dich *g*
Echt eine tolle Erklärung, da fehlt gar nichts!
Auch die Erklärung, daß der Schmerz eher dumpf ist ist klasse, tolle Herleitung, für jeden zu verstehen! :knuddel:

RS-USER-Schädelspalter
19.02.2008, 19:24
Original geschrieben von Elektro-Dengel
Also ich mutmaße jetzt mal ganz einfach, dass unabhängig von der Größe der Verletzung, das ganze nur solange in die Kapsel einblutet, bis der Druck in der selbigen, den Druck im blutenden Gefäß übersteigt! Dann gibt es 2 Möglichkeiten: Entweder die Kapsel reißt, oder die Blutung kommt (zum. zeitweise) zum stehen!

So kann man das sagen.
Wer schon mal eine Milz angefaßt hat (beim Pathologen oder Schlachter *), weiß, daß die Milz im Vergleich z.B. zur Leber oder Niere ziemlich, äh sagen wir mal "schwabbelig" ist.
Bei einem Hämatom der Leber (z.B. nach Punktion) sollte man auch sonographisch kontrollieren, zu einer OP führt das aber selten.
Bei der Milz ist es umgekehrt, ein kleineres Hämatom kann mit Abwarten und Kontrollen beherrschbar sein; oft ist aber eine OP notwendig.

Für eine Thrombozytenaggregation und Blutstillung ist ein Druck auf die Verletzung förderlich. Das festere Leberparenchym sorgt ab einer gewissen Hämatomgröße dafür. Das ist so ähnlich wie das Drücken mit einem Tupfer auf die Einstichstelle nach Blutentnahme.
Bei der Milz braucht man schon mehr Glück. Ebenso wie bei Organblutungen in Kapselnähe: wenig umgebendes Gewebe = wenig Druck aufs Hämatom. Bei Organen, die intraperitoneal liegen (in den Peritonealraum passen ein paar Liter Blut) und/oder eine dünne Kapsel haben ist das besonders bedrohlich (die Milz hat beide Probleme).

* nein, das ist NICHT dasselbe ;)

Morbus X
21.02.2008, 19:37
Das Leberparenchym haben wir jetzt abgehakt. Aber nach meinem "Tasterlebnis" bei der Ausbildung finde ich Milz und Lunge nahezu gleichauf...

saddamski
21.02.2008, 21:09
@Katja und Schädelspalter.

Vielen Dank für eure Erklärungen! :)
Das hat mir geholfen.

Tobias

RS-USER-gnuff
21.02.2008, 21:15
Original geschrieben von Schädelspalter

* nein, das ist NICHT dasselbe ;)

hmmmm, wenn das nicht dasselbe ist, wo genau ist dann der Unterschied? Kleidung vielleicht? ;)