PDA

Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Einsatz RTW: Bewusstlose Person



Seiten : [1] 2 3

Toran
21.01.2010, 18:19
Guten Abend,

ich lese hier schon einige Zeit mit und möchte nun selber ein Fallbeispiel beisteuern. Ich selber bin RS Praktikant. Von daher möge man mir dementsprechend Fehler und Unvollständigkeiten verzeihen. :)

Es ist 19:00 Uhr und ihr steigt gerade aus eurem Auto, da geht das Hallentor auf und der RTW kommt heraus. Ihr schmeißt noch schnell eure Tasche in die Wache und macht es euch dann im Patientenraum bequem. Einsatzstichwort lautet Bewusstlose Person, NEF kommt hinzu.

Nach etwa 10 Minuten kommt ihr als erstes an der Einsatzstelle an. Beladen mit allen Gerätschaften bahnt ihr euch den Weg in ein Einfamilienhaus, vorbei an einigen Angehörigen. Im Wohnzimmer liegt ein ca. 50 Jahre alter Mann in der stabilen Seitenlage, offenbar bewusstlos. Ein lautes Schnargeräusch ist wahrnehmbar. Eure zwei RAs machen sich an die Arbeit...

Nun seid ihr dran...

RS-USER-Shizr
21.01.2010, 18:37
Basismonitoring (EKG, SpO2, RR, beim Bewusstlosen selbstverständlich BZ).

Verletzungen erkennbar? Evtl ein ungewöhnlicher Geruch? Auffällige Hautverfärbung?

Die Angehörigen können schon mal die Medikamente ausbuddeln. Vorerkrankungen? Verhaltensauffälligkeiten in der letzten Zeit? Kürzlich krank gewesen? Kopfschmerzen?


Einen der Angehörigen bitte - falls die nicht eh passend stehen - raus vor die Tür, das NEF einweisen.

Toran
21.01.2010, 18:47
Es sind keine Verletzungen/Hautverfärbungen erkennbar. Auf Grund des Geruchs schaut ihr euch um und erkennt Erbrochenes auf dem Boden, hauptsächlich aber auf dem Sofa.

EKG zeigt keine Auffälligkeiten, HF 100, Sp02 98% bei Raumluft, RR 180, BZ 113

Die Ehefrau verneint Kopfschmerzen oder sonstige Beschwerden/Auffälligkeiten. Jedoch sei ihr Mann Hypertoniker und in Behandlung. Die Medikamente findet sie in der Aufregung nicht.

Das NEF sollte das Haus finden, da euer RTW noch mit Diskolicht draußen vor der Tür steht und die Straße blockiert.

RS-USER-Shizr
21.01.2010, 19:17
Gut, das bringt uns schon mal weiter.


Hat er laut den Angehörigen Alkohol getrunken?
Und - wenn sie die Medikamente nicht findet - weiß die Ehefrau, ob er noch etwas außer dem Blutdruckmittel nimmt? Blutverdünner eventuell?


Ich würde auch gerne einen Blick in die Pupillen werfen.
Bis der NA da ist, bleibt der Patient in stabiler Seitenlage, Absaugung sollte schon mal bereitstehen, falls er nochmal erbricht.


Irgendwas offensichtlich ungewöhnliches an der Atmung?

RS-USER-RichieKay
21.01.2010, 19:32
Ich würde zunächst/nebenbei erfragen wollen, was denn überhaupt passiert ist.

Zeugen des (vermeintlichen) Kollaps?

Hat er gekrampft? (Zungenbiss, eingenässt).

Wie "bewusstlos" ist er? Reagiert er auf Schmerzreize?

Toran
21.01.2010, 19:44
Die Ehefrau kann in der Aufregung auch keine genauen Angaben zu den Medis machen. Halt irgendwas gegen Bluthochdruck.

Alkohol hat er wohl nicht getrunken. Es steht jedenfalls nichts offensichtliches herum. Das Schnarchgeräusch lässt auf eine relativ normale Atmung schließen, also weder tachy-/bradypnoisch noch pathologisches Atemmuster.

Beim Pupillencheck fällt auf, das eine Pupille klein, die andere mittel weit ist.

Die Angehörigen geben an, den Pat. seitlich auf dem Sofa liegend im Erbrochenen vorgefunden zu haben. Auf Grund der Bewusstlosigkeit haben sie ihn auf den Boden in die stabile Seitenlage verfrachtet.

Toran
21.01.2010, 19:46
Obwohl ich registrierter Benutzer bin, kann ich leider meine Beiträge nicht editieren.

Ob der Patient gekrampft hat, kann niemand sagen. Jedenfalls hat er weder einen Zungenbiss, noch hat er sich eingenässt/gekotet.

Der Patient ist tief bewusstlos, auf Schmerzreize reagiert er nicht.

RS-USER-RichieKay
21.01.2010, 19:49
Pupillenreaktion auf Licht? Augen-OP?

IV-Zugang legen und dröppeln lassen. Transport (z.B. von dir) vorbereiten lassen. O2 via Nasensonde.

ABCD sind ja schon abgearbeitet. Nun müsste noch E (exposure = Untersuchung) bedacht werden, wobei hier sicher ein kurzer, orientierender Bodycheck ausreicht.

Nun kurz eruieren, wie lange er wohl dort schon liegt, dann ab ins Auto: Intubation (vorbereiten).

Danach: Zügiger Transport in die nächste Neurochirurgie/Neurologie.

Toran
21.01.2010, 20:44
Okay, der Akademiker ist da und nach einer kurzen Übergabe geht es erstmal in den RTW. Haben wir hier vielleicht gerade einen Doc rumschwirren?


Bodychek o.B., Pupillenreaktion auf Licht kann ich nicht sagen. Aber wie schon geschrieben, Anisokiorie bei Pupillencheck mittels Lampe.

*ER*
21.01.2010, 21:57
Ja, ich bin Atopik...Agnosti...Asketik...äh Doc.

-> Nochmals gezieltes Nachfragen hinsichtlich ophthalmologischer Vorerkrankungen/OP's (Glasauge?) sowie jeglicher sonstiger Vorerkrankungen auch wenn wir bis jetzt erst den Hochdruck wissen (insb. böse Erkrankungen, die ins Hirn streuen können; [empirisch: "Haben Sie chronische Erkrankungen?" "Nein." "Waren Sie schon mal im Krankenhaus?" "Erst letzte Woche. Ich krieg doch immer Chemo wegen meines Lungenkrebses."] und nochmals gezielte Anamnese ob denn wirklich keine Verhaltensänderungen/ Hemisymptomatik/ Sprachstörungen... aufgefallen sind
-> Festhalten der Zeit, wann der Patient zuletzt "normal" gesehen wurde
-> Klinik: Meningismus? Enophthalmus auf der miotischen Seite?
-> Temperatur hätt ich noch gern
-> Rasche Intubation, Voranmeldung bei aufnehmender Neurologie und im CT
-> solange nicht feststeht ob Blutung/Ischämie/whatever Druck im Zweifel hoch halten

(Kann sein, dass mich mein intermittierend winterschlafender PC ev. gleich rausschmeißt, diesfalls viel Spaß an die Kollegen)

Toran
22.01.2010, 07:14
Keine ophtalmologischen Vorerkrankungen, bzw. Glasauge. Außer dem Bluthochdruck ist nichts bekannt.

Wie lange der Pat. bewusstlos ist, kann niemand genau sagen, da die Angehörigen mehrere Stunden weg waren und erst jetzt wiedergekommen sind.

Meningismus und Enophthalmus kann ich nicht sagen, da ich ab dem Zeitpunkt draußen vorm Auto arbeiten musste. Temperatur wurde nicht gemessen, Temperatur fühlte sich normal an.

Intubation wird durchgeführt, einfach so oder noch ein paar Medikamente vorweg?

Rettungshasi
22.01.2010, 11:24
Du machst es uns wirklich nicht leicht.

Also haben wir einen GCS von 3, richtig?
Wo sind wir infrastrukturell? Quasi direkt neben einem Haus mit Neurochirurgie oder irgendwo im Wald mit einer Stunde Anfahrt bis zur nächsten Klinik der Maximalversorgung?
Irgendjemand geht jetzt noch mal mit der Ehefrau in die Wohnung und sucht die Medis. Kein Mensch versteckt die, damit sie niemand finden kann.

Eine nasotracheale Intubation wäre eine Idee, das mache ich aber von der Anfahrt abhängig. Vielleicht toleriert er die ohne medikamentöse Unterstützung unter Spontan- oder assistierter Beatmung, da ich ja leider immer noch keine Ahnung habe, was er nimmt und was womit interagieren kann.

Toran
22.01.2010, 12:17
Du machst es uns wirklich nicht leicht.

Tut mir leid. War nunmal mein erster großer Einsatz und da konnte ich mir nicht alles merken, bzw. habe nicht alles mitbekommen.

Eine Klinik mit neurologischer Intensiv/Neurochirugie ist ca. 15min Fahrzeit entfernt. Einen GCS 3 hat der Patient nicht, da einige Abwehrreflexe sind noch vorhanden sind. Somit ist eine Intubation ohne Medikamente nicht möglich.

Inzwischen hat es auch jemand geschafft, das blutdrucksenkende Medikament zu finden. Allerdings kann ich jetzt nicht genau sagen, welches es war. Andere Medikamente hat er nicht genommen.

Hat den schon jemand eine Verdachtsdiagnose?

RS-USER-Shizr
22.01.2010, 14:15
Meine Verdachtsdiagnose (bewusst nicht gerade konkret): unklare Bewusstlosigkeit, vermutlich zerebrales Geschehen.

Schutzintubation, Oberkörper 30° erhöht lagern, Voranmeldung in CCT und beim Neurologen / Neurochirurgen.



Wenn der Arzt net intubieren mag, in permanenter Absaugbereitschaft in die stabile Seitenlage. Oberkörperhochlage dann halt nicht.
Fänd ich aber persönlich ne blöde Idee, m.M.n. gehört der Patient zur Aspirationsprophylaxe intubiert.


Wie auch immer, ohne CT werden wir diagnostisch nicht weiterkommen. Von daher: warum noch an der Einsatzstelle bleiben.

Toran
22.01.2010, 18:09
Bis auf die Medikamente war soweit alles wie im realen Fall. Der Patient wird intubiert und beatmet. Er bekommt 0,5 mg Fentanyl, 20 mg Etomidat, 5 mg Dormincum und 5 ml 2% Succi.

Jedoch fängt der Patient nach ein paar Minuten Fahrt an, sich gegen den Tubus zu wehren. Es werden weitere 20 mg Eto und 10 mg Dormicum nachgegeben. Jedoch kann der Patient weiterhin nicht vollständig narkotisiert werden, so dass der Notarzt entscheidet, weitere 0,5 mg Fentanyl zu geben.

Nach 15 Minuten haben wir dann die Intensiv erreicht, wo der Patient den Tubus schon wieder unschön fand. Insgesamt hat er innerhalb von ca. 25 Minuten 1 mg Fentanyl, 60 mg Etomidat, 1 Succi und 45 mg Dormicum bekommen.

Im CT zeigte sich eine intrakranielle Blutung mit starker Mittellinienverschiebung. Auf eine OP wurde verzichtet und der Patient verstarb kurze Zeit später.

Jetzt kann man vielleicht nachvollziehen, warum ich die Medikamente zur Intubationseinleitung als so wichtig empfand.

Deswegen meine Frage an die Studierten. Was könnte der Grund für ein solch extremen Bedarf an Medis sein?

Rettungshasi
22.01.2010, 18:24
Wie schwer war er denn?

Habt ihr kein länger wirksames Muskelrelaxans dabei?

Mein Notdoc (und Anästhesist), der heimlich mitgelesen hat, hätte wohl Trapanal als Hypnotikum erwogen. Ist natürlich schwierig bei einer so schwierigen Auffindesituation.

Toran
22.01.2010, 18:28
Er wog ungefähr 90-95 kg. War weder adipös noch hatte er irgendeine Vorgeschichte wie Drogen oder Alkoholabusus. Auch der eine RA mit 20 Jahren Berufserfahrung hat das noch nicht erlebt, dass einer ohne gravierende Vorerkrankung wie z.B. Epilepsie soviel schluckt und dann immer noch mehr braucht.

RS-USER-emergency doc
22.01.2010, 19:25
Ich bin ja auch ein großer Feund der Fortsetzung der Narkose mit Fenta/Dormicum, wenn ich nur mal kurz um die Ecke muss. Aber immer wenn ich länger unterwegs bin oder die Narkose nicht tief genug gehen will, ist ein Propofol-Perfusor mein bester Freund.:)

RS-USER-emergency doc
22.01.2010, 19:27
Achja, möglich ist übrigens auch ein kaputter Zugang! Hab ich schon erlebt, und glaubhaft ist es auch, daß die Medis s.c. nicht so gut wirken wie i.v....

RS-USER-gnuff
22.01.2010, 21:41
Kurze Frage: Du bist Dir sicher mit den Fentanyl-Dosierungen?

0,5mg das ist eine grosse oder fuenf kleine Ampullen...