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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Laugen Intox beim Kleinkind



GoldariusFlorianis
21.02.2010, 16:55
Servus,

gerade in einem Fallbeispiel gehabt, Kleinkind von 5 Jahren bewusstlos aufgefunden, laut Eltern eine geringe Menge Rohrfrei geschluckt, nun bewusstlos.
Werte waren mit RR 70/50 HF80 AF6.

Da weder Google noch Springer meine Freunde waren würde mich interessieren was der Rettungsdienst (RTW+NEF) in solch einem Fall zu tun versteht.
Insbesondere die Wahl der Infusion wäre wissenswert (NaCl, R, RLac,RAc).

Grüße

Rettungshasi
21.02.2010, 17:16
ABCDE-Schema, den Rohrreiniger zeigen lassen und anschließend (parallel, wenn man genug Hände hat) Giftnotrufzentrale anrufen

Das Kind ist hypoventiliert, also assistiert beatmen bei hohem Sauerstoffflow. Wenn offensichtlich Flüssigkeit im Rachen steht, vermutlich dann Rohrreiniger, vorher natürlich absaugen
Die Indikation zur Intubation würde ich bei entsprechend fittem Notarzt großzügig stellen, wenn die Atemwege verätzt wurden.

Der systolische Blutdruck sollte bei dem Alter 75 mmHg nicht unterschreiten, optimal wären circa 100-115 mmHg, also i.v.-Zugang und 20 ml/kgKG bzw. nach Wirkung. Unser ÄLRD hat uns isotonische Kochsalzlösung auf den Kinderkoffer gepackt, also nähme ich das.

Kurzer neurologischer Check, Wärmeerhalt, Anamnese nach AMPEL-Schema und Giftnotrufzentrale anrufen unter engmaschigem Monitoring.
Die Eltern dürfen sich aussuchen, ob sie bleiben oder rausgehen möchten.

Wenn die nächste pädiatrische Intensivstation weit entfernt ist, sollte man frühzeitig an die Nachalarmierung eines RTH denken und je nach äußerem Umständen die Notfallnachsorge mobilisieren (Letzteres ist in Fallbeispielen aber i.d.R. nicht ganz so wichtig).

krumel
21.02.2010, 17:28
Generell eine Indikation bei der ich recht schnell die Beine in die Hand nehmen würde, da mir präklinisch hier einfach nicht genug ernstzunehmende Behandlungsalternativen zur Verfügung stehen.

Die Wahl der präklinischen Infusion ist mir ehrlich gesagt erstmal wurscht, alle mir bekannten Rettungsmittel halten nur noch eine kristalloide Lösung vor...Von daher...^^ Und Pädifundin ist ja auch sehr out...

Daher wie angesprochen:
Zügige Atemwegssicherung,
Schaffung mindestens zweier Zugänge
und dann "let's go".
Ist aber durchaus eine Indikation bei der ich in bestimmten Situationen (Land) mit einem Kind ein "Nicht-Kinderhaus" anfahren würde, da hier zumindestens eine Basisversorgung bis zum Postprimären RTH Transport möglich ist.
Präklinisch stehe ich da weit blöder da.
(Wobei ich mich ja als Vertreter der "Short scene times" oute)

Auf den Giftnotruf vor Ort würde ich sogar verzichten, kostet meistens nur Zeit ohne hier wirklich was Entscheidendes zu sagen (Inhaltsstoffe stehen ja im Regelfall auf der Flasche, die Feinheiten&Konsequenzen ändern aber erstmal nix im Erstangriff).

RS-USER-Bärentöter
21.02.2010, 21:17
Ist aber durchaus eine Indikation bei der ich in bestimmten Situationen (Land) mit einem Kind ein "Nicht-Kinderhaus" anfahren würde, da hier zumindestens eine Basisversorgung bis zum Postprimären RTH Transport möglich ist.

sehe ich als Wald- und Wieseninternist anders. Auf Kindernotfälle sind wir als kleines Haus (<100 Betten) einfach nicht eingerichtet, was das Instrumentarium angeht. Ich würde das fast schon ablehnen, Kinderklinik ist geschätzt 20km weg

RS-USER-Brummel
21.02.2010, 22:17
Bei uns wäre es aber ohne helli fast ne Stunde ins nächste Kinderkrankenhaus. Das ist dann schon ein unterschied.

RS-USER-Saphira
22.02.2010, 15:38
Insbesondere die Wahl der Infusion wäre wissenswert (NaCl, R, RLac,RAc).

Mal ne blöde Frage: was ist eigentlich der Unterschied zwischen diesen Infusionslösungen?
Dass das chemisch was anderes ist ist schon klar, ich meine den physiologischen Unterschied, wann nimmt man was? (vorausgesetzt man hat die Auswahl, auf dem San-Dienst haben wir nur Ringer, da stellt sich die Frage ja nicht)
Sorry für die blöde Frage, zu meiner Verteidigung ich hab nur San, aber interessieren tuts mich trotzdem.

GoldariusFlorianis
22.02.2010, 15:51
Soweit ich weiss, geht es dabei um die Anionen in der Lösung, bei Ringer/NaCl ist das Chlor. Dadurch kann aber unter Umständen eine Azidose entstehen, weshalb es das Ringer-Lactat gibt.
Bei dem Lactat hast du das Problem das bei der Umsetzung im Stoffwechsel O2 verbraucht wird, was zb beim Schock suboptimal wäre daher Ringer-Acetat. Ausserdem soll der Essigsäure /Acetat-Puffer gut verträglich sein.

Soweit mein Halbwissen

RS-USER-emergency doc
22.02.2010, 19:55
sehe ich als Wald- und Wieseninternist anders. Auf Kindernotfälle sind wir als kleines Haus (<100 Betten) einfach nicht eingerichtet, was das Instrumentarium angeht. Ich würde das fast schon ablehnen, Kinderklinik ist geschätzt 20km weg

Sei mir nicht böse, aber als Chirurg krieg ich da das kalte Grausen wenn ich sowas höre! Ich hab schon oft Kinder in der chirurgischen Ambulanz internistisch behandelt, weil die Internisten mit dem Hinweis "Nee, Kind!" die Behandlung verweigerten. Dabei ging es nicht um Erkältungskrankheiten, sondern so Dinge wie Anaphylaxie, ein bewusstloses Kleinkind bei Exsiccose durch Durchfälle, Fieberkrämpfe, akute Asthmaanfälle etc. Diese sollten dann jeweils von den Eltern OHNE irgendeine Notfalltherapie einfach in die nächste Kinderklinik (ca. 20km) weitergefahren werden.
Ich frage mich: Wieso können wir Chirurgen einem 3jährigen in ITN eine Radiusfraktur spicken, aber Internisten des selben Hauses können einem 12jährigen kein Cortison spritzen? IMHO ist das weniger eine echte Frage von fehlenden Ressourcen/fehlendem Können sondern Standesdünkel.
Ich stimme Krumel voll zu: Das Kind wäre selbst im Schockraum einer Klinik mit ausschließlicher Akutgeriatrie besser aufgehoben als vor Ort. Wobei ich zugebe,daß es nicht wenige Kliniken gibt, in denen der Notarzt vor Ort bleiben und den Schockraumleader geben sollte, bis ein RTH kommt.

RS-USER-Shalimah
22.02.2010, 21:13
Bei uns gilt die Anweisung, Kinder unter 14 nicht zu behandeln, weils da irgendwelche rechtlichen Stolpersteine geben soll. Dass heißt für mich aber nur, dass ich den 12jährigen mit Schnupfen oder leichten Bauchschmerzen weiterschicke. Ein echter Notfall wird auf keinen Fall weitergeschickt. Im Zweifel bin schließlich ich dran, wegen unterlassener Hilfeleistung.

krumel
22.02.2010, 21:46
Ich muss hier mal dem ED recht geben:
Von jedem Krankenhaus mit Grund und Regelversorgenden Charakter muss verlangt werden hier erstversorgend tätig zu werden.
Im von Bärentöter genannten Fall mit 20km entfernten Kinderhaus würde ich das genannte Haus wohl auch "links liegen lassen". Genauso wie ich z.B. im Münchner Umfeld auch direkt ein Kinderhaus anfahren würde...Aber grade in der Landrettungsperspektive sieht die Sache aber wieder ganz anders aus.

Anders sieht die Perspektive übrigens in der Schweiz aus. Im Land der Mini-Krankenhäuser ist das durchaus üblich, dass ich grade bei Kinderfällen das nächste Haus erstversorgend anfahre. Hier wird das z.B. durch Einrichtung eines speziell geschulten Notfallteams aus Anästhesie, Chirurgie und Internisten oder durch Einbindung der niedergelassenen Kinderärzte, tlw. sogar über Telemedizin.

Parallel wird der Sekundärtransport und die weitere, definitive Versorgung organisiert.

GoldariusFlorianis
22.02.2010, 22:00
Bevor es untergeht, kann jemand meine und Saphiras Frage bez. Infusionslösungen beantworten?

Grüßle

krumel
23.02.2010, 12:09
Prinzipiell hat Ringer-Accetat die Tendenz, dass es alkalisierend wirkt....
Wobei prinzipiell gesagt werden muss:
Die Mengen die ich präkllinisch hier anwende sind dermaßen gering, dass der Gesamteinfluss eher...marginal sein dürfte..

Wenn jemand mag, kann er das ja mal durchrechnen;)