PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Reanimation bei Stichverletzung?



RS-USER-Katja
16.05.2008, 22:43
Ich habe erst überlegt, ob ich es in News setze... sagt mir, wenn ihr meint, daß ich hier falsch bin. http://www.stern.de/politik/panorama/:Ehrenmord-Hamburg-Bruder-Schwester/620629.html Jetzt mal abgesehen davon, daß es eine Sauerei ist, da mit der Kamera draufzuhalten, während die am Reanimieren und intubieren und überhaupt sind (aber das ist nur mein persönliches Empfinden):
Für wie sinnvoll haltet Ihr es, einen Patienten nach Stichverletzungen eine Stunde am Tatort zu reanimieren, statt ihn einzupacken und und wegen mir unter Reanimation in die Klinik zu fahren? Ich sehe hier nun genug penetrierende Verletzungen, die unter (gerne auch insuffizienter) Reanimation reinkommen, hier ist ja scoop and run. Und die werden auch nicht alle gut, aber im Gegensatz zur stumpfen Verletzung mit prolongierter Reanimationsnotwendigkeit besteht hier zumindest eine kleine Chance. Aber das ist ein Verletzungsmuster, daß nach meinem Erfahrungshorizont klar gegen stay and play spricht. Run and play geht noch am besten für's Outcome, aber das Problem (Loch irgendwo, wo lebensbedrohlich) läßt sich halt nur in der Klinik lösen wenn es nicht ein Spannungspneu ist...

RS-USER-DoktorW
17.05.2008, 08:49
genau das habe ich gestern Abend im Fernsehen auch gedacht. Total daneben. Ich bin zwar immer ein Verfechter der Theorie "Wer nicht dabei war, sollte sich raushalten" aber hier passt das Verhalten einfach gar nicht...

RS-USER-pille
17.05.2008, 08:57
Moin Katja...

Das sind ja gleich 3 Themen, die Du da gestartet hast:


medizinisch
medienrechtlich
sozialpolitisch: bekannter "Intensivtäter" mit bereits vorhandenem Gewalthintergrund gegenüber dem nun toten Opfer...



Bei der Medizyn halt ich mich in diesem Fall erklärungshalber 'raus, die Vorstellung, gerade bei Mehrfachstichverletzungen zentraler Gefäße unter diesen Bedingungen womoglich eher noch für zusätzlichen Blutverlust zu sorgen ist wenig schön... :(
Da bekommt der Begriff des Auslaufmodells 'ne ungeahnte & v.a. erschreckende Dimension.

Zu Deiner ursprünglichen Frage:
Ich würde hier unter den gegebenen Möglichkeiten auch 'ne rasche Verbringung ins Klinische Umfeld versuchen.
Die (ohnehin schon schwindende) Chance auf überlebbares "Stopfen der Löcher" nutzend.
Zumal der mitgeführte Volumenersatz auf'm RTW nicht wirklich in der Lage ist, O² zu transportieren.
Aber aus der Ferne schwer zu beurteilen und auch u.U. ein Personalproblem, kämpft man doch an 2 Fronten gleichzeitig:
- Reanimation
- Wundversorgung

bis da 'ne relative Transportfähigkeit steht, dauert's.
Hier das Heft das Handelns in die Hand zu nehmen und (in diesem Fall) unter "Kameraaufsicht" eine für die Laienzuschauer offensichtlich "unfertige" Versorgung vor Ort abzubrechen & zu verlagern ist schon heikel.



Kurz zu den anderen "Themen:

Der Kameraabstand war in diesem Zusammenhang fast noch "diskret".
Daß das mittlererweile auch in D deutlich "dichter" geht, war gestern beim Zappen auf KABEL1 (ich glaub, der war's) zu sehen.
Rettungsdienst bei der Arbeit: Reanimation an der Tanke und der Kameraabstand zum aktuell "bearbeiteten" Opfer (mit gerastertem Gesicht) unter 1m....(gezoomt).
En Détail waren die Klebeelektroden und die Handschuhe währenddessen gut zu erkennen...

Die Sucht nach Quote läßt auch hier zunehmend alle Bedenken außen vor...


Der Täter, besser das Opfer:
wird hier auch noch einer differenzierten Betrachtung unterzogen werden ("Deutsch-Afghanin" & Ehrenmord, da steckt Potential drin).
Daß hier solche Taten immer noch die Ausnahme und die nicht Regel sind, merkt man glücklicherweise daran, daß man sich noch die Mühe macht, so intensiv darüber zu berichten.

Und Hamburg ist nun keine Kleinstadt, aber wenn ich Deine Erfahrungslage dagegen lege, dann bin ich doch immer wieder beeindruckt was in SF "abgeht"...

Morbus X
17.05.2008, 10:24
Vielleicht haben sie ja auch keinen freien OP mit dem entsprechenden Personalaufwand bekommen? Geht mir nur so im Kopf um...
Und (16 waren es glaub ich letztlich) Stichverletzungen ins Krankenhaus unter laufender Rea zu kacheln ohne geklärte weitere Versorgung ist auch nicht der Weisheit letzter Schluss... :(

krumel
17.05.2008, 10:34
OP braucht es nicht direkt. Ein Schockraum mit Blutbank wäre auch schon mal ein minimaler Fortschritt. Notfalls kann man, dass abgesehen, auch im Schockraum operieren. Hab ich erlebt, geht....(GroHa)

Abgesehen davon kann mir niemand erzählen, dass er in ganz Hamburg keinen (gefässchirurgischen) OP auftreiben kann.
Bzw. wenn dem so war, dann läuft in HH wirklich was schief.

Fakt ist: Wir waren nicht dabei, vielleicht gab es wirklich gute Gründe, vielleicht waren die Kollegen auch unsicher, wer weiß wer weiß. Das rumspekulieren hilft nix.

RS-USER-Beule
17.05.2008, 13:57
Also als ehemaliger Hamburger weiß ich dass das AK St. Georg nur einen Katzenwurf vom Bahnhof Berliner Tor entfernt ist. Auch die Enfernungen zur Uniklinik Eppendorf oder dem AK Wandsbek ist nicht wirklich groß. An fehlenden Kapazitäten hat es mit Sicherheit nicht gelegen.

Ich hatte im TV auch Bilder gesehen, wie im fahrenden RTW noch reanimiert wurde. Es kann also auch sein, dass das Kamerateam nur sehr schnell da war und in dem Beitrag der "Erstangriff" vor dem Einladen gezeigt wurde. Wir wissen es nicht.

Das Interview mit dem BF-Sprecher zeigt aber, dass sich die Golden Hour of Traume bei den Schlauchrettern noch nicht rumgesprochen hat. Dabei sind die grade für bedingungsloses Load and Go berüchtigt.

RS-USER-Katja
17.05.2008, 16:31
Original geschrieben von Beule

Ich hatte im TV auch Bilder gesehen, wie im fahrenden RTW noch reanimiert wurde. Es kann also auch sein, dass das Kamerateam nur sehr schnell da war und in dem Beitrag der "Erstangriff" vor dem Einladen gezeigt wurde. Wir wissen es nicht.
Im Fernsehen habe ich es aus naheliegenden Gründen nicht gesehen, ich bin halt nur auf das Video gestolpert. Klar kann man unter (intermittierender) Rea einen Patienten in die Klinik fahren, wenn man ihn denn noch in die Klinik bringen will und die Sache nicht draußen für hoffnungslos erklären will, ist das sicher der einzige Weg.
Und wer sagt bei einem Patienten in der Altersgruppe shcon schnell "hier tun wir nichts mehr"... da versucht man es gegen alle Statistiken eben doch.
Aber im Zusammenhang mit dem Interview klang es für mich so, als hätten die sich da eine Stunde vor Ort abgemüht, und das fand ich sehr befremdlich.



Das Interview mit dem BF-Sprecher zeigt aber, dass sich die Golden Hour of Traume bei den Schlauchrettern noch nicht rumgesprochen hat. Dabei sind die grade für bedingungsloses Load and Go berüchtigt.
Der Sprecher ist sicher nicht für seine Rettungseinsätze bekannt, behaupte ich jetzt einfach mal :) Ist ja auch nicht sein Job, der muß nur frisiert und rasiert ganze Sätze in die Presse geben.
Und zuständig für das "wie" ist doch eher der Notarzt am Einsatzort als die Sannis und Assis, oder?

Diesem Kamerateam hätte man am Ort des Geschehens gleich die Kollegen in Grün (oder sind die in HH auch schon blau?) zur Seite stellen sollen... aber dafür waren die sicher zu beschäftigt. Und dem aus Pilles Tankstellengeschichte erst recht :mad:

RS-USER-emergency doc
18.05.2008, 14:27
Tja... ich durfte auch schon des öfteren "bemesserte" Patienten behandeln... ITN und Thoraxdrainage gehn ja noch vor Ort, aber ansonsten braucht so ein Patient einen Chirurgen mit OP-Instrumenten und ein Anästhesie-Team, daß sich um Kreislauf und Gerinnung kümmert. Abspielen kann sich sowas in jeder kleinen Klitsche im Schockraum. Aorta ausklemmen sollte jeder Chirurg können, der im Bauchraum operiert...:rolleyes:

RS-USER-Katja
18.05.2008, 16:15
Eben, das können sogar die Gynnies, und die sind nicht mal Chirurgen :grins:

RS-USER-emergency doc
18.05.2008, 19:53
Original geschrieben von Katja
Eben, das können sogar die Gynnies,
[zustimm]



und die sind nicht mal Chirurgen :grins:

[ebenfallszustimm]:grins:

Rescuerambo
19.05.2008, 20:34
Original geschrieben von Morbus X
[B]Vielleicht haben sie ja auch keinen freien OP mit dem entsprechenden Personalaufwand bekommen? Geht mir nur so im Kopf um...


Also in hamburg hast du mindestens zehn KH der Maximalversorgung... und nicht gerade kleine...
Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass hier keines der KH nicht aufnahmebereit geweßen wären.




Der Kameraabstand war in diesem Zusammenhang fast noch "diskret".
Daß das mittlererweile auch in D deutlich "dichter" geht, war gestern beim Zappen auf KABEL1 (ich glaub, der war's) zu sehen.
Rettungsdienst bei der Arbeit: Reanimation an der Tanke und der Kameraabstand zum aktuell "bearbeiteten" Opfer (mit gerastertem Gesicht) unter 1m....(gezoomt).
En Détail waren die Klebeelektroden und die Handschuhe währenddessen gut zu erkennen...

Die Sucht nach Quote läßt auch hier zunehmend alle Bedenken außen vor...


War NTV... ich hab mich auch gefargt, was das bitteschön soll...

RS-USER-pille
19.05.2008, 22:09
Original geschrieben von Rescuerambo

Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass hier keines der KH nicht aufnahmebereit geweßen wären.

Moin,
das bereits erwähnte St.Georg (http://www.asklepios.com/sanktgeorg/html/fachabt/chir/index.asp)
in der unmittelbaren Nachbarschaft ist dafür auch mehr als qualifiziert.
Immerhin ist das Haus 1. Anlaufstelle aller Verletzungen rund um den Hamburger Hauptbahnhof, das direkt benachbarte Szene & Drogenviertel St.Georg selber, sowie ebenfalls für einen Großteil der stationären Fälle, die sich auf dem Hamburger Kiez ereignen (seit es das Hafenkrankenhaus nicht mehr gibt).

Wenn jemand in Hamburg Erfahrung mit Stichverletzungen hat, dann die.

Rescuerambo
19.05.2008, 22:59
Original geschrieben von pille
Moin,
das bereits erwähnte St.Georg (http://www.asklepios.com/sanktgeorg/html/fachabt/chir/index.asp)
in der unmittelbaren Nachbarschaft ist dafür auch mehr als qualifiziert.
Immerhin ist das Haus 1. Anlaufstelle aller Verletzungen rund um den Hamburger Hauptbahnhof, das direkt benachbarte Szene & Drogenviertel St.Georg selber, sowie ebenfalls für einen Großteil der stationären Fälle, die sich auf dem Hamburger Kiez ereignen (seit es das Hafenkrankenhaus nicht mehr gibt).

Wenn jemand in Hamburg Erfahrung mit Stichverletzungen hat, dann die.

eben drum... und selbst wenn die keinen freien OB hätten, wär das AK Barmbek oder das UKE auch nciht aus der welt geweßen... selbst Boberg hätte man binnen zehn minuten mit signal erreichen können

RS-USER-DerDings
20.05.2008, 07:47
Original geschrieben von Rescuerambo
[...] selbst wenn die keinen freien OB hätten [...]

zum tamponieren der wunden? wär das nicht eher was für die präklinik? :-p ;)

Bobkiel
20.05.2008, 08:21
Aber ich denke doch das Stichwort ist schon gefallen!Wir waren nicht dabei und bei so einer Riesenanzahl von Stichverletzungen ist natürlich die Frage ob sie vor Ort überhaupt noch Vitalwerte erheben konnten!
Wie viele Gefäße welcher Art und so weiter verletzt wurden kann präklinisch natürlich schlecht festgestellt werden aber es war auf jeden Fall Load and Go angesagt!Ich denke aber auch wie einige andere das sie ihre Gründe hatten warum sie so lange dabei waren.Normalerweise wissen gerade Großstadtretter in so einer Stadt wie HH doch mit dolchen Verletzungsbildern umzugehen!

RS-USER-emergency doc
22.05.2008, 12:54
Original geschrieben von DerDings
zum tamponieren der wunden? wär das nicht eher was für die präklinik? :-p ;)

Ich zitiere aus "Top Knife":
"Tamponieren und Packing ist eines der am meisten unterschätzten und schlechtest gelehrten Verfahren in der Chirurgie."
Man muss schon wissen, wie man eine zerfetzte Leber packt.

Bobkiel
24.05.2008, 07:35
Original geschrieben von emergency doc
Ich zitiere aus "Top Knife":
"Tamponieren und Packing ist eines der am meisten unterschätzten und schlechtest gelehrten Verfahren in der Chirurgie."
Man muss schon wissen, wie man eine zerfetzte Leber packt.

Aber da hat man doch bei so einem Fall Präklinisch nicht wirklich die Möglichkeiten zu oder? ich meine das einzige was man sieht bei Stichverletzungen ist doch ne kleine oder je nach Gegenstand größere Eintrittswunde und Blut!
Was dadrunter alles Beschädigt ist sehen wir doch gar nicht und können es Präklinisch nur erahnen!
Ich lasse mich natürlich gerne eines besseren belehren da ich noch keine Erfahrung mit Stichverletzungen habe!

RS-USER-emergency doc
24.05.2008, 10:00
Nein... Der, na wie heisst er noch.. der na... also derDings, ähm... also der meinte das auch eher als Scherz...
:D

Bobkiel
24.05.2008, 10:12
Original geschrieben von emergency doc
Nein... Der, na wie heisst er noch.. der na... also derDings, ähm... also der meinte das auch eher als Scherz...
:D

Oh man na da war wieder die Fetttonne
:-keule :-blush :heul: :scotty:

RS-USER-Hypnodoc
28.05.2008, 17:10
Klar ist es möglich, dass bei einer Stichverletzung der Spannungspneu die Reanimation nötig macht, aber die wahrscheinlichste Variante ist doch das der Patient schlicht und ergreifend leer ist. Ohne Blut keine Sauerstoffversorgung kein Überleben.
Es gibt mit Sicherheit heldenhafte Rettungstaten im Schockraum oder OP. Aber die Häufigkeit befindet sich doch eher im Promillebereich.
Und für eine suffiziente Reanimation unter Transportbedingungen ist m.E. nur mit einer mechanischen Pumpe möglich.
Schwierig in so einer Extremsituation das Richtige zu tun.
Gruß Hypnodoc