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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Zeugin Jehovas lehnte rettende Bluttransfusion ab



RS-USER-emergency doc
03.09.2008, 21:05
http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,576145,00.html

Ich denke, man kann gespannt sein, wie sich diese Geschichte entwickelt...

RS-USER-pille
03.09.2008, 22:54
Moin,

um es mal mit der Sprache der "Watchtower-society" zu sagen: a never ending Story...

Wundert mich, daß das immer noch so massive Probleme mit einigen "Hardlinern" gibt.
Seit einigen jahren hat da ja ein "gewisses" Umdenken protesthalber in den eigenen Reihen stattgefunden.

Historisch sind ja leider viele derartige Fälle bekannt.

Siehe hier mal im
Ärzteblattarchiv (http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?id=30076)

Im Umgang mit dieser Klientel haben andere Kliniken
Verhaltenskodizes (http://www.drk-kliniken-berlin.de/uploads/media/LL_ZJ_LL_01.pdf) erstellt

RS-USER-Katja
03.09.2008, 23:22
Normal habe ich da nur ein internes Problem mit (in der Art von "Wie kann man nur so vernagelt sein... aber bitte, andere Leute bringen sich auf andere Arten um"). Wenn jemand im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte und nach Rausschicken aller anderen Glaubensbrüder und -schwestern und Geloben des Verschweigens der Transfusion immer noch nicht transfundiert werden will, dann kann jeder Erwachsene wegen mir tun oder lassen was er will.
Wie sinnig das jetzt ist, daß die Mutter ein familiäres Problem (Nichtübereinstimmen mit dem Glauben der Tochter) an der Klinik auslassen will, lassen wir mal dahingestellt.
Interessieren würde mich, wie man die Tatsache bewertet, daß die Frau schwanger war. Nun kann ein 4 Monate alter Fetus ohne Mutter nicht überleben... hm. Ich bin mal gespannt, wie das ausgeht und hoffe, daß da alles ganz, ganz kleinlich dokumentiert worden ist.

RS-USER-Häuptling weiße Wolke
04.09.2008, 20:54
Naja, letztendlich ist jeder Erwachsene berechtigt, selber über sein Leben zu entscheiden. Ich verstehe gar nicht, warum das immer noch diskutiert wird. Ich informiere die Patienten unter 4 Augen über die Alternativen, wenn sie dann immer noch nicht wollen, ist das okay... Mir fehlt da mittlerweile jeglicher missionarischer Eifer. Ich biete meine Hilfe an, helfe auch sehr gerne, aber wenn das einer nicht will, dann ist das auch okay.

Bei Kindern ist das natürlich was anderes! (ist ja auch rechtlich anders bewertet...)

Das mit der Schwangerschaft stößt einem schon auf, aber rein rechtlich ist das Kind vor der Geburt leider noch kein eigenständiges Lebewesen, auch wenn ich das persönlich anders sehe.

Da wollen alle immer den selbstbestimmenden Patienten, Patientenrechte etc., dann müssen sie auch in den sauren Apfel beißen, wenn Menschen mit einer extreme Meinung nicht den gesellschaftskonformen Weg gehen.

Ich denke, wenn die Kollegen den ausgesprochenen Patientenwillen sauber dokumentiert haben inclusive einer Kopie der Patientenverfügung, dann wird man ihnen nichts verwerfen können.

RS-USER-Steinlaus
05.09.2008, 06:26
Ich persönlich würde zwar die Mündigkeit eines Patienten der sterben will durch Unterlassen einer Transfusion als nicht vorhanden ansehen aber so wie es gelaufen ist, ist ja auch alles rechtens.
Sie wollte nicht, ist über die Wupper und gut (wenn auch schwanger).

Die Klage gegen den behandl. dagegen Arzt ist eine Farce die aber wohl verständnisvoll unter "Trauerverarbeitung" der Angehörigen abzubuchen ist.

My 0.2$

RS-USER-pille
05.09.2008, 07:45
Original geschrieben von Steinlaus
Sie wollte nicht, ist über die Wupper und gut (wenn auch schwanger).

Die Klage gegen den behandl. dagegen Arzt ist eine Farce die aber wohl verständnisvoll unter "Trauerverarbeitung" der Angehörigen abzubuchen ist.


Moin,

so sieht's aus.

Man könnte darüberhinaus das Ganze auch als sozialverträgliches Frühableben sehen, liegt sie (und das Kind) danach womöglich der Allgemeinheit nicht auf der Tasche 'rum...
:scotty:

RS-USER-emergency doc
05.09.2008, 09:08
Ich bin aber durchaus gespannt, wie das Gericht es sehen wird.
AFAIK ist z.B. ein Urteil wegen unterlassener Hilfeleistung mit Todesfolge in folgender Fallkonstellation immer noch aktuell:

Älterer schwer kranker, präfinaler Patient verbleibt gemäß eigenem Wunsch, Wunsch der Angehörigen und in Absprache mit dem Hausarzt zu Hause und wird nur palliativ und analgetisch behandelt. Er verstirbt und der Hausarzt wird wegen unterlassener Hilfeleistung angeklagt und verurteilt.

Üblicherweise gilt ja wo kein Kläger, da kein Richter, interessant wird es aber, wenn geklagt wird, denn dann kann man den allgemeinen und gesellschaftlichen Konsens überprüfen und auf seine Rechtssicherheit testen. Was meint ihr, was los ist, wenn die Richter auch nur den Ansatz einer Teilschuld feststellen? Dann wird keiner mehr auch nur eine Warze bei einem "Zeugen Jehova"-Anhänger entfernen!

Morbus X
05.09.2008, 10:46
Nein, das ist kein Blut, wo denken sie hin??? Das ist lebensnotwendiger Traubensaft! :grins:

RS-USER-DocL
05.09.2008, 16:26
Original geschrieben von Morbus X
Nein, das ist kein Blut, wo denken sie hin??? Das ist lebensnotwendiger Traubensaft! :grins:
vor wenigen Monaten auf ITS, Patientin im Durchgangssyndrom/Entzugsdelir soll postOP transfundiert werden. Als die Beutel hängen sagt die Patientin zu meiner Kollegin:
"Nein, nein, ich will keinen Rotwein in die Infusion, ich bin doch keine Alkoholikerin"

...so long
GRTX
Lutz

RS-USER-Sanitoeter
05.09.2008, 17:57
An meiner letzten Arbeitsstelle hatten wie für dieses Klientel ein extra Aufklärungsblatt bezügl. Bluttransfusionen um solchen Vorgängen möglichst zuvor zu kommen.

Die meisten Patienten hatten dann jedoch auch ein Problem damit dieses Papier zu unterschreiben weil es sehr klar und deutlich geschrieben war, sodass die meisten Patienten dann doch evtl. benötigten Blutprodukten zugestimmt haben.

Gruß

RS-USER-Bärentöter
06.09.2008, 13:09
Original geschrieben von Steinlaus
Ich persönlich würde zwar die Mündigkeit eines Patienten der sterben will durch Unterlassen einer Transfusion als nicht vorhanden ansehen

warum? Sie war ja, soweit man das bei einem Zeugen Jehovas überhaupt sagen kann :grins: , ja im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte.

RS-USER-Steinlaus
06.09.2008, 13:21
Original geschrieben von Bärentöter
soweit man das bei einem Zeugen Jehovas überhaupt sagen kann

Das ist der Punkt ;)

RS-USER-Katja
29.11.2008, 05:04
*nachobenschieb*

Hat da jemand in heimischen Landen mal wieder was von gehört?

RS-USER-Sartorius
30.11.2008, 22:36
Original geschrieben von emergency doc
Ich bin aber durchaus gespannt, wie das Gericht es sehen wird.
AFAIK ist z.B. ein Urteil wegen unterlassener Hilfeleistung mit Todesfolge in folgender Fallkonstellation immer noch aktuell:

Älterer schwer kranker, präfinaler Patient verbleibt gemäß eigenem Wunsch, Wunsch der Angehörigen und in Absprache mit dem Hausarzt zu Hause und wird nur palliativ und analgetisch behandelt. Er verstirbt und der Hausarzt wird wegen unterlassener Hilfeleistung angeklagt und verurteilt.

(...)



Der Bundesgerichtshof hat in der "Peterle"-Entscheidung bei einer ähnlichen Situation anders entschieden:
http://www.servat.unibe.ch/law/dfr/bs032367.html

RS-USER-Autolyse
30.11.2008, 23:40
Na ja, so ähnlich ist die Situation nun nicht, und die Revision ist nur aufgrund der besonderen Umstände des Falles verworfen worden, im Grundsatz bejaht der Senat durchaus die Strafbarkeit.