PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : PKW gegen Motorrad



Seiten : [1] 2

AINS
10.08.2009, 21:55
Hier ein einfacher, aber alltäglicher Fall, daher: Übung macht den Meister!

Einsatzmeldung: PKW gegen jungen Motorradfahrer auf der Landstraße, Einsatz für das NEF. Ihr kommt kurz nach dem RTW an.

Los geht es! ;)

Fallobst
10.08.2009, 22:23
Naja ein wenig mehr Infos wäre ja doch nett... Anzahl der Verletzten. Und wo befinden sich diese? War es nur ein Dotzer oder ist der Motorradfahrer ins andere Auto durch Kaltverformung eine festere Bindung eingegangen etc... :confused:

RS-USER-Küchenhexe
10.08.2009, 22:30
Oha, schwierig, mit so wenig Vorgaben!

So was hatten wir vor 2 Wochen, wir waren aber der RTW - mit Doc an Bord; der hatte den Fehler begangen, sich zum Mittagessen auf der zusätzlich als Ersatz-RW besetzten Sanitätsstation einzufinden und wurde prompt und in Zivil mit ins Auto geschoben :)

Unser Vorgehen: auf der Anfahrt Absprache zum Vorgehen, Festlegen der Prioritäten, Verteilen der Aufgaben und Beantwortung der Fragen "was für Material könnten wir brauchen", "wer schnappt sich was" und "wo kommt es unter welchen Umständen hin"...

Vor Ort dann: wie ist die Lage, wie sieht die Einsatzstelle aus (muß noch gesichert werden etc.), wer ist beteiligt und wer später dazugekommen, wie viele Patienten haben wir überhaupt, in welchem Zustand sind sie, welche und wie viele Nachforderungen (daß die Pol unterwegs ist, setze ich voraus, aber brauchen wir noch mehr? FW, weitere Rettungsmittel usw.) brauchen wir etc. pp...

Weiteres Vorgehen entsprechend der vorgefundenen Lage.

Dann Verteilung der Aufgaben und Lagemeldung.

AINS
10.08.2009, 22:53
1 Verletzter, der Notruf erfolgte durch die PKW-Fahrerin, die nach eigenen Angaben den Motorradfahrer beim Einbiegen in eine Kreuzung übersehen hat.

RS-USER-Küchenhexe
10.08.2009, 23:18
Wie geht's denn den Beteiligten?

Ich vermute, mit dem 1 Verletzten meinst Du den Motorradfahrer... hat die PKW-Fahrerin das völlig cool weggesteckt oder braucht sie auch Betreuung? Irgendwelche Schocksymptome?

Wie sieht denn der Motorradfahrer aus? Liegt er, kommt er uns entgegen? Spricht er mit uns? Atmet er? Helm auf, Helm ab, sieht irgend etwas auf den ersten Blick kaputt aus (Kopf drei Meter neben Körper, massive Blutung, Gliedmaßen stehen ab, wo sie das nicht sollten...)?

Welche Maßnahmen haben denn Ersthelfer bzw. RD schon getroffen?

tus-bw
11.08.2009, 08:14
Ohje ...
solche Aktionen hatte ich schon zwei mal live ... am Wagen vor mir, innerorts.

Im ersten Fall außer einigen Prellungen (leichter Kontakt des Moppedfahrers mit der Motorhaube beim Überflug) nichts weiter, nur eine tiefe Depression über das kaputte Mopped.

Im zweiten Fall ... naja ... was soll ich sagen ... waren auch die zwei Streifenwagenbesatzungen aus der wenige hundert Meter entfernten Wache nur schwer in der Lage, den nach dem Überflug ziemlich wütenden Moppedfahrer davon abzuhalten, den Autofahrer mit seinem (Wehrmachts-)Helm zu vertrimmen (Autofahrer: eingeschlagene Front- und Heckscheibe, eingeschlagene Seitenscheiben, Nasenbeinfraktur, Kahnbeinfraktur, diverse Platzwunden).


Zurück zum Fall.
RTW ist (nach Vorgabe) ja schon da,
* gucken, Doc integriert sich ins RTW-Team,
* ggf. weitere Absicherung,
* Rückmeldung, Nachforderung Feuerwehr zwecks auslaufenden Kraftstoffen,
* Betreuung der Autofahrerin übernimmt der anwesende HvO.
* Dokumentation usw.,

Knusperriegel
11.08.2009, 10:03
Bewusstseinszustand des verunfallten Motorradfahrers?
sichtbare Fehlstellungen der Extremitäten?

Massn:
Absicherung
ggf. Nachforderung der FW bei auslaufenden Betriebsstoffen
Inspektion:
Schutzhelm noch intakt bzw. wurde überhaupt einer getragen
Zustand der weiteren Schutzkleidung

AINS
11.08.2009, 11:56
PKW-Fahrerin m. Kopfplatzwunde, ansonsten nicht verletzt.
Da ihr kurz nach dem RTW ankommt wurden noch keine Erstmaßnahmen getroffen. Motorradfahrer liegt auf dem Rücken, Helm scheint intakt, Pat. gibt Dyspnoe an, ist wach und leicht desorientiert mit Amnesie zum Unfallereignis.

Wie geht es weiter?

Maulwurff
11.08.2009, 17:18
PKW- Fahrerin: örtlich, zeitlich, orientiert? Amnesie? Schmerzen, Verletzungen, VF? Kopfschmerzen? Übelkeit? Schwindel?

eventuell Nachforderung zweiter RTW...


NA und NEF- Fahrer, Kollege kümmert sich um Motoradfahrer
Dann sprechen wir den Herrn Motoradfahrer freundlichst an und erklären ihm weitere Maßnahmen.
Wenn Helm soweit intakt, Helmabnahme mit nachfolgender Anlage von Stifneck.

Dann bekommt er 02, was sagt meine Sättigung? Auskultation Lunge? bds. gleich belüftet?
Gibt er Schmerzen an? Kopfschmerzen? Schwindel? Übelkeit?
Thorax.. Krepitationen, Inspiratorische, Expirat. Schmerzen, Prellmarken sichtbar,

Puls kräftig und gut palpabel?

Abdomen? weich? Abwehrspannung? Prellmarken?
Fehlstellung Extremitäten? Kann er sie bewegen, DMS ok? sichtbare Verletzungen? Ausführlicher Bodycheck im Auto.

Zugang vorbereiten, BZ?
RR?

Genauer Ablauf Unfallhergang ...?

AINS
11.08.2009, 17:30
PKW-Fahrerin primär wach, ansprechbar und orientiert m. sichtbarer Kopfplatzwunde.

Motorradfahrer:
Sättigung ohne O2-Insufflation bei 96%, Auskultation o.B., Lungen beids. gut belüftet, Pat. gibt starke Schmerzen an, deutlicher Kompressionschmerz Oberschenkel re, Schädel primär unauffällig, rechte laterale Thoraxapertur mit deutlichem Druckschmerz, Prellmarke Bauch über Leber, bei Beckenkompression Schmerzen beids., HF 125, RR primär um 60, BZ 99.

Welche Maßnahmen folgen?

Knusperriegel
11.08.2009, 17:48
Sauerstoff trotz der Sättigung
bds. ven. Zugänge
Laborblutabnahme
Infusionstherapie
Analgesie
Abwägung: bodengebundener Transport oder RTH-Nachforderung

AINS
11.08.2009, 17:49
Infusionstherapie und Analgesie bitte ein bisschen genauer beschreiben. ;)

*ER*
11.08.2009, 19:35
Ich bin Innenarchitektin, hab mit präklinisch nix und mit Organen unterhalb des Zwerchfells schon gar nix zu tun, trotzdem hab ich vor x Jahren mal einen Notarztkurs absolviert, also - ein bisschen Auffrischung schadet nicht, und man kann ja immer noch was lernen (sogar von Anästhesisten ;-) - ja, das ist ein Scherz!)

MR-Fahrer: V.a. Becken-/Oberschenkelfraktur sowie Leberruptur -> Transportpriorität. Intubation, Immobilisation, Volumen zurückhaltend (permissive Hypotension), mehrere großlumige Zugänge, Blutabnahme mit Kreuzblut, mit Hubschrauber ins KH der Maximalversorgung.

Autofahrerin: Neurostatus (Pupillen? HWS-Verletzung?), RR, Puls, SpO2. Auskultation Herz/Lunge sowieso (ist mein Hobby:)). Und auch hier sollte man keine knöchernen/ inneren verletzungen übersehen. (Äh..., hat sie vielleicht Brustschmerzen, die in den linken Arm ausstrahlen? Dann wär sie bei mir richtig ;-) )

AINS
11.08.2009, 19:50
Perfekt @*ER* :D
Genau so habe ich den Pat. behandelt.
Da er primär im massiven Schock war, Gabe von Small Volume 250ml HyperHAES, darunter RR-Steigerung und HF-Senkung, Ataranalgesie und dann per Rapid Sequence Induction eingeleitet, Intubation und per Hubschraubertransport in den Schockraum zur weiteren fachärztlichen Versorgung.

PKW-Fahrerin: Pupillen isokor und seitengleich lichtreagibel, HF 101, RR um die 125/75, SpO2 unter Raumluft 99%, Auskultation Herz/Lunge o.B.. Bodycheck bis auf Kopfplatzwunde o.B.

Ich habe diesen recht einfachen Fall hier eingestellt, da viele junge Notärzte bei diesem Fall sehr zögerlich mit der Indikation zur Intubation umgegangen sind.

RS-USER-emergency doc
11.08.2009, 23:07
Also IMHO ist hier zwar eine Intubation grundsätzlich richtig, jedoch würde ich unter bestimmten Umständen (.B. innerstädtisch wenige Fahrminuten zu einem Traumazentrum) darauf verzichten und eher den Zeitfaktor ausspielen wollen.
Allerdings würde ich bei Fahrzeiten >5 Minuten auch intubieren.

AINS
11.08.2009, 23:45
Also IMHO ist hier zwar eine Intubation grundsätzlich richtig, jedoch würde ich unter bestimmten Umständen (.B. innerstädtisch wenige Fahrminuten zu einem Traumazentrum) darauf verzichten und eher den Zeitfaktor ausspielen wollen.
Allerdings würde ich bei Fahrzeiten >5 Minuten auch intubieren.

Korrekt. Unter o.g. Umständen erachte ich eine Ataranalgesie ohne Einleitung auch für ausreichend,

*ER*
12.08.2009, 18:26
Auch wenn diese Frage vermutlich nur Internisten stellen können:): Was ist denn eine Ataranalgesie?

RS-USER-Shalimah
12.08.2009, 18:56
Von Internistin zu Internistin ;):

Ketanest/Dormicum

Eigentlich der Oberbegriff für: Benzodiazepin plus Analgetikum

*ER*
12.08.2009, 19:14
Ketaminnarkose war klar ;-). Aber "Atar" ist das Akronym für?

AINS
12.08.2009, 19:17
Auch wenn diese Frage vermutlich nur Internisten stellen können:): Was ist denn eine Ataranalgesie?

Wie "Shalimah" schon gesagt hat: Ketamin/Ketanest plus Benzodiazepin (i.d.R. Midazolam). Vorteil der Ataranalgesie: gute Analgesie bei gleichzeitig erhaltenen Schutzreflexen -> Intubation i.d.R. nicht notwendig. Das Benzodiazepin gibt man zusätzlich um den psychotropen Nebenwirkungen des Ketanest entgegen zu wirken.