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RS-USER-gurkerl
24.02.2009, 20:36
wer verwendet häufig BIS und mag mir was erzählen?

wofür setzt ihr es ein und wie? was sagen euch die angezeigten zahlen? glaubt ihr sie?

hatte gestern einen patienten, schulterASK, BIS dran zum üben

bei 40 plötzlich ohne vorwarnung zu flach, unter fenta, desfluran+lachgas, MAC 1.4, RR unter 100, Hf um 80, gegengeatmet und dann auch gleich gezappelt; C2 vorgeschichte, sonst nix besonderes, 100kg, mehr muskeln als fett

propfol hats wieder gutgemacht, aber mir hats den glauben ans BIS etwas ins wanken gebracht, da es den ereignissen offenbar schon weit hinterherhinkt statt "vorzuwarnen"

RS-USER-Bärentöter
24.02.2009, 20:55
wtf ist BIS?

RS-USER-Defi Brillator
24.02.2009, 21:16
Original geschrieben von Bärentöter
wtf ist BIS?
Bispektralindex-Monitoring (http://www.aerzteblatt.de/V4/archiv/artikel.asp?src=heft&id=42505) zur EEG-gestützten Analyse der Narkosetiefe.
Wir haben so ein Teil, war mal ganz in Mode, es zu benutzen, das Interesse flacht aber zusehends ab.
Ich nutze es ganz gerne mal, wenn ich eine längere TIVA fahre, bei Gasnarkosen trau ich dem Ding nicht über den Weg, ist aber reines Bauchgefühl. Hab jetzt keine Lust zum Suchen (war ein toller Dienst gestern *gähn*), aber mir ist so, als hätte ich mal gelesen, daß die BIS-Werte zumindest bei Kindern und cerebrovaskulär geschädigtem Patientengut nur mit Vorsicht zu verwerten sind.
Außerdem ist es wieder ein Monitor mehr den man anglotzt, anstatt den Patienten im Auge zu haben....

Pr0st
24.02.2009, 21:26
... gehöre nicht wirklich zu den Anwendern, nur mal so was ich im letzten PRaktikum dazu aufgeschnappt habe:

Die zwei ANästhesisten mit denen ich zu tun hatte waren von der BIS als einem weiteren Indikator für awareness relativ überzeugt, beide haben aber immer wieder auf die böse Gerätemedizin geschimpft und die Gefahr, dass das BIS irgendwann alleine beobachtet wird, ohne auf den Patienten an sich zu achten (Schwitzen, Tränen usw.) . Einsatz war innerhalb einer Studie in zwei OPs und bei allen Kindern (unter 12 glaube ich)...

Angeblich wird der BIS auch irgendwo in Deutschland auf einem RTH ausprobiert, google sagt aber Nö...

http://www.aspectmedical.com/assets/documents/international/german/EMGdui.pdf

http://en.wikipedia.org/wiki/Bispectral_index_monitor

RS-USER-Häuptling weiße Wolke
24.02.2009, 21:44
Original geschrieben von Bärentöter
wtf ist BIS?

Danke, dass Du gefragt hast!

RS-USER-gurkerl
25.02.2009, 20:45
danke für die bisherigen infos

hab heut wieder mit dem ding rumgespielt, wieder sehr unbefriedigend. bei ca 30 hautschnitt, patient zappelt, hf steigt bissl an, propofol nachgespritzt, und erst DANACH steigt BIS an, schön blöd

ich wollts halt testen, damit ich für den fall, dass mein patient unter tüchern begraben ist (schilddrüse, hernie laparoskopisch...) a bissl zusatzinfo hab, scheint aber empirisch für die katz. ausserdem hab ich mittlerweilen gelesen, dass die awareness angeblich unter verwendung von BIS HÖHER ist als ohne.

conclusio, net wirklich nützlich das ding

RS-USER-Bärentöter
25.02.2009, 23:34
Original geschrieben von Häuptling weiße Wolke
Danke, dass Du gefragt hast!

schön, daß Du es 1. auch nicht gekannt und 2. es auch noch zugegeben hast. Bin ich mal nicht der einzige unwissende...

RS-USER-Katja
26.02.2009, 03:50
Wir haben die BIS-Geräte im Rahmen einer TIVA-Studie eingesetzt, da fand ich sie soweit ganz nett. Andererseits habe ich auch eine farbige Erinnerung an einen Patienten mit Schrittmacher, beim dem der BIS-Wert im Kreislaufstillstand bei Aortenbogenersatz so um die 65 lag (lies: Hellwach), was auf irgendeine Interferenz mit dem Schrittmacher zurückzuführen zu sein schien. Zumindest hatte der Vertreter der Firma auch keine bessere Erklärung...
Es ist ein bißchen schon so, wie die "alten Kollegen" sagen, daß gerade die Frischlinge a) noch ein Gerät mehr haben, das sie verwirrt :D und b) dann dazu neigen, auf Monitore statt auf den Patienten zu starren. Aber eigentlich lernen (fast) alle dann ja doch, daß die Sättigung von 72% so nur selten stimmt, wenn der Patient rosig ist... (Ende des OT)

Daß es mit BIS mehr Awareness als ohne geben soll... nun, ich habe meine eigene Meinung zu amerikanischen Studien mit Awareness inzwischen, aber wenn das so stimmen sollte - Studien, bitte! -, liegt es wahrscheinlich daran, daß die Leute da versuchen so wenig Narkose wie irgend möglich zu fahren. Ob das immer sinvoll ist?

RS-USER-Rugger
28.02.2009, 07:41
Original geschrieben von Katja
Daß es mit BIS mehr Awareness als ohne geben soll... nun, ich habe meine eigene Meinung zu amerikanischen Studien mit Awareness inzwischen, aber wenn das so stimmen sollte - Studien, bitte! -, liegt es wahrscheinlich daran, daß die Leute da versuchen so wenig Narkose wie irgend möglich zu fahren. Ob das immer sinvoll ist? BIS (wie auch Narkotrend) vermeiden selbst konstant unauffälligen Werten Awareness nicht zuverlässig. Von daher gibt es auch von keiner Fachgesellschaft eine eindeutige Empfehlung zur standartmäßigen Verwendung von BIS, auch wenn das von einigen amerikanischen Patienteninitiativen gefordert wird.

R.

volleule
01.03.2009, 20:06
Hier benutzen den BIS recht häufig, die Glaubensfestigkeit ist sehr unterschiedlich und es gibt unzählige (bekannte) Störungsauslöser. Für größere Eingriffe (LeberTx, Pancreas), in der Neurochirurgie oder für Schilddrüsen und bei klapprigen Patienten, bei den die Narkose "flach" sein soll, wird oft ein BIS draufgeklebt. Allerdings hat er keinen richtigen Monitor, man kann sein Kabel an den "normalen" Bildschirm mitanschliessen, es gibt dann allerdings keine Kurve, nur die Zahl.

RS-USER-Vomex H
03.03.2009, 19:31
Hallo,

im Januar 2008 war ein recht guter Übersichtsartikel im Anästhesisten zum Thema BIS und andere Neuromonitore (gibt ja noch den Narcotrend und ähnliche).

Besonders interessant finde ich folgende Untersuchung (http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/12873942?ordinalpos=3&itool=EntrezSystem2.PEntrez.Pubmed.Pubmed_ResultsP anel.Pubmed_DefaultReportPanel.Pubmed_RVDocSum). Da hat man 3 Freiwillige wach relaxiert und der BIS-Wert ging bis auf 9 runter! Daher zweifle ich doch sehr an der Aussagekraft.

RS-USER-gurkerl
04.03.2009, 16:46
spannend spannend!

da wird mir langsam klar, warum ich dem ding net trau, reagiert zu langsam, auf die falschen parameter und ist auch noch störanfällig...

nur, was hilft mir zb bei der schilddrüsenOP? sehen kann ich nix vom patienten, da sind überall chirurgen und tücher. zappeln kann er auch nicht, wg nimbex drin bis zum schluss. druck und frequenz seh ich, wobei frequenz, naja, desto älter desto langsamer ändert sich was, ist mein eindruck. bleibt der druck. aber bei den älteren bin ich ja froh, wenn ich überhaupt einen hab, bei den gefässwracks ist er sowieso irgendwo zu hoch zu tief zu sonstwo... ähhh... bisher hab ich mich ja mehr oder weniger aufs BIS verlassen, solang ichs nicht drangehängt hatte bei nichtrelaxierten patienten von denen ich auch was seh...

wie macht ihr fortgeschrittenen denn das?

RS-USER-Hypnodoc
04.04.2009, 14:40
Auf der Seite "Gasnet" oder "gasbag.net" (ich kann mich nicht mehrs so genau erinnern) war vor etwa 2 Jahren in einem Thread berichtet worden, wie ein französischer Kollege bei einer Sevofluran-Narkose die Narkosetiefe mittels BIS-Monitoring gesteuert hat. Der Patient starb im kardialen Versagen, weil er trotz exessiver Sevo-Gabe den BIS nicht herunter bekommen hat......
Meine Erfahrungen decken sich mit den bisher beschrieben: Gut relaxiert ist gleichzeitig gut narkostisiert laut BIS....
Mich stört bei diesem Monitoring die wissenschaftliche Grundlage: Der Logarythmus wird aus dem Schlaf-EEG von jungen Männern errechnet. Unsere Patienten schlafen nicht und sind auch nur teilweise Männer.
Meiner Ansicht nach ist das BIS-Monitoring nur eine weitere Krücke, die helfen soll Bewußtsein, bzw. Bewußtlosigkeit zu messen. Da aber niemand eindeutig sagen kann, was das Bewußtsein eigentlich ist, kann man es auch nicht messen.
GRuß Hypnodoc

RS-USER-gurkerl
05.04.2009, 06:08
[i]Da aber niemand eindeutig sagen kann, was das Bewußtsein eigentlich ist, kann man es auch nicht messen.
GRuß Hypnodoc [/B]

wie wahr...

DrWho
26.09.2009, 15:43
BiS gibt es ja inzwischen in verschiedenen Ausführungen. Mein Bauchgefühl sagt: Die bilateralen Elektroden liefern deutlich plausiblere Werte als die monolateralen. Eine gewisse Latenz ist vorhanden, wie schon beschrieben ist ein sprunghafter Anstieg von Herzfrequenz und/oder Blutdruck oder ein sich bewegender Patient oft erst einige Sekunden später auch im BiS als "wach" gekennzeichnet. Man muss sich eben die Frage stellen, was das BiS kann und können soll. Es ist KEIN Gerät zum Messen der Narkosetiefe, sondern eine Messmethode zur Hirnaktivität des Patienten. Und diese ist eben deutlich abhängig von den auf ihn wirkenden Stimuli. Die Narkose kann eine ganze Weile schön stabil sein, dann kommt eine besonders schmerzhafte Stimulation und die eben noch ausreichende Narkosetiefe ist plötzlich zu wenig. Es folgen reflexartige Reaktionen auf hämodynamischer und muskulärer Ebene, bevor das Bewusstsein aktiviert wird. Daher ist diese Latenz durchaus erklärbar. Leider ist sie aber so kurz, dass die Narkosevertiefung meist erst nach dem BiS-Anstieg greifen kann.

Ich würde BiS verwenden, wenn ich Zweifel an der Narkosetiefe trotz ausreichender Dosierung habe (z.B. bei Polytoxikomanen, Epileptikern usw.), bei Patienten, die schon Awareness-Erlebnisse hatten und bei Patienten, die mir klinisch keinen anderen Anhalt für Narkosetiefe geben können (effektiv Betablockierte, mehrfach antihypertensiv eingestellte, aus operationstechnischen Gründen zwingend relaxierte Patienten), dann aber den BiS noch unter den Empfehlungen halten und vor allem auf Änderungen und weniger auf den absoluten Wert achten. Zwingend ist dann natürlich auch eine Wachkontrolle vor Eilietung und das Ausleiten mit BiS!

RS-USER-emergency doc
26.09.2009, 20:20
...aus operationstechnischen Gründen zwingend relaxierte Patienten...
Und das von einem Anästhesisten
:grins::grins::grins::grins::grins:

DrWho
27.09.2009, 07:59
Tja, ich bin da weniger dogmatisch als viele Kollegen und sehe mich weniger als Gegner denn als Partner der operativen Seite. Und seien wir mal ehrlich: Fühlt man sich nicht auch viel wohler, wenn der Patient sich nicht rühren kann, wenn z.B. gerade das Aneurysma geclippt wird? Und wenn ich den schwitzenden Operateuren erklären soll, dass sie diesen zerbröselten Knochen auch ohne Relaxierung reponieren können, dann muss ich mich auch fragen lassen, warum ich dann eine zur Intubation haben wollte, das geht schließlich auch allein in tiefer Narkose...

RS-USER-Küchenhexe
27.09.2009, 08:25
Ich glaube, unser Forumsunfallchirurg vom Dienst wollte Dich necken ;)