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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Neutralität



C.Braun
25.05.2008, 22:46
Hallo meine Lieben!

Ich befinde mich ja im Moment in der Ausbildung zum Sanitätshelfer und natürlich überlegt man sich als junger Mensch schon jetzt, wie wohl später die Sanitätsdienste aussehen werden. Da frage ich mich auch, wie es zum Beispiel mit der Neutralität aussieht. Auf den Gedanken kam ich eben gerade, als im Fernsehen ein paar Ausschnitte kamen von den gewalttätigen Demos im Bezug auf den G8-Gipfel in Heiligendamm.

Mein bisheriges Bild von einem Sanitäter ist eigentlich, dass dieser immer Neutral ist. Das er nicht darauf guckt, welcher Gesinnung, Religion, Parteizugehörigkeit sein Patient ist. Und das diese Neutralität auch von allen akzeptiert wird ( habe bisher persönlich noch nichts gegenteiliges erfahren ).

Doch seit dem ich mich ein bisschen mehr mit diesem Thema beschäftigt habe, komme ich doch ins grübeln. Ich habe jetzt schon öfters davon gelesen, dass Sanitäter ( zum Teil ) grundlos angegriffen werden und oder beklaut werden. Außerdem meinte ein Kumpel ( RS ) vor einiger Zeit, dass er nie einen Dienst antritt ohne Pfefferspray im Wagen zu haben.
Ich muss ehrlich sagen, dass mich diese Aussage ziemlich schockiert hat. Denn nach meiner bisherigen Auffassung, sollten Sanitäter solche Waffen, auch wenn sie nur zur Verteidigung dienen, nicht mit auf den Dienst nehmen.
Ist meine Ansicht in der Sache einfach nur grünäugig? Wie geht ihr mit dem Thema um ?

Freue mich schon auf eure Antworten.
Wünsche allen noch eine schöne und hoffentlich geruhsame Nacht !:)

leuchtreklamefahrer
25.05.2008, 23:07
Wirklich professionell wirkt es erst, wenn er das Pfefferspray am Holster hat... Sag ihm nen lieben Gruß.

Ansonsten wirst du im RD hin und wieder mit gewaltbereiten Personen konfrontiert werden. Das hat aber nix mit Neutralität zu tun, sondern mit Selbstschutz.
Neutralität heisst für mich, dass du alle Patienten ähnlich behandelst. Viele werden fordern, dass man alle gleich behandelt - ich kann das nicht...

oegi
26.05.2008, 00:59
Hi C.Braun,

Neutralität gehört meines erachtens zu jedem Beruf dazu.

Ach das Thema Gewalt und Eigenschutz wird zumindest für Sandienste heißer gekocht als gegessen!!!

In brenzlige Situationen gehts du als Sani sowieso nicht rein, darum dürfen sich die Damen und Herren mit den grünen Jacken oder auch blau, bzw schwarz :o ) kümmern.

Klar kann es theoretisch mal sein, wenn du nen Dienst bei ner Party machst und zu einem stark betrunkenen, auf dem Boden liegenden Menschen gerufen wirst, dieser dir gerade nicht freundlich gesinnt ist (bei mir waren die das immer, insofern sie noch sprechen konnten). Aber was willste machen, dann geht die Sache halt ebenfalls an oben erwähnte Damen und Herren. Sollte es tatsächlich mal der Fall sein, dass dich da jemand angreifen sollte, dann
1) bist du meistens mal zu zweit oder zu dritt am Patienten
2) bist du am besten beraten das Weite zu suchen
3) kannts du "Talk-down" verusuchen, was meistens hilft
4) hast du ne Funke um POL, Kollegen zu verständigen
5) macht ne Uniform und das ganze Equipment auch etwas Eindruck, da wird man nicht so schnell dumm angemacht

Um dich mal zu beruhigen, da dich die ganze Sache wohl sehr beschäftigt: Sowas kommt extrem selten vor! Ich bin in 4 Jahren Sandienst und Rettung zwar tausendmal nervig besoffen (teilweise lustig für mich :cool:) zugequatsch worden, jedoch kam es nie zu agressivem Verhalten mir gegenüber. So cool down!

Zum Thema Pfefferspry: Wie gesgt, wenn dann im Holster direkt neben dem Laryngoskop-Holster und der Pulsoxymeter-Bauchtasche und den 3 verschiedenen auf Mithören geschaltenen Melder! ;) *Spass*

Spass beiseite: Pfefferspray gehört nicht in die Tasche eines Sanis!
1= Waffe, und Waffen gehören wie gesagt nicht zu einem Sani!
2 = Meistens haben die Dinger gar keine Zulassung und sind nur für Tiere gedacht *lol*.
3= Eine Waffe kann auch gegen jemanden eingesetzt werden
4= ist für mittlere Distanzen gedacht, einen Angreifer hat man aber schnell an sich dran und dann bekommt man sein eigenes Zeug ab.
5= da kann dir rechtlich evtl. ein Strick draus gebastelt werden. 6= Kann das ganz dicke Probleme mit eurem Einsatzleiter geben, wenn er die Sache ähnlich sieht.

Also wie gesagt mach dir keine Panik! Solche Situationen gehören insbesondere beim SanDienst nicht dazu. Wenn doch mal was passieren sollte ist das eine Extremsituation und in die kann man genauso abends nach dem Kneipenbesuch kommen.

Spar dir die 15€ und den Stress und geh lieber dafür ins Kino ;)

RS-USER-DocMezzoMix
26.05.2008, 10:23
Du hast die Neutralität hier aus zwei Richtungen betrachtet:

Zum einen, wie ist der Sanitäter "angewiesen" zu arbeiten, zum anderen, wie sieht die Bevölkerung ihn.

Natürlich und ganz klar ist Neutralität bei der Arbeit immer zu Gewährleisten. Je nach dem wessen Logo du auf der Jacke trägst, ist dies sogar in deiner Satzung verankert.
Auch bei dir wird es evtl. schon mal den ein oder anderen Moment geben, wo du einfach in den "Profi-Mode" gehen musst, um einen Patienten ordentlich zu behandeln und du am besten alle "Gefühle" soweit wie möglich runterfährst.

Normalerweise sieht uns auch der Bürger als relativ neutral an.
Das Problem ergibt sich manchmal, weil wir eine Uniform tragen und grundsätzlich ein Recht gutes Verhältnis zur Polizei haben und z.B. bei Demos etc. meist näher an den blauen Autos stehen.
Dies hat natürlich Gründe des Eigenschutzes und der Einsatztaktik, aber erklär das mal nem Demonstranten . . .

Grundsätzlich gebe ich oegi Recht, der Großteil der SanDienste sind als unproblematisch anzusehen, gerade wenn man ein paar Verhaltensregeln beachtet und sich vorher Gedanken macht.
Auch hier ist es wichtig einmal sein Auftreten zu überdenken: Manchmal sieht man SanH auftreten wie eine Kombination aus Chefarzt und Staatsgewalt "Du bist krank, du musst jetzt mit, sofort!"
Das bringt dann schon Probleme´, gerade auch weil es manchmal mit ein wenig mehr Fachwissen schon ein wenig anders aussieht.

Das Grundsätzlich keine Gefahr auf SanD besteht und das man mit einem einfachen "Dann geh ich halt und ruf die Cops" (Grundsätzlich eine absolut richtige und vermutlich auch die beste Einstellung!) alle Probleme erschlagen hat, glaube ich nicht. Zumindest habe ich da in den letzten Jahren durchaus persönliche und andere Erfahrungen gemacht. Natürlich deutlich mehr im RD, aber auch auf SanDiensten wurde ich schon mal angegriffen, und wer in der Ecke steht, geht nicht mehr.

Allerdings halte auch ich Pfefferspray für Riskant, neben den rechtlichen Aspekten (der Richter hat später länger Zeit die Lage zu beurteilen als du ;) ), steht da auch immer das Risiko, dass das Spray (oder eine andere Waffe) dir abgenommen wird. Das geht schnell, wenn man es gelernt hat.. also gehört auch hier eine "Ausbildung" zu.

Rescuerambo
26.05.2008, 14:14
Sag mal dem Kollegen nen schönen Gruß, de rmöchte mal bitte einen Deeskalationskurs mitmachen.

Das Pfefferspray ist mehr als unangebracht, sowas kann die deeskalierende Situation weiter ins kippen bringen.

Mir ist es selbst shcon passiert, dass ich bei den Harleydays vor einigen Jahren in Hamburg zu einer "bewusstlosen person" bestellt wurde, was sich als epileptischer Anfall (Status epilepticus) rausstellte und noch krampfte, als wir durch die Menschenmassen angetrabt kamen.
Der Freund/Ehemann was auch immer, hat uns drei ganz schön angemacht geschupst, etc. Von uns hat sich keiner gewehrt, wir haben die Cops dazu bestellt, und als n paar Rocker das mitbekommen haben, dass wir angegriffen werden, weil wir helfen wollen, ging dasratz fatz, 5 mann auf den einen drauf, den zu Boden gedrückt dann saßen drei drauf, bis die Polizei da war (übrigens 12 Mann stark) und noch dazu schneller als das NEF...

Wenn die hören, dass wir Angegriffen werden,sind die extrem fix...

Ich hab auch schon erlebt, dass wir mit Böllern beworfen wurden, was dazu führte, dass in Hamburg beim Sanitätsdienst an den Landungsbrücken zu Silvester die Helfer mit Helm und Nackenleder antreten.

Zum Thema Neutralität:
ich helfe jedem, der meine Hilfe brauch und haben mag! Was ich privat von dem jenigen denke, ist meine Sache und steht auf nem anderen Blatt, defakto sind wir da zum helfen, und wenn wir helfen, dann tun wir das bitte bei jemandem der nen NPD-Schild hochhält genauso wie bei jemandem der mit ner Regenbogenfahne bei ner Friedensdemo mitmarschiert...
:-meinung

C.Braun
26.05.2008, 16:49
Danke für eure wirklich Antworten!

Ich bin erstmal froh, dass ich merke, dass nicht nur ich es so sehe, dass jedem die gleiche Hilfe zukommen sollte, auch wenn dies unter Umständen sehr sehr schwer sein kann. Auch die Sache mit dem Pfefferspray... es beruhigt mich zu hören, dass dies ganz und gar nicht gang und gebe ist. Ich selbe würde dieses auch nicht mit mir führen wollen.

@ Oegi
Also so viel wie du vielleicht denkst beschäftigt mich das Thema gar nicht. Ich fand es einfach mal interessant zu sehen wie ihr damit umgeht. Möglich, dass es in meinem Beitrag so rüber kam, aber das lag wohl an der späten Uhrzeit gestern *grins*
Aber vielen Dank für einen Beitrag!

@ Rambo
Ich bin ziemlich beeindruckt, dass die Polizei bei euch so schnell und so vielzählig zu euch kam. Ist dies bei euch der Normalfall? Denn hier aus meinem Kreis habe ich schon die oder andere Horrorgeschichte gehört. Im Allgemeinen ist hier die Polizei eher in geringer Anzahl verfügbar und hat oftmals sehr lange Anfahrtswege.

oegi
26.05.2008, 20:01
Im Allgemeinen ist hier die Polizei eher in geringer Anzahl verfügbar und hat oftmals sehr lange Anfahrtswege.

Wenn's denn echten Kollegen oder den "Kollegen" vom RD schlecht geht, meint man die könnten fliegen ;)

Übrigens viel Spaß bei deiner SAN Ausbildung! Bist schon fertig?

RS-USER-Küchenhexe
26.05.2008, 20:36
Original geschrieben von C.Braun

Ich bin ziemlich beeindruckt, dass die Polizei bei euch so schnell und so vielzählig zu euch kam. Ist dies bei euch der Normalfall?

Ich kenne die Freunde in grün (bzw. in blau) auch nur als sehr schnell und sehr hilfsbereit, und das war zum Glück bisher überall, wo ich Erfahrungen sammeln konnte / mußte, gleich! Wenn Sanitäts- oder Rettungsdienst um Hilfe rufen, dann gilt das als "Kollege in Not"... und in erstaunlich kurzer Zeit blitzt es rundherum blau.

Ein wirklich beruhigendes Gefühl! D:-) :) :knuddel:

RS-USER-Beule
26.05.2008, 20:50
Ich habe es noch nie erlebt, das ein Patient gegen mich oder Kollegen aggressive geworden ist, wenn dann waren es eher besorgte Angehörige, die völlig ausgeflippt sind. Und grade das kann dann sehr anstrengend werden, weil grade diese Angehörigen sich häufig weder beruhigen noch raus schmeißen lassen. Und Pfefferspray ist in solchen Situationen eher kontraproduktiv. "So, Herr Meier wir kümmern uns gleich um sie und ihren Herzinfarkt. Erstmal müssen wir ihre Familie etwas würzen"

Deswegen Patient zügig einpacken und im Auto schauen was Sache ist. Wer nicht will, der hat schon. Und nicht erst die Pol rufen, wenn das eigene Auge schon dick wird ist.

Und ja, die Kollegen in den Silber/Blauen Autos können sehr schnell sein, wenn man sie dringend braucht.

RS-USER-opus
26.05.2008, 21:04
Na ja, sagen wir, die Freunde und Helfer sind in städtischen Gebieten recht schnell und in beeindruckender Zahl zur Stelle. Das stimmt.

Bei der Landrettung sieht das vermutlich anders aus. Da sind je nachdem, auch Anfahrtswege von bis zu 20 Min. möglich, und das ist dann erst ein Fahrzeug.

Das Pfefferspray rechtfertigt das aber dennoch nicht.

Hörbird
26.05.2008, 21:40
Bei dem Fall hier (http://www.nrwz-online.de/v4/region/00021066) dürfte es interessant gewesen sein....

RS-USER-Hoffi
26.05.2008, 23:11
Original geschrieben von C.Braun

Ich bin ziemlich beeindruckt, dass die Polizei bei euch so schnell und so vielzählig zu euch kam. Ist dies bei euch der Normalfall? Denn hier aus meinem Kreis habe ich schon die oder andere Horrorgeschichte gehört. Im Allgemeinen ist hier die Polizei eher in geringer Anzahl verfügbar und hat oftmals sehr lange Anfahrtswege.

also hier hatte ich bisher folgende Zeiten:

- Fest im Studentenwohnheim mit HartzIV-Besuch: 50 Mann in 6 Minuten
- Schlägerei an der Universität vorm San-Bereich 6 Mann, ein Kamerateam, fünf Minuten
- Betrunkene, die in die Ausnüchterung wollen, zwischen 4 und 8 Minuten.

Ich denke damit kann man echt zufrieden sein.

RS-USER-DocMezzoMix
27.05.2008, 00:10
Hier ist es relativ unterschiedlich, laube aber, das liegt manchmal an der "Stillen Post" über zwei Leitstellen zum Revier.
Mal sind Sie sehr fix manchmal dauert es.
Liegt aber auch daran, das hier der ein oder andere Kollege meint er brauche die Cops, und die das danach (objektiv) nicht so sehen.

Hatte aber auch schon sehr positive Erlebnisse.

krumel
27.05.2008, 00:12
Meine eigene Erfahrung hier ist auch eher gut.
Wenn man wirklich bedroht wird (RD mit Waffe/Gegenstand bedroht als Einsatzmeldung) haben die hier Reaktionszeiten von tlw. unter 3 Minuten.... Dann kommen Zivilcops aller Kolleur aus allen Löchern.
:D

Am Land dauert das sicherlich länger, wobei die da bei uns generell massivst unterbesetzt sind..Und gegen rein geographische Entfernungen kann man den Cops wenig vorwerfen.

RS-USER-Brummel
27.05.2008, 08:46
Genau, ich denke unsere wären normalerweise auch recht schnell da (manchmal sind sie es wirklich auch), nur bei einem totalen Landkreis in einer dünn Besiedelten Gegend (wir Bilden mit einem anderen Landkreis den größten Bundestagswahlkreis) in dem Nachts im Umkreis der Beiden Polizeiwachen jeweils gerade mal zwei Fahrzeuge unterwegs sind, kann sich jeder ausrechnen, was passiert wenn einer schon gebunden ist und der andere im anderen Eck vom Streifengebiet....

RS-USER-Hoffi
27.05.2008, 09:16
Aber mal zurück zum eigentlichen Thema, der Neutralität:

Meine Hilfsorganisation hat sich als einen der wichtigsten Punkte die Neutralität auf die Fahnen geschrieben und das sollte sich mMn jeder Helfer der dort tätig ist auch im Kleinen bewusst sein.

- Behandelt wird jeder, egal ob Ar***, Nazi oder sonstwas, es sei denn die körperliche Unversehrtheit der helfer würde dadurch in Gefahr gebracht werden.

- Als Helfer ergreift man nach Möglichkeit für keine der Seiten in einem Konflikt (zB Schlägerei, Fussballspiel) das Wort, in sofern sind auch irgendwelche Fanbekundungen für irgendwelche Vereine/Länder bei Sportveranstaltungen an der Uniform Tabu.

- bei aller Neutralität sollte man aber trotzdem bei grossen Veranstaltungen den Kontakt / die Nähe zur Staatsmacht suchen, da bei einigen Kunden die Internationalen Schutzzeichen manchmal nicht erkannt und beachtet werden...