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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Atelektasenbildung bei Extubation



RS-USER-DonLuigi
17.07.2008, 21:17
Mein Anästhesiepfleger (sehr erfahren) hat mir heute folgendes erklärt:

Wird bei der Extubation tracheal abgesaugt (mit Katheter durch den noch liegenden Tubus) besteht die Gefahr einer Atelektasen-Bildung.

Begründung: Man kann ja immerhin mit dem Absaugkatheter bis in einen der Hauptbronchien kommen und dann auf einer Seite einen Schaden verursachen.

Mein Anästhesist (Assistent, jung aber scheint ziemlich sicher) hingegen hat es mir so erklärt:

Absaugen durch den Tubus überhaupt kein Problem, solange es mit einem Katheter gemacht wird. Wird das Verbindungsstück des Saugers jedoch direckt an den Tubus gesteckt, besteht eine etwas größere Gefahr für Atelektasenbildungen.

Meine Frage(n): Wie viel Sog braucht es denn überhaupt, um einen Schaden anzurichten? Kann man das so verallgemeinern (für Erwachsene)? Wie wird es bei euch praktiziert?

RS-USER-Feife
18.07.2008, 02:32
Meiner Meinung nach haben beide recht. :)

Atelektasenbildung ist ein Risiko bei jedem endotrachealen Absaugvorgang. Bei einer Bronchoskopie kann man das ganz eindrucksvoll auf dem Monitor verfolgen wie sich beim Absaugen die Wände der Bronchien annähern.

Um dem Risiko der Atelektasenbildung vorzubeugen, bzw. Atelektasen sofort wieder zu lösen gibt es ein paar simple Tricks:

1. Beatmen (am besten mit PEEP + Druck). Auf vielen Intensivstationen wo Patienten täglich mehrfach abgesaugt werden, sind oft geschlossene Absaugsysteme in Benutzung, die über die Erhaltung eines (geringen) PEEPs beim Absaugen die Atelektasenbildung reduzieren.

2. Tief durchatmen / Gähnen / Husten.
Das können nur ausreichend wache Patienten - aber genau darauf achtet man ja auch vor der Extubation.
Durch Husten wie auch tief durchatmen wird (zumindest kurzfristig) der Druck in der Lunge erhöht und so Atelektasen gelöst.

In jedem Fall ist das Absaugen zur Extubation aber notwendig, um das Aspirationsrisiko von Speichel und anderen Sekreten zu reduzieren.
In manchen Bereichen wird parallel zu einer endotrachealen Absaugung auch tief oropharyngeal abgesaugt um Sekrete oberhalb des Tubuscuffs zu beseitigen.

RS-USER-Katja
18.07.2008, 05:30
Original geschrieben von Feife
In jedem Fall ist das Absaugen zur Extubation aber notwendig, um das Aspirationsrisiko von Speichel und anderen Sekreten zu reduzieren.
In manchen Bereichen wird parallel zu einer endotrachealen Absaugung auch tief oropharyngeal abgesaugt um Sekrete oberhalb des Tubuscuffs zu beseitigen.
Nur kurz, weil ich müde bin...
Das Absaugen vorm Extubieren zur Beseitigung von Speichel und anderen Sekreten sollte auf jeden Fall oberhalb des Cuffballons stattfinden, weswegen es für die Atelektasenbildung relativ unwichtig ist :) Das minimiert auch bei länger Intubierten die Menge an Sekret, die auf dem Cuffballon steht und zu Mikroaspirationen führt.
Die Sachen, die man aus der Lunge saugen könnte, tragen nicht mehr zum Aspirationsrisiko bei, denn sie sind schon in der Lunge.
Wenn so viel Suppe in der Lunge steht, daß ständiges Absaugen notwendig ist, extubiert man Patienten in der Regel eh nicht - oder man geht davon aus, daß ihr Hustenreiz kräftig genug ist (und effektiver als das blinde Herumgefummel mit einem kleinlumigen Sauger), um alles hochzubringen.

Der Kollege hat zwar Recht, wenn er sagt, daß die Gefahr der Atelektasenbildung bei direktem Ansetzen eines großlumigen Saugers an den Tubus höher wäre (und die, von zufällig anwesenden Mitmenschen ein paar an den Hinterkopf zu kriegen auch - wer macht denn sowas???), aber das heißt ja nicht, daß sich beim kleinen Sauger keine kleineren Atelektasen bilden. Man muß ja nicht immer einen ganzen Lappen dicht machen, auch kleinere Atelektasen können bei einem nicht Lungengesunden einen erheblichen Unterschied machen. Was soll also der Benefit der endobronchialen Absaugung (besonders des Intensivpatienten) vorm Extubieren sein? Man hat sich tagelang gemüht, mit schönem PEEP und Recruitment und allem die Atelektasen aufzumachen, und dann saugt sie jemand zur Extubation wieder zu... ideal :rolleyes:

Davon ab sieht man, wenn nicht gerade geschlossene Systeme genutzt werden, viel zu häufig ein derart unsteriles Rumgehampel mit endobrochialer Absaugung, daß mich wundert, daß die Pneumonieraten nicht viel höher liegen.

RS-USER-Daniel1979
18.07.2008, 17:19
Original geschrieben von DonLuigi

Mein Anästhesist (Assistent, jung aber scheint ziemlich sicher) hingegen hat es mir so erklärt:

Absaugen durch den Tubus überhaupt kein Problem, .....

Es geht doch nichts über einen sicher vorgetragenen Irrtum :-p

Grundsätzlich besteht bei beatmeten Patienten immer eine Neigung zur Atelektasenbildung, deswegen machen wir ja den ganzen Aufwand mit PEEP.
Dieser sollte deshalb bis zur Extubation aufrechterhalten werden, eventuell auch noch Extubation unter überblähen.

Ich (auch Assistent, jung, sicher :) und im Konsens mit meinen Oberärzten) sauge in zwei Fällen meist auch über den Tubus ab:

Bei großen Sekret/Schleimmengen im Respirationstrakt/Tubus (meist lange OP's bei Rauchern), danach dann Extubation mit Blähen und Hustenstoss.

Bei blutigen HNO/MKG-OP's extubiere ich meist unter Absaugung mit einem etwas aus dem Tubus überstehenden Sauger. Man ist überrascht was da auch nach gründlichem oropharyngealem Absaugen noch so alles an Blut und Koageln mit hochkommt.

RS-USER-emergency doc
18.07.2008, 19:26
Original geschrieben von DonLuigi
Wird das Verbindungsstück des Saugers jedoch direckt an den Tubus gesteckt, besteht eine etwas größere Gefahr für Atelektasenbildungen.


LOL, wer macht denn sowas? Tubus als Absaugkatheter?:D

Fallobst
18.07.2008, 21:05
Wäre das nicht was als Cartoon, ein typ der quasi in den Tubus reinschrumpelt , weil irgendwer einen Sauger dran hält???

RS-USER-DonLuigi
19.07.2008, 09:42
Original geschrieben von emergency doc
LOL, wer macht denn sowas? Tubus als Absaugkatheter?:D

Jaja, man muss das Gesundheitssystem schonen, sonst siehts bei uns bald auch so aus wie in Deutschland! :D

RS-USER-DonLuigi
19.07.2008, 09:44
Original geschrieben von Fallobst
Wäre das nicht was als Cartoon, ein typ der quasi in den Tubus reinschrumpelt , weil irgendwer einen Sauger dran hält???

...wenn ich zeichnen könnte...

ich könnte ein ganzes Buch voll malen, mit dem Blödsinn was ich diese Woche im OP erlebt habe! Jaja, die sind halt doch ein eigenes Volk *g*

Intensivling
20.08.2008, 13:37
Ich sag nur : Lachmann ! :D

Es ist richtig das kurz vor Extubation durch ET absaugen die Gefahr einer Atelektasenbildung besteht, allerdings ist es in der Regel auch so das ohne ein Absaugen vor Extubation meiner Erfashrung nach viele Pat. Probleme haben gleich danach das Sekret adäquat abzuhusten.

Zumal ist es manchmal sehr hilfreich unter Absaugung zu extubieren, um im Rachen / Mundbereich Sekretansammlungen gleich mit zu beseitigen.

Besteht die Gefahr einer Atelektasenbildung oder sind kleine Areale betroffen ist das Lachmann Manöver vorteilhaft, trotz einiger Nebenwirkungen.

Intensivling
29.08.2008, 09:41
Gibt´s denn keine Beatmungs - Cracks die sich hier beteiligen möchten ???

RS-USER-emergency doc
29.08.2008, 18:55
:confused: Ist doch schon alles gesagt, oder?

RS-USER-Katja
30.08.2008, 01:04
@Intensivling: Was genau fehlt Dir?

Wobei ich bezweifle, daß allzuviele Leute das orginale Lachmann-Manöver machen, da werden doch eher Drücke erreicht, die man einer Lunge heute nicht mehr zumuten mag... und erst Blähen und dann absaugen halte ich für kontraproduktiv, dann braucht man auch nicht erst zu blähen. Zumal Lachmann sagt "open the lung and keep the lung open", und er sagt nichts von absaugen beim Extubieren. ;)
Also: Erst absaugen, dann blähen und extubieren ist logischer für mich und wenn ich dazu komme (ich habe langes WoEnde :D) suche ich Dir gern auch Literatur dazu raus. Das bißchen Sekret, was der endotracheale Absauger im Mund-Rachen-Raum mobilisieren kann, sollte ein extubabler Patient auch schlucken oder hochhusten können.

Intensivling
30.08.2008, 10:22
mir fehlt eigentlich nichts :d Mich hätte nur interessiert wie es andere handhaben oder machen.

Ja Katja stimme ich dir voll und ganz zu ... wobei ich mit der Aussage
Das bißchen Sekret, was der endotracheale Absauger im Mund-Rachen-Raum mobilisieren kann... nicht so ganz einverstanden bin ... ;) Was habe ich schon Unmengen an Sekret sowohl bei Extubation wie auch bei normaler oraler Absaugung rausgeholt ... *bbbrrrr*

RS-USER-Katja
30.08.2008, 18:02
Original geschrieben von Intensivling

Ja Katja stimme ich dir voll und ganz zu ... wobei ich mit der Aussage nicht so ganz einverstanden bin ... ;) Was habe ich schon Unmengen an Sekret sowohl bei Extubation wie auch bei normaler oraler Absaugung rausgeholt ... *bbbrrrr*
Mit dem kleinen sterilen endobronchialen Absauger? Reeeeespekt! Mit den normalen Absaugern habe ich auch schon Sachen zu Tage gefördert, von denen mir noch tagelang schlecht war :D

RS-USER-Defi Brillator
30.08.2008, 18:17
Original geschrieben von Katja
[...] Sachen zu Tage gefördert, von denen mir noch tagelang schlecht war :D
Die ganz schlimmen Sachen holt man mit der Magill-Zange raus :D Hatte kürzlich auf unserer Stroke Unit etwas geborgen, das sozusagen ein von Trachealsekret über Tage generierter Appositions"thrombus" war. *schüttel* Also mir war schlecht... ;)