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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Entspannung im Notarztdienst ?



leuchtreklamefahrer
08.11.2008, 17:18
Hallo!

Ausgehend aus der Diskussion im Hypothermie-Thread hier die Möglichkeit, ausgiebig über Vor-und Nachteile von Relaxantien bei der präklinischen Narkose zu diskutieren. Über zahlreiche Beiträge würde ich mich sehr freuen.

- Ist der Einsatz von Relaxantien im Rettungsdienst eigentlich nur ein "Relikt" der klassischen Narkose in der Klinik? Man macht's halt, weil's "State of the Art" ist?

- Präcurarisieren? Elegant, oder noch eine weitere Möglichkeit im CIRS zu punkten?

- Relaxation zur Intubation: Erleichterung oder hohes Gefahrenpotential?

Viel Spaß beim posten:)

RS-USER-apoplex
08.11.2008, 22:00
Die Frage wird unter diesem Link (http://www.cirs-notfallmedizin.de/praeklinik/Wichtigste_Fehlerquellen_1533.html) beantwortet.

leuchtreklamefahrer
09.11.2008, 12:50
Danke, das kannte ich bereits.

Mir ging es eher darum, die Profi's von ihren Kreisteilen zu locken und ihre persönlichen Meinungen einzubringen. Ausserdem sind das eher Diskussionvorschläge als Fragen;)

RS-USER-Katja
09.11.2008, 17:34
Original geschrieben von leuchtreklamefahrer

- Ist der Einsatz von Relaxantien im Rettungsdienst eigentlich nur ein "Relikt" der klassischen Narkose in der Klinik? Man macht's halt, weil's "State of the Art" ist?
Kommt auf die Situation an... In der Regel muß man bei ausreichender Narkosetiefe nicht unbedingt relaxieren - aber manchmal macht es einem das Leben leichter. Ich habe schon Leute gesehen, die aus Gewohnheit relaxieren (der Reanimationspatient braucht meiner unbescheidenen Meinung nach eher kein Rocuronium...).
Nun ist die Situation im RD in der Regel eine andere als im OP: Wenn ich im RD einen Patienten intubiere, dann ist das praktisch nie elektiv. Im OP kann man meist sagen, man schaut bei einem schwierig aussehenden Patienten ohne Relaxantien mal rein und wenn man dann gar nichts sieht, läßt man ihn aufwachen und packt die Fiberoptik aus.
Das ist im RD nun nicht der Fall; wenn man wen intubieren will, dann hat man in der Regel einen akuten Grund dafür. Es ist selten die eigene Bequemlichkeit. Die "verbrannte Brücke" Relaxierung mit einer 3/4 Stunde Maskenbeatmung fällt da aus, da sind dann sofort Plan A und B oder C gefordert. Und das heißt dann eben LMA/FastTrach/Kombitube/Loch im Hals was auch immer...

Ich bin derzeit allerdings ein bißchen allergisch auf Relaxantien, weil meine amerikanischen Kollegen aus der Ron Miller-Schule hier jeden Patienten durchrelaxieren (auch für HandOPs und ähnliche Dinge) und dann am Ende der OP antagonisieren. Da wird dann eher die Narkose flach gefahren und relaxiert als kreislaufwirksame Medikamente gegeben :mad: Mal abgesehen davon, daß ich von unnötigem Antagonisieren echt unbegeistert bin.
Und wir kennen alle den Patienten, der so schön neben dem Tubus her schnauft, was ihm bei Fehlintubation das Leben gerettet hat...


- Präcurarisieren? Elegant, oder noch eine weitere Möglichkeit im CIRS zu punkten?
Draußen? Wozu? Der "Muskelkater" nach Succi ist nach Präcurarisierung nicht anders weniger als ohne, die Nebenwirkungen von Succi ändern sich dadurch nicht, es sieht lediglich nicht ganz so seltsam aus.
Man hat nur ein Medikament mehr aufzuziehen mit allen Risiken und Nebenwirkungen...


- Relaxation zur Intubation: Erleichterung oder hohes Gefahrenpotential?
s.o.

RS-USER-gnuff
09.11.2008, 18:01
Bisher habe ich bei keiner Notfallintubation, weder im RD noch auf Intensiv relaxiert und würde es auch grundsätzlich immer ohne probieren. Mit einer Relaxierung schaffe ich mir unter Umständen ein weiteres Problem in einer ohnehin schon problematischen Situation. Der einzige Notfall, bei dem ich bisher routinemässig relaxiert habe ist die Notsectio. Wahrscheinlich würde das aber auch ohne gehen...

RS-USER-Bärentöter
09.11.2008, 23:13
Original geschrieben von gnuff
Bisher habe ich bei keiner Notfallintubation, weder im RD noch auf Intensiv relaxiert und würde es auch grundsätzlich immer ohne probieren. Mit einer Relaxierung schaffe ich mir unter Umständen ein weiteres Problem in einer ohnehin schon problematischen Situation.

wie wahr, wie wahr! Warum einen zweiten Kriegsschauplatz ohne jede Not eröffnen?

RS-USER-Häuptling weiße Wolke
10.11.2008, 00:14
Aber was ist mit der RSI? Schließlich sind Notfallpatienten meist nicht nüchtern und somit hat man immer ein erhöhtes Risiko...

Auf Intensiv relaxiere ich fast nie, höchstens mal bei Beatmungsproblemen in der Akutsituation, dann aber zeitgleich mit einer Vertiefung der Narkose etc.

Ein Beispiel für eine Ausnahme war eine Pat. die bei 20 cm im Ösophagus eine rieige Mallory-Weiss-Läsion hatte, bei der das Blut im wahrsten Sinne schon bis zum Hals stand und ich auf jeden Fall schnell den Schlauch drin haben musste. Habe dafür Succi genommen. Habe dann lernen müssen, dass unser Anästhesiechef Succi hasst, der hat sich bei meinem OA bitterlich über mich beschwert... Aber immerhin hat die Pat. nicht aspiriert und den ganzen Spass inclusive des im weiteren Verlauf aufgetretenen Myokardinfarktes überlebt.

Natürlich sollte man immer ein ordentliches Critical airway management in der Hinterhand haben.

RS-USER-Rugger
14.11.2008, 23:03
Original geschrieben von Katja
...aus der Ron Miller-Schule... Wer ist Ron Miller???

R.

RS-USER-Katja
14.11.2008, 23:22
Original geschrieben von Rugger
Wer ist Ron Miller???

Es gibt da dieses zweibändige (zumindest waren es zwei, als ich den Wälzer erworben habe) Standardwerk Anästhesie, so einige tausend Seiten, gut geeignet zum Blumenpressen und so ;) bekannt als "der Miller (http://www.amazon.com/Anesthesia-Vol-Ronald-D-Miller/dp/044307996X/ref=sr_1_11?ie=UTF8&s=books&qid=1226701233&sr=8-11) .
Ja, genau. Früher schwarz, jetzt rot. Also das Buch :D

Und im Moment ist er nominell mein Chef, denn ihm untersteht das Anästhesiedepartment der UCSF.

RS-USER-Hypnodoc
17.11.2008, 21:55
Relaxantien im Rettungsdienst.....
Kann man pauschal nicht wirklich beantworten.
Reanimationspatienten sind per se weich. Keine Relaxation oder andere Narkosemedikamente nötig. Bei allen anderen Intubationskandidaten habe ich es bisher meist ohne Relaxanz versucht, weil ich Succi wegen der intraabdominellen Druckerhöhung nicht mag. Aber Succi war immer aufgezogen im Anschlag. Aber ich bin auch seit mehreren Jahren Schorchelschieber.... Alle, die nicht täglich intubieren, sollten es sich so einfach wie möglich machen und relaxieren.
Präcurarisieren ist bei der RSI verboten, weil bereits ein Viertel der Gesamtdosis den Schluckakt enschränken kann und damit die Aspirationsgefahr steigt. Um Würgen und konsekutives Erbrechen zu vermeiden, kann man 1-1,5 mg/kg KG Lidocain spritzen.
Mit dem Antikörper zu Rocuronium steht seit ein paar Wochen ein direkter Antagonist zur Verfügung. Ich denke, in den nächsten 1-2 Jahren wird Succi im RSI-Management verlassen werden.
Die beschriebene angloamerikanische Variante ist in Deuschland ziemlich verpönt. Angefangen bei intraoperativer awareness über Nebenwirkungen der Antagoniserungsmedikamente bis hin von zu kurzer Wirkdauer der Antagonisierungsmedikamente ist alles Scheiße.
So, Schluß jetzt.

RS-USER-Katja
17.11.2008, 23:24
Original geschrieben von Hypnodoc

Die beschriebene angloamerikanische Variante ist in Deuschland ziemlich verpönt. Angefangen bei intraoperativer awareness über Nebenwirkungen der Antagoniserungsmedikamente bis hin von zu kurzer Wirkdauer der Antagonisierungsmedikamente ist alles Scheiße.

Mein Reden, aber ich bin ja nur aus einem Entwicklungsland ;) und rede gegen die geballte Ladung der amerikanischen Kollegen an (okay, wir: alle Deutschen, Franzosen, Engländer hier...).

Sugammadex wird noch eine Weile so teuer bleiben, daß es sich nicht schnell durchsetzen wird, aber irgendwann wird es so sein, daß man Succi gar nicht mehr sieht.

RS-USER-Rugger
20.11.2008, 17:45
Original geschrieben von Katja
Sugammadex wird noch eine Weile so teuer bleiben, daß es sich nicht schnell durchsetzen wird, aber irgendwann wird es so sein, daß man Succi gar nicht mehr sieht. oT: ich habe es letzte Woche zu "Übungszwecken" mal einsetzen dürfen, das Zeugs ist schon beeindruckend.
Aber die Awarenessinzidenz, die auf den Begleitzetteln beschrieben wird, ebenso...!:eek:

R.