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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Hypothermie auf ITS nach CPR



RS-USER-Hypnodoc
18.04.2008, 14:24
liebe Gemeinde,
mein Chef hat mir die Aufgabe erteilt, eine Hypothermiekonzept zu erarbeiten. Das Abkühlen ist nicht das Problem.
Vielmehr bereitet mir die Überwachung des Wiedererwärmens Probleme:
Brauche ich eine Hirndrucksonde oder reichen 1-2 CCT in dieser Phase aus?
Ist die Hyperkaliämie ein Problem?
Worauf sollte man sein Augenmerk richten (ZVD, RR, E'lyte, SBH, Glucose, Diurese und Körpertemperatur ist klar.)
Schönen Schrank im Voraus
HYpnodoc

Morbus X
18.04.2008, 17:05
Original geschrieben von Hypnodoc
liebe Gemeinde,
mein Chef hat mir die Aufgabe erteilt, eine Hypothermiekonzept zu erarbeiten. Das Abkühlen ist nicht das Problem.
Vielmehr bereitet mir die Überwachung des Wiedererwärmens Probleme:
Brauche ich eine Hirndrucksonde oder reichen 1-2 CCT in dieser Phase aus?
Ist die Hyperkaliämie ein Problem?
Worauf sollte man sein Augenmerk richten (ZVD, RR, E'lyte, SBH, Glucose, Diurese und Körpertemperatur ist klar.)
Schönen Schrank im Voraus
HYpnodoc

Danke für die vielen böhmischen Dörfer!!! :D

1-2 CCT?
Warum Hyperkaliämie bei niedriger Körpertemperatur und dem wiedererwärmen?
Also ich würde auf RR, ZVD und Glucose achten - sagt dir ein dämlicher Retter...

RS-USER-Rippenspreizer
18.04.2008, 18:54
Hallo,

ich kann Dir nur von meiner Erfahrung bei der Hypothermie von Hirninfarktpatienten berichten. Vom Prinzip und der Anwendung unterscheidet sich das aber nicht wesentlich von der Hypothermie nach CPR.

Die entscheidende Frage ist, in welchem Zeitraum die Normotemperatur wieder hergestellt werden soll. Ich gehe davon aus, dass der Patient adäquat analgosediert ist. Eine sehr vorsichtige Strategie ist die Erwärmung des Patienten um 1,5-2 Grad pro Tag. Die Erwärmung von 32°C bis Normtemperatur kann also durchaus 2-3 Tage dauern. Systeme wie zB. "Coolgard" schaffen das nahezu linear über die Eingabe der gewünschten Erwärmung pro Zeit. In dieser Phase ist ein spezielles Monitoring IMHO nicht nötig. Regelmäßige Labor- und BGA-Analysen machen durchaus Sinn, ein CCT im Verlauf sicherlich auch. Darüber hinaus ist eine Hinrdruckmessung möglich, sofern technisch in eurer Klinik machbar. Andere Stichworte sind Verlaufs-EEG, Mikrodialyse oder zerebrale O2-Sonde.

Der klassische Intensivpatient hat ja aufgrund zahlreicher Aspekte eher ein Hypokaliämieproblem, insofern würde ich durch BGA-Kontrollen (mind. 3x tägl.) eine Normokaliämie sicherstellen.
Eine zerebrale Ischämie soll durch die Hypothermie zwar verhindert bzw. deren Auswirkungen schadensbegrenzt werden - ganz auszuschliessen sind Infarkte im Verlauf aber nicht. Schon alleine die Gefahr reaktiver Vasospasmen ist nicht zu unterschätzen und durch eine hypothermie nicht unbedingt beherrschbar. Dazu gibt es aber auch kaum brauchbare Studien.

Mein Kommentar hat keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit, ich lasse mich gerne ergänzen. Bin gespannt auf eine ziemlich hochwertige Diskussion...

Gruß, Daniel

RS-USER-gnuff
19.04.2008, 11:43
Wir machen bei unseren "Gekühlten" aktuell aus Studiengründen 4stdl. ZVD, BGA art. + SCVO2 und PiCCO... mal sehen was dabei rauskommt.

Back to life machine
19.04.2008, 16:25
1) ICB/CT: Machen wir beides nicht , da gibt es auch keinerlei Daten zu. Also langsam Aufwärmen, schauen was kommt und dann ggf. CCT.

2) Meistens kommt es ja zu Hyperkaliämie in der Aufwärmphase, da man während der Hypothermie die kühlungsinduzierte Hypokaliämie großzügig ausgleicht und das Kalium dann wieder aus denn Zellen kommt. Lösung: Kalium etwas sparsamer substituieren, langsam wiederaufwärmen.

3) In der Tat sieht man erst, wenn man gelernt hat, die Patienten herunterzukühlen, dass der schwierigste Teil das Konstanthalten der Temperatur bzw. das kontrollierte Aufwärmen ist. Hier hilft entweder viel Erfahrung oder ein System mit Temperatur-Feedback.

RS-USER-Hypnodoc
20.04.2008, 09:53
Aus den abgegebenen Statements ersehe ich, dass ich mit dem bisherigen Plan einigermassen richtig liege.
Kennt jemand Studien bezüglich der Komplikationen bei der Wiedererwärmung? Das müsste ja identisch sein zu einer akzidentellen Hypothermie....

Da wir nur ein Provinzkrankenhaus sind, haben wir weder NC noch Neurologie. Auch habe ich so mein Problem mit Drucksonden und Mikrodialyse etc, weil es nur Werte von dem Ort der Sondenlage und nicht global liefert. Ich denke, da wiegt man sich viel in falscher Sicherheit.

Mein Chef meinte auch, dass es jetzt Hirndrucksonden-Systeme für Dummies (sprich Anästhesisten) gibt. Kennt sich da jemand aus?
Bis hierher vielen Dank (-Küppersbusch)
Hypnodoc

RS-USER-apoplex
20.04.2008, 12:56
Original geschrieben von gnuff
Wir machen bei unseren "Gekühlten" aktuell aus Studiengründen 4stdl. ZVD, BGA art. + SCVO2 und PiCCO... mal sehen was dabei rauskommt.

Habt ihr das kombinierte PiCCO, dass auch die SCVO² messen kann oder klassisch per BGA?
Wir haben momentan das neue Picco mit der Option auf der Station zur Probe / Demo, haben allerdings noch nciht damit gearbeitet.

RS-USER-gnuff
20.04.2008, 13:35
Original geschrieben von apoplex
Habt ihr das kombinierte PiCCO, dass auch die SCVO² messen kann oder klassisch per BGA?
Wir haben momentan das neue Picco mit der Option auf der Station zur Probe / Demo, haben allerdings noch nciht damit gearbeitet.

wir machen es klassisch :D
Wie macht euer Testgerät das denn? Gibt es einen speziellen ZVK oder ist das so ein System, bei dem der Sensor über den ZVK vorgeschoben wird?

RS-USER-apoplex
20.04.2008, 13:52
Original geschrieben von gnuff
Wie macht euer Testgerät das denn? Gibt es einen speziellen ZVK oder ist das so ein System, bei dem der Sensor über den ZVK vorgeschoben wird? [/B]
Fieberoptik über den distalen ZVK-Schenkel (der über dem auch üblicherweise der Seldinger-Draht läuft, AFAIR ähnliche Durchmesser)

RS-USER-Hypnodoc
21.04.2008, 10:19
Ich habe mir gerade einmal die AWMF-Leitlinie zur Behandlung von SHT angesehen.
Hier wird keine Hypothermie empfohlen wegen der stark ansteigenden Hirndruckwerte bei der Wiedererwärmung.
Das bedeutet, dass man eigentlich den Hirndruck doch monitoren sollte, wenn man die Patienten on the rocks wieder aufwärmt....
Gruß Hypnodoc

RS-USER-Hypnodoc
21.04.2008, 10:24
Original geschrieben von apoplex
Habt ihr das kombinierte PiCCO, dass auch die SCVO² messen kann oder klassisch per BGA?


Wir stehen total auf klassisches Design..... (Zur Erinnerung: Ich arbeite in der Provinz)

Wäre der TCD eine sinnvolle Überwachungsmethode der Wiedererwärmung? Vasospasmus und Flußverringerungen müssten doch zu sehen sein.......

Gruß Hypnodoc

RS-USER-Katja
21.04.2008, 19:55
Leider nein, weil man den kontinuierlich machen müßte, das Schallfenster bei dem Patienten optimal sein muß und der Meßknecht immer konstant die gleiche Einstellung und den gleichen Winkel haben muß.
Dann schon eher die Mikrodialyse (hat auch wieder seine Nachteile) oder die Oxymetriemessung im Hirngewebe.

Hirndruckpatienten kühlen? Machen wir daheim seit Jahren nicht mehr... (die Kollegen auf dem transakantischen Kontinent würde ich da nicht unbedingt in das "wir" einschließen). Eben wegen der steigenden Hirndrücke beim Wiedererwärmen.

RS-USER-Hypnodoc
22.04.2008, 14:46
Original geschrieben von Katja

Hirndruckpatienten kühlen? Machen wir daheim seit Jahren nicht mehr... (die Kollegen auf dem transakantischen Kontinent würde ich da nicht unbedingt in das "wir" einschließen). Eben wegen der steigenden Hirndrücke beim Wiedererwärmen.

Wo liegt eigentlich Transakantien?

Ich habe das Gefühl, dass die Hypothermie-Behandlung bald auch für reanimierte Patienten wieder verlassen werden wird......
Ansonsten ist das Hirndruck-Monitoring doch eher für Maximalentsorgungszentren. Aber ab und zu wird halt auch woanders reanimiert. Habe ich mir sagen lassen.
Gruß Hypnodoc

RS-USER-Katja
22.04.2008, 17:43
Transatlantisch mit dicken Fingern :D

Was bringt Dich zu dem Gedanken, daß die Kühlung nach Reanimation wieder verlassen wird?

RS-USER-Hypnodoc
23.04.2008, 11:35
Original geschrieben von Katja

Was bringt Dich zu dem Gedanken, daß die Kühlung nach Reanimation wieder verlassen wird?

Wenn das Monitoring der Wiedererwärmung solche Probleme macht. ist deren Sinnhaftigkeit mehr als fraglich.
Ich denke, eine Überwachung des Hirndrucks ist erforderlich, um den Benefit für den Patienten nicht zu versauen. Die Frage ist nur: wie?
Wenn ich bei einem NC-Patienten eine Drucksonde oder einen Mikrodialysekatheter einlege, lege ich ihn dorthin, wo ich am ehesten pathologische Befunde im weiteren Verlauf erwarte. Bei meinem frisch Reanimierten kann ich noch keine cerebralen Veränderungen in der Bildgebung nachweisen, so dass ich keinen Anhalt dafür habe, an welcher Stelle im Kopf ich am besten messen sollte.
Gruß Hypnodoc

RS-USER-Katja
23.04.2008, 16:05
Aber da ist doch die Ausgangslage etwas anders - das ggf. hypoxisch geschädigte Hirn der Reanimierten hat nur sehr selten Einblutungen mit Penumbra, hat keine Koagel und nur selten Vasospasmen mit Zwischenhoch am dritten Tag wie die Traumapatienten.
Warum soll ich bei reinem Verdacht auf Hypoxie nach REA den ICP messen? Meines Wissens macht das keiner. Wenn das Hirn durch Hypoxie so geschwollen ist, daß es ernste intracranielle Druckveränderungen macht, wird der Patient auch ohne Sedierung nur platsch da liegen oder eben krampfen, das merkt man schon... oder die NSE liegt so um 100...

Daß ich mein Leben nicht auf die Verwertbarkeit der Messungen eine ICP-Sonde wetten würde, lassen wir mal außen vor.

Davon ab sagt die Studienlage bisher klar: Benefit für Postreanimationspatienten, kein sicherer Benefit für SAB/ICB-Patienten. Warum soll man dann die reanimierten nicht mehr kühlen? :confused:

RS-USER-Hypnodoc
24.04.2008, 19:48
Du hast schon recht, dass die Ausgangslage eine andere ist. Was mich stört ist, dass ich den Reanimierten kühle und hinterher schaue, ob alles gut gegangen ist. Da die Wiedererwärmung doch eine sehr kritische Phase ist, würde ich mir eine online-Überwachung wünschen.
Das ist alles.
Gruß Hypnodoc

Elbsand
08.07.2008, 18:38
Mir ist aber immer noch nicht klar, auf wieviel Grad ihr runter kühlt und in welchem Zeitrahmen Du Deine Patienten wieder aufwärmen sollst. Das wäre für die Beantwortung Deiner Frage durchaus relevant.

Back to life machine
09.07.2008, 11:40
Wie ich hier ja schon öfters gepostet habe, kühlen wir seit 2002.
Wir fangen gerade an, die Patienten retrospektiv zu analysieren. Bis zum heutigen Tag haben wir seit 2002 ca. 500 Reanimierte versorgt. Auch wenn wir 2002 noch nicht alle gekühlt haben, sollten Daten von >400 Patienten zusammenkommen.
Hirndrucksonden machen wir nicht, BZ, Beatmung und Kreislauf wird entspr. Guidelines gefahren (viel Unterstützungssysteme wie IABP oder Impella). Wir kühlen pratisch von Beginn an auch inhospital Reanimierte und nach Asystolie.

Wir kühlen mittlerweile so:
Induktion:
So schnell wie möglich runter (sofort nach Aufnahme möglchst noch in der Notaufnahme, spätestens im HKL) mit kaltem Volumen unter tiefer Analgosedierung + Relaxation. Auf Intensiv dann CoolGuard oder KCI-Bett.
Aufrechterhaltung: Möglichst mit CoolGuard, dann deutlich flachere Sedierung möglich (keine Relaxation).
Wiedererwärmung:
0,1°C/h bis 36,5°C, dann Sedierung ab, Kühlsystem bleibt im Einsatz wg. ggf. überschießendem Temperaturanstieg.
Aufrechterhaltung bzw. langsames Wiedererwärmen per Hand können wir mittlerweile dank der großen Erfahrung auch ganz gut, ist aber natürlich nicht so schön wie mit Katheter oder Bett.

Zieltemperatur 33°C, bei extremer Bradykardie auch mal 33,5
über 24h, wobei wir die Zeit ab Unterschreiten von 34°C registrieren.

Alles Klar?

Intensivling
14.07.2008, 12:48
Bei uns läuft es mit neurilogischen oder neurochirurgischen Pat. ähnlich meines Vorredners.

Maximal schnelle Hypothermie via Coolguard auf 33-34°C -> Analgosedierung / Relaxierung.
Dies wird für 24 - 72 Std. so belassen. Darunter weiter Analgosedierung & Relaxierung.
Langsames Aufwärmen um 0,1°C / Std. Nach Erwärmung um 0,5°C Kontrolle des ICP / CPP danach weiter aufwärmen.

Bisher gute Erfahrungen gemacht. Nur leider kapieren unsere Doc´s immer noch nicht das man das Kalium unter Hypothermie eher niedrig hält :D